Afghanistan-Evakuierung: Die Selbstdarstellung der Grünen widerspricht den Fakten

Haben die Grünen tatsächlich schon am 23. Juni im Bundestag die Evakuierung von Ortskräften aus Kabul beantragt? Fraktionschefin Göring-Eckardt suggeriert das. Nur: Einen solchen Antrag gab es nicht.

IMAGO / Future Image
Katrin Göring-Eckardt

Haben die Grünen tatsächlich als einzige Fraktion des Bundestages den Fall von Kabul und die Machtübernahme der  Taliban schon im Juni 2021 vorausgesehen? Das jedenfalls soggerierte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt per Twitter. „Weder Scholz noch Laschet waren in der Lage auch nur einigermaßen rechtzeitig die Lage in Afghanistan wahrzunehmen“, schrieb sie am Dienstag: „Am 23. Juni haben @GrüneBundestag beantragt die Ortskräfte zu evakuieren.“

Angesichts der regierungsamtlichen Ahnungslosigkeit beispielsweise von Außenminister Heiko Maas („wir alle haben die Lage falsch eingeschätzt“) wären die Grünen mit einem Antrag auf Evakuierung der so genannten Ortskräfte – also lokalen Helfern der deutschen Soldaten – in der Tat erstaunlich weitsichtig gewesen. 

Screenprint via Twitter

Allerdings findet sich in dem Bundestags-Plenarprotokoll vom 23. Juni gar kein entsprechender Evakuierungsantrag. Sondern etwas anderes: Göring-Eckardts Fraktion hatte einen alten Antrag von 2019 erneut eingebracht, in dem die Grünen ein erleichtertes Asylverfahren für Angehörige der Ortskräfte forderten, einschließlich einer Anerkennung nicht nur von Einzelpersonen, sondern auch für Gruppen. Prinzipiell ist an dem Antrag nichts zu kritisieren – nur hat er mit dem, was Göring-Eckardt behauptet, nichts zu tun. Es ging darin ausdrücklich um eine Erleichterung für Personen, die sich schon in der EU oder an der EU-Grenze befinden. Die Rednerin zu dem Antrag, die Abgeordnete Luise Amtsberg, schilderte in der Plenardebatte beispielhaft, worum es den Grünen ging: 

„Denn weil die Ortskräftepolitik dieser Bundesregierung so desaströs ablehnend war, sind viele Menschen aufgrund der Angst – und deshalb hat das doch mit Flüchtlingspolitik zu tun – und des Drucks auf eigene Faust aus Afghanistan geflohen. Sie befinden sich jetzt zum Teil in Griechenland, in Italien oder eben auch in Deutschland.

Ich möchte Ihnen ganz kurz von einem Einzelfall berichten.

Einem Mann, der für die Bundeswehr unter anderem als Dolmetscher in den Camps Marmal und Masar-i-Scharif gearbeitet hatte, drohten die Taliban, ihn umzubringen. Eine Antwort auf seine Gefährdungsanzeige hat er nie erhalten. Er floh 2018 aus Afghanistan. Das BAMF führte ein Asylverfahren durch. Und der Asylantrag wurde diese Woche abgelehnt.“

Fazit: Davon, die noch in Afghanistan befindlichen Ortskräfte angesichts der Lage zu evakuieren, ist in dem Antrag nirgends die Rede. Fraktionschefin Göring-Eckardt erweckt also mit ihrem Tweet einen zumindest stark irreführenden Eindruck. Die Fraktion der Grünen schätzte Ende Juli ganz offensichtlich die Lage in Afghanistan nicht anders ein als die Bundesregierung.

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Kommentare ( 49 )

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RandolfderZweite
3 Jahre her

Frappierend jedoch empfinde ich das Denken der Grünen: Man schickt Soldaten in ein Land um es zu stabilisieren, investiert hier Millionen Euros, unterstützt die Menschen vor Ort und hebelt gleichzeitig die Asylgesetze eben für dieses Land aus. Afghanen sind die zweitgrößte Gruppe der Flüchtlinge. Nach 20 Jahren hat man dann nichts besseres zu tun als noch mehr Erleichterungen mit wiederum hohen Kosten zu Lasten des Steuerzahlers zu fordern? Nochmals, afghanische „Ortskräfte“ wurden bezahlt und beschützt, sie hatten ein, im Gegensatz zu den Übrigen, „besseres Leben“! Ich sehe da keine Verantwortung zumal diese „Ortskräfte“ keine Anstalten gemacht haben „ihr“ Land gegen… Mehr

Marcus Schilling
3 Jahre her

Sehr interessant, danke für Ihre Nachforschungen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich diese Story der Grünen geglaubt hatte. Bei der Premierensendung von RTL Direkt (mit Jan Hofer) vor einigen Tagen hat Baerbock erzählt: „Wir haben daher als Grüne schon vor der Sommerpause des Bundestags ’n Antrag gestellt, die Ortskräfte, die Menschen, die die deutschen Bundeswehrsoldaten geschützt haben, in Sicherheit zu bringen. Das haben SPD und Union in der Bundesregierung verweigert, und jetzt sehen wir diese dramatischen Bilder, die glaub‘ ich niemanden kalt lassen.“ Ich sehe da wenig Raum für die Exegese von sprachlichen Nuancen – wenn sich Baerbock… Mehr

Stef
3 Jahre her
Antworten an  Marcus Schilling

Die Bärbock ist aber bekannt dafür, es mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen

Nachrufer
3 Jahre her
Antworten an  Marcus Schilling

Lieber Herr Schilling,
bitte scrollen Sie ein wenig herunter bis zu dem Kommentar von „Westried“ und zu meiner Antwort. Es ist alles etwas komplizierter.
Viele Grüße
Nachrufer

Marcus Schilling
3 Jahre her
Antworten an  Nachrufer

Lieber Nachrufer, danke für Ihre Rückmeldung. Ich bin Ihrem Vorschlag gern gefolgt, und jetzt frage ich mich, welche Wirkung das von den Grünen beantragte Gruppenverfahren gehabt hätte, wenn es eingeführt worden wäre.
Hätte es den zügigen Transfer der Ortskräfte nach Deutschland bedeutet und/oder eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland für deren Familien? Wer hätte den Transport organisiert und bezahlt? Anders gefragt, welches Potential hätte der Antrag gehabt, die dramatischen Bilder (s.o.) zu verhindern oder sagen wir wenigstens zu vermindern?

199 Luftballon
3 Jahre her

„Giffey soll auch bei ihrer Masterarbeit abgeschrieben habenQuelle Welt online

Ach darum hält die grüne Hochstaplerin Bärbock ihre Masterarbeit so hartnäckig geheim.

In fünf Wochen sind Wahlen in Deutschland, die Bärbock hätte längst ihre Masterarbeit zugänglich machen müssen, was versteckt dieser Grüne noch ist doch hier die Frage.

Tomm
3 Jahre her

Typisch für die Göring-Eckert von der kommt nix, ist ja auch eine Deutschlandhasserin.

AlexR
3 Jahre her

Wie alles in dieser Sekte: erfunden, behauptet und gelogen. Copy und Paste ist die Kombination, die am meisten von den GrünInnen am PC verwendet wird.

Aber unabhängig davon, ist im ZDF heute zu Afghanistan mal wieder das Annalena zum Gespräch eingeladen. Kann sie mal wieder Wahlpropaganda machen. Das ZDF, Kleber und Slomka sind ja Propagandisten der GrünInnen. Und wir zahlen das mit dem Zwangsgeld.

Westried
3 Jahre her

Am 23. Juni wäre der Begriff Evakuierung vielleicht auch noch nicht angebracht gewesen. Damals hätte man noch von Ausreise/Ausfliegen reden können, die Bundeswehr war ja noch eine Woche im Land. Das Stellen der Visaanträge für die Ortskräfte hätte bis dahin in Masar-e Scharif möglich sein müssen. Nach dem Abzug der Bundeswehr konnten sich die Ortskräfte entscheiden auf eigene Faust zu flüchten, oder den „deutschen Dienstweg“ einzuhalten und den Visaantrag in der Botschaft in Kabul zu stellen. Die letzteren sitzen jetzt in Kabul im Schlamassel. In der oben verlinkten Rede und in dem Antrag aus 2019 geht es schon auch um… Mehr

Nachrufer
3 Jahre her
Antworten an  Westried

In der Tat: In dem TE-Passus „…Göring-Eckardts Fraktion hatte einen alten Antrag von 2019 erneut eingebracht…“ geht es um diesen Link: https://www.gruene-bundestag.de/themen/integration-migration-flucht/bedrohte-ortskraefte-schnell-und-unbuerokratisch-aufnehmen. Der stammt vom 23. Juni 2021. Darin heißt es: „Wegen der generellen Gefährdungslage für die Ortskräfte und wegen der Eile, die durch den Truppenabzug geboten ist, fordern wir in einem Bundestagsantrag ein Gruppenverfahren zur Aufnahme afghanischer Ortskräfte“. Um welchen Bundestagsantrag es sich handelt, steht links daneben: „Grüner Antrag Verantwortung anerkennen – Gruppenverfahren zur Aufnahme afghanischer Ortskräfte einführen (pdf, 10.4.2019)“. Dieser Antrag vom 10. April 2019 kann als Bundestags-Drucksache 19/9274 heruntergeladen werden. In dem Beitrag vom 23.6.2021 wird übrigens zusätzlich… Mehr

Milliarden von Galaxien
3 Jahre her

Spricht sich langsam aber sicher rum.
Grüne. Eine Lügenpartei.
Ich habe sie umgetauft. Klingt ganz griffig, finde ich und ein bisschen unangenehm. Soll es auch.
Ich nenne sie nur noch

GRÜGNER.

Alexander Schilling
3 Jahre her

Wenn man hart „für die Regierung arbeitet“, wie in Moria, können einem bisweilen auch anderweitig die Begriffe durcheinander geraten. Doch wenn schon aufgeblasene Lebensläufe kein Schwein aus dem Völkerrecht interessieren, warum denn aus der Küchenhilfe —– ich lasse es an dieser Stelle besser.

Deutscher
3 Jahre her

Die Grünen fordern doch jeden Tag, irgendwo auf der Welt irgendwelche Leute zu „evakuieren“ (genau genommen evakuiert man nicht die Leute, sondern den Ort, an dem sie sich aufhalten) – natürlich am besten direkt nach Deutschland! War also ein reiner Bingo-Treffer.

Last edited 3 Jahre her by Deutscher
Schwabenwilli
3 Jahre her

Die Grünen im allgemeinen scheinen es mit der Genauigkeit ihre Aussagen gar nicht so genau zu nehmen.