Bauernproteste stellen Frankreich auf den Kopf

In Frankreich erreichen die Bauernproteste mit einer Blockade Pariser Autobahnen einen neuen Höhepunkt. Präfekturen schütten die Bauern mit Heu, Autoreifen – und Dung zu. UPDATE: Als Reaktion hat Premier Gabriel Attal angekündigt, auf die geplante Steuererhöhung für Agrardiesel zu verzichten.

MAGO / MAXPPP

Es ist, als wollten die französischen Bauern der Welt noch einmal zeigen, wo der Hammer hängt. Bereits in der Vergangenheit galten die Bauernproteste in Frankreich als berüchtigt. Eine neue Eskalationsstufe haben sie in dieser Woche erreicht. Dazu gehört auch der tragische Tod einer Landwirtin und ihrer Tochter, die bei der Durchbrechung einer Bauernblockade getötet wurden. Ihr Ehemann wurde schwer verletzt. Die Polizei hat die drei Insassen eines Autos, das trotz des abgesperrten Straßenabschnitts in die Demonstration raste, vernommen. Die Hintergründe sind noch unklar.

Am Freitag haben französische Bauern die Autobahn zwischen Paris und Lille blockiert und Staus in der Hauptstadtregion provoziert. Sie protestieren gegen niedrige Lebensmittelpreise und die überbordende Bürokratie. Die Agrargewerkschaften nennen auch eine Steuer auf Traktorsprit, billige Importe ausländischer Lebensmittel und Umweltvorschriften als Ursachen für ihren Protest. Die Bauern wollen insgesamt 11 strategisch wichtige Zufahrtswege zur französischen Hauptstadt blockieren, welche die Autobahnen A6, A10 und A13 einschließt.

Bei den Protestaktionen der vergangenen Tage blockierten die Bauern die Straßen nicht nur mit Traktoren, sondern auch mit importierten Lebensmitteln, Heuballen, Dung, Reifen oder Heuballen. Auf der A7 zwischen Lyon und Marseille legten die Bauern den Verkehr mit Kisten voller Tomaten und Blumenkohl lahm. Während der Pariser Rushhour fuhren die Bauern mit ihren Traktoren extra langsam, um den Verkehr an den Rand des Infarkts zu zwingen.

Auf der A1 durchschnitten die Bauern die Autobahn bei Seclin und versperrten die Autobahnausfahrt mit Reifen und Dung. In Draguignan protestierten Schäfer mit 600 Schafen und 400 Lämmern gegen die ökologische Transformation. In Le Puy-en-Velay verbarrikadierten die Bauern die dortige Präfektur mit einer Wagenladung Reifen. Bei Nantes wurde die Präfektur mit Heu blockiert.

Hinsichtlich neuer Blockaden in den kommenden Tagen sagte Arnaud Gaillot, der Leiter der Junglandwirte (Jeunes Agriculteurs), dass „alle Möglichkeiten“ auf dem Tisch lägen. „Wir müssen immer mehr Regeln befolgen, wir werden immer um mehr gebeten und wir verdienen immer weniger. Wir können nicht mehr von unserer Arbeit leben“, sagte der 61-jährige Bauer Jean-Jacques Pesquerel von der Gewerkschaft Calvados Coordination Rurale.

Für Premierminister Gabriel Attal ist es nach nur wenigen Tagen im Amt die erste Bewährungsprobe. Dass der Regierungschef allerdings seine Rede zu den Bauernprotesten in einem abgelegenen Ort in den Pyrenäen halten würde, statt den Kontakt mit den Landwirten zu suchen, wurde eher verärgert zur Kenntnis genommen.

Finanzminister Bruno Le Maire sprach am Freitag mit Vertretern der Ernährungsindustrie. Le Maire hatte zuvor Druck auf Konzerne wie Carrefour und Danone ausgeübt, ihre Preise nach der Inflation wieder zu senken. Das hatte die Bauern verärgert, deren Margen sich damit dezimierten. Nun kündigte der Finanzminister an, sich gegen die Konzerne und Supermarktketten zu stellen, um „adäquate finanzielle Kompensationen“ für die Bauern zu gewährleisten.

Staatspräsident Emmanuel Macron hatte als Reaktion auf die um sich greifenden Proteste im Land vorerst ein Gesetz auf Eis gelegt, das eigentlich dafür sorgen sollte, dass der Einstieg in den Bauernberuf leichter fallen sollte. Der Unmut richtet sich aber nicht nur gegen die Nationalregierung, sondern ähnlich wie in Polen, Belgien, Italien und Rumänien größtenteils gegen die Europäische Union.

— ????????????? (@Risemelbourne) January 23, 2024

Update: Als Reaktion auf die Bauernproteste in Frankreich hat Premier Gabriel Attal angekündigt, auf die bis 2030 schrittweise geplante Steuererhöhung für Agrardiesel zu verzichten. Außerdem versprach er „zehn sofortige Vereinfachungsmaßnahmen“ der Bürokratie.

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