Neues Hobby: Jugendliche treffen sich und zerlegen Kinos

In Essen und Hamburg haben sich Jugendliche über Tiktok verabredet, um Kinos zu zerlegen. Ihr Ziel: eine Vorstellung derart zu stören, dass diese abgebrochen werden muss. Ein politischer Hintergrund ist nicht erkennbar.

IMAGO / snowfieldphotography
Abbruch einer Vorstellung im Cinemaxx Essen, nachdem Besucher randaliert haben, 06.03.2023

Meldungen über gewaltbereite Jugendliche häufen sich. So haben Hunderte junger Menschen am Samstag in Hamburg randaliert. Über die sozialen Netzwerke hatte jemand gratis Klamotten versprochen. Als diese ausblieben, ging die Pöbelei los und lief aus dem Ruder. Auch die Berliner Silvesternacht ist noch gut in Erinnerung. Entgegen großmündiger Ankündigungen hatte diese noch keine Konsequenzen.

Für die Übergriffe in Hamburg hat die Polizei eine Sprachregelung gefunden, die einigermaßen zynisch ist. Die aber auch die Naivität und Wehrlosigkeit des Staates gut zusammenfasst: Die Täter seien „spaßorientierte Jugendliche“ gewesen. Randale und Aggression als Weg, sich ein wenig Freude im Leben zu verschaffen.

Dazu passt der Trend, der sich am Wochenende in Essen, Bremen und ebenfalls in Hamburg zeigte: Jugendliche verabreden sich über das soziale Netzwerk Tiktok zu einer Kino-Vorstellung, pöbeln und schmutzen dort so lange, bis die Vorstellung abgebrochen werden muss – und somit das eigentliche Ziel der Aktion erreicht ist. Die Videos zur Randale und zum Abbruch werden dann wiederum als Trophäe auf Tiktok gezeigt.

So wie die Bilder aus dem „Cinemaxx“ in Essen: Es sind Jugendliche zu sehen, die andere und sich gegenseitig bedrohen. Die den Boden mit Snacks überziehen und verschmieren. Die offizielle Vertreterinnen des Kinos verhöhnen, wenn diese den Abbruch verkünden oder an die Jugendlichen appellieren, sich doch einmal wie Erwachsene zu verhalten. Oder die vor den Kinos posen wie Großwildjäger, die ein besonderes Tier erlegt haben.

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Wobei das Medium Tiktok selbst ein Teil dieser Geschichte ist. Es ist schwer bis unmöglich, die einzelnen Videofetzen dort auf ihre Echtheit zu überprüfen. Auch drücken sie aus, wie gering Aufmerksamkeitsspannen mittlerweile geworden sind. Kaum einer der Ausschnitte dauert länger als zehn Sekunden. Die Nutzer sind sichtlich überfordert damit, mehr als zehn Wörter in einen richtigen Zusammenhang zu stellen. Es sind „spaßorientierte Jugendliche“, die ihre Freude am kurzen, möglichst spektakulären Effekt haben – dafür reicht auch schon ein versauter Kinoteppich aus.

Bevorzugt suchen sich die Tiktok-Nutzer den Film „Creed III“ für ihre Störaktionen aus. Von diesen betroffen war auch die französische Stadt Saint Etienne. Warum es ausgerechnet diesen Film trifft, ist nicht ersichtlich. Eine politische Motivation, ausgerechnet „Creed III“ zu sabotieren, lässt sich nicht ableiten. Mutmaßlich liegt es einfach daran, dass es der Blockbuster der Stunde ist.

Creed ist eine Fortsetzung der Rocky-Reihe. Sie handelt vom Sohn Apollo Creeds – Rockys Gegner in den ersten beiden Teilen. Dem Anspruch, divers zu sein, kommt die neue Reihe entgegen. In der Rocky-Reihe war Apollo noch eine Karikatur auf und eine Kritik an Muhammad Ali. Gut vier Jahrzehnte später steht der schwarze Kämpfer als Held im Mittelpunkt. Die Creed-Reihe kam zudem bei Kritikern gut weg und war beim Publikum erfolgreich. Wer diese Filme attackiert, bekommt also Aufmerksamkeit.

Und Aufmerksamkeit ist die Währung, in der sich die Jugendlichen bezahlen lassen auf Tiktok. So gibt es einen Nutzer, dem über 300.000 andere Nutzer folgen. Er verspricht wiederum jedem zu folgen, der seine Live-Übertragungen (Streams) kommentiert. Aufmerksamkeit gegen Aufmerksamkeit – ein Deal unter spaßorientierten Jugendlichen. Kein Problem, so lange sich das friedlich auf dem sozialen Netzwerk abspielt.

Doch mit den Attacken auf die Creed-Vorführungen tritt die spaßorientierte Jugend nach außen. Spaßbereit heißt dann gewaltbereit. Es trifft auf einen Staat, der nicht mehr zur Selbstverteidigung bereit scheint. Wie die Bild berichtet, werden die Essener Aktionen keine strafrechtlichen Konsequenzen haben. Die Polizei sage, es sei zu schwer, die Täter zuzuordnen. Vielleicht sollten sich die Beamten einen Tiktok-Account zulegen – und wenn es nur für die Spaßorientierung ist.

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Kommentare ( 51 )

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51 Comments
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MichaelR
1 Jahr her

Die Lösung wäre recht einfach: den betroffenen Kinosaal schließen; Polizei verständigen die Tränengas in die Räumlichkeiten leitet und dann nur noch warten muss bis einer nach dem anderen herauskommt, um sie vorläufig festzunehmen. Anschließend dem Staatsanwalt vorführen, möglicherweise inhaftieren. Zeitnah Verhandlungen ansetzen und »Rechnungen schreiben«, damit die beklagten Jugendlichen die Schaden im Saal und die weiteren fehlenden Einnahmen, die jetzt in der Kasse fehlen, zu bezahlen. Kinosaal reinigen, Schäden reparieren bzw. Neuanschaffungen sowie der Einsatz der Polizei soll auf deren Kosten gehen. Da werden sich viele Eltern ganz sicher über die Taten ihrer minder intelligenten Ableger freuen. Dazu sollte jeder… Mehr

TinaTobel
1 Jahr her

Die Randalierer haben offensichtlich Eintritt bezahlt. Sie konnten sich die Kinokarte leisten. Um sozial Abgehängte, also die Ärmsten der der Armen, kann es sich schon einmal nicht handeln. Die Randalierer habe sich die Eintrittskarte geleistet. Dabei hat sie der Film nicht interessiert, vielmehr war ihnen die Randale das Geld wert. Sie haben einen Film ausgewählt, der ihnen vom Genre her vertraut sein dürfte. In Arthouse-Kinos trauen sie sich (noch) nicht. TikTok ist ein chinesisches Unternehmen. Ob dieses Unternehmen viel Interesse daran hat, solche „Challenges“, die ihre Wirkung im Westen entfalten, zu stoppen? Bei uns steht in der Innenstadt ein Bücherschrank.… Mehr

Querdenker73
1 Jahr her

Wenn das Zerlegen von Kinos unter dem Blickwinkel des Klimaschutzes steht und durch Aktivisten vorgenommen wird, ist doch in Dummland alles rechtens, oder?

fatherted
1 Jahr her

come on….TE. „Jugendliche“? „Ein-Männer“? Jetzt fangt bitte nicht auch noch an. Nicht die Jungbauern der Umgegend….Thomase, Peters oder Andrease haben die Kinos zerlegt….die Klientel ist doch recht eindeutig erkennbar. Bitte weiterhin Ross und Reiter nennen….oder zumindest nachforschen und nachhaken…..die Frage nach den Vornamen mag ja aus dem ÖR verbannt sein….aber doch nicht aus TE?

MichaelR
1 Jahr her
Antworten an  fatherted

Glauben sie ernsthaft, was sie behaupten, ohne jeglichen Beleg dafür zu erbringen? Im Übrigen ist es vollkommen egal wie die Täter heißen, woher sie kommen, denn es geht ausschließlich um diese Randale mit Sachbeschädigung. Da wäre es mir als Staatsanwalt oder Richter ziemlich egal wer die Rechnung zahlt; sie wird gezahlt, soviel ist sicher. In vielen Städten – gerne in Hamburg wie bei der G20-Randale – waren Teilnehmer »aus gutem Hause« dabei; gleiches beim Hambacher Forst oder überhaupt bei FfF und die (aller)letzte Generation. Man muss nicht immer wieder darangehen und eine Gruppe pauschal verdächtigen; es sei denn, man glaubt… Mehr

elly
1 Jahr her

werden die Essener Aktionen keine strafrechtlichen Konsequenzen haben“
nun zivilrechtliche Konsequenzen seitens der Kinobetreiber wären möglich. Allerdings müssten diese dann den Shitstorm aushalten und überstehen, sowie die rührseligen Geschichten in den Medien von Jugendlichen, die jetzt verklagt werden …
Passanten, die in Hamburg angegriffen wurden, sollten ebenfalls klagen, wie auch Autofahrer die KlimakleberInnen verklagen sollten.
Bleibt im Konjunktiv, weil sich zu wenige trauen.

Julischka
1 Jahr her

Wie sollen diese Vandalen denn benannt werden, mit all den arabischen Vornamen etwa, um anschließend Besuch vom „Rassismusbeuftragten“ zu bekommen? Wir wissen alle, daß an sowas nicht alle Jugendlichen beteiligt sind. Bei den Waffenlieferungen wird auch von ganz Deutschland gesprochen, obwohl das etwa die Hälfte ablehnt!

kb
1 Jahr her

Wie hießen den die Jugendliche so im Durchschnitt – Hänsel und Gretel wohl kaum. Und warum ist Tik Tok schuld. Die Jugendlichen gehören doch hier wohl zum höheren Altersegment, von dem eine gewisse Reife – wohlgemerkt eine gewisse Reife, wir wollen diese Jugendlichen ja nicht überfordern – erwartet werden kann. Und wieso redet man in Tichys Einblick hier von „den Jugendlichen“. Warum werde hier die Jugendlichen pauschal in eine Reihe gestellt. Es ist doch auch hier eine ganz bestimmte Klientel, die sich so meint benehmen zu müssen. Womit sich der Kreis hin zum ersten Satz schließt. Viel Spaß weiterhin.

humerd
1 Jahr her

Ins Kino kann man also auch nicht mehr gehen. Innenstädte muss man schon lange meiden, jetzt haben die spaßorientierten Jugendlichen ihre Freude am Polizisten UND Passanten“klatschen“ entdeckt.
Wie die Klimakleber, die Silversterknaller müssen auch die spaßorientierten Passantenklatscher und Kinodemolierer mit keinerlei nennenswerten Folgen rechnen. Sollte doch mal der ein oder andere vor Gericht erscheinen müssen, immer schön Klebstoff dabei haben udn Klima rufen.

R.Baehr
1 Jahr her

Halt, Halt, bevor hier auf die Jugendlichen eingeschlagen wird, die Schläge hätten andere noch viel mehr verdient: deren ihre Eltern, die unfähig, zu dumm, zu gleichgültig waren und sind, ihrem Nachwuchs Anstand und Sitte zu vermitteln. Diese Generation und Vorgeneration ist es, die uns das ganze Schlamassel eingebrockt hat.

humerd
1 Jahr her
Antworten an  R.Baehr

Das st der gleiche Satz, den Hundehalter immer sagen:“der Hund kann nichts dafür, es sind die Halter“, nutzt nur den Gebissenen überhaupt nichts.
Gleichzeitig überschätzen Sie die Erziehungsmöglichkeiten und unterschätzen die Gruppendynamik.

Illidan
1 Jahr her
Antworten an  R.Baehr

Auch wenn Ihre Pauschalisierung etwas grob erscheint, haben die letztendlich bestimmt einen großen Anteil. Aber was sollen Eltern denn machen? Man muss den eigenen Kindern ja auch erlauben, sich abseits vom Haus zu entfalten und die Außenwelt kennenzulernen. Diese ist nunmal dieser Tage sehr tolerant …

Jan
1 Jahr her

„Warum es ausgerechnet diesen Film trifft, ist nicht ersichtlich.“ Oh doch. Es randalierten überwiegend „westasiatische“ Migranten, die sind immer schon auf „Black“ abgefahren, also alles was nach Gangster & Ghetto riecht. Da gehören Boxer natürlich dazu. War schon zu meiner Jugendzeit vor 30 Jahren so. Die Türken hörten überwiegend Rap und R&B. Diese Mischung aus protzigem Machismo, vulgärem Materialismus und kitschigem Luxus (Bling, Bling) aus den Ghettos von New York und Los Angeles sprach sie verstärkt an. Türken, die The Smiths oder The Cure hörten, musste man mit der Lupe suchen. Ich habe nie welche gefunden, alles „schwul“ in deren… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Jan