CDU-Kreisvorsitzende: Parteimitglieder sollen Laschet-Nachfolger wählen

In der CDU wird wahrscheinlich ein Mitgliederentscheid den neuen Parteivorsitzenden bestimmen. Die Kreisvorsitzenden der Partei haben sich auf ihrer heutigen Konferenz dafür entschieden - und eine Vorentscheidung für Friedrich Merz getroffen.

imago images / Dirk Sattler

Ausgerechnet die Kreisvorsitzenden der CDU wollen, dass die Parteibasis, also alle Mitglieder den künftigen Bundesparteivorsitzenden wählen. Dafür stimmten sie jedenfalls mehrheitlich auf der heutigen Kreisvorsitzendenkonferenz.

Das ist durchaus überraschend. Denn die Kreisvorsitzenden sind innerhalb der Partei eine wichtige Machtinstanz, sie sind sozusagen die Schwelle, die die Berufspolitiker der Partei in Berlin und den Landeshauptstädten mit der Basis verbindet – oder besser gesagt, sie voneinander abschirmt. Da sie in der Regel sowohl bei der Kandidatenauswahl für Land- und Bundestagswahlen als auch bei den Delegierten auf Parteitagen die Strippen ziehen, ist ihre Unterstützung für Parteichefs bislang wichtiger als die der gesamten Mitglieder. Ihre heutige Entscheidung ist damit auch eine Art Machtverzicht.

Bei den beiden vorangegangenen Parteivorsitzendenwahlen gab es keine Mitgliederentscheide, sondern nur die Delegierten wählten Annegret Kramp-Karrenbauer (7. Dezember 2018) und Armin Laschet (16. Januar 2021). Laut Umfragen lag bei den Mitgliedern jedoch der unterlegene Friedrich Merz vorn.

„Die Kreisvorsitzendenkonferenz hat sehr einmütig und klar gemacht, dass man eine Mitgliederbefragung möchte für den nächsten Parteivorsitzenden oder für die nächste Parteivorsitzende“, sagte Junge-Union-Chef Tilman Kuban am Rande der Veranstaltung laut Merkur. Die Stimmung bei einem Treffen in Berlin sei „überwältigend“ für ein solches Vorgehen gewesen, sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. „Der nächste Vorsitzende oder die nächste Vorsitzende der CDU Deutschlands soll ermittelt werden unter Durchführung einer Mitgliederbefragung.“

Nach geltendem Parteienrecht kann zwar allein der Parteitag (also die Delegierten) den Parteivorsitzenden wählen. Man könne sich aber, so Ziemiak, darauf verlassen, dass das vorherige Votum der Mitglieder von diesen „akzeptiert und respektiert wird“.

Der Mitgliederentscheid gilt auch als Vorentscheidung gegen die noch vorherrschende Funktionärsschicht der Merkel-Anhänger und ihrer Spezis. Merz hatte bereits vor seinem zweiten Anlauf zum Amt des Parteivorsitzenden unbedingt einen Mitgliederentscheid erzwingen wollen. Die Parteibasis ist Merkel-fern; die Funktionärskaste steht dagegen zu dem von ihr verordneten Linkskurs. Für eine Erneuerung der Partei in Richtung gesellschaftlicher Mitte wollen dem Vernehmen nach Merz und als Fraktionschef Carsten Linnemann antreten; beide waren Merkel-kritisch. Ihre Gegenspieler sind Norbert Röttgen und u.a. die Bildungsministerin Karin Prien aus Kiel, die für eine „Doppelspitze“ plädiert.

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Kommentare ( 33 )

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Oblongfitzoblong
3 Jahre her

Frau Dr. Merkel wollte eben als „Staatsratsvorsitzende“ mit den MP’ins als Staatsrat in Rente gehen. Das war schon immer ihr Ziel. Das Problem war nur die CDU. Doch die hat sich als „Klatschhasenverein“ ihrer Vorsitzenden präsentiert, und alles mit sich machen lassen.

ludwig67
3 Jahre her

Die CDU sollte sehr kritisch auf die Entwicklung der SPD schauen und nicht deren Fehler wiederholen, denn die Analogien sind nicht zu übersehen. Nachdem Schröder mit Harz 4, so richtig das auch gewesen sein mag, die SPD Basis von der Parteispitze entfremdete und mit der WASG eine Abspaltung der Arbeiterschaft drohte, suchte die Partei ihr Heil nicht in einer neuen, modernen Programmatik und auch nicht in einer erfolgversprechende Neuinterpretation der Arbeiterpartei (das wäre der Dänische Weg gewesen), sondern in Frauenquoten, immer neuen Vorsitzenden, Mitgliederbefragungen und einer Doppelspitze. Genützt hat es nichts! Aber Moment, die SPD stellt doch den Kanzler. Ja,… Mehr

Juergen P. Schneider
3 Jahre her

Erst sollte die Union einmal darüber nachdenken, wofür sie denn noch steht. Diejenigen, die für diesen inhaltslosen Kanzlerwahlverein Wahlkampf gemacht haben, werden wohl ziemlich sprachlos gewesen sein, wenn man sie gefragt hat: Weshalb sollte man euch denn noch wählen? Erst einmal klären, wofür man denn künftig Politik machen will und dann das glaubwürdige Personal aussuchen. So rum wird ein Schuh draus. Aber worüber soll eine Partei diskutieren, die alles wofür sie je stand über Bord geworfen hat, um der Dorfkommunistin aus der Uckermark ihren Sessel im Kanzleramt zu sichern? Eine Neuausrichtung ist schwierig, wenn man den Kompass unwiederbringlich verloren hat.

alter weisser Mann
3 Jahre her

Ein schlauer Schachzug des Mittelbaus der Partei. Nach zwei desaströsen Fehlversuchen (AKK, AL) will man am dritten nicht schuld sein.
Wenn die CDU auch mit Merz den Karren noch weiter in den Dreck zieht (und das wird sie, denn nie im Leben wird die Partei geschlossen hinter Merz stehen, selbst wenn der in der Lage wäre, etwas zu retten, was er nicht erkennbar ist), dann ist das Parteivolk schuld, das ja Merz wollte.
Rechtzeitig vor den Bundestagswahl wird dann wieder gekungelt und ein Spahn o.ä. nach vorn geschoben.

Uwe Jacobs
3 Jahre her

Sie haben recht. Leider.

fory63
3 Jahre her

Und noch mal: erst das Programm, dann das Personal. Sonst wird es nichts.

Andreas aus E.
3 Jahre her

Egal ob Merz, Linnemann, Röttgen, Prien oder gar Söder: CxU ist, weil durchvermerkelt, unwählbar.

GMNW
3 Jahre her

Es ist jetzt das vierte Mal in weniger als zwei Jahren, da sich die Basis um Gehör und Stimme bemüht. Wenn die Mitglieder wieder einmal mehr an der Entscheidung um den Vorsitz nicht beteiligt werden sollten., werden die Treuesten das Handtuch werfen! Diese Partei ist so am Ende; anscheinend hat es noch niemand so richtig bemerkt! Achtzehn lange Jahre Parteivorsitzende, davon sechzehn lange Jahre Kanzler*in waren mehr als genug, die CDU systematisch zu destabilisieren, zu entkernen, inhaltlich zu entleeren und in das politische Niemandsland zu führen! Auch ist die Bilanz dieser Regierung nach sechzehn langen Jahren trotz der durch Kanzler… Mehr

andreas donath
3 Jahre her

Ein Merz ist keine Lösung, er ist Teil des Problems. Wir brauchen wieder „Somewheres“ mit festen Wurzeln und entsprechender Erdung in führenden Positionen, Merz ist ein „Anywhere“ und wird es auch bleiben. Es ist ein schwerer Trugschluss, dass BlackRock-Globalisten der CDU wieder auf die Füße helfen könnten.

Mausi
3 Jahre her
Antworten an  andreas donath

Was heisst “ mit festen Wurzeln“? Jemand, der die weite Welt nicht gesehen hat? Ihre Aussage bedeutet im Gegenzug: Es ist kein Trugschluss, dass jemand, der die Blackrocks nicht kennt, der CDU auf die Füße helfen kann. Davon bin ich nicht überzeugt. Es haben sich solche (staatlichen) „verwurzelten“ Unternehmenslenker immer wieder den grössten Schwachsinn aufschwatzen lassen. Dabei sollte bereits meine Oma wissen, dass es vertrauenswürdige Versicherungsvertreter und Bankberater nicht gibt. Zweifel sind auch angebracht bei ausgelagertem Expertentum, wie es z. B. die Big Four anbieten. Aber auch der Flughafen BER zeugt davon. Und selbst bei dem Beruf der Berufe, dem… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Mausi
IJ
3 Jahre her

Friedrich Merz würde wenigstens wieder den Ordoliberalismus ala Ludwig Erhardt und Walter Eucken revitalisieren und damit der wirtschaftspolitischen Kompetenz der Union über die Rückbesinnung auf Ordnungspolitik neues Leben einhauchen. Das würde allerdings lediglich eine Perspektive für das wirtschaftliche Desaster, das der orientierungslose Merkelismus hinterlassen hat, schaffen. Alle anderen fundamentalen Probleme wie Asyl, Grenzschutz, Migration und Integration, explodierende Sozialausgaben, Bildungsnotstand, Verlust der Inneren Sicherheit, Euroschuldenpolitik etc. sind noch mal eine ganz andere Hausnummer. Ob Friedrich Merz dafür die richtigen Konzepte und das richtige politische Durchsetzungsvermögen hat, darf bezweifelt werden. Ich habe als Berater seine Performance bei der Rettung der ehemaligen WestLB… Mehr

alter weisser Mann
3 Jahre her
Antworten an  IJ

Man hat schon wieder vergessen, dass Merz in entscheidenden Momenten auch der letzten Jahre nie mit Konsequenz gestanden hat.
Das wird er auch in Zukunft nicht tun, nicht wenn der Wind im kräftig ins Gesicht bläst, egal ob in der Partei, in Deutschland, in der EU oder wo auch immer.
Merz steht nur für Merz und seinen gefühlten Anspruch auf ein wichtiges Amt.