Wenn linken „Forschern“ die eigene Studie nicht ganz passt

Nur noch eine Minderheit der jungen Leute hat Vertrauen in die Regierung, Parlament und Medien, zeigt eine Umfrage der Bertelsmann-Stiftung. Doch das notorisch linke Haus in Gütersloh vermeldet stattdessen: „Junge Menschen vertrauen der Demokratie und der EU“.

Screenprints: rnd, spiegel, nav, bertelsmann - Collage: TE

Wenn es um die systematische Selbstverstümmelung der Wissenschaft geht – weg von seriöser Forschung, hin zu entsetzlicher Polit-PR – dann ist die Bertelsmann-Stiftung fraglos eine der ersten Adressen in Deutschland.

Das Produkt der Gütersloher ist nicht Erkenntnis, sondern ein Weltbild: ein linkes, wokes Weltbild. Das sieht man schon an der Sprache, die die enorm reiche Organisation benutzt, welche einst von Reinhard Mohn gegründet und nach seinem Tod von seiner Witwe Elisabeth zügig verunstaltet wurde. Da wird so opulent gegendert, dass einem die Augen tränen: „Jede:r“, „Entscheidungsträger:innen“… Wer professionell mit Sprache umgeht, für den sind die Publikationen der Bertelsmann-Stiftung schon formal eine Qual.

Und die Inhalte machen alles nur noch schlimmer.

Jüngstes Beispiel für den Niedergang der Sitten und Gebräuche derer in Gütersloh ist das fälschlicherweise als „Studie“ angepriesene Machwerk „Jung. Kritisch. Demokratisch. Perspektiven junger Erwachsener auf die Herausforderungen unserer Zeit“. Es ist ein Dokument der Schamlosigkeit von „Forschern“, die in Wahrheit nichts erforschen, sondern nur ihre eigenen Vorurteile bestätigen wollen.

Das fängt damit an, dass es sich gar nicht um eine irgendwie ernstzunehmende sozialwissenschaftliche Studie handelt, sondern um die Umfrage eines niederländischen Marktforschungsinstituts. Das hat in Deutschland gerade einmal 516 Personen zwischen 18 und 30 Jahren befragt – viel zu wenige, um auch nur ansatzweise aussagekräftige Ergebnisse zu bekommen.

Im englischsprachigen Original heißt die Umfrage-die-sich-als-Studie-ausgibt übrigens „The Next Generation in Germany: Perspectives on Building a Sustainable Tomorrow“ – zu Deutsch: „Die nächste Generation in Deutschland: Perspektiven für die Errichtung einer nachhaltigen Zukunft“.

Da weiß man gleich, woher der Wind weht. Wohl deshalb vermarktet die Stiftung ihr Papier in Deutschland mit einem komplett anderen Titel.

Welche Fragen genau gestellt wurden, behalten die Bertelsmänner für sich – wohlweislich, steht zu vermuten. Angesichts des zweifelhaften Rufs, den sich die Stiftung in den vergangenen Jahren redlich verdient hat, ist davon auszugehen, dass einseitige Antwortvorschläge oder auch gleich blanke Suggestivfragen eher die Regel als die Ausnahme waren. Da kann eine – den wissenschaftlichen Standards entsprechende – detaillierte Offenlegung der Methodik nur stören.

Interessant an der ganzen Sache sind denn auch weniger die Ergebnisse an sich, sondern was die Stiftung daraus macht. Laut der Umfrage hat nämlich jeweils nur noch eine Minderheit der jungen Leute in Deutschland Vertrauen in die demokratischen Institutionen, und zwar:

  • in die Regierung – nur 39 Prozent
  • ins Parlament – nur 35 Prozent
  • in die Medien – nur 31 Prozent.

Selbst den Nichtregierungsorganisationen (NGOs) vertrauen nur noch 45 Prozent der 18- bis 30-Jährigen in Deutschland.

Trotz allem Bemühen kam bei der Umfrage also nicht das heraus, was man sich bei der Stiftung erkennbar gewünscht hatte. Deshalb griff man in Gütersloh zu einem uralten Trick des Agitprop, der da heißt: Verstecke das Unerwünschte und richte alle Scheinwerfer stattdessen auf das Erwünschte. Im vorliegenden Fall ersann man für die Medienarbeit zur „Studie“ folgerichtig die in riesigen, an die BILD erinnernden Lettern gestaltete Überschrift: „Junge Menschen vertrauen der Demokratie und der EU“.

Tatsächlich haben laut Umfrage 62 bzw. 59 Prozent der 18- bis 30-Jährigen in Deutschland Vertrauen in „die EU“ bzw. in „die Demokratie“. Dass das Vertrauen derselben Befragten in die demokratischen Institutionen geradezu unterirdisch niedrig ist, wird nicht völlig verschwiegen – kommt aber irgendwo weiter hinten im Fließtext, analog zum Kleingedruckten in Versicherungsverträgen.

Nachhaltig lustig ist dann schließlich die Liste der Dinge, um die sich die junge Generation angeblich am meisten sorgt. Die Spitzenplätze belegen demnach:

  • Verletzungen von Menschenrechten – 51 Prozent
  • Klimawandel – 46 Prozent
  • sexuelle Belästigung – 45 Prozent
  • Kindesmissbrauch und Vernachlässigung – 42 Prozent
  • mentale Gesundheit – 41 Prozent.

Wer zuletzt auch nur halbwegs regelmäßig in der Familie, am Arbeitsplatz, beim Sport oder sonstwo Kontakt mit jungen Menschen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren hatte, fragt sich nun unwillkürlich, auf welchem fernen Planeten diese Umfrage eigentlich durchgeführt wurde. Dass es Bielefeld in Wahrheit gar nicht gibt, ist ja inzwischen allgemein bekannt (einmal als studentischer Spaß gestartet und dann von Medien zur „Bielefeld-Verschwörung“ hochstilisiert worden – 31 Prozent). Aber gibt es Gütersloh?

Wie wenig es der Stiftung um Wissenschaft geht und wie viel um Werbung für das Bertelsmann-Weltbild, das zeigt der letzte Satz der Zusammenfassung der „Studie“:

„Der Text appelliert an politische Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen, das Vertrauen junger Menschen zu bewahren und sie in politische Entscheidungsfindungsprozesse systematisch mit einzubeziehen.“

Das ist kein Forschungsergebnis, sondern ausschließlich politische Programmatik. Sie hat nichts, aber auch gar nichts mit der Umfrage zu tun. Sie ergibt sich nicht aus den gewonnenen Zahlen. Sie ist einfach nur Ausdruck einer Ideologie – der Ideologie, als deren Propagandist sich die Stiftung betätigt.

Die empirische Sozialforschung war einst eine zurecht angesehene Disziplin. Das war zu einer Zeit, als sie von echten Wissenschaftlern mit echtem Erkenntnisinteresse betrieben wurde. Damals haben die Forscher erst Daten gesammelt und dann daraus Schlüsse gezogen.

Die Bertelsmänner von heute machen das umgekehrt und suchen nach Daten, die ihre schon längst feststehende Meinung stützen.

Nächstes Mal als Punkt mit dabei: Junge Leute misstrauen Bertelsmann Stiftung.

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Kommentare ( 50 )

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Phil
9 Monate her

Das ist keine Wissenschaft, dass ist reine Statistik und mit Statistik lässt sich bekanntlich alles machen. Es ist wie Winston Churchill einst sagte: „Ich glaube keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe“. Diese unsauberen und tendenziösen „Studien“ erinnern mich an den sogenannten „97% Konsens der Wissenschaftler“, welcher gerne von Politik und Medien als Totschlagargument zur Hand genommen wird, wenn Forscher und Wissenschaftler mit ihren Studien den anthropogenen Anteil am Klimawandel in Frage stellen. Dieser sogenannte „Konsens“ bezieht sich auf die Studie des Kognitionspsychologen John Cook, von „Wissenschaft“ kann bei dieser „Arbeit“ keine Rede sein. Im Jahr 2016 promovierte Cook… Mehr

alter weisser Mann
9 Monate her

Die Errichtung einer nachhaltigen Zukunft. Mit der Errichtung der Zukunft gehen Propheten und Diktaturen hausieren, ansonsten weiß man, dass sie ohnehin unausweichlich kommt und bestenfalls gestaltet werden kann. Mit de Nachhaltigkeit hat es die Zukunft dann auch nicht so, kaum ist sie da, nennt man sie Gegenwart und wenn sie dann auch schon wieder weg ist, heißt sie Vergangenheit. Nachhaltig ist nur das ewige hochtönende bullshit bingo mit dem die Machwerke von Bertelsmann & Co. bemäntelt werden. Schließlich muss man die ja im Wochentakt auswerfen, um meinungsmachend beachtlich zu bleiben. Nachhaltig sind auch die nicht, außer man betrachtet Ressourcenverschwendung als… Mehr

solaris21
9 Monate her

Trotzdem die Hinweise, die der Artikel gibt, zu begrüßen sind, stellt er die Bertelsmann-Stiftung im Grunde verharmlosend dar. Dazu trägt auch die Verortung von Bertelsmann als „notorisch linkes Haus“ bei. Wichtige Figuren bei Bertelsmann hatten ein CDU-Parteibuch. Dazu zählen Horst Teltschik oder Elmar Brok. Auch die bedingungslose Unterstützung, die Angela Merkel durch Liz Mohn erfuhr, war nicht genuin links. Bertelsmann steht für die Globalwirtschaft internationaler Konzerne mit wokem Grundrauschen, also für knallharten Finanzkapitalismus mit gutmenschlicher Verzierung. Der Einfluss von Bertelsmann ist so gewaltig, dass ich es als „Kanzleramt in Gütersloh“ bezeichne: Weder die Hartz-IV-Reformen noch die Masseneinwanderung ab dem Jahr… Mehr

Angela Honecker
9 Monate her

Das Folgende paßt vielleicht nicht so ganz hier hin. Zum Thema „Junge Menschen in Amerika“ gibt es jetzt einen sehr aufschlußreichen Artikel im „The Atlantic“ (https://www.theatlantic.com/newsletters/archive/2023/02/the-tragic-mystery-of-teenage-anxiety/673076/). Junge Amerikaner sähen sich zu 20% als LBTQusw:_Innen. Und sie wären viel gefährdeter für Krankheiten und Depressionen usw. Und woran könnte das bloß liegen? Fragt sich der Atlantic. Auf die naheliegendste Antwort kommen sie natürlich trotz endloser Studien nicht: Wenn man den ganz jungen Menschen diesen ganzen kranken Müll in die Köpfe eintrichtert, wie das man sein Geschlecht immer mal wieder wechseln könnte und daher heute Geschlecht 56 und übermorgen Geschlecht 72 haben könnte,… Mehr

solaris21
9 Monate her
Antworten an  Angela Honecker

Ihr Beitrag passt hier ganz hervorragend. Eines der zentralen Projekte Merkels war die Ausweitung der staatlichen DDR-Kinderaufzucht auf ganz Deutschland. Damit hat sie 1992 mit dem Rechtsnaspruch auf einen Kindergartenplatz begonnen und 2021 mit dem Rechtsanspruch auf eine Betreuung für Grunschulkinder aufgehört. Bereits in der DDR war evident, dass ich Kinder im Familienverband besser entwickeln als Hortkinder. D.h. wir schädigen heute regierungsamtlich Kinder, wenn diese nach dem ersten Lebensjahr in Kinderkrippen verbracht werden. Bertelsmann hat natürlich Studien geliefert, die das Gegenteil beweisen sollen, es aber nicht können. Auch das Thema LGBTXXX wird von Bertelsmann gefördert. Mittlerweile gilt das ja schon… Mehr

Kassandra
9 Monate her
Antworten an  solaris21

Auch Scholz ist mit von der Partie: „Wir wollen die Lufthoheit über den Kinderbetten erobern“ – Scholz, schon 2002: „Für die Zukunft wird es darauf ankommen, dass wir einen richtigen Rückstand unseres Landes aufholen. Wir haben weniger Ganztagsschulen als in vergleichbaren Ländern Europas. Wir haben weniger Ganztagsbetreuung und auch nicht genügend Betreuungsmöglichkeiten für Kinder im Krippenbereich. Wir wollen da eine kulturelle Revolution erreichen, dass Deutschland auf das gleiche Niveau kommt als anderswo. Deshalb ist unser Ziel, als Staat dafür zu sorgen, dass Männer und Frauen und Kinder es besser haben, als das heute der Fall ist. Und das wollen wir… Mehr

Marco Mahlmann
9 Monate her

Daß es Bielefeld nicht gibt, ist unverrückbare Tatsache. Ich habe in Bielefeld studiert. Die Uni steht als Raumschiff auf der Wiese, und was drinnen geschieht, hat mit dieser Welt nichts zu tun („Und bist Du nicht von dieser Welt, dann bist Du wohl aus Bielefeld.“) – u.a. wurden zu meiner Zeit auf den Mensatischen Flugblätter verteilt, die zur Diskussion darüber aufriefen, ob man von links in die Linkspartei eintreten solle. Gütersloh ist gleich nebenan, und da war ich bestimmt nicht meines Herzens froh. Was aber Ostwestfalen-Lippe zumindest bis vor kurzem ausmachte, war der starke Mittelstand, der das Geld verdiente, das… Mehr

Sonny
9 Monate her

Und was genau so schlimm ist: Die Werbeanstalten hängen am Tropf der Geldbonzen und und spielen dieses unappetitliche Spiel mit.
Wenn ich heute beschließe, keine beworbenen Artikel mehr zu konsumieren, deren Werbung sich fast ausschließlich an Farbige oder Gender-Familien richtet, bekomme ich kaum noch das, was ich für den Alltag benötige.
Lebt Liz Mohn eigentlich noch?

Andreas Sewald
9 Monate her
Antworten an  Sonny

Der Anteil von Deutschen mit Migrationshintergrund, woher auch immer und Personen mit ausländischem Pass ist in Deutschland bei rund 28 Prozent. Wenn man sich die aktuelle Werbung ansieht, glaubt man, ethnische Mitteleuropäer sind auf den Mond ausgewandert und es wird nur noch für diese 28% Werbung gemacht. Als Kunde dieser Agenturen, die 72% meiner Kundschaft aus der sichtbaren Phäre ausschließen, wäre ich längstens deren Kunde gewesen. Die gesamte Werbung ist nur noch eine einzige woke Blase und kein Kunde traut sich offensichtlich, das Problem zu benennen, denn er könnte ja von den Woken als räääächts diffamiert werden. Ein Großteil der… Mehr

Thrym
9 Monate her

Ich nehme Umfragen grundsätzlich nur noch ernst, wenn ich die wörtliche Fragenstellung dazu bekomme.
„Halten Sie:
a) Den Klimawandel für das dringendste Problem in Deutschland?
oder wollen Sie
b) Dass Tausende Robbenbabys totgekloppt werden?“

Mathias Rudek
9 Monate her

„Es muß nach empirisch-soziologischer Forschung aussehen, aber wir Bertelsmänner müssen alles im Griff haben“.

RandolfderZweite
9 Monate her

Im MDR verkauft man dieses als eine „repräsentative Studie“ der Bertelsmann Stiftung!
Wer hat jetzt wohl recht???

Ali
9 Monate her

„Wenn linken „Forschern“ die eigene Studie nicht ganz passt.“

Immerhin, wenn ein Ergebnis rauskommt, das diesen verbohrten Ideologen nicht passt, ist das doch schon sehr positiv!