Das Land, das seine Jugend hasst

Die CDU will die Wehrpflicht wieder einführen. Inhaltlich ein dummer Vorschlag. Doch dahinter steckt ein Hass der Politik gegen die Jugend, der darüber hinausgeht und viel wirksamer ist als die Wehrpflicht-Idee.

picture alliance/dpa | Mohssen Assanimoghaddam

Die CDU hat sich auf ihrem Parteitag festgelegt. Sie fordert die Rückkehr zur Wehrpflicht, die unter Angela Merkel (CDU) nicht abgeschafft, sondern auf Eis gelegt wurde. Viele offene Fragen bleiben ungeklärt: Woher sollen die Offiziere kommen, die derzeit fehlen, um ein Volksheer zu führen? Woher die Kasernen? Die Waffen? Die Ausrüstung? Auch ist unklar, wie sinnvoll Kurzzeitkräfte in Armeen sind, deren Zukunft aus Hightech-Waffen besteht. Dass die CDU junge Leute wieder in die Haft einer Dienstpflicht nehmen will, ohne über solch wichtige Fragen nachzudenken, zeigt: Mit Zumutungen gegenüber den Jungen ist die Politik schnell bei der Hand – dahinter steckt bestenfalls eine geringe Achtung, schlimmstenfalls Hass.

Ältere werden einwenden: Sie haben selbst gedient, warum soll das den Jungen heute nicht mehr zumutbar sein? Nun: Die Zeiten haben sich geändert. Jenseits der offenen militärischen Fragen gestaltet sich der Punkt der Generationengerechtigkeit neu: Wer früher in Wehr- oder Zivildienst eingetreten ist, der hat rund ein Jahr geopfert für ein Land, das ihm später Wohlstand versprochen hat, inneren Frieden und eine soziale Versorgung hinein bis ins Alter. Das alles hat Deutschland seiner jungen Generation nicht mehr zu bieten.

Das hängt mit der Altersstruktur zusammen. Die hat sich in den letzten Jahrzehnten massiv zu Ungunsten der Jungen entwickelt – und der Trend geht weiter. Es sei denn, er wird weiterhin durch überbordende Einwanderung negiert. Im Falle einer „moderaten“ Einwanderung rechnet das Statistische Bundesamt damit, dass schon in 16 Jahren kaum noch mehr als die Hälfte aller Deutschen im erwerbsfähigen Alter sein wird. Schon heute sind demnach nur noch 18,4 Prozent aller Deutschen jünger als 20 Jahre alt – 1970 waren das noch 29,7 Prozent.

Am offensichtlichsten schlägt diese Tendenz in der Rente durch. Die Jungen müssen schon in fünf Jahren damit rechnen, dass mehr als ein Fünftel ihres Arbeitsertrags in die Rentenkasse fließt. Eine Leistung, die sie selbst aber kaum erwarten dürfen. Vorsichtige Experten gehen davon aus, dass das Rentenniveau in den nächsten Jahren auf unter 40 Prozent rutschen, aber dafür das Eintrittsalter auf 69 oder 71 Jahre steigen wird. Vorausgesetzt, es gibt 2069 überhaupt noch eine gesetzliche Rente. Ein Fünftel des Arbeitsertrags für eine Leistung aufbringen, die einem selbst nicht zukommt? Und dann noch ehrenamtlich als Soldaten dienen, obwohl der Sinn in Frage steht? Nur weil die CDU gerade ein Symbol setzen will? Unter dem 68 Jahre alten Vorsitzenden Friedrich Merz spucken die Christdemokraten den Jungen ins Gesicht.

Stichwort: die Jugend für Symbolpolitik opfern. Das hat die CDU schon einmal getan. Ist gar nicht lange her, hat genau diese Jugend getroffen. Als die Christdemokraten unter Kanzlerin Merkel Kitas und Schulen schlossen, Rutschen auf Spielplätzen absperrten und besser vor dem Zugriff von Kindern schützten als Passanten in Fußgängerzonen vor dem Zugriff von Messermännern. All diese Maßnahmen gegen die Jugend hat die CDU in Zusammenarbeit mit den anderen Parteien durchgezogen, obwohl schon damals Kritiker den Effekt bezweifelten. Diese Kritiker haben CDU und Co mundtot gemacht. Weil die nämlich Recht hatten, weil ihre Argumente besser waren, wie sich längst herausgestellt hat.

Und warum? Es ging um Prestige. Der Staat wollte sich in der ausgerufenen Pandemie als handlungsfähig erweisen. Zehntausende Junge in psychische Krankheiten gedrängt, zehntausende Junge in ihren Bildungschancen massiv geschwächt. Nur, um sich besser zu fühlen. Nur, um öffentlich besser dazustehen. Die Pandemiepolitik hat den selben Geist geatmet wie der Vorschlag der CDU zur Wehrpflicht: Die Jugend ist der Politik so wenig wert, dass sie bereit ist, den Nachwuchs für reine Symbolpolitik vor den Bus zu schubsen. Das zeugt von Geringschätzung der Jugend. Das beweist regelrechten Hass gegen die junge Generation.

Es gibt viele Umlagesysteme, in denen die Jugend den hohen Lebensstandard der Alten ermöglichen soll, ohne diesen Standard selbst erwarten zu dürfen. Die Rente ist das wichtigste Beispiel. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist das Berühmteste. Was ARD und ZDF zur besten Sendezeit zeigen, ist meistens Geriatrie-TV. Langatmige Filme mit dem immer gleichen Schema. Gemacht für ein Publikum, das sich schon vor 20 Jahren zum Sterben vor den Fernseher zurückgezogen hat – mitbezahlt von den Jungen.

Militärisch ist die Wehrpflicht überholt. Die Kriege der Zukunft entscheiden keine Massenheere. Zehn IT-Experten können heutzutage mehr Schaden beim Feind anrichten als zehntausend Bäcker-Lehrlinge, KFZ-Mechaniker oder angehende Gender-Studenten, die für ein Jahr in Drillichzeug gesteckt werden. Sie trotzdem dafür ranziehen zu wollen, nur um ein Zeichen zu setzen, ist eine Verachtung der Jugend – ist ein Hass gegen die Jugend, wie sie in Deutschland leider gang und gäbe geworden sind.

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Kommentare ( 169 )

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169 Comments
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Helfen.heilen.80
5 Monate her

Deutschland versucht mehrere Großbaustellen gleichzeitig abzuarbeiten, und das macht ein Gelingen m.E. sehr fragwürdig. Wir stehen einem Ostkrieg gegenüber, schalten aber gleichzeitig die Grundlast-Energieerzeuger ab, zudem stehen wir vor einer Massenverrentung, und einem dramatischen Geburtenrückgang derer „die schon länger hier leben“. Zeitgleich stehen wir einem wirtschaftlichen Abschwung gegenüber, Leistungsträger verlassen in beträchtlicher Zahl das Land und jene „Hinzugekommenen“ weisen im Durchschnitt keine berauschende Qualifikation auf. N.m.M. sollte das Land eine Baustelle nach der anderen abarbeiten. Das würde bedeuten, erst einmal das Ende des Ostkrieges abwarten, bevor man die grundlastfähige Stromerzeugung reduziert. Bevor erkleckliche Zahlen von jungen Erwachsenen eine militärische Grundausbildung… Mehr

Last edited 5 Monate her by Helfen.heilen.80
Th. Busch
5 Monate her
Antworten an  Helfen.heilen.80

Den „Grunddienst an der Gesellschaft“ verrichten in modernen Industriestaaten mit Sozialsystemem all diejenigen, die berufstätig sind und Steuern und Sozialabgaben bezahlen. Von ihren (in Deutschland übrigens einzigartig hohen) Abgaben werden unter anderem die Pflegekräfte und medizinischen Hilfskräfte sowie andere wichtige Dienste bezahlt. Diese konstruktive Verkettung funktioniert gut und ohne Zwang. Weshalb soll nun jeder junge Mensch, der gar nicht Pfleger sondern vielleicht Ingenieur werden will, berufswunschfremd selbst ein Jahr unbekannte Menschen pflegen, obgleich er dafür völlig überqualifiziert ist, und damit bei seiner anspruchsvollen Ausbildung und seinem Studium aufgehalten werden, sodass er erst ein Jahr später beginnt, die Abgaben zu zahlen, mit… Mehr

Gert Friederichs
5 Monate her

Junge, Junge, da hat der Herr Thurnes aber ordentlich Dampf abgelassen.
Nicht alle Argumente erscheinen mir plausibel, symphatisch sind sie schon gar nicht.
Ich stelle mir nur vor, Herr Merz mit Herrn Kiesewetter als Verteidigungsminister wären im Moment statt Olaf und Pistorius am Ruder, oh je! Dazu dann noch Wüst als Klimabeauftragter und Günther als Wohltäter der Schwachen!
Noch weiter wegziehen vom Ort der Einschläge!

rbayer
5 Monate her

mir fehlen zwei punkte. doppelte und ggf. mehrfache staatsangehörigkeit (bereits in jüngeren jahren jahren erworben). man kann bekanntlich nicht gut „zweier oder mehrerer herren diener“ sein. man mag einwenden, die wahrscheinlichkeit, dass es zu einer militärischen auseinandersetzung zwischen staaten kommt, denen der bürger x angehört, sei eher gering – aber was, falls doch? um wieviel höher die wahrscheinlichkeit, dass diese staaten (zukünftig einmal) unterschiedlichen bündnissen angehören. im „kampffähigen“ alter wehrdienst leistend, hat x anschließend noch gut 30 – 40 jahre vor sich, in denen ein solcher konflikt ausbrechen und ihm der dienst abverlangt werden kann; was dann? unbeschadet dessen: in… Mehr

Don Maniku
5 Monate her

Was mich beim Lesen der Kommentarspalten zu diesem Thema hier und anderswo so erstaunt: Stets wird an einer Reaktivierung (abgeschafft ist ja nichts) auch von den Gegnern immer nur kritisiert, dass es die Umstände (wahlweise die mangelnde Infrastruktur oder die „verweichlichten“ jungen Männer) sind, die diese (wenigstens derzeit) unmöglich machten. Nur ganz selten erkennt jemand, dass eine „allgemeine“ (= nur für Männer geltende) Wehr“pflicht“ die schlimmstmögliche Diskriminierung aufgrund des Geschlechts überhaupt ist und über Wert bzw. Unwert männlichen und weiblichen Lebens entscheidet.

Anglesachse
5 Monate her

Kleine Frage:
1. Sollen die restlichen Kartoffeldeutschen unsere „Bürgergeld-Gesellschaft“ als Kanonenfutter alimentieren?
2. Welche „Werte“ (nach Relativierung des GG,s) sollen nun „verteidigt werden?
3. Ist Dies nun eine neue Form einer „Umgestaltung“ unserer Ur-Gesellschaft durch Kriegseinsätze?
….nur mal so ne Frage….

martin ruehle
5 Monate her

Wehrhaft zu sein und dafür ausgebildet zu werden ist positiv und insbesondere dieser TikTok-Generation anzuraten.
Es ist das Land, das zurückgeholt werden muss, damit es wieder verteidigenswert wird!

Mikmi
5 Monate her
Antworten an  martin ruehle

Aber nicht bei diesen Politikern, wer sich mit unserem Land identifiziert, wird in die rechte Ecke gestellt, das kann es nicht sein.

Mikmi
5 Monate her

Ich habe vor 46 Jahren meinen Wehrdienst geleistet, entschädigt wurde ich dafür nicht, die die sich davor drücken konnten, haben richtig gut verdient. Heute, 2024 würde ich das ablehnen, weder Zivildienst, noch zum Militär.
Zivildienst, das nützt nicht unserer Gesellschaft, nur Konzerne können sich bereichern.
Militärdienst, ungebildete, die nicht wissen was sie sagen, erklären anderen Ländern den Krieg, sprechen Drohungen aus, oder richten unsere Wirtschaft zu Grunde, das kann nicht unser Ziel sein, oder?

Sani58
5 Monate her

Zum Slogan, wer CDU wählt bekommt Grün, kommt nun, wer CDU wählt bekommt seine Kinder u. Umständen verheizt, zumindest seinen Kindern unfreiwillig ein Jahr ihrer Jugend weggenommen, ohne Nutzen. Eine heutige Armee braucht Spezialisten, und nicht Tausende Handwerkerlehrlinge oder WogStudenten für nen Jahr, die sich im Dreck rumsielen.
In Frankreich liegt das anders. Im Falle, was man leider nicht ausschließen kann, schicken sie Söldner, für Geld und eher freiwillig.

Juergen P. Schneider
5 Monate her

Die Mehrheit der Deutschen hasst nicht die eigene Jugend. Sie hassen ihr Land und alles Eigene, weil eine kleine Clique links-grüner Jakobiner ihnen das seit Jahrzehnten einbläut und ihnen die Gehirne gewaschen hat. Die Jugend wird den Preis für die Realitätsverleugnung einer kleinen diskursdominierenden Minderheit bezahlen. Der Schuldkult der deutschen Linken, hat sich in unserer Gesellschaft dermaßen hineingefressen, dass es kaum mehr ein Entkommen gibt. Jeder, der diesen Kult thematisiert, wird sofort zum Nazi erklärt. Eine Gesellschaft, gefangen in gestörter Selbstwahrnehmung, unfähig zu rationaler Analyse eigener Fehlentwicklungen. Alles, was das herrschende Altparteienkartell an angeblichen Lösungen für die Probleme unseres Landes… Mehr

Guzzi_Cali_2
5 Monate her

Ach Herr Thurnes; schon zur Zeit, als ich W15 war, gabe es jede Menge leerstehende Kasernengebäude, die mit Reservisten im Verteidigungsfall „befüllt“ worden wären. Uniformen gibt es wie Sand am Meer und schon jetzt hat die BW einen deutlichen Überhang an Uffz./Offz. und eine Unterdeckung bei den Mannschaften. Ich wäre für das Schweizer Miliz-Modell und vor allem wäre ich dafür, die DAMEN der Schöpfung mit einzubeziehen – die schwafeln doch immer von Gleichberechtigung. Immer wenn’s an Pflichten erfüllen geht, sind die Damen dann wieder ganz weiblich und müssen ja die Kinder kriegen… Vorher sind es die „starken Frauen“, die keine… Mehr

Guzzi_Cali_2
5 Monate her
Antworten an  Guzzi_Cali_2

Das aktuelle Waffenrecht hat kein Geringerer als der stramme Adolf eingeführt und weil man einem bewaffneten Volk so schnell nichts entgegensetzen kann, hat man das in der BRD 1:1 übernommen. Wenn die Grün-Gelb-Rot-Schwarzen wirklich was gegen Nazis hätten, würde sie auch deren Überbleibsel in der BRD ausmerzen wollen. So auch das Reichskonkordat, das die ganzen Schweinereien der Kirchen erst ermöglicht.