Anne Spiegel muss als Bundesfamilienministerin gehen

Anne Spiegel (Grüne) ist als Bundesfamilienministerin zurückgetreten. Sie übernimmt damit die Verantwortung für ihre Fehler in und nach der Flutkatastrophe im Ahrtal. Spannend ist das Verhalten des Bundeskanzlers.

Die Morgenlage war klar. Dass Anne Spiegel an diesem Montag selbst zurücktreten oder zurückgetreten würde, stand morgens schon fest. Schon am Sonntag hatten die Spitzen der Grünen sich mit 6:0 für einen Rücktritt der umstrittenen Familienministerin ausgesprochen. Diese hatte daraufhin um eine letzte Chance gebeten – und diese auch erhalten. Doch einen Fernsehauftritt, in dem sie Persönliches als Entschuldigung für ihr Versagen vorschob, verpatzte sie. Als rheinland-pfälzische Umweltministerin hatte sie in der Flutnacht zum 15. Juli 2021 zuerst falsche Informationen über das Ausmaß der Flut verbreitet, dann eine Richtigstellung unterlassen und war den kompletten Abend und die gesamte Katastrophen-Nacht nicht erreichbar. Zu spät oder gar nicht einsetzende Evakuierungen führten zum Tod von 134 Menschen, darunter die Bewohner eines Behindertenheimes.

Umso bemerkenswerter, dass sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in den Lauf der Dinge einmischte. Er lobte den Auftritt Spiegels als menschlich gelungen und versicherte, hinter seiner Familienministerin zu stehen. Eigentlich ist es nicht üblich, dass ein Regierungsoberhaupt sich in die personellen Entscheidungen seiner Koalitionspartner einmischt. Der von den Grünen geplante Abschied Spiegels schien noch einmal zu kippen, die Intervention des Kanzlers konnte die Führung nur schwer ignorieren.

Derzeit haben sich die Grünen in Husum zu einer Klausur versammelt. Dort zeichnete sich trotz der Einmischung des Kanzlers das Bild ab, dass Spiegel nicht zu halten sei. Gerade im wichtigen Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen, das auch von der Flut betroffen war, wäre Spiegel eine Belastung gewesen. Dort war die Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) wegen geringerem Fehlverhalten bereits zurückgetreten. Selbst linke Medien distanzierten sich an diesem Montag von der Pfälzerin.

Die Parteispitze überließ es Spiegel, ihren Rücktritt selbst zu verkünden. Erst dann ging die Doppelspitze der Partei, Ricarda Lang und Omid Nouripour, selbst vor die Kamera. Lang sprach von schweren Stunden, die die Partei hinter sich gebracht habe. Das Beispiel Spiegel zeige, welch schwerwiegende Folgen Regierungshandeln haben könne. Nouripour sprach nach dem missglückten Presseauftritt Spiegels von „Transparenz und Offenheit, wie es sie sonst nicht gibt“. Dass Spiegel in eben diesem Statement eine klare Lüge eingestehen musste, ließ Nouripour unter den Tisch fallen. Anders als behauptet hatte sie während ihres vierwöchigen Frankreich-Urlaubs nicht an Kabinettssitzungen in Rheinland-Pfalz teilgenommen. Als Familienministerin im Bund habe sie eine „unglaublich gute Arbeit“ geleistet, sagte Nouripour. Spiegel füllte dieses Amt etwa vier Monate aus.

Einen Nachfolger werde die Partei zeitnah benennen, sagte Lang. Interessant: Die Frauenrechtlerin genderte den Begriff Nachfolger nicht. Obwohl angesichts der Logik der Quote eine Frau auf Anne Spiegel folgen müsste, wird Anton Hofreiter als möglicher neuer Minister gehandelt.

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Kommentare ( 101 )

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Jens Frisch
2 Jahre her

Ich hoffe, daß die ausgebliebene Warnung an die Bevölkerung – die zu 134 Toten geführt hat! – als „unterlassene Hilfeleistung“ gewertet wird – noch dazu im Amt!

zweisteinke
2 Jahre her

Ich frage mich nur sehr besorgt warum diese unheilvolle Geschichte nicht sehr viel schneller und intensiver behandelt wurde. „UNSERE Qualitätsmedien“ haben es doch damals auch innerhalb kürzester Zeit geschafft, den Herrn zu Gutenberg abzusägen während eine betrügerische SPD Gestalt unbehelligt Regierende im Hauptdorf geworden ist, eine „aus dem Völkerrecht Kommende“ Ministerdarstellerin, ein unfähiger, korrupter Bürgermeister gar Kanzler.

zweisteinke
2 Jahre her

Was? Diese ganze Hungertruppe gehört abgelöst und vor ein ordentliches Gericht gestellt.

Aljoschu
2 Jahre her

Endlich, endlich geht dieses absurde, unwürdige und zutiefst verstörende Trauerspiel zu Ende. Die Partei der Grünen ist angezählt. Der Kindergeburtstag mit Selbstbedienungsladen ist vorbei. Was ist mit den Toten? Ihr Tod war fahrlässig verursacht durch verantwortungslose Politiker*Innen. Jetzt muss die Anklage folgen. Sowie der nächste Rücktritt: der der Chefin, Malu Dreyer! Mit Frau Spiegel steckt sie bis zum Hals mit in der Verantwortung für die Opfer. Dreyer ist in keinem öffentlichen Amt mehr tragbar.

zweisteinke
2 Jahre her

Ein guter Tag für Deutschland. Ich hoffe, daß ist ein Startsignal für noch weitere Rücktritt wegen totaler Unfähigkeit! Aber dann müsste die ganze Mischpoke, die sich „Regierung“ nennt diesen Schritt gehen. Nicht wahr Herr „Gesundheitsminister“? Von der „aus dem Völkerrecht Kommenden“ und den restlichen Nullen ala Scholz und Co. will ich gar nicht erst anfangen.

November Man
2 Jahre her

Nach Familienministerin Anne Spiegel sollten Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Innenministerin Nancy Faeser die nächsten sein. Anschließend Aussenminiministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Kimba
2 Jahre her

Und wieder schadet die Quote am Ende allen anderen Frauen, insbesondere denen, die was können. Unnötige zusätzliche Hürde!

powerage
2 Jahre her

Alles richtig, aber es sollte doch klar sein, dass das Augenmerk unserer Politiker in erster Linie auf den Sorgen der ganzen Welt liegt und egal was es hier für Sorgen und Probleme gibt, diese Herrschaften sich nicht dafür interessieren. Der EU-Fond für Katastrophenfälle war ja auch leer, obwohl er hauptsächlich von Dummland gefüllt wurde. Für die Ukraine und Afghanistan gibts auch unendlich Geld, mal schauen wie lang sich der Michel das noch gefallen lässt.

Waldorf
2 Jahre her

Nun ist das unvermeidliche geschehen, sie ist zurückgetreten (worden) Das 6:0 Votum von gestern gegen sie, war das Ende, man ließ ihr den ehrenvollen „Selbstmord“ vor der Kamera, den sie auch vollzog. Gewiss wird sie wie alle bisherigen VersagerInnen weich stürzen, ein gut dotierter, parteinaher Posten ist ihr sicher. Irgendwas in Verband, NGO oder Stiftung, irgendwie mit Haltung, Klima und Dingens wird sich für erträgliche 100.000,00-200.000,00€ Jahresbezüge schnell finden. Tragisch bleibt der Rest des Scholz-Panoptikums in Amt, ohne Würde. Die ebenfalls heillos überforderten Lamprecht, Faeser und Lauterbach sind weitere Bleienten für Scholz und SPD, Cem und Kulturclaudi für die Grünen… Mehr

TomSchwarzenbek
2 Jahre her
Antworten an  Waldorf

Und uns wird allen Ernsten so eine Trümmertruppe als Regierung zugemutet.“ Huch ? Und wie sind die dahingekommen ? Gab es Wahlen und die Trümmertruppe wurde gar gewählt ? Kann das sein ?

MajorTOm
2 Jahre her

Das Schicksal sucht früher oder später jeden heim, auch Frau Spiegel. Die hat jetzt viel Zeit darüber nachzudenken, wie es den Menschen ging, die sie gewählt haben, als diese ihre toten Angehörigen in den Armen hatten, und Frau Spiegel schön auf Urlaub in Frankreich war, mit Rotwein und Weichkäse. Die herzzerreißende Geschichte mit ihren Kindern, die sich gern einen Urlaub gewünscht haben, die kann sie sich sparen. Kinder im Ahrtal hätten gern ihre Eltern oder Großeltern wieder. Pfui Teufel…