Bundespräsident in Österreich wird Alexander Van der Bellen

Bei der nächsten Nationalratswahl ist alles möglich. Die Wähler haben Blut geleckt. Sie haben ihre Kraft entdeckt. Und werden von ihr wieder Gebrauch machen. Wogegen ist klar, wofür nicht.

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Nationalrat

Mit Wahlanfechtung für den Fall, dass Alexander Van der Bellen das Rennen mache und nicht Norbert Hofer, drohte FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache schon gestern auf der Wahlparty seiner Partei. Dieser Streit nimmt also seinen Lauf.

Dass die Briefwahl-Stimmen sich 60:40 zwischen Vander Bellen und Hofer aufteilen würden, hatten viele angenommen. Weil die Briefwähler sich nach Sozialschichten und Lebensstilen anders zusammensetzen als die traditionellen Urnen-Wähler. Das ist in Deutschland und anderen Industrieländern vergleichbar.

Nachdem die FPÖ ihrem Ziel, den Bundespräsidenten zu stellen so nahe kam, wird sie nun alles daran setzen, die Nationalratswahl 2017 für sich zu entscheiden. Das politische Klima in Österreich wird also noch rauer, als es schon ist. Zwar wissen alle Verständigen, dass an die 50 Prozent für Hofer nicht das Gleiche sind wie für die FPÖ und dass knapp 50 Prozent für Van der Bellen nicht das Gleiche sind wie für die Grünen.

Die Enttäuschung der FPÖ-Anhänger kann nach dem gestern schon gefeierten Sieg nur gewaltig sein. Die Begeisterung der Gegner kann leicht in Übermut umschlagen. Beides zusammen kann sich gefährlich hochschaukeln. Aber irgendwann ist der Pulverdampf verraucht.

Unten gegen oben
Österreich - eine Lektion für den Westen
Entscheidend ist, ob und welche Konsequenzen SPÖ und ÖVP in ihrer de facto abgewählten Koalitionsregierung ziehen. Aber selbst der neue Bundeskanzler Kern mit seiner Management-Erfahrung und relativ großen Distanz zu den Funktionären seiner Partei kann keine Wunder bewirken. Die Widerstände im Apparat werden nach dem knappen Vorbeischrammen am befürchteten Hofer-Gau zunehmen, die Schockstarre wird von den Mandarinen abfallen. Mehr als Kosmetik wird sich in der Politik nicht ändern.

Den Einsturz ihres Machtkartells in Österreich können SPÖ, ÖVP, Kammern, Gewerkschaften und so weiter nun nicht mehr zu verhindern. Doch ein schneller Erfolg ist gerade nach der knappen Niederlage von Hofer nicht in Sicht. Weil jene, die dem politischen Tod noch einmal von der Schaufel rutschten, nichts lernen dürften. Das Kartell wird verbissen um seine Privilegien kämpfen und damit den Verlust der Macht nur beschleunigen.

Bei der nächsten Nationalratswahl ist alles möglich. Die Wähler haben Blut geleckt. Sie haben ihre Kraft entdeckt. Sie werden von ihr wieder Gebrauch machen. Wogegen ist klar, wofür nicht. Ein Licht der politischen Erneuerung ist vor allem auch deshalb nicht in Sicht, weil nach wie vor keine entschiedene und gewichtige Kraft der Freiheit und des Rechts in Österreichs Politik existiert. Aber wer sagt, dass sich nicht eine aus der Asche dieses gewaltigen Feuers des Präsidentenwahlkampfs erhebt?

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