Der Valrhona-Hype ist längst Geschichte. Heute wird es immer schwerer, noch schöne Schokoladendesserts zu finden. Vor allem die Sterneküche wird zur Schokoladen-Diaspora. Von Georg Etscheit und aufgegessen.info
Franz Kellers „Schwarzer Adler“ in Oberbergen im Kaiserstuhl gilt als eine der wenigen betont traditionellen Adressen der deutschen Hochküche. Hier stehen noch regelmäßig badisch-elsässische Klassiker wie Weinbergschnecken, Gänseleberpastete und eine im Ganzen in der Blase gebratene und getrüffelte Poularde auf der Karte: Es sind absolute Raritäten in Zeiten der zisilierten Bastelteller mit diesem, jenem, allem und nichts.
Unverrückt auf der Karte seit Jahrzehnten auch die „Variationen für Liebhaber dunkler Valrhona-Schokoloade“, ein reich ausgestatteter Teller mit dunkler Schokomousse, dunklem Schokoladeneis, Gebäck und einem Minigläschen recht bitterer Trinkschokolade. Ein Muss für Schokoladenfans und allemal wert, einmal mit schwerem Magen zu Bett zu gehen.
Fast könnte man sagen, dass eine Dessertkarte ohne ein oder zwei schokoladige Kreationen ihren Namen nicht verdient hat. Doch leider ist die Schokoladenkultur in der deutschen Gourmetküche auf breiter Front in stetigem Niedergang begriffen. Vor ein paar Jahren noch war Valrhona-Schokolade aus Tain l‘Hermitage im Tal der Rhone (daher der Name!) ein Muss auf jeder Dessertkarte. Durchaus zu Recht, weil die Fabrik Maßstäbe setzte vor allem bei dunkler und sehr dunkler Schokolade, wenngleich es natürlich längst viele andere Manufakturen gibt, die ähnliches leisten, wenn auch nicht in dieser Menge und mit diesem Marketingerfolg.
Doch der Valrhona-Hype ist längst zu Ende und mit ihm offenbar die Karriere von Schokolade in der Gourmetküche im Allgemeinen. Gelegentlich trifft man noch weiße Schokolade an, die aber leider fast immer nur süß schmeckt und eben nicht nach – Schokolade. Vielleicht meinen viele Köche, auf Schokolade verzichten zu können in der Annahme, dass ihre auf vordergründiger Leichtigkeit versessenen Gäste nach einem Sechsgangmenü keine Lust mehr haben auf Schokolade als Inbegriff Kalorien lastiger Ausschweifungen. Und servieren stattdessen Fruchtsorbets, die jedoch infolge ihres hohen Zuckeranteils keineswegs zur Diätküche gerechnet werden können.
Vielleicht sind es aber auch die aufdringlichen Aromen exotischer Früchte in der allgegenwärtigen asiatisch angehauchten Crossoverküche wie Maracuja, Mango, Litschi und Kokos, die sich mit den feinen Nuancen bester Schokolade nicht vertragen? Oder meint man, etwa auf eine Mousse au chocolat verzichten zu können, weil es sie längst in jedem Supermarkt zu kaufen gibt und hier in Bezug auf Kreativität keine Meriten respektive gastronomische Auszeichnungen mehr zu gewinnen sind?
Dabei zählt eine perfekte Mousse au chocolat, jenseits der überall anzutreffenden Convenience-Produkte, zu den allergrößten süßen Errungenschaften. Es gibt sie in zwei Varianten, einer Schnellversion, bei der nur geschmolzene Schokolade mit sehr steifen geschlagenem, gezuckerten Eischnee vermengt wird. Und eine andere, weitaus bessere, mit einer Basis aus warm mit Zucker und Butter aufgeschlagenem Eigelb, Zucker und Butter. Diese Mischung geht mit geschmolzener Schokolade, noch etwas bitterem Kakaopulver und Schlagsahne eine unschlagbar geschmackige, luftige, wenngleich gehaltvolle Verbindung ein.
Aber auch ein einfacher, traditionell mit Mehl gebundener Schokoladenpudding ist heute ebenso selten anzutreffen wie eine schlichte Schokoladensoße. Ganz zu schweigen von Schokoladencharlottes, Schokoladentarts oder der auf dem Dessertwagen von Paul Bocuse in Collonges-au-Mont-d’Or prangenden Präsidenten-Torte nach einem Rezept von Maurice Bernachon (Gateau du Président). Nicht zu verachten die legendäre Anna-Torte aus dem Haus Demel in Wien, eine Trüffeltorte mit Schokoladencreme, Orangenlikör und opulenter Nougateindeckung, bei der es sich dann allerdings wirklich um eine Kalorienbombe erster Güte handelt. Aber man isst ja nicht, um schlank zu werden. Dafür gibt es effizientere Methoden. Einfach einen Tag vor einem am besten von Schokolade gekrönten Festmahl nichts oder wenig zu sich nehmen. Voilá!
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Gelegentlich trifft man noch weiße Schokolade an, die aber leider fast immer nur süß schmeckt und eben nicht nach – Schokolade. Weiße »Schokolade« kann auch nicht nach Schokolade schmecken, denn es handelt sich hierbei um die Kakaobutter, also dem Fett der Kakaobohne. Kakaobutter wird in der Konditorei als auch in der Küche zum »verdünnen« von Kuvertüre verwendet. Hauptbestandteile dieser weißen »Schokolade« ist Kakaobutter, Milchpulver und Vanille und enthält keinen Kakao. Aber auch ein einfacher, traditionell mit Mehl gebundener Schokoladenpudding ist heute ebenso selten anzutreffen wie eine schlichte Schokoladensoße. Wer bindet Schokoladenpudding denn bitteschön mit Mehl? Es handelt sich bei dem… Mehr
Das ist mir als Schokoladenfan auch aufgefallen: Man trifft fast nur noch auf Eis oder zuckerige Früchtedesserts, und auf Panna Cotta. Gelegentlich noch Schokoladenküchlein, halbgebacken. Seit Jahren habe ich keine Schokoladenmousse mehr im Restaurant erhalten. Dabei ist Schokolade sehr gesund, so sie dunkel ist und nicht überzuckert. Zum Glück habe ich einen Thermomix. Der kocht in Windeseile einen köstlichen Schokoladenpudding aus echter Schokolade eigener Wahl mit Milch und Eigelb. Ein abendlicher Traum, wenn die Schokoladengelüste kommen und die aromatischen dunklen und sehr dunklen Lindor-Schätze ausgegangen sind. Eins möchte ich noch anmerken: Die Aromen von Mango, Ananas und anderen exotischen Früchten… Mehr
Kein Volk mag sein eigenes Essen so wenig wie die Deutschen. Im internationalen Vergleich gibt es in D sehr viele Restaurants mit ausländischen Essen und sehr wenige deutsche Restaurants. Das wäre in den meisten anderen Ländern unvorstellbar. Das mal ein deutsches Restaurant eröffnet habe ich ewig nicht mehr erlebt. Meist schließt ein deutsches Restaurant und es macht ein Laden mit arabischen Essen oder eine Pizzeria auf. Der Deutsche hat halt keine Lust auf seine eigene Esskultur mehr. Schade drum.
Nicht zu vergessen Fondant au chocolat, das auch unter anderen Namen und gerne zusammen mit einem Pflaumen- oder Aprikosenbrand als warmes Dessert die Gänge davor vergessen läßt.
Gänseleberpastete – wenn ich das Wort nur lese brauche ich keine Diät mehr, da vergeht mir jeder Appetit. Etscheit sollte mal selbst Praktikum als Gänsestopfer machen, und dann über seine Heldengeschichten berichten.
Bitte nicht das Menü von Scholz und Esken in Baiersbronn vor mehreren Wochen vergessen! ☝️
In Brogsitters Weinkirche in Walporzheim kann man noch, dem Herrn sei Dank, nach opulentem Gourmet-Hochamt ohne geschmacksexplosivem Schnickschnack eine Valrhona-Andacht mit Bourbon-Vanilleeis zelebrieren.
Der Unterschied zu früher: Heute kann man Valrhona-Schokolade auch als Privatkunde in kleinen, für Privathaushalte handhabbaren Gebinden kaufen (nicht das volle Sortiment, aber doch die wichtigsten Vertreter daraus). Der Schokoladenliebhaber kann viele der beschriebenen Dinge damit zu Hause machen und braucht dafür nicht mehr die gehobene Gastronomie.
Selbermachen ja! Aber man möchte sich einfach mal bedienen lassen, ohne stundenlange Küchenschlacht. Einfach nur genießen! Was mich ärgert, Schokolade mag ich eher im Winter, die Sorbets sind mir unangenehm, da zu klebrig auf der Zunge, ist dieses Falafelzeugs mit irgendeinem Rote-Beete-Carpaccio ! So etwas will ich nicht auf einer Menükarte eines Restaurants mit dem Anspruch Badisch-Französisch lesen. Letztens passiert, nicht ganz so weit weg von Oberbergen im Schwarzwald, also gegenüber. Das Restaurant hat zwar keinen Stern, wird aber im Gault Millau geführt, und für diesen Dönerbuden-Abklatsch noch 35 Euronen! DA vergeht mir der Appetit! Wir sind dann auch zum… Mehr