Heftige Preisturbulenzen beim Strom

450 Euro: so viel kostete die Megawattstunde im Day-ahead-Handel, als Deutschland aufgrund eines technischen Fehlers vom europäischen Strommarkt abgekopelt war. Es ist ein Vorgeschmack auf die grüne Versorgungssicherheit, das einem russischen Roulette ähnelt.

picture alliance /ABBfoto | -

Gestern lüftete sich für einen kurzen Moment der Vorhang des schönen Scheins und ließ einen Blick in das drohende Chaos zu. Der Managing Director des Analysehauses Energy Brainpool, Tobias Federico, fasste die Situation dem Handelsblatt gegenüber so zusammen: „In Deutschland gab es gestern für den Day-ahead-Handel im Tagesmittelwert einen Preis von 450 Euro pro Megawattstunde. Zwischen sechs und sieben Uhr morgens waren es sogar 2000 Euro pro Megawattstunde. Day-ahead-Handel, das bedeutet, dass der Strom für den folgenden Tag an der EPEX Spot in Paris (Spotmarkt der European Power Exchange), an der EXAA in Wien oder im OTC (Over-the-Counter-Handel) über außerbörslich ausgehandelte Verträge geordert wird.

Aufgrund eines technischen Problems waren am Dienstag unter anderem Deutschland, Österreich, Dänemark und Frankreich vom europäischen Strommarkt abgekoppelt. Man kann und muss dieses technische Problem als Warnung verstehen und als Beweis dafür, dass die deutsche Energiepolitik grundsätzlich falsch, fahrlässig, illusionär und fast schon kriminell leichtsinnig ist.

Das Nachsehen hatten Haushalte mit dynamischen Stromtarifen. Laut Handelsblatt zeigte die „App des Stromanbieters Tibber beispielsweise am Mittwoch Preise von bis zu 233 Cent pro Kilowattstunde am Morgen, während der Preis für die Mittagszeit bei 0 Cent“ lag. Ein E-Auto, das zwischen sechs und sieben Uhr am Mittwochmorgen geladen wurde, hätte Kosten von über 32 Euro generiert. Da am Mittwoch viel Sonnenstrom erwartet wurde, lohnte es sich nicht, die Kohlekraftwerke hochzufahren. Doch am Morgen fehlte der Photovoltaik-Strom.

Die Schere zwischen Angebot und Nachfrage führt dazu, dass die Strompreise explodieren. Dass es dazu nicht kommt, liegt nur daran, dass Deutschland in diesen Stunden, vor allem morgens, abends und in der Nacht Strom importiert, während im Sommer über die Mittagszeit der Strom verschenkt wird. Durch die Entkopplung vom europäischen Strommarkt wurde Deutschland in die Situation versetzt, auf sich allein gestellt zu sein.

Robert Habeck hatte getönt, dass die Stromversorgungssicherheit in Deutschland gewährleistet ist. Ab April 2023, in dem Monat, in dem die letzten drei AKWs aus rein ideologischen Gründen abgeschaltet wurden, wurde Deutschland Nettostromimporteur.

Die technische Panne sorgte nun dafür, dass Deutschland bezüglich der Energieversorgung auf sich allein gestellt war und man dadurch die Effekte der Energiewende, der grünen Energiepolitik, anfangs von Merkel und Co. eingeleitet und nun von der Ampel, allen voran Robert Habeck mit hohem Tempo vorangetrieben wird, deutlich vorgeführt bekam, mit extrem hohen Energiepreisen abends und morgens und einem negativen Energiepreis mittags. Man will sich diese Situation nicht zur Zeit der Dunkelflaute vorstellen, da könnte es bis zum Blackout gehen.

Eindeutig wird diese Volatilität, diese Unberechenbarkeit und Zufälligkeit in der Energieversorgung durch die Erneuerbaren Energien hervorgerufen. In der Zeit, in der in Deutschland die extremen Preisschwankungen eintraten, blieben die Energiekosten bspw. in Frankreich stabil. Laut Handelsblatt bestand der einzige Verlust für Frankreich darin, dass unser Nachbar uns in den Morgenstunden, als die Sonne noch nicht wach genug war, keinen Atomstrom verkaufen konnte.

Für die Betreiber der vergleichsweise wenigen laufenden Kohlekraftwerke und von Windparks, die allerdings nur ein bescheidenes Prozent ihrer installierten Leistung beisteuerten, ergaben sich am Mittwochmorgen märchenhafte Verdienstmöglichkeiten.

Habecks Energiewende läuft in die falsche Richtung. Das Morgengrauen hat allen deutlich vor Augen geführt, dass die Versorgungssicherheit und die Stabilität der Strompreise zunehmend in Deutschland zu russisch Roulette mit drei Patrone in der Trommel des sechsschüssigen Revolvers wird.

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Kommentare ( 45 )

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Peterson82
4 Monate her

****Man kann und muss dieses technische Problem als Warnung verstehen und als Beweis dafür, dass die deutsche Energiepolitik grundsätzlich falsch, fahrlässig, illusionär und fast schon kriminell leichtsinnig ist*****
Ne, eigentlich nicht. Denn hier wird auf die Energiewende geschimpft. Falscher Ansatz, geschimpft werden müssten auf die, die es zu dieser technischen Panne haben kommen lassen.

Michael M.
4 Monate her
Antworten an  Peterson82

Oh doch, die deutsche Energiepolitik ist sehr wohl grundsätzlich falsch, genauso übrigens wie die Strategie für die individuelle Mobilität rein auf E-Karren zu setzen.

Logiker
4 Monate her

Es gab auch in unserer Gegend in den letzten Wochen mehrfach längere Stromausfälle – teilweise bis zu 18 spannungslose Stationen gleichzeitig und verteilt im ganzen Bundesland TH – immer an sehr heißen Tagen mit viel Wind um die Mittags- und Nachmittagszeit.

Also zu viel Strom im Netz, der dann zu Schäden geführt hat.

Michael M.
4 Monate her
Antworten an  Logiker

Woher beziehen Sie denn ihre Infos darüber, dass zu viel Strom im Netz war? Vermutlich bei den Ideologen/Physikverweigeren der Agora oder?!

Last edited 4 Monate her by Michael M.
Haba Orwell
4 Monate her

Das Böse Medium bringt heute den Artikel „Die Europäische Industrie wird übermorgen begraben“, wo mit solcher Aussage Jim Ratcliffe zitiert wird, ein prominenter britischer Petrochemie-Unternehmer (30 Milliarden USD Vermögen). Die Gründe sind bekannt – Strom 5mal teurer als in China und den USA wie auch ähnlich teurere Rohstoffe wie Rohöl – weswegen die Produktion in diese beiden Länder umzieht. Noch etwas, was in die bunte Michel-Welt keinen Einzug findet?

Monika
4 Monate her

So sind wir schön erpressbar durch Nachbarländer, diese Panne hat es gezeigt. Insbesondere Frankreich wird das zu nutzen wissen.

gast
4 Monate her

Das ist einfach so Unsinn, dem was der sagt, Gehör zu schenken. Der Mann kann nicht bis drei zählen.

RandolfderZweite
4 Monate her

Meine „Anbieter“ für Strom und Gas sind die Stadtwerke und ein Zweckverband – beide bieten gute Jobs in der Region, beide haben sich nicht zu den Plänen der Ampel geäußert (zumindest nicht öffentlich)….man sieht, es sind nicht nur die Wähler, die sich den Untergang nicht vorstellen können!

Der kleine Muck
4 Monate her

Wenn es dann zum Blackout kommt hoffe ich, dass sich jemand findet, der dem grünen Maoisten Kretschmann aufs Dach steigt und die PV-Module seiner Notstrom Anlage zerschägt. Was man bestellt, wird auch gegessen.

Cethegus
4 Monate her

Hatte gestern zwischen 22-23-30 Uhr erst Stromschwankungen und dann Blackout. Jetzt gehts wohl los, Dritte Welt wir kommen.
Was ist dann die nächste Stufe? Überfälle von marodierenden Gruppen, wenn das flächendeckend passiert? Mich überrascht hier nix mehr!

Raul Gutmann
4 Monate her

Natürlich ist dem Autor die Vergeblichkeit bekannt, bei den in der Bundesregierung Verantwortlichen an das zu appellieren, was man in bürgerlichen Zeiten gesunden Menschenverstand nannte. Vielmehr sieht deren gleichermaßen illusionäre wie ideologisierte Wirklichkeitsinterpretation im Ausbau von Stromerzeugung aus Wind- und Sonne den Weg ins grüne Paradies.
Da die deutschen Stromverbraucher dem Frosch im langsam erhitzenden Wassertopf ähneln, gilt dies zumindest bis zu einem externen Schock, e.g. ein überregionaler Blackout von mehr als einer Woche.

pcn
4 Monate her

Wenn es im Herbst/Winter tatsächlich zu einem Brownout oder gar Blackout kommen sollte, wird sich dann die Generalstaatsanwaltschaft um Habeck und seine Mitläufer kümmern?

Wieviele Tote wird es geben, wenn tatsächlich für Tage oder gar Wochen der Strom ausfällt?

Das sind nur rein rhetorische Fragen.

Die Antwort wissen wir alle, die hier lesen und schreiben.

Peterson82
4 Monate her
Antworten an  pcn

Diese Panikmache ist völlig unbegründet, genauso wie die Panikmache als Nord-Stream flach lag. Weder gingen hier irgendwelche Öfen aus noch passierte sonst etwas. Die Ausfallzeiten sind auf einem historischen tief, und das bei immer höher werdenden Anteil an EE. Etwas weniger Panikmache, mehr Fakten wären hier angebracht.

pcn
4 Monate her
Antworten an  Peterson82

Man muss kein „Energieingenieur“ sein, um zu verstehen, dass das Risiko eines Stromausfalls 2. oder 3. Ordnung bei den „Erneuerbaren“ ungleich größer ist, als bei konventioneller Stromerzeugung. Sonne und Wind liefern lediglich volatil. Metereologische Ereignisse geben den Ausschlag, wie oft zur Netzstabilität mit Redispatch-Maßnahmen eingegriffen werden muss. Im letzten Jahr waren es sage und schreibe über 5000 Maßnahmen dieser Art, soweit ich weiß. Solche Maßnahmen sind teuer und müssen von Verbauchern bezahlt werden. In 2023 waren es 3,1 Milliarden Euro. Tatsache ist, dass es die notwendigen physischen Stromspeicher in Deutschland niemals geben wird. Hier will Habeck mit der Umwandlung aus… Mehr