Boris Pistorius will militärisch expandieren: Und morgen dann das ganze Weltall

Gewehre schießen daneben, Panzer sind defekt, Flugzeuge bleiben am Boden und sogar Unterhosen fehlen. Vereidigungsminister Boris Pistorius sagt selber, dass Deutschland nicht verteidigungsfähig sei. Auf der Welt. Deswegen will er jetzt das Weltall erobern.

picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Im Sommer gehen Politiker gerne auf Tour, um ein paar Presseberichte für sich zu generieren. Sie besuchen dabei am liebsten Betriebe oder Einrichtungen, die zu ihren politischen Aussagen passen. So wie nun Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der sich das Weltraumkommando der Bundeswehr im niederrheinischen Uedem angesehen hat. Zusammen mit ein paar einbestellten Journalisten.

Vor diesen Journalisten erklärte der Minister: Deutschland brauche stärkere militärische Kontrolle über das All: „Wir müssen uns stärker aufstellen im Weltraum.“ Das Land, das zur Digitalisierung der Welt bisher ein drittklassiges Breitbandnetz, den Cookie-Button und das Festhalten am Fax-Gerät beigesteuert hat, will zur vorherrschenden Macht über den Köpfen der Weltgemeinde werden. Der nächste Satz von Pistorius relativiert entsprechend dessen Allmachtsphantasien: „Wir müssen einfach erkennen, dass der Weltraum eine strategische Dimension ist und wir uns damit beschäftigen müssen, und zwar lieber früher als später.“ Damit beschäftigen. Gerne früher, vermutlich aber eher später. Das erinnert nicht an Star Wars, sondern eher an einen Arbeitskreis Weltraum.

Doch es ist dem laut Umfragen beliebtesten deutschen Minister nicht zu verdenken, dass er seine Gedanken in den Weltall lenkt. Auf Erden hat er mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) zu tun und das muss frustrierend für Pistorius sein. Der Verteidigungsminister hat erkannt und öffentlich benannt, dass die Bundeswehr nicht verteidigungsfähig ist. Der Bundeskanzler hat dies vor über zwei Jahren in einer bemerkenswerten Regierungserklärung ebenfalls eingeräumt und gleichzeitig eine „Zeitenwende“ ausgerufen, mit der Deutschland militärisch besser ausgerüstet wird – beziehungsweise werden solle.

100 Milliarden Euro Schulden hat der Bund dafür aufgenommen. Doch schon als Scholz diese Schulden „Sondervermögen“ nennen ließ, war es mit der aufrichtigen Politik nach der „Zeitenwende“ wieder vorbei. Endgültig galt das, als der Haushalt für das laufende Jahr stand. Mit diesem verpflichteten Scholz und Finanzminister Christian Lindner (FDP) den Verteidigungsminister das „Sondervermögen“ zweckzuentfremden. Eigentlich war es gedacht, um die Ausrüstungsmängel der Armee zu beheben. Nun musste Pistorius Milliarden daraus verwenden, um laufende Kosten zu bezahlen.

Für das kommende Jahr hat Pistorius einen zusätzlichen Bedarf von 6,5 Milliarden Euro angemeldet. Auch eine Armee ist der allgemeinen Preissteigerung in Deutschland unterworfen. Pistorius‘ Etat liegt bisher bei etwas über 50 Milliarden Euro. Das Ziel, auf das sich die Nato-Staaten geeinigt haben, zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes für die Verteidigung auszugeben, verfehlt Deutschland damit um knapp 30 Milliarden Euro. Nur durch das „Sondervermögen“ kann der Bund dieses Ziel vorläufig erfüllen. 2028 ist dieser Topf leer.

Spätestens dann fehlen Pistorius 30 Milliarden Euro. 6,5 Milliarden Euro wollte er jetzt haben. Doch trotz abenteuerlicher Buchungstricks haben Scholz und Lindner das Geld nicht. Sie haben es verpulvert für Radwege in Peru, Geschenke an NGOs wie die „Demokratie-Förderung“ und vor allem anderen: für das Bürgergeld. Nach dem bisherigen Entwurf Lindners soll der Verteidigungsminister nur 1,3 Milliarden Euro zusätzlich erhalten.

Eigentlich gehört es zu dem Image Pistorius, dass er still und loyal dient. Doch der Verteidigungsminister muckt jetzt auf. Während seiner Tour am Niederrhein sagte er der Rheinischen Post: „Ich habe das Ziel nicht aufgegeben, dass wir im nun anstehenden parlamentarischen Verfahren noch mehr Mittel dazu bekommen.“ So offen rebelliert sonst kein Minister gegen das windige Zahlenwerk, auf das sich Scholz, Lindner und „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne) in mühseligem Ringen geeinigt haben.

Pistorius ist in den Umfragen der mit Abstand beliebteste Minister. Der Verteidigungsminister führt sein Amt seriös. Zumindest im Vergleich zu der Parade des Versagens, die andere SPD-Minister im Kabinett Olaf Scholz abhalten könnten: Nancy Faeser, Hubertus Heil, Karl Lauterbach, Klara Geywitz, Svenja Schulze, Pistorius‘ Vorgängerin Christine Lambrecht und Nancy Faeser – die man in dem Zusammenhang ruhig zweimal nennen kann.

Kurzum: Pistorius ist der Mann in der SPD, der als einziges Olaf Scholz innerhalb der Partei als Kanzler ablösen könnte. Nun werden viele dagegenhalten, dass die SPD über 2025 wahrscheinlich keine Kanzlerperspektive hat. Das ist zwar richtig, galt aber auch 2019 und 2020 für 2021. Der Rest ist Geschichte. Nach den Umfragen ist die SPD vor den Grünen immer noch die stärkste Partei im linken Lager – wobei die FDP unter Christian Lindner und Marco Buschmann dem linken Lager zuzurechnen ist. Käme es zu einer, wenn auch unwahrscheinlichen, von der SPD geführten Regierung, dann ginge es um die Frage: Scholz oder Pistorius?

Scholz hat die „Zeitenwende“ ausgerufen. Wenn er jetzt der Bundeswehr nicht ausreichend Geld zur Verfügung stellt, gibt es dafür zwei mögliche Gründe: Erstens, sein Wort gilt nichts und statt Prioritäten zu setzen, gibt er das Geld immer für das aus, was das Tagesgeschäft gerade erfordert. Oder zweitens, Scholz will seinen intern stärksten Konkurrenten kleinhalten. Beides wahrscheinlich – am wahrscheinlichsten sogar in Kombination miteinander.

Pistorius rettet sich in die Facharbeit, versucht eigene Themen zu setzen. Etwa dem deutschen Griff nach dem Weltall. Auch wenn das reichlich peinlich ist – angesichts des real existierenden Zustands der Bundeswehr. Das Weltraumkommando ist für Aufklärung und die Sicherung der Satelliten zuständig. In dem Bereich herrschen die USA. Die ganze Welt kann etwas mit Star Wars anfangen, der „Krieg der Sterne“ ist bestenfalls den Menschen zwischen Flensburg und Klagenfurt ein Begriff. Aber immerhin: Das deutsche Weltraumkommando übernimmt auch die Entfernung von Satellitenschrott. Zur Moderne steuert Deutschland unter der Ampel das Lastenrad bei und den Deckel, der sich nicht mehr von der Flasche lösen lässt – da würde es passen, wenn wir im All die Müllabfuhr werden.

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Kommentare ( 13 )

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gast
1 Monat her

Nato Osterweiterung. Das Schreckenswort, das ich kenne, seit ich denken kann. Jetzt installieren sie die Atombomber ganz in meiner Nähe in Hessen. Vielleicht kann ich Herr Pistorius ja einladen zu einem Kaffee in unseren idyllischen Garten voller Pflanzen und Tiere, damit wir gemeinsam erleben können, wie es losgeht.

Bosmer
1 Monat her

Herr Pistorius der beliebteste Politiker, falls die Umfragen der Wahrheit entsprechen. Ich frage mich immer, wo viele Deutschen ihren Verstand haben. Er klopft schöne Worte und das war es dann schon. Wie sinnvoll diese Worte sind, wird nicht hinterfragt. Unser Land ist an allen Ecken und Enden marode. Die Infrastruktur zerfällt, die Unternehmen investieren nicht mehr in Deutschland, schließen ihre Pforten oder ziehen ins Ausland, es sei denn, man wirft ihnen jedes Jahr Millionen und Milliarden an Steuergeld hinterher. Das Schulsystem ist in einen jämmerlichen Zustand. Das GG ist nur noch eine Sammlung von Artikel auf einem Stück Papier, was… Mehr

Teiresias
1 Monat her

Ich glaube keine Sekunde, daß Pistorius oder irgendein anderer Altparteienpolitiker irgendwas will.Sp
Die machen bedingungslos alles, was die USA anordnen.
Dazu passt, das Deutschland für die USA die kostspielige Space-Müllabfuhr bezahlen sollen.
Hohen Kosten stehen null Einflussmöglichkeiten gegenüber – die perfekte Sklavenaufgabe.
Deutsche Ressourcen für US-Interessen zu verschwenden ist geradezu das Grundprinzip der Ampelpolitik.

Wuehlmaus
1 Monat her

Die Welt kann dabei ruhig schlafen. Da unsere Mitte der 90er gebauten Fregatten ein Ausrüstungsproblem haben, weil diese mit bereits in den 70ern abgelösten 8 Zoll Disketten arbeiten, gehe ich davon aus, dass die Satellitenkommunikation mit Buschtrommeln arbeitet. Unsere Spezialisten werden dabei aber nicht berücksichtigen, dass Schall sich schlecht im Weltraum ausbreitet.

November Man
1 Monat her

Das Klima, das man nicht schützen kann, der Klimaschutz, der European Green Deal, die alles ruinierende Energiewende und alle anderen grünen Idiotologien der Grünen ist der rotgrünen Regierung wichtiger als unsere Sicherheit.
Für sinnloses und unnötiges, dafür haben die Roten und die Grünen immer genügend Geld. Nur für unsere Bundeswehr und unsere Verteidigung nicht. Man fragt auch; wo sind die 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundesregierung geflossen? Dunkle Kanäle haben die Linksextremisten bekanntlich genügend.  

Felix Dingo
1 Monat her

„Gewehre schießen daneben, Panzer sind defekt, Flugzeuge bleiben am Boden und sogar Unterhosen fehlen.“
Hinzu kommt, dass niemand mehr seine Haut für dieses Land, welches sich aus bekannten Gründen im schnellen Sinkflug befindet, hinhalten will.

Jungen Leuten wird geraten so schnell wie möglich eine Ausbildung zu absolvieren und zusätzlich Fremdsprachen zu büffeln, damit sie so schnell wie möglich dieses „Restland“ verlassen können.
Auch auf das Ablaufdatum des Reisepasses sollte geachtet werden.

Aletheia
1 Monat her

Man könnte es fast eine mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zu beobachtende Gesetzmäßigkeit nennen, dass vor allem einfachen Verhältnissen entstammende, dem sozialdemokratischen und dem Gewerkschafts-Milieu zugehörige Politiker dazu neigen sich mit bestimmten Projekten aufzuplustern und wichtig erscheinen zu lassen. Etwa Edzard Reuter mit seinen Diversifikations-Phantastereien vom Daimler-Technologie-Konzern. Walter Riester mit dem Flop der Riester-Rente. Ulla Schmidt mit Ihren Krankenkassen-Quartals-Gebühren und der damit einhergehenden Aufblähung bürokratischer Prozesse. Und nun also der vom Mainstream hochgejubelte, angeblich allseits beliebte Shooting-Star der Sozen Pistorius mit Welt-Raum-Ambitionen. Auf mich wirkt es eher so , dass soziale Disparitäten und Verwerfungen in der Entwicklungsphase-Phase des Gehirns bestimmter Klassen-Anghöriger… Mehr

Juergen P. Schneider
1 Monat her

Die stärkste Partei im linken Lager ist immer noch die CDU, soviel Ehrlichkeit muss sein.

Kleinstaater
1 Monat her

Weltraumprojekte sind teuer. 6686 Satelliten innerhalb von 2-3 Jahren in den Orbit zu schicken kann man sich nur leisten, wenn man den Rest der Welt zwingt, wertvolle Rohstoffe mit grünem Papier zu handeln. Der DeepState in den USA, der das US-Militär kontrolliert (und nicht der POTUS, wie wir unter der letzten Trump-Regierung gesehen haben), zieht so ein Projekt (StarLink) gerade unter dem Tarn- und Marketingnamen „Elon Musk“ durch. Würde gern mal sehen, wie die aufheulen würden, wenn ein anderes Land so frech wäre und sich „die Freiheit“ herausnehmen würde, zu machen, was die machen. Mir fiel übrigens auf, dass seit… Mehr

Haba Orwell
1 Monat her

> Sie haben es verpulvert für Radwege in Peru, Geschenke an NGOs wie die „Demokratie-Förderung“ und vor allem anderen: für das Bürgergeld.

Als ob das Stützen der Rheinmetall-Aktienkurse nicht genauso Geldverschwendung wäre. Klar, die Woken machen Angst mit Russland… und China… und Corona… und Vögelpest… und CO2… und Methan der furzenden Kühe… Für alles stets Blechen.