So richtig entschieden will die FDP Robert Habecks Heizungsverbot doch nicht ändern

Die CDU hat die Ampel in einer Aktuellen Stunde zu Robert Habecks Heizungsverbot im Bundestag vorgeführt. Vor allem die FDP wackelt; so strikt lehnt sie das Gesetz nicht ab. Und sie schickt ausgerechnet einen Redner, der wie der gefeuerte Patrick Graichen Mitglied der Lobby-Organisation Agora ist.

IMAGO/photothek, Political Moments - Collage: TE
Dr. Lukas Koehler (FDP) bei seiner Rede zur Debatte Aktuelle Stunde - Vertrauen in Klimaschutz - Personalpolitik unter Bundesminister Habeck bei der 105. Sitzung des Deutschen Bundestags in Berlin, 24.05.2023

Die FDP versucht sich derzeit zu profilieren. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat ein Gesetz zum Verbot von Öl- und Gasheizungen vorgelegt, das Murks ist. So ein Murks, dass die Menschen dagegen Sturm laufen, aus Angst, durch Zwangssanierungen ihr Haus zu verlieren – oder extrem hohe Kosten tragen zu müssen. Die FDP hat dafür gesorgt, dass die Beratung dieses Gesetzes im Bundestag verschoben wird. Zeigen die Liberalen jetzt Profil, stoppen sie die bürgerfeindliche Politik ihres Koalitionspartners? Oder fallen die Liberalen wieder um? Geben sich mit ein paar kosmetischen Korrekturen zufrieden? Das ist die Frage.

CDU und CSU führen die Ampelkoalition vor. Mit einer „Aktuellen Stunde“. Statt, dass der Bundestag nun über den Entwurf aus Habecks Haus diskutiert, redet das Parlament halt allgemein über das Thema. Der Aufstand der FDP entpuppt sich dabei nur als ein Ausweichen. Aber auch die SPD und vor allem die Grünen führt der Kniff der Union vor. Der Kniff, eine Aktuelle Stunde zum Thema einzuberufen.

Jens Spahn stellt gleich zu Beginn die entscheidende Frage: „Was soll das Schauspiel?“ Wenn die FDP Fragen an Habeck habe, warum habe sie diese Fragen noch nicht eingereicht? Warum positioniert sich der Kanzler nicht in diesem wichtigen Thema? Und wie geht es den Bürgern dabei, die ihren Alltag nicht mehr finanzieren können: „Sie maximieren Verunsicherung, Frust und Wut“, wirft Spahn der Ampelkoalition vor. Und wie reagiert die?

Ambivalent. Zum Beispiel die SPD. Sie schickt nicht ihre erste Reihe, um Habecks Gesetz zu verteidigen, und um den Eindruck zu verwischen, die Koalition sei in einer Krise. Stattdessen kommt Matthias Miersch. Der ist in der Fraktion durchaus einflussreich, aber einer breiten Öffentlichkeit kaum bekannt. Wer ihn einmal reden gehört hat, versteht diesen Widerspruch. Miersch ist ein Freund der Linientreue, mit argumentativer Logik hat er es indes weniger. Spahn hält er die Gegenfrage vor, was denn seine Vorschläge seien ebenso wie die Warnung, die Debatte mache nur die AfD stark. Damit steht Miersch argumentativ nur noch eine halbe Stufe über: selber blöd und Nazi, wer gegen mich ist.

Auch die Grünen schicken mit Andreas Audretsch das Gegenteil eines Charismatikers. Anders als Miersch greift er nicht zuerst die CDU an, sondern den Koalitionspartner FDP: „Eine Verabredung sollte etwas wert sein.“ Audretsch erinnert die Liberalen daran, dass Christian Lindner, Marco Buschmann und Co den Entwurf Habecks im Kabinett mitgetragen haben und fordert öffentlich in die Koalition hinein: „Lassen sie uns die Blockade an der Stelle aufheben.“ Das heißt: Es sei Zeit, Habecks Entwurf im Parlament zu behandeln. Genau das, wozu die Union die Ampel gezwungen hat.

Und was macht die FDP? Was sagt sie zu einem Gesetz, das Hausbesitzer ärmer machen würde – wenn es sie in letzter Konsequenz nicht sogar dazu zwingen würde, ihr Haus aufzugeben? Wen schickt sie dafür ans Rednerpult? Lukas Köhler, einen Doktor der Philosophie. Der greift die Union an, aber geschenkt. Der sagt wenig darüber, warum es die FDP war, die das Gesetz aufgeschoben hat. Schon interessanter. Spannend werden aber Köhlers Kampfansagen: „Wir werden dafür sorgen, dass dieses ein gutes Gesetz wird.“ Es gehe eigentlich nur um eine „Menge kleiner ordnungsrechtlicher Details“. „Es ist richtig, dass wir Debatte führen… Dies ist ein Redeparlament.“

In diesen drei Aussagen steckt das gesamte FDP-Kalkül: Es geht der FDP im Wesentlichen um die Diskussion, nicht um deren Ergebnis. Vielleicht ist es aber auch ein Agora-Kalkül, denn Köhler sitzt im Rat jener Denkfabrik, die als Vordenkerin der Wärmewende gilt. Er ist also Teil jener geheimbündlerischen Lobby, die dieses Gesetz erfunden hat und deren Mitglieder es als Staatssekretäre durchsetzen sollen – mit Köhlers Hilfe im Parlament. Das bedeutet: Am Ende werden die Liberalen sich vermutlich mit kosmetischen Korrekturen zufriedengeben, sich als die Partei verkaufen, die in der Ampel Schlimmeres verhindere und damit auf die Zielgruppe setzen, die zwar die Politik der Grünen ablehnt, aber in der Regierung halten will. Eine Schnittmenge, die bei kaum fünf Prozent liegt, wie die jüngsten Wahlen gezeigt haben. Christoph Meyer als zweiter Redner der FDP, richtet sich ebenfalls an den Koalitionspartner: „Wir sollten uns alle ein wenig beruhigen.“ Sprich: Reg dich nicht so auf, Robert, ist doch nur Show von der FDP.

Mit ihren Auftritten hat die FDP sowohl gezeigt, dass sie dem Ernst der Lage nicht gewachsen ist, als auch, dass ihre Strategie des Verhütens von Schlimmerem in der Koalition nicht aufgeht. Die SPD versucht sich da staatstragender. Etwa mit Verena Hubertz. Aber auch das geht schief. Hubertz verspricht, die „Wärmewende“ werde mit sozialem Ausgleich einhergehen und sagt: „Wir sind eine Mieterinnen- und Mieternation.“

Treffend. Aber was für ein Eingeständnis für eine Sozialdemokratin. In doppelter Weise. Zum einen erinnert sie damit daran, dass Deutschland in der Europäischen Union die niedrigste Eigenheimquote hat. Und die Vertreterin der Partei von Bebel, Ebert und Leber ist stolz darauf, dass in ihrem Land diese Hoffnung auf sozialen Aufstieg noch seltener in Erfüllung gegangen ist als in Portugal, Griechenland oder Polen. Zum anderen offenbart Hubertz, dass sich ihr Augenmerk nur noch auf ein städtisches Publikum richtet – und nicht etwa auf die Familie, die im eigenen Haus auf dem Land lebt.

Auch den Klimaschutz denkt Hubertz offensichtlich in der Blase des Stadtmenschen. Und steht grundsätzlich hinter Habecks Gesetzidee: „Es ist Zeit für große Lösungen.“ Es sei Zeit, es anzugehen. Etwas, dass auch der SPD-Netzwerker Miersch gefordert hat. „Sie haben es abgesetzt“, erinnert ihn Andreas Jung (CDU). Es braucht derzeit nicht viel, um sämtliche Luft aus der Ampel zu holen.

Erneut stellt sich die Frage: Wie viel ist eine Demokratie wert, deren Gesetze in einem Lobby-Kreis mit Hilfe von viel Geld aus der Finanzindustrie vorformuliert und von eben diesen Lobby-Funktionären umgesetzt und im Parlament gerechtfertigt wird. Der Fall Agora wird zunehmend zum Prüfstein für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Die Parteien wären gut beraten, wenn ihre Parlamentarier und Amtsträger in der Bundesregierung endlich nicht mehr reine Lobbyisten der Agora wären.

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Kommentare ( 69 )

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alter weisser Mann
1 Jahr her

Der Agora-Köhler trommelt dann auch glatt mit einem richtig schönen Vorschlag. Vorziehen der CO2-Steuer um 2 Jahre. Wohl um Habeck das Überarbeiten des GEG zu versüßen. https://www.welt.de/politik/deutschland/article245573886/Hoehere-Preise-fuer-CO2-Emissionen-FDP-will-Emissionshandel-vorziehen.html
Und da hofft noch wer auf die FDP?

hansmuc
1 Jahr her

Offen gesprochen finde ich es immer wieder sehr bedauerlich, wie Herr Thurnes mit der AfD in seinen Beiträgen umgeht. Ich habe z.B. die aktuelle Stunde heute im BT verfolgt und fand zwei sachlich und fachlich interessant, unangreifbare Beiträge darin, die von Herrn Thurnes nicht mal erwähnt werden. Wie schade, wenn es beim von mir hochgeschätzten TE solche Parteilichkeit gibt!

Fritz Goergen
1 Jahr her
Antworten an  hansmuc

TE berichtet und kommentiert nicht nach Parteienproporz, verteilt keine Noten für Reden und Redner, sondern geht der Frage nach, wer in welchem Zusammenhang was womit bewirken kann.

Silverager
1 Jahr her
Antworten an  Fritz Goergen

Naja, werter Herr Goergen, TE berichtet und kommentiert gerade in diesem Artikel die Parlamentsreden der CDU, der Grünen, der SPD und der FDP.
Und kein einziges Wort zu den Reden der AfD.
Also, der Leser merkt es und ist verstimmt.

Andreas aus E.
1 Jahr her

Herr Dr. Köhler sieht das, wie man es von einem Wissenschaftler seines Formats auch erwartet, völlig richtig.
Natürlich wird die Wärmewende weite Teile der Gesellschaft ins Massenelend führen, aber anders erreichen wir das1,5-Grad-Ziel nicht.
Aber etwas Kritik an den Liberalen muß doch sein: Die FDP sollte sich dafür einsetzen, daß Agora eine börsennotierte Aktiengesellschaft wird, dann könnte auch kleiner Mann sein Riesterportfolio damit renditeträchtig abrunden.

Clemens Anton
1 Jahr her

„Die Parteien wären gut beraten, wenn ihre Parlamentarier und Amtsträger in der Bundesregierung endlich nicht mehr reine Lobbyisten der Agora wären.“

Lieber Herr Thurnes, Sie haben leider „vergessen“ die bemerkenswerte Rede von Marc Bernhard von der AFD zu erwähnen. Diese Partei ist leider die einzige im Bundestag, die noch nicht von Lobbyisten, Karriereristen und Studienabbrechern durchseucht ist.

Und der Wähler muß sich bei solchen Debatten zuerst mal selbst hinterfragen, wie er bei der letzten Bundestagwahl gewählt hat, damit als Ergebnis eine so dilletantische Regierung und eine so schwache Oppposition überhaupt zustande kommen kann….

Talleyrand
1 Jahr her

„Wir werden dafür sorgen, dass dies ein gutes Gesetz wird“. Von „GuteSonstwas“ Gesetzen hatten wir eigentlich die Nase voll. Wie wäre es mal mit einem ganz neuen Ansatz: „Wir werden dafür sorgen, dass es in absehbarer Zeit überhaupt keine neuen Gesetze gibt und unsinnige abgeschafft werden“ ? Die Partei, die das will, würde ich sofort wählen, egal was da sonst noch im Programm steht.

WokinesIn
1 Jahr her

Dass die FDP um der Macht Willen selbst die eigene Großmutter verkauft, ist doch spätestens beim Scholz’schen Machtwort beim AKW-Aus mehr als ersichtlich. Was war das für ein Aufschrei: AKW-Laufzeit mindestens 2 Jahre verlängern! Und dann? 3 Monate. Ein guter Kompromiss (O.Ton: Lindner). Das wird bei dem GEG genauso, schon weil das Gesetz wie Faust aufs Auge in die Strategie passt, den „Alten ihr klöi Häus’je“ wegzunehmen, vermutlich damit arabische Großfamilien nach deren Familienzusammenführung endlich menschenwürdig untergebracht werden. Natürlich nimmt man den Alten nichts weg – man ist ja sozial. Deshalb wird auch die Generation Ü80 von der Verpflichtung zum… Mehr

beko
1 Jahr her

Viel Geschrei um nichts – FDP-Politik seit Jahrzehnten!
Anders ausgedrückt – kurz bluffen – Angriffsposition einnehmen – dann aber schnell abducken! Oder auch, Hunde, die bellen, beißen nicht!!!
Stellt sich die Frage, ob sie so etwas wie „Wachhunden“ ähneln und wenn ja, warum sie nur anschlagen? Denn längeres Bellen bleibt ja zumeist aus! Lediglich um davon abzulenken, was im Hintergrund weiter verfolgt wird??? Unter dieser Voraussetzung wären sie, mehr oder weniger, treue und folgsame Partner ihres Herrchens, Frauchens oder auch eines der anderen 70 Geschlechter grüner „Neuzeitprägung“.

Albert Pflueger
1 Jahr her

Dr. Lukas Köhler. Philosoph. Dissertation: Titel: „Über die Repräsentation von Non-Voice-Parties in demokratischen Staaten“.
Immer wieder schön, wie erlesene Fachleute über die Energieversorgung eines (Noch-)Industrielandes bestimmen. Niemand würde sich von so einem den Blinddarm entfernen lassen. Man hätte berechtigte Zweifel, ob er das hinbekommt. Aber wenn es um das Schicksal unseres Landes geht, um komplexe technische Systeme, dann, ja dann ist doch ein „Philosoph“ genau richtig. Da muß man nichts mit Technik studiert haben. Nicht bei der FDP, nicht bei den Grünen, Roten oder Schwarzen.

Wellesz
1 Jahr her

Es sollte doch mittlerweile jedem selbst naiven Menschen klar sein, dass die Parteien Hand in Hand agieren. Es wird ein Theaterstück aufgeführt, in dem es nur einen Verlierer gibt: den noch arbeitenden Bürger. Weder interessieren sich die Parteien für die Gesundheit oder das finanzielle Wohlbefinden dieses noch arbeitenden Bürgers, sehr wohl aber für das finanzielle Auspressen und das Überwachen. Da man weiß, dass die Brachialpolitik von Linksgrün nicht ganz so gut ankommt, hat man eben die FDP dazwischengeschaltet. So einfach ist das.

GefanzerterAloholiker
1 Jahr her

Bitte, Hr. Thurnes. Mit dem Heizungsgesetz wird einer kommenden EU Verordnung vorgegriffen.
Für Deutschland wäre es die Verbannung aus dem Paradies, wenn man der EU Verordnung ein Nein vorschieben müsste.

(Wir haben tatsächlich nicht den Strom dafür, weil die Pumpe eine E-Heizung ist und im Winter viel E erforderlich ist für Raumtemperatur. Wir haben E nicht mehr. Und wir haben „Merit Order“. Also wenn E verfügbar ist, immer zu höchsten Preisen. Dafür sorgen die Anbieter konventionellen Kraftwerksstrom schon. Wir haben es vollkommen versemmelt. Auch das darf das Volk nie hören. Besser, es ahnt gar nichts davon.).