Frühere Sanktionsmöglichkeiten, weniger Schonvermögen: Die Zugeständnisse an die Union machen das „Bürgergeld“ nur wenig bürgerlicher. Die zentralen Schwachstellen des Sozialstaats – Anreize zur Nicht- oder Schwarz-Arbeit und die Attraktivität Deutschlands für Asylbewerber – wurden von der Union gar nicht thematisiert.
Der von Union und Ampelkoalition laut Agenturmeldungen ausgehandelte Kompromiss beim „Bürgergeld“ betrifft vor allem zwei Regelungen:
Die Sanktionsmöglichkeiten gegen unkooperative Leistungsbezieher werden nun doch nicht ganz so stark geschleift, wie die Ampel in ihrem Gesetzentwurf vorhatte. Sanktionen sollen nun doch vom ersten Tag des Bezugs an ausgesprochen werden können. Die sogenannte „Vertrauenszeit“ entfällt – sehr zum Missfallen des Sozialverbands Deutschland (SoVD): „Mit der Streichung der Vertrauenszeit wurde der Reform das Herzstück genommen“, sagte dessen Chefin Michaela Engelmeier der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die „Karenzzeit“, in der Wohnungskosten ohne zusätzliche Prüfung übernommen werden, wird laut Kompromiss auf ein Jahr verkürzt.
Das sogenannte Schonvermögen, das Leistungsbezieher nicht für ihren Lebensunterhalt verwenden müssen, wird von geplant 60.000 auf 40.000 Euro herabgesetzt. Für jede weitere Person im Haushalt kommen 15.000 Euro hinzu.
Die von der Union nun der Ampel abgerungenen Einschränkungen ändern jedoch wenig bis nichts an zwei fatalen Auswirkungen des Bürgergeldes, deren Verhinderung in einer vernünftigen, stabilitätsorientierten Sozialstaatsreform, die das Prädikat „Bürger-“ verdient hätte, eigentlich Priorität haben müssten. Das eine ist die Missachtung des Lohnabstandsgebotes: Durch die großzügigen Regelungen lohnt es sich für immer mehr Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor nicht mehr, einer sozialversicherungspflichten Beschäftigung nachzugehen.
Der Mehrverdienst für eine Vollzeitarbeit gegenüber dem mühelosen Bürgergeldbezug beträgt also je nach Familienstand nur 478 bis 821 Euro im Monat. Man muss sich also verdeutlichen, dass bei Bürgergeldbezug schon eine Woche Schwarzarbeit pro Monat genügen kann, um in der Summe mindestens den gleichen Betrag zu erhalten wie durch eine Vollzeittätigkeit. Ein Bürgergeld-Bezieher, der das Vertrauen und die Zugewandtheit des Sozialstaates, von der jetzt so viel die Rede ist, mit gleichzeitiger Schwarzarbeit kombiniert, kann der 25-Stunden-Woche, die die SPD nun offiziell fordert, schon recht nahe kommen.
Der zweite fatale Effekt, von dem weder im Vermittlungsausschuss noch in der öffentlichen Debatte oft die Rede ist: Das Bürgergeld wird auch die Attraktivität Deutschlands für Asyl-Zuwanderer weiter heben. Selbst im Vergleich zu benachbarten Sozialstaaten wie Frankreich ist die Versorgung für Asylbewerber auch bei Ablehnung nicht wesentlich schlechter als für Inländer. Angesichts der wieder extrem gestiegenen Zuwanderungszahlen wäre jetzt die Gelegenheit gewesen, mit der Sozialpolitik den entscheidenden Hebel für die Asylpolitik anzusetzen. Die Chance haben die Bundesregierung und die unionsgeführten Länder willentlich oder aus Gleichgültigkeit vertan.
Beide Schwächen legen jedenfalls den Verdacht nahe, dass den Machern des Bürgergelds an dem eigentlichen Ziel jeder vernünftigen und stabilitätsorientierten Sozialpolitik, nämlich dass der Sozialstaat so eingerichtet sein sollte, dass er möglichst wenig in Anspruch genommen wird, gar nicht gelegen ist. Vielmehr scheint dahinter die Motivation erkennbar zu sein, die Zahl der Empfänger staatlicher Alimentation möglichst zu vergrößern.
Wenn der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat den Kompromiss am Mittwoch annimmt, könnte der Beschluss durch Bundestag und Bundesrat bereits am Freitag erfolgen. Das Bürgergeldgesetz soll im Kern ab dem 1. Januar 2023 gelten.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Dieser Sozialstaat ist nicht zu reformieren. Denn dazu müßte allzu vielen allzuviel weggenommen werden. Aber in der Demokratie kann nicht gegen die Leistungsempfänger regiert werden.
Darum geht es, die Leute abhängig vom Staat zu machen, und gleichzeitig den Druck auf die Arbeitswelt so zu erhöhen, dass immer mehr ihren Job aufgeben und sich schlussendlich auch vom Staat abhängig machen. Wer 40% seines Gehalts für seine Wohnung aufwenden muss, sich auf der Arbeit überarbeitet und psychisch kaputt macht, wird es sich 2x übelegen, ob er weiter arbeitet und sich vollends kaputt macht, oder ob er Bürgergeld kassiert und ein entspannteres Leben führt. Vertrauensvoll kann ich sagen, dass es sehr vielen Leuten so geht. Egal ob Pflege, Gastronomie, im Kindergarten, als angestellter Handwerker, oder als LKW-Fahrer, überall… Mehr
Die Diskussion über das „Bürgergeld“ schwurbelt um die wahren Ursachen herum. Das bisschen „mehr Geld“ ist doch längst von der Inflation gefressen. Und warum nähern sich die Sozialgeldempfänger beim verfügbaren Einkommen immer näher an den Niedriglohnsektor an; Klar, weil die Mieten zum Teil drastisch gestiegen sind, durch Verknappung des verfügbaren Wohnraums. Und bei den Harzern etc. die Miete eben voll übernommen wird. Die elementare Ursache des Dilemmas ist die ungebremste Zuwanderung von weitgehend nicht für den ersten Arbeitsmarkt geeigneten und motivierten Personen. Die Zuwanderung erfolgt quasi direkt in die Sozialsysteme, die für die eigenen Bürger konzipiert und durch sie auch… Mehr
Das hätte man vielleicht 2016 oder 2017 noch in Angriff nehmen können, aber jetzt? Wie wird man denn realistisch 2-3 Millionen aggressive Kostgänger los? Es scheitern ja schon Abschiebeflüge mit zwei Dutzend Menschen an Bord.
Die zentralen Schwachstellen des Sozialstaats – Anreize zur Nicht- oder Schwarz-Arbeit und die Attraktivität Deutschlands für Asylbewerber – wurden von der Union gar nicht thematisiert.
Wieso auch. Die CDU simuliert nur Opposition gehört aber zu den Blockparteien. Und das Simulieren scheinen sie gut zu können wie man an den Umfragen ablesen kann.
Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr denke ich, dass das Bürgergeld gerechter wäre, wenn die Summe sich im Zeitverlauf ändern würde. Arbeitslos zu werden ist ein starker Schlag; man muss sich davon erholen und Kräfte sammeln, um das Leben neu zu organisieren. In dieser Phase, ist es richtig, die Person nicht zu sehr zu bestrafen, sondern erstmal eine Schonfrist zu gewähren, um die entsprechende Weiterbildung zu machen bzw. Bewerbungen zu schreiben. Auch die Familie sollte nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen werden. Allerdings sollte man die gezahlten Leistungen und das Schonvermögen nach und nach an die Lebenssituation anpassen. Wer… Mehr
Sie setzen – stillschweigend – das voraus, was man einmal mit dem fast vergessenen Bbegriff „Lauterkeit“ bezeichnet.
Ist solche „Lauterkeit/Ehrlichkeit“ heute tatsächlich noch „Gemeingut“???
Gar bei all den „Neuen im Lande“???
Den „Neuen“ die – garnicht selten – „vorne kassieren“ und sich „hintenrum“ über die bekloppten Deutschen sogar „totlachen“???
Auch bin vor über 20 Jahren „neu im Lande“ gewesen. Es ist verführerisch, Geld für nichts zu bekommen.
Es bedarf starker innerer Motivation, etwas zu machen, denn am Anfang verdient man erstmal undwesentlich mehr, als das, was es umsonst“ gegeben hätte.
Ja. Deutsches Sozialsystem basiert auf Anstand. Denn die Alten sammeln lieber Flaschen als zum Amt zu gehen. Dafür sind sie zu stolz.
Ich habe noch nie einen Migranten nach Flaschen suchen gesehen.
Ja, Anstand und Vertrauen sind Grundlagen des sozialen Lebens. Wir sollten nur vertrauenswürdige Menschen zu Bürgern machen.
Alg II, als Hartz IV bekannt, demnächst Bürgergeld wird doch erst dann gewährt, wenn kein Arbeitslosengeld mehr bezahlt wird. Arbeitslosengeld wird 1 Jahr lang bezahlt. 1 Jahr Erholungsphase sollte schon ausreichen.
„Das sogenannte Schonvermögen, das Leistungsbezieher nicht für ihren Lebensunterhalt verwenden müssen, wird von geplant 60.000 auf 40.000 Euro herabgesetzt. Für jede weitere Person im Haushalt kommen 15.000 Euro hinzu.“
Da könnte man fast den Eindruck gewinnen, das Gesetz wäre auf unsere neudeutschen Familienclans maßgeschneidert worden hahaha….
Meloni schafft es in Italien ab – wir führen es ein: „2023 soll Bürgern, die nach Maßgabe der Regierung in der Lage sind zu arbeiten, nur noch acht Monate lang das Bürgergeld ausgezahlt werden. Ab 2024 bekommen sie dann gar kein Geld mehr, wenn sie ein nach der Definition der Regierung „angemessenes“ Jobangebot ablehnen. Andere Menschen, die die Unterstützung beziehen, sollen intensiv überprüft werden. Dazu gehören unter anderem ältere Menschen.“ https://twitter.com/tagesschau/status/1595030845253115904
Es tun sich in Deutschland immer wieder neue Berufs- und Erwerbs-Möglichkeiten auf. Nebenberuflich Bürgergeldbezieheraktivist und Hauptberuflich Klimakleber. Viele Klima-Kleber in Berlin tun es „hauptberuflich“ Eine interne Polizeistatistik zeigt, warum die „Letzte Generation“ keine Angst vor den Berliner Strafverfolgern haben muss. Diese „Profis“ erhalten sogar eine Art Gehalt, wie eine der Demonstrantinnen in einem Video während der RBB-Sendung „Wir müssen reden“ zugab. Auf die Frage, wie sich die „Letzte Generation“ finanziere, antwortete die junge Frau, die auch schon am Brandenburger Tor klebte: Es gebe den Climate Emergency Fund, der verschiedene Widerstandsbewegungen auf der ganzen Welt finanziere. Auf die Frage, ob man… Mehr
Mich stören mehrere, permanent wiederholte Aussagen bzw. Auslassungen: Nicht alle Hartz – 4 – Bezieher sind krank. Oder sind wir mittlerweile ein Volk von Schwerbehinderten? Wie sieht die tatsächliche Statistik der „Vermittlungshindernisse“ aus. Es wäre an der Zeit sich hier ehrlich zu machen. Wieso sollen wir für hier lebende Ausländer, egal ob aus der EU oder aus Drittländern, Sozialleistungen zahlen wenn diese Personen noch nie in unsere Systeme, egal ob Steuern oder Sozialabgaben, einbezahlt haben. Kann mir jemand diese Logik erklären? Es ist viel von Bildung / Ausbildung die Rede. Was verstehen die unter Ausbildung? Etwa einen qualifizierten Berufsabschluß bei… Mehr
Wo der Liberalismus seine äußersten Grenzen erreicht, schließt er den Mördern die Tür auf.
Ernst Jünger