Die Roten und Schwarzen in Österreich nehmen das berüchtigte Merkel-Wort nicht in den Mund: ALTERNATIVLOS. Aber ihre Politik und sich selbst als Politiker halten sie dafür. Ohne jeden Zweifel. In meiner Heimat Steiermark nennen sich ÖVP und SPÖ „Reformpartnerschaft“ und haben für deren Fortsetzung Wahlkampf geführt, als sei das der neue Name für eine fusionierte Partei. Haben die rot-schwarzen Farbenbrüder wirklich niemanden, der ihnen sagt, dass solches die Steirer in Scharen zur FPÖ treiben musste?
Beide, Sozialdemokraten und Volkspartei verloren jeweils um die neun Prozent, die FPÖ kassiert fast alles davon. Nun stehen sich Rot, Schwarz und Blau mit jeweils etwas unter 30 Prozent zahlenmäßig gleich stark gegenüber. Und was steht schon am Wahlabend praktisch fest? Die drastisch kleiner gewordene große Koalition macht weiter. Alternativlos. Im Burgenland, dem östlichsten Teil von Felix Austria, dessen größter Teil die „kleine Puszta“ ist, der westliche Ausläufer der großen ungarischen Tiefebene, sieht die Sache nur graduell anders aus. Rot und Schwarz haben dort auch verloren, aber nicht so erdrutschartig wie in ihrer steirischen Nachbarschaft. Und sollte es dort nach langer SPÖ-Alleinregierung zu einer Koalition von Rot und Blau kommen, ändert das an der Politik in der Sache nichts. Eine Koalition mit der SPÖ ist vielen in der FPÖ seit jeher viel lieber als eine mit der ÖVP. Die Karten für die Bundespolitik in Wien werden neu gemischt. Die rot-schwarze Bundesregierung hat Anteil an der krachenden Niederlage in den zwei Bundesländern. Gehen die Wahlen in Wien und Oberösterreich im Herbst ähnlich aus, werden vorgezogene Nationalratswahlen 2015 statt zum regulären Termin 2018 realistisch.
Für die EU setzt sich in Österreich nach Griechenland, Großbritannien und Spanien die Serie der Erfolge EU-kritischer bis –feindlicher Parteien fort. Bei den heutigen italienischen Regionalwahlen in Venetien, Ligurien, der Toskana, Umbrien, den Marken, Kampanien und Apulien kann noch bis 23 Uhr abgestimmt werden. Ergebnisse gibt es also erst ab Morgen. Alles spricht dafür, dass es in Bella Italia in die gleiche Richtung geht wie in Felix Austria.
Wer die Wahlsendung in Österreichs Staatsfernsehen ORF verfolgte, konnte an vielen Stellen denken, in Deutschland zu sein. Die Umfragen lagen wieder einmal falsch. Die politischen Verlierer hatten das „so nicht erwartet“ und müssen nun alles in den Gremien genau analysieren (was dann dort wie hier nie geschieht). Und Journalisten „erklären“ mithilfe von Politologen und Demoskopen die Resultate mit den Antworten aus jener Umfrage, die das Wahlergebnis nicht annähernd richtig vorhersagen konnte. Es ist wohl so, obwohl ich mich unbelehrbar immer wieder darüber wundere, dass viele in diesem Mischgewerbe die Wähler für blöd halten. Aber Wähler sind tatsächlich alternativlos.
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