Biden zieht sich von Präsidentschaftskandidatur zurück

Zuletzt rückten immer mehr Democrats vom mehr als nur angeschlagenen US-Präsidenten ab. Enge Parteifreunde beknieten ihn immer offensiver um den Verzicht auf die erneute Präsidentschaftskandidatur. Jetzt hat Joe Biden eingewilligt und scheidet aus dem Rennen aus.

picture alliance / ANP | Remko de Waal

US-Präsident Joe Biden tritt als Präsidentschaftskandidat der Demokraten zurück. „Ich glaube, es ist im besten Interesse meiner Partei und des Landes zurückzutreten und mich allein auf die Erfüllung meiner Pflichten als Präsident für den Rest meiner Amtszeit zu fokussieren“, teilte er am Sonntag auf X/Twitter mit.

Weiter äußerte Biden seine „tiefste Dankbarkeit“ für alle, die bislang an seiner Wiederwahlkampagne gearbeitet hätten. Außerdem würdigte er seine Vizepräsidentin Kamala Harris als „außergewöhnliche Partnerin“. Harris wurde in den vergangenen Wochen als mögliche Ersatzkandidatin bei der Wahl im November gehandelt. Wer nun für die Demokraten ins Rennen geht, war aber zunächst unklar. Spätestens bis zum Parteitag Mitte August dürfte es darüber eine Entscheidung geben. Fraglich ist aus, wer die von Biden angesammelten Spenden für seinen Wahlkampf verwenden darf; sie sind weitgehend an die Person und nicht an die Partei gebunden.

In den vergangenen Wochen war der Druck auf Biden aus den eigenen Reihen gewachsen. Besonders sein Auftritt beim TV-Duell gegen Donald Trump hatte die Zweifel an seinen Erfolgsaussichten angeheizt. Wochenlang hatten die ihm nahestehenden Medien versucht das schönzureden. Aber die Bilder waren stärker als die manipulativen Kraft der Medien.

In den Tagen danach erklärte sich Biden zur ersten schwarzen Frau im Präsidentenamt, vergaß den Namen seines Verteidigungsministers Lloyd Austin („the black guy“), stellte dann schließlich bei dem Nato-Treffen den ukrainischen Präsidenten Selenskyj als Putin vor und sprach von Trump als seinem Vizepräsidenten. Auf einem Video wirkt es so, als würde er seine Frau auf offener Bühne mit einer ähnlich angezogenen Dame verwechseln.

Erstaunlich ist, dass die Demokraten über keinen Ersatzplan zu verfügen scheinen. Noch nicht einmal über einen schlechten. Denn anderenfalls hätten sie den Schock im eigenen Lager unmittelbar nach der Debattennacht nutzen müssen, um Biden ganz öffentlich zum Rückzug zu drängen, eine Alternative auszurufen und ein Verfahren in Gang zu setzen, um bis zum Parteikonvent am 19. August in einer Art Urwahl entweder diesen oder einen anderen Ersatzkandidaten zu legitimieren. Mit einer entsprechenden Vorbereitung wäre das möglich gewesen. Sogar noch aus dem Stegreif unmittelbar nach der Trump-Biden-Begegnung, zumindest bei einer gewissen Kaltblütigkeit unter den Granden der Partei. Bekanntlich passierte nichts davon. Jetzt sind sie dazu gezwungen. Dadurch verengt sich der taktische Spielraum enorm. Bis zum Konvent am 19. August lässt sich ein echter Auswahlprozess zwischen mehreren Kandidaten kaum noch organisieren. Und ein ganz neuer Kandidat, eine neue Kandidatin könnte den Biden-Harris-Spendentopf nicht ohne weiteres übernehmen. Unter diesen chaotischen Umständen läßt sich wohl nur noch Kamala Harris auf die Schnelle inthronisieren, also diejenige, die sowohl nach Ansicht der Parteifürsten wie der Wähler eigentlich nicht in Frage kommt, weil ihre Popularitätswerte zu normalen Zeiten noch unter denen von Biden lagen. Dass die ihn jetzt doch überholt, weil er ihr mit seinen Zustimmungswerten nach unten enteilt, bietet wenig Trost. Um mehrere Wochen verschieben lässt sich der Konvent auch nicht, denn ab September beginnt in den meisten Gliedstaaten die Briefwahl.

Damit steht die Demokratische Partei vor einem politischen Desaster – und nach der heutigen Lage der Dinge ist Donald Trump möglicher Sieger.

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Kommentare ( 16 )

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AnSi
3 Monate her

Schade, sehr schade! Für Trump wäre es besser gewesen, wenn Opa Joe noch eine Weile durchgehalten hätte. Aber es wird so oder so nicht leicht für die Dems, egal, wen sie aus dem Hut zaubern. Eine Harris wird nicht gewinnen, ein Gavin Newsom wird es auch nicht schaffen. Er hat zwar CA hinter sich, aber der Rest der USA will diese Zustände nicht. M. Obama ist sehr umstritten (die Mehrheit glaubt nicht einmal, dass sie eine Frau ist). Sie wird ähnlich wie Harris gesehen, da hilft auch ihr Mann nicht viel. Die Amis haben jetzt im Kopf, dass sie ihr… Mehr

jwe
3 Monate her

Ich glaube kaum, dass sich die USA als Männerwelt eine Kamala Harris als Kandidatin der Demokraten antut. Als Alibi-FRau und zudem farbige war sie im woken Zeitgeist willkommen. Ansonsten war sie ziemlich blass und unscheinbar. Gegen Trump hätte sie wenig Chancen. Wenn die Demokraten eine Chance haben wollen, müssen sie ein Trump ähnliches Kaliber auffahren.

Regenpfeifer
3 Monate her

Es ist eigentlich egal, ob man nun Freund der Democrats ist oder nicht: So, wie sich diese Partei in diesem Wahlk(r)ampf selbstentleibt hat -da kann man eigentlich nur noch vor Mitleid weinen. Dass Biden altersbedingt kaum mehr ernsthaft für eine 2.Amtszeit in Frage kam, war im Vorfeld der Nominierung eigentlich für jedermann erkennbar. Und trotzdem hat seine Partei ihn wieder auf’s Schild gehoben? Und dann, als es eigentlich schon zu spät war, zerfleischt man sich wochenlang in aller Öffentlichkeit, statt das still hinter den Kulissen zu regeln. -Wenn die Demokraten die Wahl im November verlieren (wonach es ja aussieht), dann… Mehr

Kaltverformer
3 Monate her

Ich bin nur neugierig, ob sich jemand das von den linksgrünen zweiten Reihe Heroes, also Democrats, das antut und gegen Trump antritt 🙂

Harry Charles
3 Monate her

KEINE GUTE(N) NACHTICHT(EN), und das sage ich als ausgewiesener Trump-Fan. Mit Biden hätte Trump ganz klar leichtes Spiel gehabt, mit Kamala wohl auch. Es steht aber zu befürchten, dass die auf die Schnelle doch noch einen Kandidaten aus dem Hut ziehen, der Trump gefährlich werden kann, z.B. Gavin Newsom. Der wird natürlich genau dieselbe Katastrophenpolitik machen wie Biden, aber man weiß ja, wie oberflächlich die Leute sind – die gehen weniger nach Programm als nach persönlicher Ausstrahlung, und Newsom mag einigen attraktiv erscheinen. Als Trump-Fan hoffe ich allerdings, dass es so kommt wie der TE-Artikel es sieht und das parteiinterne… Mehr

Raul Gutmann
3 Monate her

Was nun, sprach Zeus.
VP Harris auf dem Parteitag als Ersatz zu nominieren dürfte kaum mehr als ein Rückzugsgefecht resp. Eingeständnis der Niederlage sein.
Ein annähernd chancenreicher Kandidat wird sich aufgrund der Umstände kaum finden lassen.
Letztlich besteht die Position der Democrats in der (geringen) Hoffnung, im November die Mehrheit im Senat zu behalten und vor allem sich für 2028 neu aufzubauen.
Ohne eines erneuten, erfolgreichen Anschlags auf Trump ist die anstehende Wahl praktisch verloren.

Sulzer
3 Monate her

Er ist eingenckickt nachdem einflussreiche Politikedynastien der Democraten wie Obamas, Clintons und Pelosis gegen Biden sich gestellt haben. Und diese Dynastien koennen ueber Spendengerder fuer die Wahl an Einfluss ausueben.
Und den anderen Democratischen Politikern aus dem Senat und Congress geht es um ihren Platz. Mann will es nicht an die Republikaner verlieren.
Mann will Trump umbeding verhindern.

Ernst K.
3 Monate her

Schade. Hätte Biden durchgehalten, wäre Trumps Sieg ziemlich sicher gewesen. Nun wird es wieder spannend. Umso mehr drücke ich Trump die Daumen.

Raul Gutmann
3 Monate her

Es ist mitnichten erstaunlich ist, daß die Demokraten über keinen Ersatzplan zu verfügen, noch nicht einmal über einen schlechten.
Denn die Lage gibt KEINEN her.
VOR dem Trump-Attentat gab es noch den Joker Michelle Obama. Doch deren ursprünglich geringe Motivation, als himmlischer Retter zu dienen, pulverisiert das „Iwojima“-„Siegesphoto.
Das DNC betrieb 2020 großen Aufwand, Biden über 80 Mio. Stimmen medial zuzuschreiben. Der hielt demenzbedingt jene Inszenierung für die Wirklichkeit, d.h. er sei der einzige, der Trump schlagen könne. Die nun schmerzhafte Kollision mit der Realität erinnert an Ayn Rand.

Last edited 3 Monate her by Raul Gutmann
Raul Gutmann
3 Monate her

Laut der Erinnerung eines nahezu hundertjährigen alten Mannes vergaß „Crooked Joe“ den Namen Namen seines Verteidigungsministers schon im ersten Jahr seiner Präsidentendarstellerschaft.
Hinsichtlich letztgenannter ist seine Enttäuschung über jene Personen, die im in den Rücken gefallen sein sollen, menschlich verständlich, doch objektiv unangebracht, da es die gleichen waren, die seine vierjährige Amtsführung angesichts seines desolaten Zustandes ermöglichten.