„Ampel“ will 100 Milliarden in die Bundeswehr investieren

Nach Jahrzehnten eines naiven, bisweilen militanten Pazifismus scheint nun parteiübergreifend Konsens zu sein, dass Deutschland endlich die „2-Prozent-Vereinbarung“ der NATO-Mitgliedsländer aus dem Jahr 2002 vom NATO-Gipfel in Prag erfüllt.

IMAGO/Bildgehege

Wer die aktuelle Regierungserklärung von Kanzler Scholz zum Krieg Russlands gegen die Ukraine verfolgt hat, der kam aus dem Staunen nicht heraus. „Dank“ Putin hat eine Bundesregierung, sogar eine „Ampel“-Regierung, erkannt, dass Deutschland nicht nur von Freunden umgeben ist und wie wichtig die Bundeswehr für Frieden, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ist. Nun will man ein „Sondervermögen“ von 100 Milliarden für die Bundeswehr schaffen. Nachdem man sie – auch auf Betreiben der SPD – über Jahre hinweg deformiert hatte. Siehe hier.

Nach Jahrzehnten eines naiven, bisweilen militanten Pazifismus scheint nun parteiübergreifend (AfD und Ex-SED in seltsamer Allianz herumeiernd) Konsens zu sein, dass Deutschland endlich die „2-Prozent-Vereinbarung“ der NATO-Mitgliedsländer aus dem Jahr 2002 (!) vom NATO-Gipfel in Prag erfüllt. Verteidigungsminister war damals SPD-Mann Peter Struck.

Das heißt nun: Dass Deutschland endlich mindestens zwei Prozent des Brutto-Inlands-Produkts BIP für die Verteidigung ausgibt. Nach 16 Jahren Merkel-Regierung mit fünf CDU/CSU-Verteidigungsministern und acht Jahren eines CDU-Finanzministerministers Schäuble (2009 – 2017) brachte man es gerade eben auf einen BIP-Anteil von 1,57 Prozent und damit zu einem hinteren Platz im entsprechenden NATO-Ranking. Zum Vergleich: Zu den NATO-Staaten, die die Vorgabe zuletzt erfüllen, zählen neben den USA, Großbritannien, Polen, Griechenland und Estland sowie ab 2018 erstmals Litauen, Lettland und Rumänien.

Richtig: Die Ausgaben für die Bundeswehr wuchsen 2021 auf 53 Milliarden
Das sind 46,9 Milliarden zuzüglich nach NATO-Definition einrechenbarer Anteile etwa aus dem Entwicklungshilfeetat. Dieser Anstieg der BIP-Quote ist allerdings dem Konjunktureinbruch durch die Corona-Krise geschuldet. Vor der Krise war auf Basis der deutschen Angaben eine Quote von 1,42 Prozent erwartet worden. Ansonsten hatte man trickreich auch Krisen- und Stabilisierungsausgaben des Auswärtigen Amtes eingerechnet. Die Bundeswehr hatte nicht ein einziges neues Gewehr davon kaufen.

Lange tat man die 2-Prozent-Vereinbarung als Marotte des damaligen US-Präsidenten Donald Trump ab. Dieser hatte Deutschland immer mal wieder unverblümt an die „2 Prozent“ erinnert. Noch unverblümter hat es übrigens sein Vorgänger Barack Obama zum Ausdruck gebracht, aber der war und ist in Deutschland ja schier heiliggesprochen.

Blättern wir vor dem Hintergrund der aktuellen Regierungserklärung von Olaf Scholz kurz zurück, um zu erkennen, wie sich das Blatt nun gewendet hat. Martin Schulz (SPD-Kanzlerkandidat 2017) hatte sich gegen die „2 Prozent“ ausgesprochen. Begründung: In Europa könne niemand mit Blick auf die Geschichte derart hohe deutsche Verteidigungsausgaben wollen. Wieder einmal zulasten der Partner eine deutsche Sonderrolle! Deutschland wurde zum Trittbrettfahrer. Gut so, wenn die amtierende Bundesregierung angesichts des Putin-Schocks nun aufwacht.

Indes bleibt eines offen: Friedrich Merz (CDU/CSU) hat es als Oppositionsführer in der Antwort auf die Regierungserklärung von Scholz zu Recht angesprochen: Diese 100 Milliarden sind natürlich kein „Vermögen“, sondern neue Schulden.

Das müsste aber auch heißen: Die Bundesregierung schichtet endlich um, indem sie so manch überflüssiges ideologisches Projekt im Bereich „Klima“ oder „Energiewende“ oder „Gender“ oder „Kampf gegen rechts“ stoppt.


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Kommentare ( 77 )

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Teiresias
2 Jahre her

Die Vorsitzende des Verteidigungsauasschusse, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), fordert jetzt schon, die F-35 anzuschaffen. Damit wäre die Bundeswehr nicht mehr als eine selbstfinanzierte Hilfstruppe der USA (was die vom Völkerrecht halten, haben wir im Iraq gesehen). Hintergrund: Die F35 ist ein neuer Typus Flugzeug und unterscheidet sich von Bisherigen wie ein Smartphone vom Wählscheibentelefon. Die Entwicklung der Betriebssoftware hat die Hälfte der immensen Entwicklungskosten verursacht. Der Kauf der F35 wäre also nicht einfach nur ein Flugzeugdeal, es wäre genauso ein Softwaregeschäft. Und es wäre ein schlechtes Softwaregeschäft! Man hat als Kunde keinerlei Kontrolle über die Software. Sie wird von Amerikanern installiert… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Teiresias
Martin Beckmann
2 Jahre her

Und wieviel für die Helden der Pflegekräfte?

Boris G
2 Jahre her

Bei all diesem Aufrüstungsgetöse lohnt es sich, Sönke Neitzels „Deutsche Krieger“ zur Hand zu nehmen. Darin analysiert er die verwegenen NATO-Strategien zur Verhinderung eines russischen Durchmarsches an den Rhein. Egal wie effektiv das westliche Bündnis sich mit konventionellen Waffen geschlagen hätte – nach wenigen Tagen wäre nichts mehr zu verteidigen, weil ganz Deutschland in Schutt und Asche läge. Die Vernichtungskraft moderner konventioneller Streitkräfte ist derart verheerend, dass nichts zum Verteidigen übrig bleibt. Die Lösung des Problems muss anders aussehen.

Grumpler
2 Jahre her
Antworten an  Boris G

Ich muß zugeben, daß ich Herrn Neitzels Buch nicht gelesen habe. Aber aus Ihrem Kommentar über „verwegene NATO-Strategien“ werde ich nicht ganz schlau. Die Idee dahinter, im Verteidigungsfall alle NATO-Verbände auf das Westufer des Rheins zurückzuziehen und alles zwischen Rhein und Westgrenze der DDR — auch mit taktischen Kernwaffen — artilleristisch einzuebnen, diente doch nicht der Verteidigung (allein) Deutschlands, sondern der (dann) restlichen westeuropäischen NATO-Partner (so lange wie möglich). Die (alte) Bundesrepublik wäre so oder so „platt“ gewesen. Verwegender wäre nur noch gewesen, nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ in die Gegenrichtung laufen zu wollen. Wer sich an… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Grumpler
Lore Kokos
2 Jahre her

Es ist sicher sinnvoll die Bundeswehr zu einer modernen und schlagkräftigen Armee zu machen, die zur Landesverteidigung in der Lage ist.
An der aktuellen Situation würde das aber kaum etwas ändern. Würden wir z.B. den Konvoi, der sich gerade auf dem Weg nach Kiew befindet, mit Drohnen angreifen, wenn wir sie denn hätten?

Kantig
2 Jahre her

Ja die BRD muss sich verteidigen können und es ist gut das dafür Geld in die Hand genommen wird. Nur sollte man gut beobachten wo das Geld hin fließt. Was ich so mitbekommen habe wurde damit herumgeworfen als gäbe es kein morgen. Das was der Bürger von diesen Betrügereien und Verschwendung sieht ist nur die Spitze des Eisbergs. Der miserable Zustand der BW liegt nicht nur an der Geldsumme. Ich habe einen Bericht über die Mafia gesehen und OK, man könnte glauben dass ein nicht unerheblicher Teil des Etats dort versickert. Es gibt bestimmt noch einige andere Bereiche wo es… Mehr

Deutscher
2 Jahre her

Schon interessant: Jedesmal, wenn die Grünen regieren, wandeln sie sich vom Pazifismus zum Bellizismus.

Waehler 21
2 Jahre her
Antworten an  Deutscher

Je difuser das politische Ziel ist, desto weniger kann man die Politik daran messen.

Waehler 21
2 Jahre her

Energieversorgung, Fluttote, Coronamissmangement , Bundeswehr, Cum EX..( Wire Card..Geldwäsche, Clankriminalität, Integrationsversagen….
Und nun außenpolitischer Frontalschaden. Solange wir dieses Gesamtbild nicht sehen, solange besteht kein Handlungsdruck bei den Politikern.
# Doch im großen und Ganzen haben unsere Politiker eine super Leistung erbracht # Warum? Denen und den Ihren geht es doch gut!

Cethegus
2 Jahre her

und diese neue „Wehrbereitschafft“ hält dann genau wie lange an? So lange Putin in der Ukraine steht? Es kann mir doch keiner erzählen, daß diese Bande von Warmduschern, Deutschlandhassern und Naivlingen, die sich Bundesregierung nennt plötzlich ihre linksgrünen Überzeugungen (u,a, fundamentaler Pazifismus und glühender Hass auf die deutschen Sicherheitsorgane!!) über Bord wirft! Im übrigen sind geldliche und materielle Ausstattung der Truppe eine Sache, aber wie steht es mit dem Wehrwillen und der Anerkennung für die Truppe? Das beinahe tägliche Trommelfeuer gegen eine Institution, die nur ihren Job zu machen versucht muß sofort aufhören. Herr Merz hätte dies mal in seiner… Mehr

Mausi
2 Jahre her

Ach du grüne Neune. Da können wir ja nur hoffen, das mit dem Geld nicht die Panzer in Regenbogenfarben getarnt werden, jeder Mitarbeiter eine Regenbogen-Armbinde tragen muss, jedes Fahrzeug durch ein E-Mobil mit Sonnenkollektoren ersetzt wird und Beraterinnen beschäftigt werden, die eine möglichst sinnfreie Verwendung dieser Gelder vorschlagen sollen. Im übrigen, sind das geplante Ausgaben pro Jahr oder für die nächsten 10 Jahre? Mal sehen, wie hoch ist D Verteidigungsetat, mit dem D Bundeswehr auf dem Nullpunkt angekommen und erhalten wird? Ungefähr EUR 50 Mrd.? Na, jedenfalls ist jetzt bereits klar sein, warum wir unbedingt Steuererhöhungen brauchen. Das kommt aus… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Mausi
Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  Mausi

Wie bei Corona werden Milliarden einfach so „versickern“ – ohne, dass jeglicher Gegenwert geschaffen wird. Es geht seit Jahren darum, dem Michel, auf welche Art auch immer, das Geld aus der Tasche zu ziehen. Und dazu lügen sie politisch-medial immer dreister.

Waehler 21
2 Jahre her
Antworten an  Kassandra

Bingo!
Provinzpolitiker ändern gerne mal ihre Paradigmen .Aber in Richtung Wähler muss man immer so tun, als wenn man das Heft des Handelns in der Hand hat.
Genauso wenig wie man uns gesagt hat welchen Anteil Billiarden von eingesetzten Euro, also in Grad Celsius genau , die von uns erbrachten Klimaopfer gebracht haben, so wird es auch bei der Bundeswehr sein.
Das was die Berlin machen sind lediglich Rauchzeichen an :To whom it concern! 

H. Priess
2 Jahre her

In welchem Zeitraum soll es die 100 Milliarden denn geben, sofort, im Zeitraum von 2, 3, 5 oder gar 10 Jahren? In was soll dieses Geld investiert werden und wer bestimmt was und wie viel etwas angeschafft oder modernisiert werden soll? Die Oma die von der BW keine Ahnung hat? Oder werden 50 Milliarden davon einfach so in Beratungsfirmen versickern? Oder werden Projekte einfach nur noch teurer wie die Gorch Fock die am ende 135 Millionen verschlungen hat? Wird endlich das brennenste Problem die Gleichstellung umgesetzt und jeder Offiziersposten doppelt besetzt? Das läuft dann unter Modernisierung und schon sind ein… Mehr

Boris G
2 Jahre her
Antworten an  H. Priess

Ja, Putin marschiert in der Ukraine ein und Deutschland baut ein Segelschiff.