Bundestag debattiert über Einschränkung von Grundrechten

Auch Landespolitiker fordern mehr staatliche Befugnisse. Baden-Württembergs Innenminister Strobl will „Quarantäne-Verweigerer“ in eine geschlossene Anstalt bringen lassen.

imago images / Christian Spicker

Am Freitag debattierte der Bundestag das „Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor einer epidemischen Notlage von nationaler Tragweite“, das – anders als das Vorgängergesetz vom 27. März – die Einschränkungen von Grundrechten jetzt gesetzlich definiert. Bisher räumte das Gesetz der Exekutive weitgehende Möglichkeiten ein, Rechte durch Verordnungen einzuschränken.

In Paragraf 7 des neuen Gesetzentwurfs heißt es:
„Durch Artikel 1 Nummer 16 und 17 werden die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.“

Damit kommt der Bundestag formal der Forderung vieler Verfassungsjuristen nach, die eine Grundrechtseinschränkung auf dem Verordnungsweg für problematisch halten.

Allerdings sieht der am Freitag debattierte Gesetzentwurf keine genauen Kriterien für eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ vor. Kennzahlen zur Bewertung der Covid-19-Lage waren seit März 2020 von der Bundesregierung immer wieder geändert worden: Vom Verdopplungszeitraum zum R-Wert, dann zum so genannten Inzidenzwert, der auf 50 pro 100.000 Menschen innerhalb einer Woche festgelegt wurde.

Sieben Prozent der Abgeordneten stimmen ab
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Fast zeitgleich schlägt Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) vor, so genannte Quarantäneverweigerer zwangsweise in ein geschlossenes Krankenhaus einweisen zu lassen. Die Maßnahme, so Strobl, solle dem Schutz der Mitmenschen dienen. In einer Vorlage des Ministeriums heißt es, es müsse die Möglichkeit geschaffen werden, „dass Menschen vorübergehend zwangsweise untergebracht werden können“. Strobl schlägt vor, Räume der früheren Klinik St. Blasien im Kreis Waldshut als zentralen Ort der Zwangsunterbringung zu nutzen. Die geforderte Einweisung solle – ähnlich wie bei Psychiatrien – „in einem geordneten gerichtlichen Verfahren» abgewickelt werden“.

“Herr Strobl hat offenbar Maß und Mitte vollkommen verloren. Das neuerliche Bekenntnis der CDU, zukünftig bei den Corona-Maßnahmen auf die Verhältnismäßigkeit zu achten, war offenbar nur ein Lippenbekenntnis“, kritisiert Baden-Württembergs FDP-Landeschef und Bundestagsabgeordnete Michael Theurer den Vorstoß des CDU-Politikers. Die AfD-Landtagsabgeordnete Christina Baum bezeichnete den Innenminister als „unerträglichen Menschenfeind“.

Auch andere Politiker hatten in der letzten Woche Überlegungen zu Freiheitseinschränkungen und mehr Überwachung angestellt. Der CDU-Fraktionschef der Bremischen Bürgerschaft Thomas Röwekamp etwa fordert, die Benutzung der staatlichen Corona-App zur Pflicht zu machen – für alle, die ein Smartphone besitzen. Das, so Röwekamp, müsse „bußgeldbewehrt“ werden: Wer sich weigert, soll bestraft werden. Zur Erinnerung: Als die Warn-App eingeführt wurde, hieß es unisono, natürlich werde sie freiwillig bleiben.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) fordert die Bürger dazu auf, Verstöße von Mitbürgern gegen die Corona-Auflagen bei staatlichen Stellen zu melden. „Das macht keiner gerne. Aber ehrlich gesagt: Im Moment geht es um richtig viel. Und deswegen können wir eine solche Mithilfe aus der Bevölkerung gut gebrauchen.“

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Kommentare ( 169 )

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Vox critica
4 Jahre her

Ein Teil der politischen Klasse hat wahrscheinlich Lust auf eine Diktatur light. Da können zahlreiche strittige Projekte durchgewunken werden, dank der Selbstentmächtigung des Parlaments. Wer war’s? – Die Parteien, die sich selbst als „demokratisch“ bezeichnen, um sich von der Partei abzugrenzen, die angeblich nicht demokratisch ist, sich aber seltsamerweise gegen die Einschränkungen der Grundrechte positioniert.

Kraken
4 Jahre her

Mit der an Bürger gerichteten Aufforderungspflicht, Verstöße gegen Corona-Auflagen den Behörden zu melden, kommt Ministerpräsident Weil wie die alte Fastnacht hinterher. Fragen Sie einmal die genervten Polizisten im nächsten Revier, wie oft das Telefon in der ersten Corona-Welle geklingelt hat, weil ein Nachbar beim anderen eine fremde Person auf der Terrasse gesichtet hat. Aber Herr Weil, kann, wenn man eh schon wieder am Grundgesetz herumbiegen möchte, noch nachbessern. Wie wäre es mit einer staatlich (steuerlich) subventionierten Prämie für jede erfolgreiche Meldung. Dieses System hat bereits vor über 85 Jahren in diesem unseren Lande hervorragend funktioniert.

B. Krawinkel
4 Jahre her

Nein! Ist es nicht!
Aber der Widerstand darf sich nicht im Ankreuzen von Zetteln erschöpfen.
Und es wird einen langen Atem brauchen. Einen sehr langen.

Onan der Barbar
4 Jahre her

„Jetzt müssen die Hämmel in S’tall“ – Zuckmayer

B. Krawinkel
4 Jahre her

Jahrzehntelange Negativauslese.
Solche Lebensläufe bekämen in einer Firma nicht einmal den Gabelstapler anvertraut.
Ich meine das Ernst; die Spitzen in den Blockparteien sind fast durchgängig Gesellschaftsversager ohne Bildung und mit katastrophalem Sozialverhalten.

Möchte kein Chef haben.

butlerparker
4 Jahre her

Ist es schon wieder soweit?

„Kauft nicht bei Corona Verweigerern, denn sie sind Volksschädlinge und müssen abgesondert werden“. Woher kommt mir dieser Tonus nur bekannt vor???.

Lizzard04
4 Jahre her

Die einzige Sprache, die diese Leute verstehen, ist Abwahl! Aber leider hat der Wahlbürger nur ’nen politisches Gedächtnis, das von der Wand zur Tapete reicht!

B. Krawinkel
4 Jahre her
Antworten an  Lizzard04

Hier machen Sie mit Wählen nichts mehr.
Nach den Aufmärschen von Nafris auf der Kölner Domplatte Silvester 2015 und den dann folgenden Vergewaltigungen an deutschen Frauen in aller Öffentlichkeit habe ich den Glauben an den deutschen Michel aufgegeben, als ich die Ergebnisse in der späteren Bundestagswahl gesehen habe.
Dieses Volk kann nur radikal zu seinem Besten regiert werden.

Franz Grossmann
4 Jahre her

Ein interessanter Film zu PCR Tests.
https://www.youtube.com/watch?v=CeQZDMuZIS8
Bei mehr als einer Million PCR Tests pro Wochein Deutschland mit Kosten von bis zu 100 Millionen Euro, d.h. pro Jahr von bis zu 5 Milliarden Euro, scheint mir hier eine mafiose Geschäftemacherei am Laufen zu sein, die vor allem auch von Drosten vorangetrieben wurde. In China gibt es anscheinend nur noch wenige Coronafälle. Wahrscheinlich testen die Chinesen mittlerweile nur noch Leute mit wirklichen Corona Erkrankungs Symptomen.

akimo
4 Jahre her
Antworten an  Franz Grossmann

Komisch. Ich habe meinem Arzt für meine Familie ein Haufen Geld in den Rachen geworfen dafür

fatherted
4 Jahre her

Sicherlich ist das mit der App nicht ohne weiteres möglich…..aber die Gedanken dazu von führenden Verantwortlichen sagen ja wohl alles. Bin mir auch sicher, dass die Daten aus Neuwagen nicht nur an die Hersteller gehen….bessere Bewegungsprofile als durch eingebaute und verbundene Geräte die Rückmeldung geben kann es ja gar nicht geben….falls Mobiltelefon integriert….könnte auch ein Zugriff auf das Mikrofon möglich sein….evtl. mithören?….tja…Alexa und Co. machen es möglich….wer weiß wer da alles schon bei uns im Wohnzimmer „hockt“.

Peter Silie
4 Jahre her

So, 17:25, Staatsfernsehen zdfinfo, Kurznachrichten: Der Sprecher: „In Leipzig ist es nach der Großdemo der Initiative Querdenken zu heftigen Krawallen gekommen. Bundesjustizministerin Lambrecht verurteilte die Ausschreitungen. Demonstrationsfreiheit sei keine Freiheit zur Gewalt…. Die Feuerwehr mußte sich zurückziehen, da es zu gefährlich gewesen sei.“ Danach folgen Bilder von brennenden Barrikaden und Randalierern. Kein Wort davon, daß es Linksextreme und Antifa waren. Jede Wette: 90% der Zuschauer werden gedacht haben, daß die bösen Rechten, Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger – also wieder mal die AFD – dort Krawall und Gewalt ausgeübt haben, sogar gegen die Feuerwehr. Und genau diese Manipulation des (leider unaufgeklärten) Zuschauers… Mehr