Volkswagen hat nur eine Chance, wenn der Konzern grundlegend saniert wird. Entlassungen sind damit unausweichlich. Vorstand und Betriebsrat liegen deswegen im Clinch. Doch Kostensenkungen allein machen den Renditekohl nicht fett. Mehr Absatz muss her.
In der VW-Zentrale geht es zurzeit darum, wer im Machtkampf um Senkung der Personalkosten, vulgo: Belegschaftsabbau, das Sagen hat. Die Arbeitgeberseite, vertreten durch VW-Markenchef Thomas Schäfer – oder die Arbeitnehmerseite, vertreten durch die Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo?
Ausgangspunkt ist ein vom Vorstand geplantes drastisches Sparprogramm. Die Kernmarke Volkswagen soll einem milliardenschweren Effizienzprogramm unterzogen werden. Bis 2026 will der Konzern zehn Milliarden Euro an Kosten einsparen. Die Umsatzrendite der Marke soll von zuletzt 3,4 auf 6,5 Prozent angehoben werden.
Vorstand Schäfer, seit 1. April 2022 im Amt, hatte von CEO Oliver Blume den Auftrag erhalten, mithilfe eines Effizienzprogramms die VW-Rendite binnen zweier Jahren auf den Zielwert von 6,5 Prozent zu hieven. Dazu wurden Kosteneinsparungen in Höhe von 10 Milliarden Euro identifiziert. Absatzsteigerungen als alternative Renditebeschleuniger standen offensichtlich nicht zur Debatte.
Die Ausgangspositionen beider Parteien sind erwartungsgemäß sehr konträr, die einen wollen Personal abbauen, die anderen wollen das verhindern. Schäfer hat bei einer internen Veranstaltung „spürbare Einschnitte“ angekündigt. Mit seinen hohen Kosten sei der Autokonzern nicht mehr wettbewerbsfähig.
Von vornherein war klar, dass ein Betrag von 10 Milliarden ohne drastische Senkung der Personalkosten und damit ohne Einschnitte beim Personal nicht erreichbar sind. „Die Situation ist sehr kritisch“, sagte Schäfer laut einem Beitrag im VW-Intranet (Nachrichtenagentur dpa) vor 2.000 Vertrauensleuten der IG Metall in Wolfsburg. „Wir müssen ran an die kritischen Themen, auch beim Personal.“
Laut Schäfer wurde über die Ausgestaltung des Effizienzprogramms bereits seit Oktober mit dem Betriebsrat verhandelt.“Das Effizienz-Programm setzt nicht allein auf Personalmaßnahmen“, so der VW-Vorstand. „Der Großteil der 10 Milliarden in der Marke VW wird über andere Maßnahmen erbracht.“ Die Fertigung soll dabei geschont werden, die Gemeinkostenträger in Verwaltung und Vertrieb sollen vor allem herangezogen werden.
Personalvorstand Gunnar Kilian, Ex-Vertrauter von Ferdinand Piëch aus Salzburger Zeit, pflichtet dem Stellenabbau bei: „Wir müssen unsere Kosten senken und mit weniger Personal auskommen, um ein zukunftsfester Arbeitgeber zu bleiben […]. Wir müssen die demografische Kurve konsequent als Vorteil begreifen, Altersteilzeit und Ruhestandsregelungen in den kommenden Jahren maximal nutzen.“
Aufseiten der Gewerkschaften beharrte Betriebsratschefin Cavallo eisern auf den Tarifverträgen. Dazu muss man wissen, dass der Konzern seit Gründung 1937 als „Kraft-durch-Freude-Unternehmen“ der Nazi-Gewerkschaft eine strikte Arbeitnehmer-Orientierung hat, über alle Jahrzehnte hinweg. Mit Ausdünnung der Personaldecke vor allem in der Verwaltung und im Vertrieb ist man daher nur entsprechend der „Demographie-Kurve“ einverstanden. Freiwerdende Stellen – aus welchen Gründen auch immer – werden nicht wiederbesetzt.
Jeder Verstoß gegen diese Position vonseiten des Vorstands bedeutete in der Vergangenheit das Ende der Karriere im VW-Konzern. So erging es Wolfgang Bernhard, der 2005 von Bernd Pischetsrieder als harter Sanierer von Daimler-Chrysler weg zu Volkswagen geholt wurde, und unter dessen Regie 30.000 Beschäftigte entlassen wurden – um dann 2006 nach getaner Arbeit selbst entlassen zu werden. Er kehrte reumütig als Vorstand zu Daimler zurück. Seine Entlassung bei VW erfolgte fast zeitgleich mit der von VW-Chef Pischetsrieder.
Legt man die Effizienzdaten von Wettbewerbern wie Tesla oder BYD zugrunde, so hat Volkswagen nach Aussagen von Experten etwa doppelt so hohe Produktions- und Vermarktungskosten. Personalabbau entlang der Demographiekurve dürfte da nicht ausreichen, da muss mehr kommen. Ohne Wachstum dürfte eine Sanierung nicht gelingen. Mehr Absatz ist notwendig, Kostensenkungen allein machen den Renditekohl nicht fett.
VW will künftig „in China, für China“ produzieren und entwickelt eine eigene E-Auto-Plattform. Damit will der Konzern seinen Rückstand im Rennen mit BYD und anderen Konkurrenten aufholen. Der Autobauer wolle mit den Autos gezielt auf die Wünsche der chinesischen Kunden eingehen, sagte VW-China-Chef Ralf Brandstätter.
Die Fahrzeuge auf Basis der neuen Plattform sollten ab 2026 auf den Markt kommen und in der Preisklasse von umgerechnet 18.000 bis 22.000 Euro liegen. Diese strategischen Schritte von CEO Oliver Blume auf den inzwischen wichtigsten Automarkt der Welt, kommt spät, aber nicht zu spät. Allerdings sind bis zur Wirksamkeit der neuen China-Strategie noch zwei Dürre-Jahre zu durchstehen, bis die Rendite wieder vom Wachstum und nicht von Kostensenkungen genährt wird.
Bis dahin dürften härtere Kostensenkungsmaßnahmen als das „Reiten auf der Demographie-Kurve“ unausweichlich sein. Ein Ergebnis in Anlehnung an vergangene Abläufe kündigt sich indessen an: Personal wird abgebaut, die Verantwortlichen müssen die Konsequenzen ausbaden.
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Erklären Sie mir bitte die wirtschaftlichen Vorteile von Wasserstoff. Ich sehe nur finanzielle Nachteile. Klimarettung interessiert mich nicht, weil ich nicht daran glaube und mir keiner bisher beweisen konnte, dass der Mensch am Klimawandel schuld ist. Bin gespannt auf Ihre Wirtschaftlichkeitsrechnung.
Wasserstoff scheidet m.A.n. aus, da zu geringe Energiedichte. Das Zeugs ist einfach im Handling zu kompliziert, zu teuer und ineffizient
Eine Lösung wäre möglicherweise eine Brennstoffzelle mit Alkohol als E-Fuel. Das schein m.W.n. sehr effizient zu sein. Dazu eine kleine (!) Pufferbatterie – könnte funktionieren. In München hat eine kleine Rennwagenschmide das gebaut, das scheint toll zu funktionieren.
Grundsätzlich ist der E-Motor dem Verbrennermotor in Effizienz, Größe und Leistung überlegen, ich denke da werden mir die meisten Foristen zustimmen. Aber das nütz alles nichts, wenn der benötigte Strom nicht vorhanden ist. Das E-Auto lebt und stirbt mit seiner Batterie und diese ist das Problem neben der Energieversorgung und -verteilung im Land. Solange diese 3 Grundprobleme nicht gelöst sind, wird’s mit dem E-Auto nix, das kann und konnte jeder Ingenieur wissen. Und nach meinem derzeitigen Kenntnisstand ist eine Lösung der Batterieprobleme nicht in Sicht, denn die Physikalische Grenze (Lithium) ist fast erreicht. Was bleibt? Wenn die Batterien nix taugen,… Mehr
nach wie vor redet sich Deutschland ein dass es ausschließlich aus Autofahrern besteht die täglich 400-500km reisen müssen. Die Realität ist inzwischen, dass ein modernes E-Auto der Mittelklasse eine Akkukapazität erreicht hat, mit denen die meisten Bürger ohne in der Woche auch nur einmal nachzuladen jeden Tag zur Arbeit pendeln könnten. Der Strom ist da und die Netze werden nicht zusammenbrechen. Jeden Sonntag belasten Backöfen, Herde usw. das Netz mehr als ein E-Auto das nachts mit 4kw vollädt. Jetzt kommt wieder die Argumentation, ja aber es gibt ja im Winter Tage ohne PV und Wind…ja und? Dann wäre bei der… Mehr
„Dazu muss man wissen, dass der Konzern seit Gründung 1937 als „Kraft-durch-Freude-Unternehmen“ der Nazi-Gewerkschaft eine strikte Arbeitnehmer-Orientierung hat, über alle Jahrzehnte hinweg.“
Arbeitnehmer-Orientierung = Nazi?!?
Da muss man auch erstmal drauf kommen.
Dann ist VW noch weniger VW aks heute, soch Volks- Wagen! Einen Golf zu produzieren, der nur per Schulung zu bedienen ist, ist maximal arrogant und dämlich – seitens des Vorstandes der letzten 6 Jahre. Theorie war vor Realität, der Techno- Traum von einigen Tec- Jungs vor dem Wunsch der Kunden. Das waren nicht Gewerkschaftsträume, wie der Autor meinte, sondern dumme Elitegedanken. Natürlich sinkt die Rendite, wenn ich mich verzettle und auf allen Hochzeiten tanze und jder Mode hinterherlaufe: das ist aber kein Problem der „blöden“ Gewerkschaften. Zwar muss man machen Moden zeitweise symbolisch folgen, um als Marke nicht als… Mehr
Nur ein paar Zahlen zur deutschen Automobilbau-Geschichte im Vergleich zu den Jahrgängen und den Produktionskapazitäten in Millionen Stück.. 1970 3 995 Mill. 2015 6 033 Mill. 2022 3 677 ;Mill. Das heißt im Klartext, die Absatzzahlen sind unter das Niveau von 1970 gefallen und vermutlich zu einem großen Teil von den Chinesen abgesaugt worden zum Nachteil der deutschen Malocher und Nutznießer sind allenfalls die Aktionäre und die Entscheidungsträger, der Arbeiter und die Angestellten kommen dabei nicht günstig weg, weil sie am Ende ihre Arbeitsplätze verlieren und am Schluß garnichts mehr haben. Das alles unter Aufsicht der Gewerkschaften und der Politik,… Mehr
Wie bei Disney, auch hier, „get woke“, „get broke“. So leid es mir tut, das zu sagen, aber es wird ein Erwachen bei vielen im Volk erst geben, wenn die Arbeitslosenzahlen drastisch steigen und wir wieder in Richtung der 4,5 Mio. + Arbeitslose gehen und es einer Mehrheit schlecht geht.
4,5 Mio. Arbeitslose sind schon längst überschritten. Nur weil das nicht in der Statistik so steht, heißt das nicht, dass die Arbeitslosen nicht da sind.
Hätte ja auch kein Mensch ahnen können, dass die Situation kritisch wird, wenn man sich auf eine, nicht konkurrenzfähige Antriebsart konzentriert Der Leidtragende ist wie immer der einfache Arbeitnehmer
Eins ist sicher, der Vorstand bzw. deren Vorgänger werden für die Fehlentscheiungen nicht haften.
komisch, die Unternehmen wie Tesla, BYD oder Polestar die gänzlich auf die nicht konkurrenzfähige Antriebsart setzen schieben derzeit den Markt vor sich her.
Wasserstoff ist wie E-Motor eine reine Nischenlösung.
Energiedichte, Lagerfähigkeit, Haltbarkeit, Leistungsfähigkeit zu miserabel.
Bei der Bundestagswahl haben die Niedersachsen ganz glücklich diese heutigen Ergebnisse oder auch Erlebnisse gewünscht. Ich beneide die Niedersachsen ja irgendwie.
Dann gibt es halt wieder mal keine Currywurst in der VW-Kantine.