Flüchtlingskrise: Bis April kamen mehr Flüchtlinge als im ganzen Jahr 2014

In den ersten vier Monaten hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) knapp 200.000 neue Flüchtlinge registriert, also Asylbewerber, Schutzsuchende nach der Genfern Konvention und illegale Migranten. So berichtet es das Redaktionsnetzwerk Deutschland.

© Johannes Simon / Getty Images

Wir haben alles im Griff, verkündet die Bundesregierung seit Wochen. Flüchtlingskrise? Das war angeblich einmal. Es kommt angeblich ja kaum noch jemand. Was Regierungssprecher Steffen Seibert regelmäßig als großen Erfolg verkauft, wird von Lautsprechern wie CDU-Generalsekretär Peter Tauber zusätzlich verbreitet: Leute entspannt euch. Die Kanzlerin hat’s geregelt – mal wieder.

Das schöne Bild wird freilich durch nicht so schöne Zahlen konterkariert. In den ersten vier Monaten hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) knapp 200.000 neue Flüchtlinge registriert, also Asylbewerber, Schutzsuchende nach der Genfern Konvention und illegale Migranten. So berichtet es das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Knapp 200.000 – das hört sich beruhigend an gegenüber mehr als einer Million im Jahr 2015. Man kann es aber auch nüchtern sehen: Zwischen Januar und April 2016 sind genauso viele Flüchtlinge gekommen wie im ganzen Jahr 2014. Damals waren es 203.000, die höchste Zahl seit dem Balkankrieg Anfang der 1990er-Jahre. Und schon im Jahr 2014 hatten wir eine veritable Krise.

Hält dieser Trend an, dann müssen wir – hochgerechnet auf das ganze Jahr 2016 – mit 600.000 Flüchtlingen rechnen. Das wäre dann eine Verdreifachung gegenüber 2014. Und das trotz der von der Bundesregierung kritisierten Schließung der Balkan-Route und ungeachtet des Abkommens der EU mit der Türkei, von dem niemand weiß, wie lange es hält. Selbst wenn wir nur den Zugang im April – 26.000 neu registrierte Flüchtlinge – hochrechnen, müssen wir bis Ende des Jahres nochmals mit mehr als 200.000 Neuankömmlingen rechnen.

Man kann, wenn man will, alles relativieren. Aber die regierungsamtlichen und großkoalitionären Schönrechner können zweierlei nicht leugnen. Dass wir – erstens – Ende Mai 2016 noch immer nicht wissen, wie viele Flüchtlinge 2015 tatsächlich ins Land gekommen sind, ob sich zusätzlich zu der gut einen Million weitere 200.000 oder 400.000 unregistriert und illegal hier aufhalten. Das in einem Land, wo die Zahl der Legehennen ebenso genau statistisch erfasst wird die der Nebenerwerbs-Winzer. Und dass – zweitens – niemand sagen kann, wie viele nicht erfasste Migranten in diesem Jahr zusätzlich zu den 200.000 gekommen sind. Diese Gruppe der Illegalen belastet zwar unsere Sozialsysteme nicht. Aber offenbar können diese Menschen hier ihren Lebensunterhalt bestreiten – wie auch immer.

„Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Philosophen mögen sich an diesem Satz des Sokrates begeistern. In der Politik ähnelt amtliches Nichtwissen jedoch einem Offenbarungseid.

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