CDU: Konformität und Anpassung

Ademir Mustic ist Mitglied des Wirtschaftsrats und vor einigen Monaten aus der CDU ausgetreten. Was er über sein Erleben in der CDU berichtet, dokumentiert TE als Spiegelbild vieler TE-Beiträge zum Parteienstaat.

picture alliance / Chris Emil Janßen | Chris Emil Janssen

Zahllose Beiträge über den Parteienstaat, seine verheerenden Folgen für Freiheit, Recht und Demokratie sind auf TE erschienen. Nun findet sich in einem Beitrag von Ademir Mustic über sein Erleben in der CDU vieles wieder und manches darüber hinaus (Mustic ist Mitglied des Wirtschaftsrats und vor einigen Monaten aus der CDU ausgetreten), das die Ohren der Autoren bei TE klingen lässt.

Der Beitrag von Ademir Mustic wird hier ungekürzt dokumentiert (Text zur besseren Lesebarkeit gegliedert):

„Der Grad an Konformität und Anpassungserwartung den ich dort in über 8 Jahren erlebt habe, war so für mich nur aus meiner ehemaligen Heimat Jugoslawien und der dort ehemals herrschenden sozialistischen Partei bekannt. Im Prinzip ist man in NRW nach eigenem Empfinden völlig gesättigt. Man hat mehr als genug Personal in 2. und 3. Reihe, welches primär dadurch glänzt, dass es die Gunst der Leute in 1. Reihe zu erlangen versucht.

Ich konnte in unzähligen Gesprächen faktisch keine eigenen Gedanken zu den wichtigsten Themen unserer Zeit erkennen. Dadurch dass man um die Gunst derer in der 1. Reihe buhlt, macht man sich im höchsten Maße abhängig. Das geht soweit dass nichtmal Anträge oder Positionspapiere ohne Einverständnis der „Mentoren“ verfasst werden.

Kritik an Merkel oder dem Grünen-Koalitionspartner ist praktisch sakrosankt. Egal wie groß ein Kreisverband ist (meiner war größer als mache Landesverbände der AfD oder Grünen), den Kurs bestimmen einige wenige, oft in Hinterzimmern in pseudotransparenten Verfahren, die kaum jemand nachvollziehen kann. Quoten wie zum Beispiel die Frauenquote werden dort wo sie nützlich sind gerne bemüht und dort wo sie stören elegant umgangen.

Über den Tellerrand denkt wirklich niemand. Sind öffentliche Debatten irgendwann so sicher, dass man sie gefahrlos adaptieren kann, wird das Meinungsbild in der Partei entsprechend angepasst. Dass man dieses Thema u.U. hätte viel früher mit einer eigenständigen Handschrift bedienen können, wird abgekanzelt. Neue Ideen sind unwillkommen.

Als Mensch der seit 15 Jahren erfolgreich in der freien Wirtschaft tätig ist, ist man über so viel Unwillen und so wenig Kreativität schlicht erschrocken. Will man weiterkommen, heißt es sich einen Sponsor aus der 1. Reihe zu suchen und diesem nach dem Mund reden. In gewisser Weise kann ich die Einstellung verstehen, allerdings würde sich jede andere Organisation, die aus so vielen Mitgliedern besteht dieser Schwarmintelligenz bedienen, um das Bild der Gesellschaft optimal in der Partei abzubilden. In NRW tut man das genaue Gegenteil. Solange das so ist, ist dort kein Platz für Menschen, die kritisch den Status Quo hinterfragen.“

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Kommentare ( 30 )

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Je me souviens
9 Tage her

Herr Mustic beschreibt exakt die Situation deutscher Großunternehmen und Konzernen. Nicht mehr Schöpfergeist, Kreativität, Intelligenz, Präzision und Erfahrung werden geschätzt und gefördert, sondern Konformismus und Loyalität. Oberste Maxime ist nicht die realistische Zukunftsfähigkeit des Unternehems durch  Entwicklung von Ideen, die besser sind als die der Konkurrenz. Nein, Maßgabe ist nicht die objektive Leistung, sondern zuvorderst Haltung, die konformistische, den Schaltern und Waltern in den Führungsebenen stets das Gefühl gebend, sie seien die Größten, jede ihrer Entscheidungen die beste. Mitarbeitern mit Eigenschaften, die dem Führungspersonal in Position und Tun gefährlich werden könnten, werden systematisch „entschärft“, aus Entscheidungsprozessen bewusst heraus gehalten, keinerlei… Mehr

rainer erich
11 Tage her

Na sowas. Haette ich nicht gedacht. Und nun? Ich erinnere, dass Parteien, in denen es deutlich breiter gefächert und „unordentlicher“ zugeht, ziemlich genau deswegen in die liberalkonservative Kritik geraten. Die demokratisch kontraproduktive “ Kultur“ in der CDU, teilweise aehnlich der in den anderen Altparteien, war selten bis nie Gegenstand einer liberalkonservativen Kritik von „Aussen“. Man wählte sie natuerlich trotzdem oder gerade deswegen. Bis heute. Dass es hier nicht, wie z. B. durchaus in der Schwefelpartei, um politische Inhalte, Positionen und Schwerpunkte oder auch Richtungen geht, die durchaus fuer Unruhe sorgen, dass diese Partei uniform folgt, seit zig Jahren ohne jede… Mehr

Waldorf
11 Tage her

Die Partei, die Partei, die Partei… Der strukturelle Interessenskonflikt bei den „etablierten“ Parteien ist mittlerweile offensichtlich – Was der dauerhaften, üppigen Versorgung einer relativ kleinen Gruppe von Vollzeit-Berufspolitikern in Mandaten oder sonstigen privilegiertes Positionen dient/nützt, muß mit den Wählerinteressen nix, schlicht gar nichts mehr zu tun haben – nicht einmal denen, der eigenen Wählerschaft! Solange der Parteiapparat und deren „Promis“ über die Selbstbedienungsregeln der Parteienfinanzierung (inkl. Stiftungen, NGOs etc) und sichere Listenplätze für das „Spitzenpersonal“ durchfinanziert sind und bleiben, gibt’s schlicht keinen Grund, irgendwas zu ändern. Wenn Wähler murren und abwandern, muß man zwar immer gewagtere Koalitionen basteln, was aber… Mehr

schwarzseher
11 Tage her

Und die in der freien Wirtschaft Tätigen haben wie der Autor Merkel 16 Jahre zugejubelt und hetzen nach wie vor gegen eine Partei, die ihre Interessen am besten vertreten würde. Geliefert wie bestellt.

WGreuer
11 Tage her

Übersetzt: die CDU besteht weitgehend nur noch aus linksvergrünten, opportunistischen, unfähigigen und pöstchengeilen Klatschhäschen. Um die Menschen und das Land geht es da schon lange nicht mehr.
Meine Rede seit Jahren.
Und danke dafür, dass dieses Thema endlich auf TE aufgegriffen wird, wo man trotz gegenteiliger Beweise noch weitgehend immer Meinung war, die CDU wäre eine konservative Alternative. Nein, sind sie nicht mehr. Danke Merkel sind sie einfach nur noch eine schwarz angestrichene Grüne Partei. Gleiches Denken, gleiches Verhalten, gleiche Ergebnisse.

Peter Baron
11 Tage her

Als ehemaliges CDU Mitglied kann ich dem voll und ganz zustimmen, damit wird die CDU bundesweit den Weg der DC in Italien „kopieren“, es scheint das man sich darauf freut? Andere stehen bereit das freigewordene Spielfeld zu übernehmen, niemand wird einer toten Hülle nachtrauern

Klausklein
11 Tage her

Das ist wahrscheinlich mehr oder weniger in jeder Partei so. Ich habe so etwas auch in einer unbedeutenden Kleinpartei erlebt. Es kommen bei Parteien wohl vor allem Leute nach oben die machthungrig sind. Um die Inhalte geht’s dabei immer weniger Alle Störenden werden weggemobbt. Tatsächlich werden Gerüchte gestreut und unliebsame Mitglieder gemieden und ausgeschlossen, von denen die zuallererst nach Oben wollen. Ich denke, es liegt an den pyramidalen Strukturen bei Parteien die Machtgefälle erzeugen und daher Personen anziehen, die das für den eigenen Vorteil ausnutzen. Darunter leidet immer das Allgemeinwohl. Letztlich dreht sich alles um den Machterhalt und den Vorteil… Mehr

Donostia
11 Tage her

Egal wie groß ein Kreisverband ist (meiner war größer als mache Landesverbände der AfD oder Grünen), den Kurs bestimmen einige wenige, oft in Hinterzimmern in pseudotransparenten Verfahren, die kaum jemand nachvollziehen kann. Deshalb haben wir auch keine Demokratie mehr. Die Strippenzieher im Hintergrund halten sich in den Parteien ein paar Gallionsfiguren (eine wenige die den Kurs bestimmen). Diese Gallionsfiguren kontrollieren die Parteimitglieder und deren verhalten. Bist du nicht genehm, kommst du nicht auf den Listenplatz. Wir haben keine unabhängigen Politiker, das ist den wenigsten klar. Um das System wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen müssten Parteien verboten werden.… Mehr

Juri St.
11 Tage her

Das dürfte in den anderen Parteien nicht viel anders laufen. Die aus der ersten Reihe der CDU drehen ihr Fähnchen in den Wind (z. B. Merz), schleimen sich bei den Grünen ein (z. B. Wüst) oder reden einfach nur um Geräusche zu machen (z. B. Voigt). Auch das ist bei den anderen Parteien nicht anders, wenn man sich z. B. Eskens, Klingbeil, Kühnert, Baerbock oder Lang anhört, um nur einig zu nennen.

Diogenes
11 Tage her

Eine nützliche und notwendige Demaskierung der ehemals „Christlichen“ und was sie im Innersten zusammenhält. Hinter der Maske verbirgt sich nämlich der „Morbus Merkel“ in Kombination mit einem schweren chronischem Fatigue Syndrom. Man pflegt in den wahrhaftigen und angestammten „christlichen“ Kreisen längst keinen Widerstand mehr gegen eine sozialistische Gleichschaltung durch Rot, Grün und dunkel Rot. Man hat resigniert und will ja garnicht regieren sondern nur noch existieren. Jeder auf seiner ihm karrieristisch zugewiesenen Reihe verharrend (wie es in diesem Artikel so treffend geschildert wird). Wer zuerst eine Bewegung zu machen wagt, – „der ist raus“. Ein Maximum an Egoismus schlägt einem… Mehr