Erdogan expandiert über Deutschland ins EU-Parlament

Erdogan schickt über Deutschland eine eigene Partei in die „Europawahl“ und bekommt so höchstwahrscheinlich ein Standbein im EU-Parlament – obwohl die Türkei nicht Mitglied der EU ist. Im Windschatten des Kampfes gegen „Rechts“ fällt dem türkischen Präsidenten eine Parteigründung leicht.

IMAGO / Christian Spicker
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, Bundeskanzleramt, Berlin, 17.11.2023

Der türkische Präsident, Muslimbruder und Israelhasser Recep Tayyip Erdogan schickt über Deutschland eine eigene Partei in die „Europawahl“ vom 9. Juni 2024. Mit größter Wahrscheinlichkeit bekommt der türkische Autokrat auf diese Weise ein Standbein im EU-Parlament, wiewohl die Türkei nicht Mitglied der Europäischen Union ist. Die deutsche Erdogan-Partei soll „DAVA“ heißen: „Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch“ – eng verbunden mit der Erdogan-Partei AKP = Adalet ve Kalkınma Partisi (deutsch: Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung).

Die „DAVA“ fordert, „Menschen mit ausländischen Wurzeln ihre Rechte in vollem Umfang“ zu geben. Diese erlebten oftmals „bei der Suche nach Wohnungen, bei Bewerbungen, aber auch in vielen alltäglichen Situationen wie bei Behördengängen, dass sie nicht als vollwertige Mitglieder von der europäischen Gesellschaft angenommen werden“. Die „DAVA“ verlangt zudem „eine pragmatische sowie ideologiefreie Flüchtlingspolitik“ und weitere Sozialleistungen, um Kinder- und Altersarmut zu bekämpfen (siehe hier und hier).

„DAVA“-Wählerpotential und Infrastruktur: alles bestens

Die in Deutschland gegründete „DAVA“ hat hier ein hohes Wählerpotential. Deshalb nimmt Erdogan den Anlauf auch hier und nicht in Frankreich oder Belgien oder den Niederlanden oder Österreich. Immerhin leben knapp 2,5 Millionen Muslime mit deutschem Pass und mit Wahlrecht in Deutschland. Von den 2,5 Millionen haben geschätzt 1,5 Millionen Türkischstämmige einen deutschen Pass. Eine weitere Million könnte nach dem vermutlich im Mai 2024 in Kraft tretenden neuen „Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts“ (StARModG) eines Tages hinzukommen. Dieses StARModG war am 19. Januar 2024 von der „Ampel“-Mehrheit im Bundestag verabschiedet worden. Für die „Europawahl“ dürfte es noch keine Wirkung entfalten, dafür sind die Fristen bis dorthin zu kurz.

Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts
Bundestag bringt „Turbo-Einwanderungsgesetz“ durch
Für die „Europawahl“ 2024 gibt es in Deutschland allerdings (noch) keine Prozent-Klausel. Bei der „Europawahl“ 2019 reichten 243.302 Stimmen, entsprechend 0,7 Prozent der Stimmen (hier für die „Piraten“), für einen der 96 deutschen Sitze im EU-Parlament. Insgesamt schafften es übrigens fünf deutsche Parteien mit je 1 Sitz ins Parlament der EU: neben den Piraten die Tierschutzpartei, die Familienpartei, die ÖDP und die Partei „Volt“. Für die Bundestagswahl 2025 müsste die „DAVA“ freilich (gemessen am Ergebnis der Bundestagswahl 2021) rund 2,34 Millionen Stimmen einholen, um die 5-Prozent-Hürde zu überwinden.

Jedenfalls ist Erdogan in Deutschland bei den hier lebenden Türken – und wohl auch anderen Muslimen (etwa Syrern) – äußerst beliebt. Nicht freilich bei den Kurden, die statistisch ebenfalls zu den „Türkischstämmigen“ zählen. Bei der türkischen Präsidentschaftswahl vor knapp sieben Monaten erhielt Erdogan aus Deutschland rund 500.000 Stimmen, was etwa einem Stimmanteil von 67 Prozent entspricht. Es kommt hinzu: Bei der „Europawahl“ 2024 dürfen in Deutschland erstmals Sechzehnjährige wählen. Unter diesen macht der türkische bzw. muslimische Anteil rund ein Drittel aus.

Ferner kommt hinzu: Die „DAVA“ wird die türkischen Infrastrukturen in Deutschland nutzen können. Dazu gehören Tausende an Türken-Vereinen sowie fast dreitausende Moscheen und muslimische Gebetshäuser. Die Mehrzahl der Türken-Vereine steht Erdogan nahe. Von den Moscheen wird ein gutes Drittel von DITIB getragen. DITIB ist ein Verein, der unmittelbar der türkischen Religionsbehörde DIANET und damit direkt Erdogan untersteht. DITIB heißt: Diyanet İşleri Türk İslam Birliği (deutsch: Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V.). DIYANET bedeutet: Diyanet İşleri Başkanlığı (deutsch: Präsidium für Religionsangelegenheiten). Es ist gut vorstellbar, welche Empfehlungen dort an die Gläubigen gehen. Von einer solchen Infrastruktur können die zwei anderen Parteien-Neugründer Wagenknecht und Maaßen nur träumen.

Erdogans vier Statthalter

Vier Erdogan-Leute sollen ins EU-Rennen gehen. Alle vier Genannten haben sich früher für Erdogans AKP oder deren Vorfeldorganisationen eingesetzt:

  • Der Hamburger Arzt Mustafa Yoldas (53). Er fiel dem deutschen Innenministerium bereits wegen „Unterstützung der Hamas und ihr nahestehender Organisationen“ auf. Bis 2010 leitete er die „Internationale Humanitäre Hilfsorganisation“. Danach wurde sie verboten.
  • Ali Ihsan Ünlü, ebenfalls Arzt, aus Niedersachen. Aktuell ist er Funktionär der türkischen Organisation DITIB.
  • Der 42-jährige Anwalt Fatih Zingal, der früher SPD-Mitglied war. Aus Ärger über Thilo Sarrazin trat er aus. Den Genozid an Armeniern bezweifelt er.
  • Parteichef ist der selbst ernannte Menschenrechtsaktivist Teyfik Özcan. Er war früher ebenfalls Mitglied bei der SPD. Heute ist er strammer Erdogan-Anhänger.
Reaktionen auf Bundesebene

Identifikation mit Deutschland?
Das Pferd von hinten aufgezäumt – Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts
Die Sorgen der Bundesregierung halten sich in Grenzen. Man ist ja mit „rääächts“ beschäftigt und lässt die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken mal wieder etwas sagen. Diese reagierte, so gut sie es eben kann, und blieb sich damit treu: „Für mich ist es wichtig, dass wir gerade unseren türkischstämmigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Deutschland deutlich machen, dass Deutschland zusammengehört, dass wir ein Volk sind, dass wir es weder zulassen werden, dass Kräfte wie jetzt diese rechtsextremistischen Netzwerke in die Nähe der Macht kommen, die Migrantinnen und Migranten deportieren wollen, aber natürlich auch nicht die spalterischen Tendenzen eines Recep Tayyip Erdogan hier eine Rolle spielen dürfen.“

Für den CDU-Innenexperten de Vries ist hier klar eine Strategie erkennbar: „Muslime als Opfer einer rassistischen Mehrheitsgesellschaft darzustellen und sich als deren Interessenvertreter aufzuspielen.“ Die Bundesregierung sollte diese Parteigründung „unter keinen Umständen auf die leichte Schulter nehmen“, rät de Vries. „Ich halte es für dringend geboten, dass unsere Sicherheitsbehörden alle Aktivitäten dieser Partei und ihre Verbindungen zur türkischen Regierung genauestens beobachten und einschreiten, wenn es zu einer direkten Einflussnahme der türkischen Regierung kommt … Mit der Gründung der türkisch-islamistischen Partei ‚Dava‘ hat Präsident Erdogn neben Ditib nun einen weiteren Hebel in der Hand zur politischen Einflussnahme in Deutschland und wird versuchen, dieses neue Machtinstrument auch zu nutzen.“

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Kommentare ( 67 )

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egal1965
9 Monate her

Entschuldigung, aber sie sind wirklich naiv. Glauben sie wirklich, daß selbst die EU eine eigenständige Politik machen kann? Zumindest außenpolitisch bezweifel ich dieses doch stark, wenn man sich z.B das Verhalten gegen Russland anschaut und „wem“ man da in der Ukraine unterstützt. Genauso wie in Deutschland kommen da die „Befehle“ direkt aus Washington. Ja und wieso sollten eigentlich Muslime in der EU nicht ihre eigene Partei gründen, Deutschland hat sie doch quasi seit den 60er „eingeladen“, somit ist es doch auch mehr als „demokratisch“, wenn die hier auch parteipolitisch mit einer Partei vertreten sind. Finanzierung durch die Türkei? Woraus hat… Mehr

W aus der Diaspora
9 Monate her

Wer glaubt, dass es bei der EU-Wahl bleibt, der ist naiv!
Und wer glaubt, dass es bei dieser einen Partei bleibt, der ist noch viel naiver. Da wird doch neuerdingt den Ausländern in D die deutsche Staatsangehörigkeit hinterher geworfen, bei gleichzeitiger Beibehaltung der Geburtsstaatangehörigkeit.
Man wollte neue Wähler für die Altparteien generieren, jedoch, mit der deutschen Staatsangehörigkeit dürfen die sich nun auch wählen lassen! Und etliche werden den Teufel tun und SPD/Grüne/CDU wählen – die werden ihre eigenen Parteien gründen und dann unter dem Deckmäntelchen von neuen Parteien den Islam wählen.

Auf uns warten lustige Wahlergebnisse …

Hugo Treppner
9 Monate her

Ich wähle die Erdogan Partei aus folgenden Gründen:
Alle vier Kandidaten haben eine abgeschlossene Berufsausbildung.
Der Erfolg dieser Partei sorgt dafür, dass das woke Berlin über die doppelte Staatsbürgerschft nachdenkt.
Diese Partei wird ein Stolperstein im EU Parlament.
Die FDP wäre deklassiert, sollte die Partei des Kalifen srärker sein.

imapact
9 Monate her

Da können Grüne und SPD/Linke ja stolz auf sich sein. Endlich verschaffen sie Erdogan einen direkten Zugang in die europäische und deutsche Politik. Überschneidungspunkte gibt es viele: weiterer Ausbau des islamischen Einflusses, weitere Privilegierung von Versorgungsmigranten, Antisemitismus – alles Punkte, in dem sich die linksgrüne Bourgeoisie durchaus wiederfindet. Kleiner Wermutstropfen: die Stimmen der organisierten Muslime gehen dann nicht wie erhofft an SPD oder Grüne… aber, macht nichts, aufgrund der erwähnten Überschneidungen kann man ja gut miteinander. Beim Kampf gegen Rechts muß man die grauen Wölfe zwar geflissentlich übersehen, aber darin hat man ja Übung. Dank der vom linksgrünen Regime vorangetriebenen… Mehr

Kalmus
9 Monate her

Der Roman „Unterwerfung“ liefert das Drehbuch, Erdogan führt Regie. Erschreckend, verblüffend, aber logisch. Der Muslim hat den weltweiten Auftrag, seine Religion „zu gebieten“, andere Religionen als „Unrecht zu verbieten“ (so stehts im Koran). In der gegenwärtigen Anti-AfD- Hysterie ist jede entsprechende Aktion taktisch klug gewählt. Als konservativer Ostdeutscher bin ich pragmatisch und sehe nur die AfD als einzig wählbare Kraft, sich der Islamisierung entgegen zu stellen. Eine hilfreiche Rolle in dieser Hinsicht könnte auch die Kommunistin Wagenknecht, BSW, spielen. Den Leuten, die da auf den Straßen gegen die AfD brüllen, muß man sagen, dass sie Schützenhilfe für die nicht mehr… Mehr

Last edited 9 Monate her by Kalmus
Endlich Frei
9 Monate her

Eine der vielen unsinnigen Reformen, die nach Regierungswechsel sofort rückabgewickelt werden müssen.

Weisheitszahn
9 Monate her

Wenn ich hier lese, dass 1/3 aller 16Jährigen bereits Muslime sind, wird so langsam das Ausmaß der anstehenden Katastrophe erkennbar. In spätestens 20 Jahren haben hier die Muslimbruderschaften die absolute Mehrheit und der Indigene kann in kleinen Reservaten den „alten Riten“ frönen – in diesem Falle christlich-abendländischen. Wobei christliche Tradition im ÖRR ja inzwischen auch mit einem Tenor beschrieben wird, als wäre es irgend ein heidnischer Ritus eines weltfremden Ureinwohnerstammes am Amazonas.
So viel zum Thema „Mehrheitsgesellschaft“.
Ob die „neue Mehrheitsgesellschaft“ den neuen Minderheiten mit gleicher „Großzügigkeit“ (um nicht zu sagen Naivität) begegnet wird, darf getrost bezweifelt werden…

Last edited 9 Monate her by Weisheitszahn
Aboriginal
9 Monate her
Antworten an  Weisheitszahn

Vorteil ist, dann fällt die Kirchensteuer vorübergehend weg. Langfristig wird sie natürlich höher.

schwarzseher
9 Monate her

Etwas modifiziert:“ Als erstes gehört den Muslimen Deutschland und dann die ganze EU „. Ich schätze, das wird schon Anfang des kommenden Jahrhunderts der Fall sein. Dann gilt die furchtbare Scharia, aber immerhin bleiben den zukünftigen Generationen zumindest die Merkels. die Faesers, die Baerbocks, die Roths, die Göring-Eckardts, ach die ganze grüne Mischpoke, Gender, LGBTIQXYZ erspart. Man muß es positiv sehen.

Wilhelm Rommel
9 Monate her

Danke für den aufschlussreichen Artikel, verehrter Herr Kraus. Ich schenke mir jedoch einen neuerlichen Kommentar und warte lieber die diesbezüglichen Beiträge anderer ‚Postillen‘ ab, wo man auf ‚Zahnlosigkeit‘ nicht so ängstlichen Wert legt!

Ralf Poehling
9 Monate her

War klar dass das kommt. Die gehen nach Lehrbuch vor. Und das bedeutet immer die selben Strategien. Wenn man das Lehrbuch kennt, kann man die Entwicklung vorhersagen. Und entsprechend gegensteuern.
Eine Partei in Deutschland, die die Interessen des Auslands hier vertritt, wäre verfassungswidrig.

egal1965
9 Monate her
Antworten an  Ralf Poehling

Wenn schon nach Ansicht der Regierung und auch vielen Deutschen selber, die AfD „verfassungswidrig“ ist, die vorweißlich die Interessen des deutschen Volkes vertritt, „was“ und „wem“ soll dann noch eine Partei vertreten…?