Baerbocks Visa-Verantwortung: Zwanzig Prozent der Asylanträge nach „legalen“ Einreisen

Neue Zahlen zeigen: Zehn Prozent der Asylanträge kamen letztes Jahr nach Visa-gestützten Einreisen zustande. Noch mal zehn Prozent stammten aus visumsbefreiten Ländern. Doch Baerbock sieht die Schuld bei der „Mehrheit“, die gegen noch mehr Zuwanderung ist. Dabei geht es ebenso um ihre Schuld wie um ihre Wählerverachtung.

picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Laut einem Bericht der Welt am Sonntag sind die Zahlen, die in der Visa-Affäre rund um das Auswärtige Amt unter Annalena Baerbock kursieren, wohl noch deutlich untertrieben, jedenfalls wenn man das Phänomen Asylantrag nach Visumserteilung erfassen will. Es geht also um Asylbewerber in Deutschland, die nicht den beschwerlichen Weg über die Schlepperrouten auf sich nehmen mussten, sondern vom Auswärtigen Amt praktisch gratis nach Deutschland eingeladen wurden. In 37.329 Fällen geschah das im letzten Jahr laut Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), aus denen die Welt am Sonntag zitiert. Das sind mehr als ein Zehntel aller Asylanträge im Jahr 2023. Im aktuellen Jahr soll das Verhältnis sogar noch ungünstiger ausfallen: 8.411 von 65.419 Erstanträgen im ersten Quartal (Januar bis März) wurden von mit einem Visum eingereisten Zuwanderern gestellt, darunter mehrheitlich Syrer (2.281), dann auch Türken (812), Afghanen (662) und Iraner (661). Auch 2023 dominierten diese Nationalitäten.

Es handelt sich dabei, Experten zufolge, nicht um Verwandte von Asylberechtigten in Deutschland, auch nicht um sogenannte Kontingentflüchtlinge. Denn beide Gruppen müssten gar keinen Asylantrag in Deutschland stellen, sie stünden bereits unter unserem Schutz. Es kann daher im wesentlichen nur um Einreisen per Familienbesuchs-, Tourismus- oder Arbeitsvisa gehen. Es kann also sehr wohl um Visa gehen, die (pro forma) für den Besuch entfernterer Verwandter ausgestellt werden, obwohl die Antragsteller ganz anderes im Sinn haben.

Dass das Auswärtige Amt und seine Außenstellen offenbar nicht dafür gerüstet (oder nicht willens) ist, diese Fälle zu unterscheiden und im Zweifel ein Visum zu verweigern, ist der Kern des Problems. Die allgemeine Politik müsste eine der Vorsicht sein. Die bekannten Fälle, Dokumente und Informationen belegen aber, dass die allgemeine Politik ganz im Gegenteil von größtmöglicher Permissivität geprägt ist. Auf Deutsch: So viele Visa wie möglich sollen vergeben werden, auch wenn dem eigentlich rechtliche oder denklogische Hürden entgegenstehen.

Das Bamf weiß wohlgemerkt nicht, durch welche Visagründe die späteren Asylbewerber nach Deutschland kamen. Das ist ja auch im Grunde unerheblich. Erheblich wäre die genannte Striktheit bei der Gewährung von Visa, das heißt, die unbedingte Vermeidung von Visa-Erteilungen, so weit irgend möglich. Das wäre eine Maßnahme, die jede Regierung durchführen könnte, ohne international-rechtliche Bedenken anführen zu müssen. Genauso war es bisher möglich, das genaue Gegenteil zu tun. Unter Annalena Baerbock dürfte dieser „linke“ Konsens im Auswärtigen Amt noch bestärkt und im One-World- und No-Borders-Sinne grün radikalisiert worden sein.

Familiennachzug kommt hinzu und wurde erweitert

Zu den Asylanträgen nach Visums-Erteilung kommen dann noch Asylanträge von Zuwanderern hinzu, für deren Herkunftsstaaten Visumsbefreiung gilt. Dazu zählen etwa Georgien, Nordmazedonien, Venezuela, Serbien und Kolumbien. Zusammen sorgten diese Länder im letzten Jahr nochmals für ein Zehntel aller Asylanträge, nämlich 34.952 Erstanträge. Das bedeutet, dass etwa 20 Prozent aller Asylanträge durch Visumserteilung oder -befreiung zustande kamen. Wiederum ist zu sagen, dass jede Bundesregierung diesem Schauspiel mit sofortiger Wirkung einen Riegel vorschieben könnte – wenn sie es wollte. Natürlich sind auch die mehr als 33.000 Afghanen nicht zu verachten, die die Bundesregierung in ihren obskuren Ortskräfte- und Gefährdeten-Aufnahmeprogrammen nach Deutschland einfliegen ließ.

Kurzum: Die Asylkrise in Deutschland ist zu einem großen Teil alles andere als ein passiv erduldetes Schicksal und auch nicht die Schuld unserer direkten Nachbarn, die die Antragsteller einfach durchwinken. Die Bundesregierung – in vielen Fällen das Auswärtige Amt – trug im letzten Jahr für rund 70.000 Anträge eine direkte Verantwortung durch Handeln und Unterlassen, was die Visumsvergabe angeht. Unter Annalena Baerbock wurden Visumserteilung und -befreiung endgültig zu Instrumenten einer Verschärfung der Zuwanderungs- und Asylkrise. Anstatt an dieser Stelle für eine Entlastung der Kommunen und der öffentlichen Haushalte zu sorgen, steigerte die Außenministerin die Notlage an beiden Stellen. Und der Familiennachzug von mehr als 130.000 Zuzügen pro Jahr (wiederum dank erteilten Visa) kommt noch hinzu.

Wie gut, dass die Regeln für den Familiennachzug für „Fachkräfte“ kürzlich nochmals gelockert oder erweitert wurden: „Ab dem 1. März 2024 können Fachkräfte auch ihre Eltern und – wenn die Ehegattin oder der Ehegatte auch dauerhaft im Bundesgebiet ansässig sind – Schwiegereltern zu sich holen, wenn sie ihre Aufenthaltserlaubnis erstmals am oder nach dem 1. März 2024 erhalten“, kann man etwaauf der Seite der deutschen Botschaft in Belgrad lesen. Ähnlich beim Bamf: „Als Eltern oder Schwiegereltern einer in Deutschland tätigen Fachkraft besteht für Sie unter Umständen die Möglichkeit, nach Deutschland zu kommen.“ Oder wieder definitiv bei den deutschen Vertretungen in Vietnam: „Seit 1. März 2024 ermöglicht Deutschland den Familiennachzug für Eltern von Fachkräften, die ihren Aufenthaltstitel als Fachkraft erstmals ab dem 1. März 2024 erhalten haben. Wenn der Ehepartner oder die Ehepartnerin der Fachkraft dauerhaft mit dieser in Deutschland lebt, dann kann ein Visum nach dieser Kategorie auch für die Schwiegereltern der Fachkraft beantragt werden.“ Neue, schöne Fachkräftewelt.

Baerbock nimmt Stellung und klagt die „Mehrheit“ an

Annalena Baerbock nahm nun sehr indirekt zum Skandal in ihrem Haus und unter ihrer Leitung Stellung. Bei einem Besuch der Handwerkskammer in Potsdam sagte die Potsdamerin: „Es gibt eine Stimmung und Mehrheiten in unserem Land, die sagen: ‚Die müssen alle abgeschoben werden‘.“ Mehrheiten sogar? Wie gut, dass man die ignorieren kann, wie ein Zitat Baerbocks zum Ukraine-Krieg schon vor Zeiten klar machte („egal was meine Wähler sich wünschen…“).

Baerbock sucht derweil Widersprüche in den ungefestigten Ansichten dieses ihres Volkes. Denn es brauche doch immer mehr „Fachkräfte“ im Land, und Unternehmer sollten doch nicht selbst dazu gezwungen sein, dieselben im Ausland zu suchen. Besser ist es, sie werden fertig geliefert, schien Baerbock in Potsdam zu denken. Und eben deshalb kann sie es nicht verstehen, dass viele im Land die von ihr begünstige Zuwanderung Ungelernter und anders Zivilisierter so sehr ablehnen. „Wenn man beides übereinanderlegt, ist das ein absoluter Widerspruch.“ Und da werde eben vieles zu „plakativ schwarz und weiß gemacht“. Dabei scheint die Zuwanderung von Syrern, Afghanen und so weiter in Baerbocks Augen doch eine gewaltige Erfolgsgeschichte zu sein. Es brauche mehr Differenzierung, wird sie von der Deutschen Presse-Agentur zitiert (etwa hier im Tagesspiegel ). Das Volk oder die Bürger verlangen aber manchmal gar nicht nach Differenzierung, sondern seltsamerweise nach einer klaren Sicht auf die Probleme des Landes, die durch die von ihr unterstützte Massenzuwanderung insgesamt größer, nicht kleiner werden.

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Kommentare ( 49 )

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Stefan Z
1 Monat her

Das nackte Ergebnis zählt und die Phantasien von Frau Baerbock und Co. Entweder wollen die Firmen die Fachkräfte nicht (Gründe) oder es sind eben keine Fachkräfte. Auch in Syrien und Co, kann eine Fachkraft Bewerbungen hinterlegen. Man könnte doch per Internet jedem Einwanderungswilligen die Möglichkeit geben, ein Profil bei der Agentur für Arbeit anzulegen. Sollte eine Firma dort einen geeigneten Bewerber finden, kann alles weitere organisiert werden. Die Aufenthaltserlaubnis kann dann erst mal befristet werden und wenn alles klappt und der Bewerber sich entsprechend verhält, steht auch einer Verlängerung nichts im Wege.

MeHere
1 Monat her

Nie wieder darf die GRÜNE PARTEI irgendwelche politische Verantwortung übernehmen – sie kann das durch ideologische Verblendung einfach nicht. Millionen von Steuergeld für die Umsiedelung von Passfälschern und dann deren Familiennachzug zu finanzieren, oder denen Vollversorgung ab Tag 1 ist eine Zumutung für jeden Steuerzahler … wer durch Betrug ins Land kommt, kann wohl keine guten Absichten haben, oder ?

fatherted
1 Monat her

Wenn ich bloß kapieren würde, warum die das machen? Nur der Hass auf die eigene Bevölkerung und das eigene Land kann es doch nicht sein. Warum also? Die die da rein kommen…..konterkarieren ja gerade die öko-sozialistische Politik….ich kapier es einfach nicht.

the ministry of silly walks
1 Monat her
Antworten an  fatherted

Es gibt zwei Gründe. Der erste ist der, den Sie nicht für möglich halten. Der zweite ist die Versorgung an den Fleischtöpfen der Macht (nein, nicht vegan). Googlen Sie mal „Abgeordnetengehalt und Ministergehalt“ und überlegen Sie ob Sie mit Ihrer Berufsausbildung jemals eine Chance auf ähnliche Zahlen hätten – sehen Sie…

Hans_Bethe
1 Monat her

Wer es immer noch nicht begriffen hat: Diese Masseineinwanderung ist gewollt. Und zwar herrscht immer noch der naive Glaube, dass man aus jedem Menschen mit genug gutem Willen und Geld einen Steuerzahler machen kann. Und wenn nicht aus dem Einwanderer, welcher heute kommt, dann aus dessen Kindern. Was soll man auch sonst von Politikern erwarten, welche selbst keine Berufsausbildung oder Kinder haben!

the ministry of silly walks
1 Monat her
Antworten an  Hans_Bethe

Jedes Baby das neu die Welt betritt kann mit liebevoller und konsequenter Erziehung zu einem emphatischen, gewaltfreien und verläßlichen Menschen heranwachsen. Aber eben nur unter diesen Bedingungen. Man kann alternativ auch Zehnjährigen beibringen auf geschändete Leichen zu spucken…

Torsten99
1 Monat her

Nach Art 20 GG ist in der BRD das Volk der Chef. Man muss sich inzwischen fragen ob die grünen und alle die jetzt mit ihnen regieren oder zukünftig regieren wollen, nicht die nationale Sicherheit in Frage stellen. Behördenleiter die entsprechend zum Schutz und Wohl des Souveräns agieren finden sich wo? Das gilt auch und insbesondere für die Parteien der Groko in deren Regierungszeit vieles von dem angestoßen wurde, das die grünen heute mitunsetzen. Intelligente Wähler machen ihr Kreuz deswegen nicht bei der schwarzen Ampel, sondern den Parteien , die die innere Sicherheit, Steuersenkungen für den Souverän und eine funktionierende… Mehr

HansKarl70
1 Monat her

Das Bild zum Artikel ist sehr vielsagend, Aus jeder Pore der gezeigten Person spricht Engstirnigkeit und Schuldbewusstsein, was man aber unter keinen Umständen zugeben darf.

Hummi
1 Monat her

Mein Fazit : Die Mehrheit der Wahlberechtigten, haben diese Politik gewählt oder mit einer Wahlverweigerung indirekt unterstützt ! Diese Mehrheit aus Wahlberechtigten und Nichtwähler , werden auch weiterhin diese Politik unterstützen und sie wählen, bzw. als Nichtwähler einen Politikwechsel verhindern ! Nur rund 18% wollen einen Politikwechsel und ein Ende dieser Politik ! Wenn als angeblich eine Mehrheit das ja nicht mehr will, wieso wählen sie dann dennoch das „ Weiter so“ ?

wat nu
1 Monat her
Antworten an  Hummi

Die Mehrheit der Wähler, die für die Wahlergebnisse verantwortlich sind, lesen keine kritischen Medien. Ein weiterer Teil leben sehr gut von den Geldern, die ein kleiner Teil erarbeitet.
Wer soll da noch über seine Wahlentscheidung nachdenken. Es trifft ja nur die Anderen usw.
Wenn man die Leute mit der Nase darauf stößt, wird schnell weggesehen, bis es sie selber trifft. Eine scheußliche Eigenart, dieses wegsehen.

A rose is a rose...
1 Monat her
Antworten an  wat nu

Leider wahr. Selbst intelligente und durchaus politisch interessierte Menschen in meinem Umfeld, sind nach wie vor nicht willens, auch nur die Möglichkeit zuzulassen, dass die Berichterstattung in den „Qualitätsmedien“ nicht nur unzureichend, weil unvollständig, sondern auch immer wieder nachweislich falsch ist. Stattdessen wird man entsetzt-mitleidig als Verschwörungstheorien Aufgesessener betrachtet, wenn man Dinge anspricht, die längst als Fakten bewiesen wurden. Es ist oft schwer zu ertragen, zumal ich immer mehr erlebe, wie kritische Stimmen bei Familienfeiern oder anderen Zusammenkünften einfach verstummen.

wackerd
1 Monat her

Ganz einfach: Wer mit einem Touristen- oder Besuchervisum einreist und dann Asyl beantragt, betrügt und lügt. Daher sofort raus. Nicht umsonst haben einigermaßen intakte Länder die Vorgabe, dass ein Rückreiseticket bei der Einreise vorgelegt werden muss. Ansonsten mit dem nächsten Flug der gleichen Airline zu deren Lasten zurückschicken.

Torsten99
1 Monat her
Antworten an  wackerd

Ein Schiff der PANAMAX – Klasse in der Nordsee verankern, mit Wohncontainern bestücken und alle Ausreisepflichtigen dort einquartieren.

Kassandra
1 Monat her

Ja. Man kann sich auch fragen, wie viele Fälle, die dem folgenden ähneln, es zusätzlich geben wird, die von Politik wie Justiz gut geheißen werden: https://www.bild.de/regional/hannover/hannover-aktuell/asylbewerber-17-reiste-nur-wegen-eingriff-ein-landkreis-muss-17-600-euro-fuer-op-84859726.bild.html
Der Missbrauch, der gegen uns betrieben wird, sollte doch nach mehr als 10 Jahren von oben unterstützter Invasion allen bekannt sein?
Zudem bekommen solche Gelder sofort bei Antragsstellung ausgehändigt – Hiesige aber erst bei Bewilligung jedweder Unterstützung.

Endlich Frei
1 Monat her

Und wartet mal ab, was passiert, wenn die ersten deutschen Express-Zweitpässe verteilt werden….

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  Endlich Frei

Ja. In Biden-Amerika verteilen sie Wahlberechtigungen an neu Eingereiste. 11.5 Millionen alleine während seiner Amtszeit. Sen. Ted Cruz spricht Tacheles: https://www.youtube.com/watch?v=3ltqu92ej7k&ab_channel=MilwaukeeJournalSentinel
Wenn cduSpahn tatsächlich dort vor Ort war – dem müssen doch bei vielen Themen die Ohren klingeln. Zumal denen dort Politik für alle!! Amerikaner permanent im Vordergrund steht.