Brüssel: Radikalisierter Muslim erschießt zwei Schweden

Nach den tödlichen Schüssen am Montagabend in Brüssel ist in der belgischen Hauptstadt die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen worden - das EM-Qualifikationsspiel zwischen Belgien und Schweden ist wegen Sicherheitsbedenken abgebrochen worden. Der Täter wurde nach neuesten Meldungen von der Polizei erschossen.

IMAGO / Belga

Seit Montagabend macht ein terroristischer Attentäter die belgische Hauptstadt Brüssel unsicher. Gegen 19.15 Uhr ermordete er zwei schwedische Fußballfans auf offener Straße. Die Polizei bestätigte, dass auch eine dritte Person ins Visier des Angreifers geraten war – ein Taxifahrer, der inzwischen außer Lebensgefahr sei. Der Angreifer, ein Mann in markanter orangefarbener Jacke, mit weißer Schirmmütze, blieb bis spät in die Nacht flüchtig. Er war angeblich mit einem Motorroller unterwegs. An der Place Sainctelette hielt er, stieg ab und begann mit einem Gewehr zu schießen. Passanten flohen in ein Gebäude. Der Täter folgte ihnen und tötete die beiden Schweden.

Laut der belgischen Zeitung Het Laatste Nieuws handelt es sich um einen Mann aus Schaarbeek, der als seit langem radikalisiert gilt. Mittlerweile wurde er identifiziert, es handelt sich um einen abgelehnten Asylbewerber.  Er wurde nach neuesten Meldungen bei der Festnahme im Zuge des ausgerufenen Anti-Terror-Einsatzes niedergeschossen,  berichtet die belgische Tageszeitung „Het Nieuwsblad“. . Es gibt verschiedene Videos von dem Mann, darunter dieses mutmaßliche Bekennervideo, in dem er Arabisch spricht.

— Voices Against Autocracy (@VAA_2020) October 16, 2023

Für Brüssel wurde die höchste Terrorwarnstufe vier ausgerufen. Im Rest des Landes blieb es bei Stufe drei. Das verkündete der Sprecher des nationalen Krisenzentrums um 21.40 Uhr, ebenso der Sprecher der Bundesstaatsanwaltschaft, Eric Van Duyse, gegen 23 Uhr. Die Einwohner von Brüssel wurden aufgefordert, zu Hause bleiben oder dorthin zurückzukehren. Die Bundesstaatsanwaltschaft hat die Ermittlungen übernommen, wegen des möglicherweise terroristischen Charakters des Angriffs. Der Täter soll ein Video in den sozialen Netzwerken veröffentlicht haben, in dem er sich zum Islamischen Staat (IS) bekennt. Darin spreche er auch davon, „Ungläubige töten“ und „Muslime rächen“ zu wollen. Ob der Täter zu diesem Zeitpunkt (knapp vier Stunden nach der ersten Tat) lokalisiert war, dazu wollte sich der Sprecher nicht äußern.

EM-Qualifikationsspiel abgebrochen

Der Attentäter scheint auch an einer Autostraße sein Gewehr nachgeladen und wahllos um sich geschossen zu haben. Später soll der Mann seine Fahrt durch die Nacht auf einem Motorrad unter Allahu-akbar-Rufen fortsetzt haben.

Daneben gibt es laut dem britischen Telegraph Augenzeugenberichte und Bilder von einem Kleinbus mit mehreren Einschusslöchern und einem Toten darin. Unklar bleibt, ob es sich hier um ein weiteres Opfer des Terroristen handelt, vielleicht um den Taxifahrer, dessen Leben gerettet werden konnte

Laut dem Sprecher der belgischen Bundesanwaltschaft gibt es keine Hinweise auf einen Zusammenhang mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt. Er ist dennoch wahrscheinlich. Der aktuelle Konflikt bildet offenbar den Rahmen für diesen neuen Akt des Terrors, in dem Muslime „gerächt“ werden sollen.

Das EM-Qualifikationsspiel zwischen Schweden und Belgien wurde nach der ersten Hälfte abgebrochen. Die rund 35.000 Fans sollten zunächst im König-Baudouin-Stadion bleiben, was laut Behörden der „sicherste Ort“ zu jenem Zeitpunkt war. Erst gegen Mitternacht konnten die schwedischen Fans unter Polizeischutz in ihre Hotels zurückkehren. Der schwedische Trainer rang laut Berichten nach Worten: „Es ist völlig widerlich. Ich werde so traurig. Es ist äußerst tragisch und ich denke an die Betroffenen und ihre Angehörigen. In was für einer Welt leben wir? In was für einer Welt leben wir, zum Teufel?“ Beide Teams seien sich einig gewesen, dass man nicht einfach weiter Fußball spielen könne, „wenn so etwas passiert. Wir und Belgien waren uns völlig einig, dass wir nicht weiterspielen werden.“

Anfang einer gefährlichen Übertragung?

Nur drei Tage zuvor war – nach Samuel Paty, dessen Ermordung sich in diesen Tagen jährt – ein weiterer französischer Lehrer von einem tschetschenischen Attentäter umgebracht worden, diesmal im nordfranzösischen Arras. Auch Frankreich erklärte darauf die höchste Terrorwarnstufe. Am gestrigen Montag gab es an derselben Schule in Arras eine Bombendrohung – die Bildungseinrichtung musste evakuiert werden, wie Le Monde berichtet.

Der Terror kehrt so nach Europa zurück. Er ist kein neuer Gast in europäischen Städten. Man erinnert sich an Madrid, London, Paris, Berlin, auch Brüssel, die alle schon Tatort schwerer islamistischer Anschläge geworden sind.

Nun ist erneut Brüssel betroffen, das nicht hinter den anderen zurücksteht, wo es um eine erhebliche muslimische und fundamentalistisch beeinflusste Bevölkerung geht. Und immer geht der Erregungszustand dem Attentat voraus. Die Erregung mag privat oder vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen stattfinden, wie im Fall der Attentate auf Charlie Hebdo, das Pariser Bataclan und andere. Doch in diesem Fall scheint der Anlass offen zutage zu liegen: In Berlin, Braunschweig und Brüssel fanden pro-palästinensische Demonstrationen statt, die gemäß den geltenden Restriktionen eigentlich verboten wären. Das nützte in diesem Fall allerdings nicht viel. Massive Polizeieinsätze würden nötig, auch mit Tränengaseinsatz. Der Anschlag fügt sich in diese Bilder ein, nimmt aber eine Übertragung vor: Vom jüdisch-muslimischen Konflikt wird die Energie auf den Konflikt zwischen Muslimen und Europäern übertragen. Das wäre eine gefährliche Entwicklung.

Die Politik beklagt ein hausgemachtes Problem

Der belgische Premierminister Alexander De Croo machte kurz nach dem Brüsseler Anschlag deutlich, dass er von einer terroristischen Tat ausging. In einem vorangehenden Tweet hatte er die Einwohner Brüssels gebeten, wachsam zu sein.

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron sagte, Europa werde „erschüttert“ durch einen weiteren islamistischen Terrorangriff auf Brüssel.

Auch die Repräsentanten der EU, der Ratspräsident Charles Michel und die EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola etwa, verurteilten den Anschlage „auf das Herz Europas“ (Michel). Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem niederträchtigen Anschlag, man sei vereint gegen den Terror. Doch guter Rat ist teuer in dieser Krise, von der viele sagen, dass sie hausgemacht ist, selbst wenn die Täter nicht ursprünglich von hier stammen.

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