Bayern fehlt ein Viertel seines Stroms

Markus Söder entpuppt sich wieder als Maulheld: Er hatte angekündigt, die Abschaltung von Isar 2 zu verhindern und das Kernkraftwerk in bayerischer Eigenregie zu betreiben. Doch jetzt steht der Rückbau fest. Wie will das windschwache Bayern die Stromlücke schließen?

MAGO / Wolfgang Maria Weber

Das endgültige Aus für das Kernkraftwerk Isar 2 haben jetzt die Betreiber verkündet. Bis zuletzt hatte der Kraftwerksbetreiber PreussenElektra auf ein Signal aus der Politik gehofft. Doch dessen Chef Guido Knott sagte am Mittwoch bei einer Versammlung der Mitarbeiter, das sei politisch nicht erwünscht und nicht umsetzbar gewesen, daher jetzt der Rückbau: „Die Vorbereitungen für den Rückbau laufen auf Hochtouren, und die für einen Betrieb erforderlichen Kollegen stehen uns schlichtweg nicht mehr zur Verfügung. Das Thema Wiederinbetriebnahme ist für uns damit definitiv vom Tisch.“

Beim Kraftwerksgespräch „KKI im Dialog“ waren rund 90 Gäste vor Ort, darunter Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Medien und den Landkreis-Gemeinden. Kraftwerksleiter Carsten Müller gab zunächst einen Einblick in die Rückbauvorbereitungen im Block 2 und stellte auch den Zeitplan vor, gemäß dem die Rückbauarbeiten im neuen Jahr ablaufen sollen.

PEL-Chef Guido Knott ließ in seinem Kurzvortrag unter anderem noch einmal den Herbst 2022 Revue passieren und erinnerte an die Zeit rund um die Entscheidung über den temporären Weiterbetrieb der letzten drei deutschen Kernkraftwerke.

Nach 35 erfolgreichen Jahren wurde das Kernkraftwerk Isar 2 in der Nacht zum 16. April 2023 abgeschaltet. Damit endet bei PreussenElektra die sichere und verlässliche Stromerzeugung am Standort.

Und was macht Söder? Nichts. Er könnte angesichts der Energieknappheit in seinem Bundesland einfach sein politisches Gewicht einlegen und dafür sorgen, dass Isar 2 wieder in Betrieb gehen kann. Er hatte im April einen Tag nach der Abschaltung noch getönt, die Anlage in der Verantwortung des Landes weiterbetreiben zu wollen und forderte dafür eine Änderung des Atomgesetzes.

Der derzeitige Chef des Bundesamtes für die Sicherheit nuklearer Entsorgung, der erklärte Kernenergiegegner Wolfram König, fuhr Söder über den Mund: „Bundestag und alle Bundesländer einschließlich Bayern haben sich nicht nur auf den Ausstieg aus der Kernenergie verständigt, sondern auch die Endlagersuche nach wissenschaftlichen Kriterien auf den Weg gebracht.“ Der geforderte Sonderweg Bayerns widerspreche geltendem Recht und gefährde die Endlagersuche.

Maulheld Söder verstummte daraufhin und sieht zu, wie sein auf Energie angewiesenes Bundesland energetisch vor die Hunde geht. Stattdessen sollen jetzt mehr Windräder in das Bundesland Bayern gesetzt werden, das zu den Schwachwindgebieten gehört.

Und Söder erinnert sich an den Anfang vom Untergang: In einem Video erzählte er vom Tsunami in Japan. „Es ging ja schon vorher los, mit diesem Tsunami.“ Die Flutwelle, danach die Explosion, dabei habe es doch immer geheißen, Kernkraftwerke seien sicher. Söder entschlossen: „Für mich war danach klar: Fukushima ändert alles.“ Er habe als junger Umweltminister sofort reagiert, sich mit dem damaligen Ministerpräsident Seehofer abgestimmt: „Wir haben sehr schnell entschieden, dass wir bei uns in Bayern das erste Kernkraftwerk vom Netz genommen haben.“ Denn auch, wenn alles sicher scheint: Es gebe die „winzige Möglichkeit, das etwas passiert“.

Das war fürsorglich vorausschauend: Ein möglicher die Isar herabdonnernder Tsunami hätte in der Tat die KKWs am Flusslauf gnadenlos weggespült. Dann lieber eine sichere Stromversorgung eines Industrielandes abschalten. Damit wird es immer knapper und immer teurer – auch in Bayern.

Zumal noch das Kohlekraftwerk Zolling 2025 abgeschaltet werden soll und ein paar neue Gaskraftwerke in Leipheim und Vohburg nur in Notfällen wertvolles und teures Gas verfeuern und dessen Energie in Strom umwandeln sollen.

Strom wird damit sowohl in Bayern als auch in Deutschland zum Luxusgut. Mittlerweile wurde fast 350.000 Haushalten der Strom abgeschaltet, weil die Stromrechnung zu teuer wurde. Das bayerische Wirtschaftsministerium verkündete, dass der Freistaat in großem Umfang Strom importieren muss. Die gesicherte Leistung beträgt in Bayern nur noch 9,1 GW, doch der Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (VBEW) rechnet mit einer Höchstlast von 12,7 GW. Ein ziemlicher Unterschied.

Der noch gravierender wird, wenn aufgrund einer Gasmangellage auch die Erdgaskraftwerke abgeschaltet werden müssen, und immer mehr Wärmepumpen Strom fressen wollen. 500.000 Wärmepumpen würden rund 1,5 GW an elektrischer Leistung benötigen. Tja, und dann träumen Audi und BMW von elektrischen Autos, die auch noch geladen werden wollen. Allein für 500.000 A-Autos müssten noch einmal weitere 5,5 GW an elektrischer Leistung bereit stehen. Das wäre ein lauter Lacher in der TV-Klamotte „Neues aus der Anstalt“, doch aus deren Sicht leider politisch vollkommen unkorrekt.

Jetzt fehlt fast ein Viertel des Stroms in Bayern. Woher diese erheblichen Mengen an Energie kommen sollen, weiß im Kabinett von Ministerpräsident Söder niemand. Das Rezept, möglichst viele Landesteile mit Photovoltaik-Anlagen zuzukleistern, funktioniert nachts und im Winter in eher bescheidenem Maße bis gar nicht. Das spricht sich vielleicht während der ersten Stromabschaltung in die Staatskanzlei herum.

Das Prinzip des Harakiri-Ministerpräsidenten Söder: Hoffnung, dass die Nachbarländer Strom liefern können. Doch die können selbst immer weniger liefern. Auch in Österreich wird es mit der Stromversorgung enger.

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Kommentare ( 107 )

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Sani58
1 Jahr her

Bayern hatte eine schöne und erfolgreiche Zeit. Nun geht es wieder dahin zurück wo es her gekommen ist. Zu einem armen Agrarstaat. Ich werds ja nicht mehr erleben, da es wohl so gut wie genau so lange dauern wird, wie der Weg zur Moderne, aber so ich die Bayern kenne, halten sie bis zuletzt an ihrer CSU fest. Und so ist ihr Weg vorbestimmt. Wie früher, arm, aber eine schöne Landschaft.

MichaelR
1 Jahr her

Bayern, NRW und BW bekommen Windstrom von der Norddeutschen Küste, wo die meisten Windräder stehen die überhaupt eine Auslastung von über 30 % schaffen. In Bayern und BW schaffen sie zum Großteil nicht einmal 20 % und sind damit vollkommen unwirtschaftlich. Das AKW Isar 2 ist mittlerweile seit 35 Jahren in Betrieb und hat damit sein Lebensalter reicht. Im Übrigen kann Isar 2 nach der Abschaltung nicht mehr zurück ans Netz, denn wie auch bei den letzten AKW Emsland und Neckarwestheim müssten erst einmal die technischen Überprüfungen und Reparaturen ausgeführt werden, die mehrere Jahre andauern könnten. Im AKW Emsland hatte… Mehr

Nachhaltiger Energie und Klimawandler
1 Jahr her

Ein Viertel weniger Strom, das stecken die Bayern doch locker weg. Vor allen Dingen wenn man weiß, dass die Baumüller-Gruppe (Die Gemahlin vom Markus entstammt dieser Sippe) im fränkischen Nürnberg gerade einen revolutionären Elektromotor entwickelt, der ganz ohne Strom auskommen soll. Vorstellung soll auf der SPS-Messe im November in Nürnberg sein. Aber nur dann wenn auf der Messe wegen fehlendem Strom vorher nicht die Lichter ausgehen.

Greif
1 Jahr her

Nicht nur Bayern fehlt mindestens ein Viertel seines Stroms – sondern der Bundesrepublik insgesamt! Dieser erhebliche Anteil lässt sich übrigens durch einen raschen und kostenlosen Blick in den Internetauftritt der Bundesnetzagentur unter „SMARD“ (Stromerzeugung und -verbrauch in Deutschland) in Erfahrung bringen. In diesem Zusammenhang offenbart sich auch gleichzeitig die gewaltige Diskrepanz zwischen Information der Öffentlichkeit durch die linientreuen Medien und der gemeinen Realität, die ein Totalversagen der sogenannten Erneuerbaren verrät. Auch 40 Jahre nach GROWIAN, gewaltigen Kosten und Verwüstungen von Natur und Landschaften sind die sogenannten Erneuerbaren aktuell und weiterhin nicht entfernt in der Lage auch nur eine halbwegs angemessene… Mehr

ketzerlehrling
1 Jahr her

Macht doch nix. Endlich kann man den Strom rationieren.

Greif
1 Jahr her
Antworten an  ketzerlehrling

Ganz soweit ist man noch nicht! Die Bundesnetzagentur hat zwar dazu schon vor Jahren in ihrem Internetauftritt (einfach mal „SMARD“ eingeben) festgestellt, man werde die bisherige von der Nachfrage gesteuerte Stromerzeugung gegen eine vom aktuellen „Dargebot“ umzutauschen; ist allerdings derzeit noch dabei, mit dem Aufnötigen sogenannter intelligente Zähler, die Möglichkeit dazu einzurichten, das offenkundig immer zu kappe Stromangebot gerecht an den Meistbietenden zu verhökern. (Intelligente Zähler (englisch smart meter) sind Stromzähler, die digital Daten empfangen und senden und dazu in ein Kommunikationsnetz (zur Fernübertragung) eingebunden sind. Empfangene Daten sind z.B. Tarifänderungen; WIKI). Wenn diese Dinger schon mal propagiert werden, dann… Mehr

what be must must be
1 Jahr her

Söder tritt in die Fußstapfen Drehhofers: springen als Tiger und landen als Bettvorleger. Für mich total unverständlich: das kraftstrotzende Bayern, das einzige in signifikanter Größenordnung in den Länderfinanzausgleich einzahlende Bundesland, kneift die Rute ein. Und das vor praktisch handlungsunfähigen Staatschaoten. In Zahlen: Bayern hat (um auf die immer wieder hochkochende Kritik einzugehen, es habe ja selbst früher als „Agrarland“ vom Ländersozialausgleich gelebt) aus diesem Fond insgesamt umgerechnet 3Mrd € erhalten, aber 33Mrd € eingezahlt. (Um nur ein einziges Beispiel zu geben). Mein Dreisatz: 1. Die EU ist ohne Deutschland handlungsunfähig – de facto ist Deutschland die EU. 2. Deutschland ist… Mehr

Chrisamar
1 Jahr her

Herr Söder ist mir ein Rätsel. Offenbar hat er genug Fans um seinen Job als sicher zu bezeichnen. Aber die eigentlichen Aufgaben seines Amtes scheint er gar nicht erfassen und bewältigen zu können. Ein „Gruß August“. Für mehr taugt er nicht? Auf der anderen Seite dann ein dominanter Herr Wolfram König. Da frage ich mich:
Wurde Herr Wolfram König demokratisch gewählt? Nein? Warum schenkt ihm dieses Regime dann die Macht der absolutistischen Entscheidung in dem sensiblen Bereich der Energieversogung?

Sonny
1 Jahr her

Es ist einfach unglaublich, was in diesem Land hier abgeht.
Die totale Dummheit hat gesiegt und die Menschen sitzen stumm um ihren letzten, dreibeinigen Tisch herum, derweil Millionen von Sozialhilfeempfängern importiert werden.

Last edited 1 Jahr her by Sonny
R.Baehr
1 Jahr her

Also ich finde die Grünen machen alles richtig. Wenn nur ca. 25-28 % fehlen heisst das ja im Umkehrschluss das 72 – 75 % ja schon da sind, und wenn weiter Windräder gebaut werden und Solarpanele, dann werden wir bald bei 150 % sein, also ich kann kein Problem erkennen. Und immer auf dem armen Söder rumhacken, was soll das? Wie waren die Ergebnisse gleich wieder bei der letzten LTW hier in Bayern? Na also, was soll denn das jammern jetzt. Der Kurs und die Richtung stimmen im diesen Land, wurde und wird doch bei jeder bisherigen und zukünftigen LTW… Mehr

Homer J. Simpson
1 Jahr her

Auch wenn es mich in Bayern selber treffen wird – wie demnächst ganz Deutschland – unsere idiotischen Mitbürger, die den Wahnsinn regelmäßig an der Wahlurne legitimieren und in Amt und Würden halten, verstehen nur was Phase ist, wenn mal für längere Zeit das Licht ausgeht. Alle Errungenschaften der Zivilisation aussteigen. Mikrowelle, Fernseher, Licht, Telefon, Handy, Internet, Zusammenbruch der Infrastruktur mangels Zugang zu elektronischem Geld geschweige denn öffnender Automatiktüren im Supermarkt, Apotheken oder laufender Zapfsäulen an Tankstellen. Dazu Ausfall von Notruf und damit eigentlich der Zusammenbruch der Zivilisation. Als Schmankerl vagabundierende und plündernde „Partyszene-Gänger“ und „Fachkräfte“. Diese Medizin muss Deutschland schlucken.… Mehr