„Was weg ist, ist weg“

Der Kettensägenhersteller Stihl sorgt sich um den Wirtschaftsstandort Deutschland. Der Beiratsvorsitzende des Familienunternehmens kritisiert die steuerliche Belastung und die Energiepreise der Regierung. Es werde keine langfristige Politik mehr gemacht, um die drängenden Probleme anzugehen.

IMAGO / HRSchulz

Waiblingen (dts Nachrichtenagentur) – Der schwäbische Kettensägenhersteller Stihl verschiebt die Entscheidung, ob ein wichtiges Produktionswerk in Deutschland angesiedelt wird. Hintergrund ist, dass das Traditionsunternehmen die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland kritisch sieht. Eigentlich hatte Stihl geplant, die Fertigung für die Führungsschienen der Kettensägen nach Ludwigsburg zur verlegen und dort eine neue Fabrik zu bauen.

„Wir haben die Entscheidung, ob und was wir dort bauen, erst einmal verschoben“, sagte Nikolas Stihl, der Beiratsvorsitzende des Familienunternehmens und Enkel des Gründers der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstagsausgabe). Nach einer Prüfung habe sich herausgestellt, „dass wir an unserem alten Standort in Waiblingen noch gut ein paar Jahre weitermachen können“.

„Wir sind auch ein global tätiges Unternehmen und müssen uns gut überlegen, wo wir investieren, wenn wir einen dreistelligen Millionenbetrag in die Hand nehmen. Und aktuell ist der Standort Deutschland nicht mehr der attraktivste auf der Welt, um es einmal vorsichtig auszudrücken“, erläuterte Stihl die Entscheidung. „Es zeigt sich schlicht und einfach, dass sich in den vergangenen Jahren die Rahmenbedingungen in ganz wesentlichen Dingen, so verschlechtert haben, dass manche Investition in Deutschland im Vergleich zu anderen Standorten nicht wettbewerbsfähig ist, auch wenn wir hier sehr stark verwurzelt sind und eigentlich auch das eine oder andere Negative in Kauf nehmen.“

Stihl fertigt die Ketten für die Sägen seit mehr als 50 Jahren in der Schweiz, weshalb auch die Verlegung der Führungsschienen-Produktion in das Alpenland zu verlegen. „Für uns macht es durchaus Sinn, sich zu überlegen, ob man die gesamte Schnittgarnitur in der Schweiz herstellt, also nicht nur die Sägekette, sondern auch die Führungsschiene dazu“, sagte Stihl weiter. Die Schienenfertigung sei eine Hochtechnologie-Anwendung, ein Niedriglohnstandort mit niedrigqualifizierten Mitarbeitern eigne sich dafür nicht. „Wir brauchen einen Standort mit qualifiziertem Personal in ausreichender Zahl, an dem wir mit entsprechender Ausstattung und hoher Produktivität fertigen können“, erklärte Stihl.

„In der Schweiz passt das Gesamtpaket aus steuerlicher Belastung, Lohnnebenkosten, Energiepreisen, Genehmigungsprozessen und den Kosten für die Arbeitsstunde. Die Schweiz ist für uns momentan günstiger als eine Investition in Deutschland.“ Ein Problem seien die hohen Energiepreise in Deutschland. Aber die anderen Themen wie steuerliche Belastung, Staatsquote und Bürokratie führen dazu, dass eben nicht nur energieintensive Unternehmen abwandern, sondern dass diese Bewegung gerade so richtig ins Rollen kommt“, so der Unternehmer, der die drei Stämme der Gründerfamilie im Beirat des 5,5-Milliarden-Euro-Unternehmens vertritt.

„Und was weg ist, ist weg. Denn wenn wir einen Standort aufbauen, dann besteht er erst einmal für 40, 50 Jahre. Stihl fordert gegenüber der FAZ eine langfristig orientierte Wirtschaftspolitik. „Ich vermisse in vielen Fällen den langfristigen Horizont. Man denkt nur bis zur nächsten Wahlperiode. Und die Überlegung, was ich tun muss, um wiedergewählt zu werden, ist das alles Bestimmende“, sagte Stihl.

„Keiner geht ein Risiko ein, wie es seinerzeit Kanzler Gerhard Schröder mit der Agenda 2010 getan hat. Er hat seine Wiederwahl gefährdet, um die drängenden Probleme anzugehen. Und die Entwicklung zeigte, dass das die richtige Maßnahme war, auch wenn es ihn das Amt gekostet hat.“

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Kommentare ( 49 )

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bfwied
7 Monate her

Man kann Schröders Politik der mutigen Entscheidung nicht mit der heutigen Politik vergleichen. Schröder ging es um die positive wirtschaftliche Weiterentwicklung Deutschlands, Habeck und Co geht es um die CO2-Vermeidung. Nicht einmal egal ist ihm, womit dies geschieht, nein, er will Degrowth, er bzw. sie wollen den totalen Jetzt-sofort-Umbau, die Zerstörung der hochentwickelten Strukturen, und sie fühlen sich nicht nur im Recht, sondern sie fühlen sich mutig u. moralisch entsetzlich gut in ihrer Verblendung!! Deshalb nennen sie sich auch „Fortschrittspartei“ bzw. „-koalition“!! Mir scheint, die Stiehl-Leute erkennen nicht die Mission, der die Grünroten verbissen folgen. Wenn die Leute nicht allmählich… Mehr

Heinrich Wolter
7 Monate her

„– Man denkt nur bis zur nächsten Wahlperiode. ..“ Schön wär’s. Das war früher so gewesen. Jetzt weiß die Wirtschaft nicht, was vielleicht in der nächsten Woche ausgebrütet wird.

Donostia
7 Monate her

Der Beiratsvorsitzende scheint sehr egoistisch zu sein und will Geld verdienen. Unsere Regierung dagegen will die Welt retten. Beides zusammen geht nicht. Man muss sich entscheiden und das tut Stihl gerade. Blöd für die Regierung, die die Steuern und Abgaben von Stihl braucht um die Welt zu retten. Stihl ist auf unsere Regierung nicht angewiesen. Unsere Regierung aber auf Unternehmen die hier Steuern und Abgaben bezahlen. Dann sind da noch die Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz nicht so einfach verlegen können. Die sollten sich überlegen, ob sie Parteien wählen, die das Klima anstatt ihre Arbeitsplätze retten. Der Arbeitsplatz ist sehr konkret das… Mehr

Juergen P. Schneider
7 Monate her

Jetzt sind sie halt weg, die Arbeitsplätze. Die Mehrheit im Land interessiert es nicht, denn die Mehrheit arbeitet ja nicht bei Stihl. Die gleichgültige Masse setzt sich aus vielen Individuen zusammen, die als Einzelne immer erst wach werden, wenn die links-grüne Weltrettungspolitik ihren eigenen Arbeitsplatz vernichtet und ihre eigene Existenz auf dem Spiel steht. Der großen Mehrheit im Land fehlt sowohl politisches Bewusstsein als auch Phantasie. Viele lernen nur durch eigene Betroffenheit, also dann wenn es zu spät ist. Ich habe kaum Hoffnung, dass sich dies in meiner Lebenszeit noch ändern könnte.

Michael Palusch
7 Monate her

Verstehe das Gejammer nicht.
Der junge Stihl und Habeck haben sich doch schließlich darauf geeinigt, dass es nur die AfD ist, die den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet.

Last edited 7 Monate her by Michael Palusch
ersieesmussweg
7 Monate her

Fast jedes Unternehmen macht auf seiner Webseite Werbung für Klima, Diversity und andere woken Themen. Täten sie es nicht laufen Sie Gefahr, einen Shitstorm zu erleben und müssten sich rechtfertigen. Das kostet Kraft und Zeit.
In den Controlling-Abteilungen sieht man die Welt weitaus nüchterner und weiß wofür sich Investitionen lohnen, bzw. wofür eben nicht.
ich würde die von Stihl angeregte Diskussion als Hilferuf verstehen. Andere verkaufen ihr Unternehmen einfach und machen sich schönes Leben. Das könnte bei Viessmann so gewesen sein.
Verbohrte Grünwähler kennen solche Gedanken natürlich nicht.

investival
7 Monate her
Antworten an  ersieesmussweg

Sich eines shitstorms zu erwehren muss man nicht als unternehmerische Herausforderung ansehen; jedenfalls solange nicht, bis der sich in Umsatzeinbußen zeigt.
Stattdessen aber gleich Gewinn- oder gar auch Umsatzeinbußen infolge verschlechterter Rahmenbedingungen hinzunehmen, zeugt nur von Kopfkrankheit im dem Controller-Hirn vorgesetzten Unternehmer- resp. Eignerhirn.
Wenn Angestellte ihre Betriebsräte dann nicht in den Ar… treten, wird die Krankheit halt chronisch und führt zur Abmagerung letztendlich bis zum Tod.
Manches Unternehmerhirn hat letztendlich halt immer noch einen Selbsterhaltungstrieb; Viessmann wohl auch. Das ’schöne Leben‘ würde ich anderen absprechen wollen.

Last edited 7 Monate her by investival
Stefan Z
7 Monate her

Jetzt, wo es längst zu spät ist, kommen die Unternehmen und Experten langsam aus ihren Löchern. Die Ampel in Persona Habeck und dem vergesslichen und schlafmützigen Herrn Scholz, sind seit 2 Jahren die Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Aber wie immer, wird der eigene Mist und die eigene Unfähigkeit auf der AFD abgeladen. Die AFD war in keine Entscheidung involviert, hat nichts mit Lieferkettengesetz, Corona, hohen Energiepreisen oder ausufernder Bürokratie zu tun. Trotzdem, spielen viele Unternehmer bei diesem Spiel mit. Und wie haben sie Habeck am Anfang gefeiert und sind ihm in den Allerwertesten gekrochen. Ob die AFD oder eine… Mehr

investival
7 Monate her
Antworten an  Stefan Z

dass die Ampel es nicht kann, steht aber sicher fest

– dass die Ampel es nicht WILL, steht aber sicher fest

CIVIS
7 Monate her

Und wo bitte bleibt das Bekenntnis des „Transformation-Anhängers“ Stihl,

dass wegen der AfD der Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet ist,

dass wegen der AfD keine oder weniger Investitionen in Deutschland getätigt werden,

dass sich seine Firma wegen der AfD Investitionen auch gut und 2x überlegt,

dass die AfD insgesamt an allem Elend in Deutschland schuld ist ?

A-Tom
7 Monate her

Der Herr Stihl kann zu Frau Merkel fahren und ihr sein Gejammer am sonntäglichen Kaffee vortragen. Er kann ja die Kettensäge mitnehmen.

Peter Klaus
7 Monate her

Hoffentlich bleiben uns von den zahlreichen Traditionsunternehmen wenigstens die Diversity-Abteilungen vor Ort erhalten. Produzieren und damit Geld verdienen sollen doch die anderen!⁹