Von „Genozid“ an den Palästinensern und israelischen „Massakern“ in Gaza: Beim Parteitag der Linken am Wochenende eskalierten einige Delegierte ihren Israel-Hass. Andere stellten sich dem entgegen. Von Einigkeit ist bei der Post-Wagenknecht-LINKE keine Spur.
Nach dem Abschied von Sahra Wagenknecht sollte bei der Linken alles besser werden: Neues Logo, neue Gesichter, weniger destruktiver Streit. Der Parteitag am vergangenen Wochenende: geplant als Signal des Aufbruchs. Ganz ohne Reibungen ging er dann aber nicht über die Bühne. Nicht nur sprengte ein gewisser Bijan Tavassoli mit einem exzentrischen pro-Wagenknecht-Auftritt die Parteitagsregie. Es zeigte sich auch erneut, dass die Linke in Sachen Israel nach wie vor an unheilbaren Gegensätzen und insgesamt an einem chronischen Israel-Komplex leidet.
Bereits kurz vor dem Parteitag hatten Ex-Parteichef Bernd Riexinger und zwei Mitglieder des aktuellen Bundesvorstands für Aufmerksamkeit gesorgt, indem sie Greta Thunberg nach deren jüngsten anti-israelischen Eskapaden den Rücken stärkten. Greta Thunberg hatte das Forum einer Klimademonstration genutzt, um das Existenzrecht Israel grundsätzlich in Frage zu stellen. Der Bundestagsabgeordnete Jan Korte erklärte daraufhin via X, es sei falsch sich hinter die gestürzte schwedische Klima-Heilige zu stellen, „nur weil sie was Richtiges zum Klima gesagt hat“.
Es ist falsch, sich hinter #Thunberg zu stellen, nur weil sie was Richtiges zum Klima gesagt hat. https://t.co/CODp6ThGJo
— Jan Korte (@jankortemdb) November 17, 2023
Der Streit um die angemessene Antwort auf das Hamas-Massaker vom 7. Oktober drohte auf den Parteitag überzuschwappen. Noch bis Freitag, dem Tag des Parteitagsbeginns, rangen die verschiedenen Lager um eine Einigung für einen Einheitsantrag zum Krieg in Nahost – mit Erfolg: In der Nacht verabschiedeten die Delegierten ein entsprechendes Papier. Dieses ist von einer falschen Äquidistanz geprägt, indem es das Hamas-Massaker genauso verurteilt wie „die exzessive Bombardierung des Gaza-Streifens“. Insgesamt widmet sich der Text mehr den angeblichen Fehlern Israels als denen der Palästinenser.
„Genozid“ Israels und Forderung nach „weniger Staatsräson“
Die Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler sagte bei der Einbringung des Antrages unter Bezug auf einen palästinensischen Bekannten, die Leute in Israel und den Palästinensergebieten seien sowohl Geiseln der Hamas als auch der „rechtsextremen israelischen Regierung und ihrer (!) Armee“. So als wäre die israelische Volksarmee, für die übrigens auch in diesem Krieg bereits mehrere arabische Drusen ihr Leben gaben, eine Privatmiliz durchgeknallter Rechtsextremer.
Dass das Papier und Voglers Einlassung dazu im Gesamtkontext der Linken aber noch als gemäßigt bezeichnet werden müssen, hatten die Debatten gezeigt, die der Parteitag vor dessen Verabschiedung führte. Bereits in einer Generalaussprache proklamierte die – in Sachen Nahost einschlägig bekannte – frühere Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Bundesvorstand Christine Buchholz am Freitag von der Bühne, es brauche mehr Solidarität und „weniger Staatsräson“. Im Gazastreifen fänden „Massaker“ statt.
In der Aussprache zum Israel-Antrag trat dann Nick Papak Amoozegar ans Rednerpult und hetzte über einen „Völkermord“ und einen „Genozid“ Israels im „Gefängnis“ Gaza: „Es ist die gezielte Vernichtung eines Volkes.“ Außerdem gebe es auch Geiseln Israels, meinte der Landesschatzmeister der Linken in Hessen. Die Hamas bezeichnete er als „palästinensischer Widerstand“. Seinen Auftritt unterstrich er, indem er eine Kufija, das sogenannte „Palästinensertuch“, um den Hals trug.
Es gab auch Gegenpositionen
Diese offene Hetze war auch einigen Parteitagsdelegierten zu viel. Amoozegars Rede wurde durch Buh-Rufe gestört. Bereits zuvor hatte die EU-Abgeordnete Martina Michels mit Blick auf die Rede von Christine Buchholz geklagt, diese nutze „die Sprache von Alice Weidel“. Wobei nicht bekannt ist, dass die AfD-Chefin dem Diktum von der Sicherheit Israels als Teil der deutschen Staatsräson jemals öffentlich eine Absage erteilt hätte.
Eine bemerkenswerte Rede hielt indes Klaus Lederer, vormaliger Kultursenator in Berlin. Er benannte den Hamas-Terror klar als „genozidale Gewaltorgie“. Mit Blick auf einen Vergleich, den ein spanischer EU-Abgeordneter der Linksfraktion im Oktober zwischen Gaza und dem Warschauer Ghetto angestellt hatte, erklärte er: „Wir haben ein Problem, ein ernsthaftes Problem.“ Dafür, dass Parteichef Martin Schirdewan dies in seiner Rede nicht angesprochen hatte, habe er, Lederer, sich geschämt.
Lederer benannte den Zäsur-Charakter des 7. Oktobers deutlicher als manch ein Politiker aus den anderen Parteien: Was in Südisrael geschehen ist, sei „nicht einfach irgendwie Nahost-Konflikt“; es sei eine „spezifische Qualität von Antihumanismus und Unmenschlichkeit, die man nicht mit den alten Kategorien bearbeiten kann“. Ob Lederer anschließend dem Einheitsantrag zustimmte, ist nicht bekannt. Dieser strotzt jedenfalls nur so von jenen unangebrachten alten Kategorien, die er in seiner Rede anprangerte.
Am Samstag äußerte sich dann auch Parteichefin Janine Wissler zum Nahen Osten. In ihrer Rede verurteilte sie den Terror der Hamas deutlich und forderte: „Alle Geiseln müssen sofort freigelassen werden.“ Gleichzeitig lederte auch sie gegen die „rechte Netanjahu-Regierung“. Mit Blick auf die Debatte vom Vortag kritisierte sie, „einige Aussagen“ seien dem Leid der Menschen im Nahen Osten nicht gerecht geworden. Meinte sie damit Lederer? Meinte sie Amoozegar? Oder Buchholz? Das ließ sie offen.
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Aber eins haben die Linken gemeinsam: sie waren, sie sind und sie werden immer Honeckers geistige Erben sein!
Sehr geehrter Herr Serafin,
daß Sie über eine 4,9% Partei schreiben irritiert mich ein wenig.
Noch mehr irritiert mich aber das Foto.
Was zum Geier seh ich da. Jemand der beflascht rechts von der Bühne stolpert … ?
Mit dieser ‚Lifestyle-Linken‘ war und ist kein Blumenstrauss mehr zu gewinnen.
Es handelt sich bei den ‚Selbstgerechten‘ (Lifestyle-Linke) um leistungslos wohlversorgte, verbalradikale, linkssektiererische und bornierte Kleinbürger, aber eben nicht um tatsächliche Linke.
Man kann jetzt einfach nur noch dem Untergang dieser Partei zugucken, ohne sich weiter mit ihr zu befassen.
Natürlich sind es tatsächliche Linke, diese waren niemals anders. Der Antisemitismus und die Verurteilung Israels gehörten schon in der DDR zur Staatsraison, die Mauermörderpartei beruft sich dabei auf ihre Geschichte und ihre antisemitische Tradition. Die Unterstützung des palästinensischen Terrors durch die DDR-Regierung ist kein Geheimnis. Seit Anfang 1970 bis zum Mauerfall lieferten die Genossen und strammen Sozialisten schwere Waffen an die PLO und arabische Staaten, welche sich mit Israel im Kriegszustand befanden.
Das folgende erklären Palästinenser in einer Reportage von 2009 auf ARTE-TV.
Zu sehen in einer ARTE Reportage von 2009
Quelle: Diskussion auf ARTE-TV: „28 Minuten“, 21.11.2023, ab min. 33
https://www.arte.tv/de/videos/113511-058-A/28-minuten/
So ist mit allen Linken. Warum hat uns der demokratische und liberale Westen verraten? Seit dem 7. Oktober ein israelischer liberaler Demokrat zu sein, bedeutet, eine sehr schwierige Position einzunehmen. Das bedeutet, sowohl den barbarischen dschihadistischen Islam als auch den Verrat der westlichen Linken zu bekämpfen. Den Büchern von Douglas Murray gelang es, die Krankheit und den Verfall zu kritisieren, die das liberaldemokratische Lager erfasst hatten. Und vor ihm, im Jahr 1964, schrieb James Burnham, ein desillusionierter amerikanischer Linker, „Der Selbstmord des Westens“, einen Essay, der seiner Zeit in seiner klaren Analyse der selbstmörderischen DNA der amerikanischen Wissenschaft, die von… Mehr
Soso. Nick Papak Amoozegar bezeichnet die Hamas als „palästinensischen Widerstand“. Diese Sicht fiele mir ja nicht als erstes ein, wenn ich Schilderungen lese, dass Hamas-Schlächter an diesem Tag u.a. ein Baby in ein aktives Backrohr steckten, während seine Mutter vergewaltigt wurde.
Herr Amoozegar kann seinen Fetzen ruhig wieder abnehmen, mit den Schlächtern, die diese Taten begingen, kann man sich m.E. nicht solidarisieren, das verbietet jede Empathie, jede sittliche Vorstellung, jede menschliche Regung, jeder Grundzug von Religiosität. Diese Taten sind m.E. das Anglitz des reinen Bösen, sorry.
Falscher Anlass für ideologisch-taktische Winkelzüge, wie ich denke.
Die LINKE ist berufsgespalten. An so ziemlich allen Themen.
In Sachen Israel vs. Palästina scheint man erwartbar SED-sozialisiert und die war nun mal klar pro PLO. https://www.welt.de/kultur/history/gallery13842191/Wie-die-DDR-Fuerhung-Jassir-Arafat-unterstuetzte.html
Die umbenannte Mauermörderpartei hat endgültig abgewirtschaftet. Und das ist gut so.
Bei den Bewertungen der SED ist mir allerdings am wichtigsten, was diese mit dem Land anstellt, von dem ich mein Perso habe. Nicht mit den 200 anderen Ländern des Planeten.
Hoffentlich gehen alle ihre Derivate pleite – auch die zukünftigen! Einen Flug nach Nordkorea für Pau und Co. würde ich gerne mit sponsern – ohne Rückflug!
Der unter dem Etikett „Israelkritik“ und „Palästinensersolidarität“ virulente Antisemitismus gehört zur DNA der Linken, wobei nun nicht nur die gleichnamige Partei gemeint ist. Sie gilt für das gesamte linksgrünwoke Lager. Er reicht bis ganz oben (Steinmeiers Glückwunschtelegram an das Mullah-Regime, Baerbocks fürstliche Zuwendungen an die „Palästinenser“, die entweder auf Umwegen oder indirekt (durch Entlastung von anderen Aufgaben) der Hamas zukommen, Roths Indolenz gegen die Bilder im „Stürmer“-Stil auf der Dokumenta, die zahlreichen relativierenden Darstellungen in den einschlägigen Gazetten (samt Leserkommentaren). Leider steht zu befürchten, daß die SED trotz des Abgangs von Wagenknecht erneut in den Bundestag kommt, da sie als… Mehr