Spektakuläre Unsensibilität bei Adidas: Das Unternehmen hat seinen Sportschuh SL 72 neu aufgelegt – einen „ikonischen Sneaker“, der ursprünglich für die Olympischen Spiele 1972 in München konzipiert worden war. Als Werbegesicht wurde Bella Hadid gewählt, die durch Antisemitismus in die Schlagzeilen geraten ist.
Getrennte historische Erinnerungen sorgen immer wieder für Konflikte und Unverständnis. Ein Beispiel: International verstehen nur wenige, welche jahrtausendealten Traumata für Juden mit dem Wort „Palästina“ verbunden sind. Auch für deutsche Politiker ist es ein normaler und neutraler Begriff. Israelis aber verknüpfen ihn automatisch mit ihrer eigenen Auslöschung, nicht zuletzt weil die Römer das Wort seinerzeit einsetzten, um die jüdische Verbindung zum Land auszutilgen. Deswegen reagieren sie so sensibel, wenn auf westlichen Straßen vermeintlich harmlos zur „Befreiung Palästinas“ aufgerufen wird.
Eine andere, aber ebenfalls historische Unsensibilität hat sich nun der deutsche Sportartikelhersteller Adidas geleistet. Das Unternehmen hat seinen alten Sportschuh SL 72 neu aufgelegt – einen „ikonischen Sneaker“, der ursprünglich für die Olympischen Spiele 1972 in München konzipiert worden war, wie Adidas in einer Mitteilung erklärte. Darin kündigte das Unternehmen aus Herzogenaurach auch an, für die Kampagne auf verschiedene „Größen aus der Welt von Sport und Kultur“ zurückzugreifen. Unter ihnen: Bella Hadid, die in der Pressemitteilung auch im Bild gezeigt wird.
Gibt es mit dem Code „Hamas“ dann 88% Rabatt, #Adidas? 🤮 #Israelpic.twitter.com/6GP6RDblDA
— Tobias Huch (@TobiasHuch) July 18, 2024
„Kennt Zynismus keine Grenzen?“
Unter Juden und Israelis rief das schnell Empörung hervor. „Kennt Zynismus denn keine Grenzen?“, fragte das israelische Nachrichtenportal Ynet am Donnerstag. „Als Israeli ist es unmöglich, angesichts dieser Entscheidung nicht zusammenzuzucken“, schrieb derweil das Portal Walla am Freitag. Warum? Für Israelis ist „München 72“ weniger mit Sport als vielmehr mit den Anschlägen auf die israelische Mannschaft am 5. September 1972 verbunden. Palästinensische Terroristen waren seinerzeit ins Olympische Dorf eingedrungen, hatten zunächst zwei israelische Teammitglieder ermordet, bevor bei einer missglückten Befreiungsaktion später auch alle gehaltenen Geiseln ums Leben kamen.
In seiner Mitteilung erwähnte Adidas diese Tragik mit keinem Wort. Schlomit Romano-Barsilai, Tochter des seinerzeit ermordeten Gewichthebers Josef Romano, schrieb laut Jewish News in einem Brief an Adidas, es sei „unsensibel und erschütternd“, dass das Unternehmen den Schuh von 1972 für eine Kampagne ausgewählt habe, ohne die damit verbundene Tragödie anzuerkennen. Sie verstehe das Bedürfnis nach Nostalgie, aber die Wahl dieses Jahres bringe eine „große historische Belastung“ mit sich, „die offenbar übersehen wurde“.
Bella Hadid warf Israel „ethnische Säuberung“ vor
Als problematisch empfanden viele vor allem, dass Adidas den Schuh dann auch noch ausgerechnet mit Bella Hadid bewarb. Die 1996 in Washington geborene Hadid ist ein weltweit bekanntes Fotomodel. Ihr Vater Mohamed wurde bereits 1948, während des ersten israelisch-arabischen Kriegs, im heute israelischen Nazareth geboren.
Hadid hat sich immer wieder deutlich an die Seite der Palästinenser gestellt („From the river to the sea, Palestine will be free“) und Israel öffentlich vor Millionenpublikum dämonisiert – etwa, indem sie 2021 bei Instagram eine Zeichnung verbreitete, in der Israel „Kolonisierung, ethnische Säuberung, militärische Besatzung und Apartheid“ vorgeworfen wird. Nach dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 brauchte Hadid fast drei Wochen, um sich zu Wort zu melden: In einer Erklärung erinnerte sie zunächst an die „Menschen und Kinder von Palästina“, bevor sie dann auch den „Terror“ gegen Israelis verurteilte.
Adidas will Kampagne überarbeiten
Ausgerechnet sie soll also für einen Schuh werben, der ausgerechnet mit den für Israel so blutigen Olympischen Spielen von 1972 verbunden ist? Es handle sich um eine „schwere Fehleinschätzung, die die Opfer entehrt“, meinte dazu Jonathan Greenblatt von der amerikanisch-jüdischen Anti Deformation League. Sacha Roytman, Chef der Combat Antisemitismus Movement, schrieb von einer „Kränkung von Juden und ganz Israels“; er setzte den Vorgang gleich noch in eine Linie mit der Nazi-Belastung der Adidas-Gründer Adolf und Rudolf Dassler, die NSDAP-Mitglieder gewesen waren.
Auch der X-Account des Staates Israel meldete sich empört zu Wort. Und die Tochter des ermordeten Gewichthebers Romano forderte Adidas auf, die Kampagne zu überdenken und „einen angemessenen Weg zu finden, das Vermächtnis der Marke zu würdigen, ohne ungewollt Schmerz und Kontroverse auszulösen“. Tatsächlich hat das Unternehmen mittlerweile auf die Anwürfe reagiert: Die Verbindung „zu tragischen historischen Ereignissen“ sei „völlig unbeabsichtigt“. Für dadurch verursachtes Leid entschuldige man sich: „Aus diesem Grund überarbeiten wir die Kampagne.“
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Mal Hand aufs Herz: Wer hätte ohne diesen Beitrag, also nur durch reines Betrachten dieser Werbung, sowohl in dem Schuh als auch in dem Model einen Aufhänger für seine Empörung gefunden?
Tja, ist man nicht (mehr) helle genug – wird einem ein faules Ei ins Nest gelegt. Glaubt irgendjemand dass in der Politik, oder im Geschäftsleben, irgend etwas aus Zufall passiert? Diese Aktion versinnbildlicht lediglich die westliche Machtverschiebung Richtung Islam. Wo einem grundfremden Denken der rote Teppich ausgerollt wird, sollte nun keine Überraschung geheuchelt werden.
Das war kein Versehen oder Dummheit, nie im Leben. Adidas setzt auf die großen Gruppen der Jogginghosen- und Turnschuhträger unter den jungen Leuten. Wegen der Deutschen, die Antisemitismus noch unappetitlich finden, will man sich doch nicht das schöne Geschäft versauen. Nachdem die Transen offenbar nicht so viele Kunden generieren konnten, versucht man es jetzt eben mit jungen Muslimen als Zielgruppe.
Adidas reitet seit Jahrzehnten die Globalisierungswelle und hat trotzdem überhaupt nichts gelernt.
Zum Thema Hadid aus Corona-Zeiten 03/2020: „Bella Hadid wirbt oben ohne für häusliche Quarantäne“
Ich habe im Radio (ÖRR) von der Addias Kampagne gehört,
die Nachrichtensprecherin sagt ungefähr folgendes: „Adidas legt den Schuh von Olympia 72 neu auf, damals kam es zu einem Zwischenfall bei dem die Israelische Olympiamannschaft von Terroristen…“
Der bis zum Breitscheidtplatz Anschlag größte terroristische Anschlag in Deutschland und der immer noch größte Terroranschlag auf Olympia ist für die ÖRR ein „Zwischenfall.“
Der CEO von Adidas ist 1965 geboren, war zur Zeit des Attentats also 7 Jahre alt. Er ist Norweger und hat vielleicht auch deswegen schon eine etwas größere Distanz zu einem historischen Terroranschlag in Deutschland. Alle Mitglieder des Vorstands waren zur Zeit des Anschlags Vorschulkinder, gerade eingeschult, oder noch nicht geboren. Dito der Marketingchef.
Leben ohne Geschichte, weil man „nach vorne schauen muß und es nichts bringt, rückwärts zu schauen“?
Ihre Einlassung funktioniert nicht. Gerade im heutigen Kontext. Sie ergänzen allerdings meine Meinung. Wer Angst vor der Vergangenheit hat, hat keine Zukunft. Und die verspielen wir. Aber wen interessiert das?
Ich bin 1970 geboren und weiß auf Anhieb, was da 1972 los war und ich weiß ebenso auf Anhieb, dass ich sicher so eine Person keinesfalls diese Schuhe werbewirksam anziehen lasse. Da braucht man keine Sekunde drüber nachenken, um so etwas NICHT zu machen. Also ist es a) entweder einfach nur der mittlerweile grassierenden allgemeinen Verdummung, Unbildung, Ignoranz und geistiger Verblödung geschultet oder aber b) tatsächlich Kalkül. Eines so schlecht wie das Andere.
Als allererste Reaktion mag die zitierte Aussage von adidas hinreichen. Der nächste Schritt muß sein, Hadid zu feuern und glaubhaft bei allen Juden um Entschuldigung zu bitten. Am Rande: Die Gründer von adidas waren nicht Adolf und Rudolf Dassler, sondern nur Adolf. Die Brüder hatten zuvor die gemeinsame Firma „Gebrüder Dassler Schuhfabrik“. Wie alle Firmen hat Hitler sie in seine Befehls- und Lenkungswirtschaft eingegliedert, und wie etliche andere Unternehmer sind beide Brüder der Partei beigetreten. Nach dem Krieg haben die Brüder einander gegenseitig vorgeworfen, den anderen bei den Alliierten denunziert zu haben. Darüber haben sie sich so zerstritten, daß sie… Mehr
„…und glaubhaft bei allen Juden um Entschuldigung zu bitten.“ Für einen Turnschuh, den höchstwahrscheinlich selbst junge Israelis gern und bedenkenlos kaufen würden? Für ein Model, dass den meisten bislang völlig unbekannt sein dürfte? Für einen Terroranschlag, an dem weder Adidas noch Puma (die Firma Rudolf Dasslers) irgend einen Anteil hatten? Wäre das Entsetzen genau so groß, würde Nike oder Rebook seine neueste Kreation im 72’er Retrolook neu auflegen und mit Bella Hadid, einem 28-jährige amerikanischen (!) Model, dafür werben? Was, wenn die ermordeten israelische Sportler einen der o.g. Schuhausrüster hatten? Müsste Adidas auch dann glaubhaft „bei allen Juden“, also auch… Mehr
Wer je mit Marketingtrullas in Werbeagenturen oder PR-Abteilungen zusammenarbeiten musste, weiß: Es ist nicht Unsensibilität oder Zynismus. Es ist groteske, stumpfe Dummheit.
Mein Gott…! Muss man jetzt auch noch beim Kauf von Kleidung auf political Correctness achten? Wenn Artikel dieser Art Mode machen, dann wird als nächstes noch eine Behörde für gesinnungsüberprüfte Models, mainstreamkonforme Brands und regierungstreue Werbeträger aus dem Boden gestampft.
Ich bekomme schon ein ganz mulmiges Gefühl: wurde vielleicht die Wasserflasche auf meinem Tisch von einem Putin-Versteher abgefüllt oder mein Apple Computer gar von einem Trump-Anhänger verpackt?
Wo ist denn die Gelassenheit hin, die es mal gab? Sind wir zu einem Volk von HB Männchen geworden?
Wenn solche Diskussionen die Lösung sind, dann will ich mein Problem zurück!
Was soll man von einem Konzern halten, dessen eigener Name nicht mal mehr auf der neuen Kollektion steht, sondern nur noch 3 Balken?