ARTE verschanzt sich hinter Formalien

Die öffentlich-rechtlichen Sender kommen unter Druck, weil sie eine vieldiskutierte Dokumentation über Antisemitismus in Europa nicht ausstrahlen. Eine seltsame Rechtfertigung von ARTE löst eine neue Debatte aus. Was ist da los in den Funkhäusern?

© Thomas Coex/AFP/Getty Images

Jetzt hat ARTE-Programmdirektor Alain Le Diberder die umstrittene Entscheidung seines Senders verteidigt. Er reagierte damit auf einen Brief von Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Schuster hatte sich in dem Schreiben an die Intendanten von ARTE, WDR und ZDF verwundert darüber geäußert, dass die Dokumentation Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa von Joachim Schroeder und Sophie Hafner nicht wie eigentlich geplant bei arte gesendet werden soll.

ARTE und WDR verweigern Ausstrahlung von Dokumention über Antisemitismus
ARTE und WDR: Ein öffentlich-rechtlicher Skandal
Er maße sich nicht an, das journalistische Handwerkszeug fachgerecht beurteilen zu können, hatte Schuster geschrieben. Doch erschließe sich ihm nicht, warum formale Gründe die Ausstrahlung einer so wichtigen Dokumentation verhindern: »Daher bitte ich Sie, die Entscheidung zu überdenken. Wie dargelegt halte ich die Ausstrahlung der Dokumentation für außerordentlich wichtig«, heißt es in dem Schreiben.

Schuster verwies auf namhafte Historiker und Experten. Historiker wie Michael Wolffsohn und Götz Aly hatten die Dokumentation gelobt. Aly hatte dem ARTE-Programmdirektor in der »Berliner Zeitung« Zensur vorgeworfen. Auch der Islamismus-Experte Ahmad Mansour hatte die Relevanz des Projekts hervorgehoben. Der arabische Israeli hatte die Autoren bei der Produktion beraten.

ARTE wiederum reagierte mit einer rein formalen Argumentation: Der WDR habe einen anderen Film geliefert als ursprünglich vereinbart. Das formale Verfahren sei notwendig, um die Qualität zu sichern. Es dürfe nicht verächtlich gemacht und nicht in frage gestellt werden. Inhaltlich argumentiert ARTE nicht. Aber dabei geht es eigentlich nur darum: Sendefähig oder nicht, und wenn nicht: Warum? Hat also der WDR solchen Mist geliefert, dass er arte nicht zuzumuten ist? Oder ARTE so böse getäuscht? Die Stellungnahme von arte wirft mehr Fragen auf als beantwortet werden.

Bleibt die zentrale Frage, warum arte das Stück nicht zeigt – und beispielsweise in einer anschließenden Talk-Show Kritiker wie Autoren und Historiker zu Wort kommen lässt. So bleibt einer schaler Geschmack. Darf muslimisch motivierter Antisemitismus nicht thematisiert werden, wie Kritiker behaupten?

Wir dokumentieren hier den Brief von ARTE und verweisen auf unsere Besprechung:

Screenshots: www.arte.tv

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Kommentare ( 78 )

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Bets
7 Jahre her

Ich bin einmal in einem Kommentarbereich auf einen Blog-Artikel von 2016 hingewiesen worden, den ich sehr lesenwert fand.

Titel: Nur ein toter Jude ist ein guter Jude

https://tapferimnirgendwo.com/2016/11/16/nur-ein-toter-jude-ist-ein-guter-jude/

Es ist eine Weile her, dass ich ihn gelesen habe. Er hat mich aber sehr beeindruckt, weil er genaue Beobachtungen zum veränderten Verhältnis von Deutschen zu Antisemitismus und Juden enthält. Und weil man zurzeit ja recht wenig darüber in der Presse liest. Auch der Islam kommt vor.

Alex
7 Jahre her

Zum Thema Judenhaß in Frankreich hatte die Süddeutsche vor 2 1/2 Jahren einen erhellenden Artikel:

http://www.sueddeutsche.de/politik/juden-in-frankreich-man-hasst-uns-wir-sind-freiwild-1.2298810

Und siehe da, es sind nicht die Anhänger Marine Le Pens, vor der sich Frankreichs Juden fürchten, sondern (Zitat): „Es sind fast ausnahmslos Jugendliche oder junge Männer aus muslimischen
Familien, die für die antisemitischen Übergriffe verantwortlich sind.“ Offenbar auch keine bierbäuchigen Neofaschisten, sächselnde Skinheads oder biedere Pegida-Marschierer, deretwegen sich Juden als „Freiwild“ fühlen. Die unschöne Wahrheit paßt wohl nicht ins Sendekonzept.

Michel Rieke
7 Jahre her

Ich weiß nicht, ob die bpb mittlerweile auch dem rechten Rand zuegordnet wird, denn sie traut sich wenigstens noch den Antisemitismus im Islamismus ( nicht in der islamischen Welt!) zu thematisieren: http://www.bpb.de/politik/extremismus/islamismus/36356/antisemitismus-im-islamismus?p=all Besonders interessant ist der Absatz über den Iran, denn er zeigt das Dilemma im Umgang mit dem politischen Islam. Sobald nämlich negative Aspekte beleuchtet werden, muss der politisch korrekte Mensch Islamismus statt Islam sagen bzw. schreiben. Der Antisemitismus der iranischen Staatsdoktrin ist entsprechend nicht islamisch, sondern islamistisch. Wie passt das aber zu der Tatsache, dass Vertreter der islamischen Staatsdoktrin im ZMD organisiert sind, der uns ja als liberal… Mehr

Bets
7 Jahre her
Antworten an  Michel Rieke

Zur Bundeszentrale für politische Bildung und dem Beitrag über „Antisemitismus im Islamismus“: er ist von 2011. Ist wohl noch nicht auf dem neuesten Stand 😉
Beobachten Sie weiter!

Realist
7 Jahre her

Flüchtlingskrise natürlich.

Realist
7 Jahre her

Es ist einfach nicht zu begreifen. Warum unterwirft man und natürlich auch “ Frau“ sich nur so unterwürfig dieser Ideologie. Toleranz der absoluten Intoleranz?????? Diese IDEOLOGIE ist in der westlichen Welt nicht integrierbar . Religion ist Privatsache und hat in der Politik nichts zu suchen. Nach Beseitigung der diktatorischen Machthaber in den islamischen Staaten herrscht dort überall Chaos.- Lybien, Irak, Syrien, Jemen,Somalia, Mali, natürlich eigentlich auch in Ägypten , Algerien und weiteren islamischen Staaten. Kurzum: Der Islam verursacht immer letztendlich Gewalt. Es klingt unverständlich aber: Den Menschen ging es unter den Diktatoren erheblich besser. Und nun importieren wir in sehr… Mehr

Randall Flagg
7 Jahre her

Moslems sind friedlich, der Islam sowieso. Moslems sind tolerant, fleißig, liebenswürdig und sowieso die besseren Menschen. Immer sind sie verfolgt, immer die Opfer. Terror trifft Muslime immer am schlimmsten….usw…usw, Das soll uns eingehämmert werden, Tag und Nacht. Deswegen darf alles was dieses Bild zerstört nicht gezeigt, gesagt, oder auch nur gedacht werden. Hätten Maas und Co die Möglichkeit, irgendwie Gedanken zu lesen, wären diese auch bald strafbar, genauso wie alle Meinungen, die nicht der eigenen entsprechen. Wer nämlich glaubt, die Löscherei, bei FB und Co wäre schon alles gewesen, der wird sich noch umschauen. Das ist nur der Grundstein, den… Mehr

Bets
7 Jahre her
Antworten an  Randall Flagg

Film ist heute und nur heute auf bild.de zu sehen!!!! Auf geht’s!

kostanix
7 Jahre her

Wenn es um „nicht sendefähige“, müssten Sendungen wie Illner, Maischberger etc. sofort aus dem Programm genommen. Die Machart widerspricht jedweder Ausgewogenheit und damit nicht sendefähige. Aber das Problem ist was anderes. Man stellt fest, das es nicht der Deutsche ist der antisemitisch ist, sondern unsere Goldjungs. Aber in ganz Europa und insbesondere in Frankreich. Aber das war vorher schon klar. Und insbesondere unsere Linken, die keinen Tag vergehen lassen um gegen Israel und deren Recht auf Selbstbestimmung und Selbstverteidigung zu stänkern, würde dies übel aufstoßen. Gehören die linkslastigen, doch ehr zu den Antisemiten, als die paar rechts eingestellten. Das zu… Mehr

Casa Done
7 Jahre her

Der Islam als „Kitt der Gesellschaft“ darf eben nicht als das dargestellt werden, was er in Wahrheit oft viel mehr ist – Sand im Getriebe der offenen, freien Gesellschaft.

von Kullmann
7 Jahre her

Genau in der Zeit der Produktion geschah der millionenfache Zuzug verschiedener
„Flüchtlingsarten“ nach Europa, vorrangig muslimisch und antisemitisch.
Natürlich verändert das das Zusammenleben in Europa, besonders für jüdische Mitbürger zukünftig. Das ist doch wohl der Grund für solch einen Film, den wir alle mit unseren Beiträgen bezahlen und sehen wollen.
Wie unmündig hält uns eine Zensurkommission. Aus der Geschichte Europas gewachsener Antisemitismus, der neudeutsch RECHTE Antisemitismus soll alleiniger Bildungs-Auftrag der Produktion sein? Der muslimische Antisemitismus hat aus formalen Gründen in unserem Zusammenleben nicht zu existieren.
Was richtig oder falsch ist, soll der ARTE-Kunde in diesem Fall entscheiden.

The Saint
7 Jahre her

Ich finde es vollkommen richtig, dass die Öremes Filme nicht zeigen, wenn sie eine Meinung kundtun, die nicht gut für die Zuschauer wäre.

Auch die Filme „UK ohne EU – ein Erfolgskonzept?“, „Atomkraftwerke – mehr Nutzen als Risiken?“, „Armenier in der Türkei – eine Leidensgeschichte“ und „Die Flüchtlingswelle von 2015 – Zaudern statt Handeln“ wegen nicht ausreichender Ergebnisoffenheit nicht gezeigt.

ARTE wird aber eine Reportage bringen mit dem Titel „Die Wahl des deutschen Bundespräsidenten – eine Sternstunde der Demokratie“. Ich will nicht zuviel verraten, aber da bleibt es spannend bis zum Schluß, nie weiß man, wer es nun tatsächlich wird.

Walter Knoch
7 Jahre her
Antworten an  The Saint

Ich bin begriffsstutzig: Ihre Ausführungen sind als Satire gedacht!!.

Ausrufe-, kein Fragezeichen?

Casa Done
7 Jahre her
Antworten an  Walter Knoch

Ich unterstütze Ihre Satirevermutung!

The Saint
7 Jahre her
Antworten an  Casa Done

Ich auch

The Saint
7 Jahre her
Antworten an  Walter Knoch

;-))

Bets
7 Jahre her
Antworten an  The Saint

Hey Saint, wir haben uns schon mal getroffen und über Religion gestritten. Ich hab dann eine Weile Pause gemacht und man damaliges Konto geschlossen. Dieses hatte ich zufällig noch. Weiß auch nicht, ob ich bis zu den Wahlen durchhalte. Habe schon einige aktuelle Artikel auf TE kommentiert. Nicht immer kurz. Übrigens gab’s neulich einen Artikel in der FAZ mit dem Titel „Sind alle AfD-Mitglieder wirklich Nazis?“ Auch sehr subtil. Den hat die FAZ in einem Artikel von einem Herrn Krauel selbst mit einem deutlichen NEIN beantwortet. „„Der“ Islam als Ganzes ist so wenig daran schuld, wie eben nicht jeder AfD-Wähler… Mehr

The Saint
7 Jahre her
Antworten an  Bets

Moin, Bets, willkommen. Schön, dass wir uns schon mal gestritten haben, aus Ihrem Stil folgere ich, dass es erbaulicher Streit war.

Übrigens sind auch nicht alle Kinderschänder Grüne, aber die meisten Kinderschänder würden dem Programm der Grünen zustimmen.

Die Doku braucht man sich im Grunde gar nicht anzuschauen. Wenn eine Gesellschaft der Hälfte seiner Mitglieder wesentliche Rechte abspricht, den halben Tag mit Allahhokuspokus verbringt und die andere Hälfte damit zu ersinnen, wie man dem „Feind“ in die Suppe spucken könnte, dann kriegt man noch nicht einmal so etwas Simples wie eine eigene Wasserversorgung gebacken.

Bets
7 Jahre her
Antworten an  The Saint

Hallo Saint, die Doku ist heute 24h lang auf bild.de zu sehen, bitte mglst. weitergeben, denn es gibt tatsächlich noch Menschen, die keine Ahnung von diesem Thema haben:

http://www.bild.de/politik/inland/bild/zeigt-die-doku-die-arte-nicht-zeigen-will-52155394.bild.html

Auch hier zu sehen:
https://tapferimnirgendwo.com/2017/06/13/wir-senden-die-doku-auf-arte-und-wdr/

Dazu auch auf TE:
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/alexander-wallasch-heute/angeschaut-der-verschwiegene-film-ueber-antisemitismus/