Seit Jahresbeginn zockt der Staat mit dem vollen Mehrwertsteuersatz wieder Restaurants und Gäste ab. Es freuen sich Fressbuden und Dönerläden. Doch um sich diese Regierung erträglich zu machen, muss man auch diese Steuern in Kauf nehmen, finden Georg Etscheit und Ingo Swoboda von Aufgegessen.info
Seit Jahresbeginn gilt wieder der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf Speisen im Restaurant. In einer vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) in Auftrag gegebenen und Mitte Dezember des vergangenen Jahres veröffentlichten Umfrage hatten 62,7 Prozent der befragten Unternehmer angegeben, dass sie die Steueranhebung „wirtschaftlich hart treffen“ werde. Weitere zwölf Prozent befürchteten, dass sie die Entscheidung der Berliner Ampel an den Rand des Ruins treiben werde; gute fünf Prozent wollten ihren Betrieb mangels wirtschaftlicher Perspektiven sogar ganz aufgeben. Nur 4,2% der Betriebe fühlen sich kaum oder nicht betroffen.
Für eine erste Bilanz ist es noch zu früh. Dass die Rückkehr zum vollen Mehrwertsteuersatz viele gastronomische Betriebe hart treffen wird, dürfte aber sicher sein. Weniger das Luxussegment, jene mit Sternen und Hauben gekrönten Gourmetrestaurants, deren Klientel es egal sein dürfte, ob man für ein Sechsgang-Menü 180 oder 190 Euro zahlt. Am ehesten spart der Gourmet vielleicht an der einen oder anderen Flasche Wein – es muss ja nicht immer Burgunder sein. Aber der Mehrwertsteuersatz für Getränke war sowieso nie ermäßigt worden. Die Systemgastronomie auf der anderen Seite dürfte dagegen sogar profitieren, weil sie dank industrieller Serienfertigung, geringer Personalkosten und dem Einsatz oft minderwertiger Produkte konkurrenzlose Preise anbieten kann.
Wen es wohl, wie immer, am ärgsten beuteln wird, ist die ohnehin unaufhaltsam erodierende Mitte, sind die wenigen, noch existierenden bodenständigen (deutschen) Gasthöfe. Das Wirtshaussterben, vor allem auf dem Land, dürfte sich beschleunigen.
Ein echter Skandal, der gerne unter den Teppich gekehrt wird: für verpackte Speisen zur Mitnahme, To-Go oder Drive-In-Angebote, die Essenslieferung per Fahrradkurier sowie den Fertigsalat aus dem Supermarkt sind weiterhin nur sieben Prozent Mehrwertsteuer fällig. Wer sich stilvoll an einem gedeckten Tisch niederlässt, wird abgezockt, wer seine Pizza auf der Treppe vor dem Restaurant direkt aus der Pappschachtel mümmelt oder sich „on the road“ einen Döner reinzieht, spart bares Steuergeld. Das Argument: Im Restaurant wird die Dienstleistung besteuert, die Speisen an sich kann man ja für den niedrigen Satz nach Hause mitnehmen. Aus dem Haus gehen, unter Menschen kommen, öffentliches Leben: Besteuerbarer Luxus.
So wird der Verfall der Esskultur vom Staat sogar noch gefördert. Zudem fördert damit ausgerechnet eine Regierung, die sich wie keine andere der „Nachhaltigkeit“ verschrieben hat und die Bürger mit absurden „Klimaschutz“-Maßnahmen überzieht, eklatant unökologisches Verhalten, weil bei allen To-Go-Angeboten immer noch Unmengen an Verpackungsmüll anfallen.
Wer einmal dabei zugesehen hat, wie im Asia-Restaurant ein Menü für den Lieferdienst zusammengestellt wird, dem wird ganz blümerant zumute: eine Plastik- oder Pappschachtel fürs Entencurry, eine für den Reis, mehrere Einweg-Döschen für die dazu gereichten Soßen, vielleicht auch eine Getränkedose. Zuletzt wird noch eine Handvoll Papierservietten und Einmalbesteck in den zum Abtransport bestimmten Papiertüten versenkt, die wiederum in einer Plastiktüte verschwinden. Der Unterwegs-Fraß soll ja schön warm bleiben. Auch hier ist eine Dienstleistung eingebunden, die Lieferung, aber der Steuersatz für die Speisen bleibt bei 7 Prozent.
Natürlich liegen die Probleme der Gastronomie nicht allein in der Rückkehr zur alten Besteuerung von Speisen. Die überbordende Bürokratie macht vielen Betrieben schwer zu schaffen. Gestandene Köche berichten, dass sie mittlerweile öfter am Schreibtisch sitzen, als am Herd stehen. Dazu kommt der Personalmangel, der nicht erst seit Corona akut ist und der viele, teils nachvollziehbare Ursachen hat. Der größte Kostenpunkt der Gastronomie ist das Personal: Sollen die Speisen günstig bleiben, müssen die Löhne niedrig sein. Belastet man diese Löhne dann noch übermäßig mit Steuern, Abgaben und noch mehr „paritätischen“ Abgaben, bleibt dem Mitarbeiter reichlich wenig Geld für harte Arbeit. Im real existierenden Sozialismus der Bundesrepublik des Jahres 2024 lässt sich bekannterweise auch ohne geregelte Arbeit staatsalimentiert relativ gut leben, denn das Bürgergeld ist attraktiver – man kann es den Empfängern kaum übelnehmen.
Auch einen weiteren Aspekt sollte man bei der „Mehrwertsteuer-Diskussion“ nicht aus den Augen lassen. Die Deutschen sind beim Essen und Trinken traditionell Sparfüchse und haben es gerne billig. Obwohl Deutschland, gemessen am Bruttosozialprodukt, nach wie vor die billigsten Lebensmittel der Welt hat gelten Preiserhöhungen bei Lebensmitteln im Mutterland der Discounter als Sakrileg und schaffen es als Meldung immer wieder in die Tagesschau und auf die Titelseiten der Boulevard-Presse.
Es geht um den Stellenwert des Essens in unserer Gesellschaft, nur daraus resultiert die Bereitschaft den entsprechenden Preis zu zahlen. Auch Tierwohl, artgerechte Haltung, Nachhaltigkeit, Bio, Regionalität, Naturschutz gibt es nicht umsonst und nichts davon wird auch nur annähernd mit billiger Massenware realisiert. Doch trotz aller Lippenbekenntnisse für eine mehr Nachhaltigkeit und Tierschutz sind die wenigsten Menschen, unabhängig von ihrer finanziellen Situation bereit, aufgünstige Nahrungsmittel zu verzichten, deren versteckte Kosten durch Subventionen und Umweltschäden kaum jemand bewusst sind, weil sie auf dem Kassenzettel nicht auftauchen.
Und damit landet man wieder in der Gastronomie, deren Angebote vielen Menschen als zu teuer erscheinen. Zwölf Prozent mehr auf Essen und Trinken werden zum Anlass genommen, auf den Restaurant-Besuch jetzt vielleicht ganz zu verzichten und der Branche „Abzocke“ zu unterstellen. Die Abzocker sind aber nicht die Wirte, die mit geringen Margen hohe Kosten bestreiten müssen. Selbst ein Getränk, das zum vielfachen seines Einkaufspreises verkauft wird, generiert absolut nur wenig Gewinn, wenn Service, Kühlung und Miete abgezogen werden. Dagegen sind zwei Euro mehr für ein Schnitzel mit Beilagen schmerzhaft aber nicht die Welt, die entsprechende Qualität setzten wir mal voraus. Ein Restaurantbesuch in aller Regel auch ein kommunikatives und stimmungsvolles Ereignis mit Familie, Freunden oder Geschäftspartnern: Das sollte einem etwas wert sein in Zeiten, wo schöne Augenblicke den politischen Wahnsinn unserer Tage für Momente vergessen lassen können. Denn nur im Schönen ist die aktuelle Politik zu ertragen.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Restaurantbesuche haben leider auch aus anderen Gründen an Erholungs- und Freizeitwert verloren.
Deshalb: Die zu Coronazeiten angewöhnte Praxis, sich im Freundeskreis gegenseitig einzuladen ist nicht nur deutlich billiger, sondern garantiert auch einen entspannten Abend.
Man sollte nicht immer von den Deutschen behaupten, dass sie es gern billig möchten. Dieses „gern billig“ ist ganz einfach ein ökonomischer Zwang. Die Löhne sind im Vergleich zu unseren Nachbarn viel zu niedrig und die Steuern allgemein zu hoch. Klar könnte man für eine Portion Essen locker 30 Euro zahlen, allerdings sollte sich dann der Staat mit seinen Lohn- und Einkommenssteuern zurückhalten. Hier beginnt es schließlich bereits mit 10 % bei der Einkommenssteuer, was in anderen Ländern nicht mal der Höchstsatz ist. Dazu die Verbrauchssteuer von rund 20 %, sind in Summe schon mal 30 % an Vater Staat,… Mehr
Oder man macht es einfach wie in Österreich: ein Restaurantbesuch wird mit nur 10% besteuert. Geht doch. Dazu müssten sich die Restaurantbetreiber aber mal geschlossen auf die Straße bemühen. Wenn man nur jammert, werden sich die Zustände nicht ändern. Die Gastronomen müssten genau so demonstrieren wie die Bauern.
Mein Reden. Und mein guter Vorsatz für 2024: Mehr Fleisch, mehr Cocktails und Rotwein. Auch aus Wassergläsern.
der mathematische grundverstand („kanon“) kommt auch unter die räder: der unterschied zwischen 19 % und 7 % sind nicht 12 %, sondern 12 prozentpunkte. macht bei einem nettopreis von 10 eur 8,4 cent brutto weniger als wenn es 12 % mehr wären. wer den cent nicht ehrt …
Wenn ich essen gehe, dann möchte ich gut essen und zwar das, was ich mir so daheim nicht zubereiten kann. Entweder weil ich es tatsächlich nicht hinbekomme (Steak auf den Punkt) oder weil der Aufwand einfach zu groß wäre.
Also bestelle ich mir kein Schnitzel, oder andere derart einfache Gerichte.
Lieber einmal weniger ins Restaurant, denn normale, gut bürgerliche Küche diverser Länder, bekomme ich auch daheim gut hin.
Einen kostenlosen Tipp für alle die den Gast mit Porzellan und Metallbesteck verwöhnen. Übernehmen sie doch bitte die Personalstrategie der Dönerfressbuden. Ihr Personal braucht mindestens 4 Identitäten und arbeitet am Tag nur für 1o€. Der Rest wird dann als Aufstocker bzw. Bürgergeldempfänger großzügig ergänzt.
„Ein Restaurantbesuch in aller Regel auch ein kommunikatives und stimmungsvolles Ereignis mit Familie, Freunden oder Geschäftspartnern:“
Das ist freilich richtig. Nur es bleibt der schale Beigeschmack, daß während des Corona Irrsinns es gerade die Gastronomie war, die sich zum Büttel des Staats gemacht, nur zu gern den Hilfsblockwart gespielt hat.
Da haben die beiden Autoren schon recht mit ihrem Artikel. Aber es ist eben auch eine finanzielle Frage. Wir sind bis vor 3 Jahren (also noch vor Corona) immer regelmäßig 2x im Monat essen gegangen in eines unserer beiden Stammlokale. Die Preise dort waren eh‘ schon relativ hoch (120 Euro für 2 Personen mit Vorsuppe und Nachspeise). Dann, kurz nach den Lockdowns wurden die Preise schon heftig nach oben gezogen, jetzt schon wieder. Wir sind dazu übergegangen, wieder etwas „hochwertiger“ zu kochen und bleiben dann zuhause. Ich koche sowieso fast jeden Tag und dann (weil wir jetzt kaum noch ins… Mehr