AWO-Skandal: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Frankfurter Oberbürgermeister Feldmann

Einen besonders dreister und grellbunter Fall von Selbstbereicherung bietet die Arbeiterwohlfahrt in Frankfurt (AWO). Ein Fall für den sofortigen Rücktritt, wenn ein Bürgermeister seiner Frau derartige Vorteile verschafft - doch nicht bei der SPD und ihrem Geldautomaten AWO.

IMAGO / brennweiteffm

In den vergangenen Monaten ist es still geworden um den Korruptions- und Selbstbereicherungsskandal der AWO in Hessen. Corona, Lockdowns und die politischen wie publizistischen Auseinandersetzungen darum beherrschten die Öffentlichkeit. Nicht einmal die bevorstehenden Stadtverordnetenwahlen in Frankfurt an diesem Sonntag konnten das Thema wieder ins Licht der Öffentlichkeit zerren, denn das hätte erfordert, dass die großen Konkurrenzparteien CDU und Grüne ihrerseits den eigenen Filz auskehren. SPD-Funktionäre sind die Hauptprofiteure des nach wie vor bestehenden Systems AWO, doch auch die anderen Parteien parken Freunde und Familie in bequemen Sesseln vorgeblich gemeinnütziger Organisationen. Aufklärung kommt nicht von den Parteien, eine Krähe hackt der anderen bekanntlich kein Auge aus. Dem Ganzen hat nun überraschenderweise die Staatsanwaltschaft einen Strich durch die Rechnung gemacht: sie ermittelt gegen Oberbürgermeister Peter Feldmann und seine Ehefrau Zübeyde Feldmann wegen Verdachts auf Vorteilsnahme, beziehungsweise Beihilfe zu derselben.

Der Oberbürgermeister und seine AWO

Teil 1: Das Vorspiel
Die verschwundenen Millionen der AWO, Teil 1: Wer hat das Geld?
Die Stadt fordert nun 8.000 Euro vom Ehepaar Fledmann zurück: Zübeyde Feldmann hatte als KITA-Leiterin ein weit überhöhtes Gehalt bezogen, machte eine Blitzkarriere und wurde mit einem Dienstwagen in den Mutterschutz verabschiedet. Es sei jedem Karriere, Dienstwagen und gutes Gehalt gegönnt. Und ein Arbeitgeber, der werdenden Müttern einen Wagen stellt, ist durchaus lobenswert. Doch in der Frankfurter AWO werden solche Privilegien nicht nur aus Steuergeldern bezahlt: Um sich für sie zu qualifizieren, muss man auch noch Ehefrau des Oberbürgermeisters oder Teil seiner Selbstbedienungsclique sein.

Denn, im Gegenzug für Auto, Geld und Karriere für Zübeyde Feldmann, hatte ihr damaliger Freund und späterer Ehemann der AWO Führung ganz konkret sein „Wohlwollen“ angeboten. So zitiert zumindest die FAZ die Staatsanwaltschaft. Ein Wohlwollen, das in einer dreisten Selbstbereicherung der AWO mündete, die zusammenfassend Seiten füllt und die die Stadt nicht nur die Bevorzugung der OB-Gattin kostete sondern viele Millionen, aufgelistet hier, hier und hier.

Doch es geht nicht nur um schlichte Millionenschäden, sondern um eine atemberaubende Selbstbereicherung-Shwo mit 600-PS-Starken Sozial-Dienstwägen, überhöhten Gehältern und 1.300 Euro teure Teemaschinen, die sich AWO-Raffkes in die Privatwohnung liefern ließen. Die AWO in Frankfurt und Wiesbaden, aber auch in anderen Städten oder in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen stellen sich als eine Art Geldautomat dar, aus dem Sozialdemokraten bei Bedarf Vorteile ziehen konnten – und der mit Steuergeldern immer wieder frisch aufgefüllt wurde.

Die Mühlen der Staatsanwaltschaft mahlen langsam

Teil 2: Das AWO-Geflecht in der Politik
AWO-Skandal - Teil 2: Dienstwagen für die Frau des OB in der Babypause
Bei der Staatsanwaltschaft wurde schon im Sommer 2019 Strafanzeige eingereicht. Im September 2019 wurden erneut anonym Beweise der Staatsanwaltschaft zugespielt, im Dezember dann Hinweise auf eine versuchte Beweisvernichtung. Es war die Glamour-Story um das Ehepaar Feldmann und die Berichterstattung von Tichys Einblick, die das Thema aus der Lokalpresse heraus hievten, auch wenn die FAZ den Themenkomplex nach wie vor meistens im Regionalteil versteckt. Im Frühjahr 2020 kam es dann zu Durchsuchungen und der Sicherstellung von Beweisen in AWO-Einrichtungen und Haushalten.
Andere Akteure der Selbstbereicherung sahen sich schon früher mit Verfahren konfrontiert. So wird schon seit dem Frühjahr gegen den ehemaligen AWO-Chef Jürgen Richter wegen Verdachts auf Untreue und Betrug ermittelt.

Das System besteht weiter

Doch das System der AWO, in dem SPD-Genossen Genossen kontrollieren, ein System in dem andere Parteien meist peripher als Nutznießer eingebunden und korrumpiert sind, besteht weiterhin. Die AWO-Hessen Süd hatte zum Beispiel eine Taskforce eingesetzt um den Skandal aufzuarbeiten. Von den drei Mitgliedern waren nur zwei der Öffentlichkeit bekannt. Beide waren SPD-Mitglieder: Die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin sowie die SPD-Kreisbeigeordnete des Wetteraukreises Stephanie Becker-Bösch. Stephanie Becker-Bösch ist seit November letzten Jahres auch die Vorsitzende des Bezirksverbandes Hessen-Süd der AWO. Und im Wetteraukreis ist sie die Sozial- und Gesundheitsdezernentin. Derartige personelle Verflechtungen von Sozialträgern und Verwaltungen waren es, die das System AWO ermöglichten, stützten und weiterhin aufrecht erhalten.

Doch sind auch CDU-Geführte Dezernate sich oft genug nicht zu schade, Unregelmäßigkeiten zu vertuschen um „Schaden von der AWO abzuwenden“. So wie es Daniela Birckenfeld von der Frankfurter CDU schon im Vorfeld der Frankfurter AWO-Skandale tat, als ihr überhöhte und nicht gerechtfertigte Abrechnungen für Dienstleistungen bekannt wurden, die oft genug gar nicht erst erbracht wurden.

Das System AWO findet sich nicht nur in Hessen: Auch in anderen Teilen Deutschlands ist es immer wieder anzutreffen, immer wieder Ursache von Selbstbereicherung. Daran ändern auch die Ermittlungen gegen Peter Feldmann nichts.

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Kommentare ( 56 )

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Britsch
3 Jahre her

Daß überhaupt ermittelt wird, eine unverschämtheit.
Schließlich handelt es sich um ein SPD Mitglied.
SPD Mitglieder generell, „Linke“ machen nichts unrechtes.

Reiner Wehpunkt
3 Jahre her

In Deutschland verliert niemand seinen Job, solange er sich nicht gegen die Politik des Merkel-Regimes stellt. Insofern kann auch dieser Systemling sorglos in die Zukunft schauen, das Verfahren wird eingestellt.

humerd
3 Jahre her

ist dies das deutsche Wesen, an dem zur Zeit die Welt genesen soll? Das sind die Werte, die in der Welt verbreitet werden müssen: Korruption wird als solche nicht bezeichnet.

Last edited 3 Jahre her by humerd
andreas donath
3 Jahre her

Ja und, macht dass den hohen Grad an Korruption in der Merkel-Partei und -Fraktion irgendwie menschlich sympathischer und verständlicher? Mir ist beides gleichermaßen widerlich.

bkkopp
3 Jahre her

Die anderen Parteien müssen sich sagen lassen “ wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen „. Das mag richtig sein. Aber, hinter dem ganzen Sumpf steht die Konstruktion des “ Glashauses „. Generationen von Konservativen, auch Liberal-Konservativen, haben Staatsgeheimnis, Amtsgeheimnis, Geschäftsgeheimnis, Steuergeheimnis Bankgeheimnis, beschränkte Offenlegungspflichten für juristische Personen, u.v.am. mit einer unnachahmlichen Besessenheit konstruiert und durchgesetzt, dass eben auch die Sozen, an die früher niemand gedacht hatte, heute davon profitieren. Man ist nie davon ausgegangen, dass es in Wirtschaftsbeziehungen zum Staat, oder auch bei gemeinnützigen Einrichtungen aller Art, immer nur radikal gläserne Taschen und eine Offenlegungssystematik geben… Mehr

Schwabenwilli
3 Jahre her

„Die Stadt fordert nun 8.000 Euro vom Ehepaar Fledmann zurück“

Kommt dann aus der Portokasse.

binweitweg
3 Jahre her

Nicht zu vergessen ist in der Causa AWO FFM auch die Rolle der Revisorin Ulli Nissen( guckst Du Wikipedia. Die bekannteste SchreihälsIn im dt. Bundestag-zumindest wenn man die Sitzungsprotokolle liest, wenn ein oder eine AfD-Abgeordnete am Rednerpult steht-hat sich nach dem Erscheinen der Staatsanwaltschaft mehr oder weniger klammheimlich wegen angeblicher Unkenntnis in der Sache(und das als Revisorin, hahahaha)ausgeklinkt.

Dieter Kief
3 Jahre her

Seufz, 8000 Euro. Wenn das alles ist. In Frankfurt sind das nicht einmal Peanuts.
(Ja, ich finde es gut, dass die Staatsanwaltschaft nicht locker lässt. Nein, ich will nicht, dass diese korrupten AWO-Leute ungeschoren davonkommen.)

Ralf Poehling
3 Jahre her

Die derzeitige Kritik der SPD Führung an der CDU/CSU wegen der Maskenaffäre, ist an verlogener Bigotterie nicht zu überbieten. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Der Teufel liegt eben nicht in einer einzigen Partei. Er liegt in allen Parteien. Genauer: Im Parteiensystem. Jedes System braucht ein Regulativ, dass es im Gleichlauf hält. Zu einfachen Systemen fehlt dieses Regulativ. Die Menschen tendieren zu „glatten“ und übersichtlichen Systemen. Die wirklich funktionalen Systeme sind jedoch meist komplexerer Natur. Wie eben auch die menschliche Psyche. Ein System, das mit Anreizen zum Missbrauch des selbigen geradezu um sich wirft, braucht zwingend einen… Mehr

lube
3 Jahre her

Berufspolitiker in der BRD sind idR offensichtlich korrupt-einfach ekelhaft.Aber alle im Kampf gegen Rechts aktiv-damit keiner an die Fleischtöpfe kommt.

Dieter Kief
3 Jahre her
Antworten an  lube

Gott sei Dank haben Sie nicht ganz recht, lube. – Schauen sie sich bitte die entsprechenden sozialwissenschaftlichen Daten an. Demnach ist Deutschland ein im europäischen schnitt wenig korruptes Land. Das deckt sich auch mit meinen Erfahrungen. Die Berichterstattung über einzelfälle verdeckt das Große-Ganze, das so schlecht erfreulicherweise gar nicht ist.

karel
3 Jahre her
Antworten an  Dieter Kief

Stimme Ihnen vollumfänglich zu. Korruption ist kein spezielles Unions-Problem, Korruption ist eher eine Sache der Medien, die auf dem linken Auge aus Prinzip blind sind. Siehe AWO Frankfurt.
Das der Bürger nicht so „blind“ ist, zeigen ja die heutigen Landtagswahlen an. Der erhoffte „Schub “ blieb aus. Im Gegenteil.
Selbst die Dreyer-Fraktion verlor Stimmen trotz der Negativ-Kampagne gegenüber der Union in den Medien. Das läßt hoffen.