Gipfeltreffen zum Deutschlandpakt

Olaf Scholz begrüßt an diesem Abend Friedrich Merz und Vertreter der Ministerpräsidenten, um seinen Deutschlandpakt zu besprechen. Warum will Scholz die Opposition aushebeln?

IMAGO / photothek

Bundeskanzler Olaf Scholz lädt am Freitagabend zu ersten Gesprächen für seinen „Deutschlandpakt“ ein. Eingeladen sind CDU-Chef Friedrich Merz und als Vertreter der Ministerpräsidenten, Boris Rhein (CDU, Hessen) und Stephan Weil (SPD, Niedersachsen).

Kürzlich erst hatte Olaf Scholz die Opposition aufgerufen, mit seiner Koalition zu kooperieren, um das Land zu „modernisieren“. Damit sollte Deutschland schneller, moderner und sicherer gemacht werden. Was unter „moderner“ und „schneller“ zu verstehen sein soll, blieb vage. Als Reaktion forderte die Unionsfraktion im Bundestag einen Deutschlandpakt zur Migration.

Scholz ist in der Zwickmühle

Der Kanzler befindet sich in einer politischen Zwickmühle. Einerseits führt er die Regierung in einer konsequenten Perfektionierung des System Merkels: Er suggeriert bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass alles gut ist. Ständig sitzt er in Interviews und erzählt, wie gut es dem Land trotz einiger kleinerer Herausforderungen gehe und wie gut Deutschland durch die Krise des Tages kommen würde.

Andererseits muss auch er erkennen: Das kann nicht lange gut gehen. Das Land franst aus. Deutschland ist ein wirtschaftlich leistungsfähiges Land. Die Bürger verdienen im europäischen Vergleich gut – aber nach Steuern, Abgaben und Lebenshaltung bleibt ihnen weniger Wohlstand als in Frankreich, den Niederlanden oder Italien. Die Wirtschaftskraft, die das fröhliche Geldausgeben der Regierung finanzieren ist endlich und kommt an ihre Grenzen.

„Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung“, ruft er im Bundestag Friedrich Merz zu. Er will, dass sich die Opposition hinter ihn stellt und mit ihm das Land anschiebt. Von außen unverständlich ist: Wozu? Obwohl die Ampel in den letzten Landtagswahlen abgestraft wurde, obwohl sie in den Umfragen kaum 30 Prozent der Stimmen erreicht, hat die Ampel bis zu den nächsten Wahlen eine Mehrheit im Parlament. Er braucht einen Merz, der mit ihm schiebt, nur wenn ihn ein Ampel-Partner verlässt. Aber dann wäre seine Regierung am Ende.

Warum eine Nationale Kraftanstrengung

Entscheidend ist auch: Wohin will er denn das Land schieben, dass es eine nationale Kraftanstrengung braucht? Das verrät er in der Rede, mit der er auch seinen Deutschlandpakt ankündigte: Er will „die letzten Hürden beim Ausbau erneuerbarer Energien abbauen“. Das Land soll schneller werden und digitaler. Alles Projekte, die die Ampel und die schwarz-rote Regierung davor, schon seit Jahr und Tag betreiben. Die Digitalisierung Deutschlands wird tatsächlich vorangetrieben. Dieses Jahr gibt Deutschland 377 Millionen Euro für die Digitalisierung der Verwaltung aus. Im nächsten sind es 3,3 Millionen, Lindner hat den Rotstift angesetzt, aber 380,3 Millionen Euro müssten doch eigentlich reichen – oder?

Der Ausbau der erneuerbaren Energien geht tatsächlich rasant voran, das weiß jeder, der in diesem Jahr eine längere Strecke über Land gefahren ist. Die Windräder recken sich in den Himmel als manifeste Industrialisierung der Landschaft. Und vom Bürokratieabbau predigen Politiker aller Parteien, seitdem in Deutschland das Feuer eingeführt wurde.

Diese Projekte scheitern alle grandios. Der Strom ist wegen der erneuerbaren Energien so teuer wie nie und wird auf Jahrzehnte teuer bleiben. Digital sind die Verwaltungen nur, wenn es um das Eintreiben der Rundfunkabgabe geht. Und die Bürokratie wird von Monat zu Monat erdrückender. Aber das war unter einer schwarz-roten Regierung auch so, unter einer schwarz-gelben auch.

Der Scholzsche Deutschlandpakt will das Land nicht voranbringen: Er will die CDU auf Linie bringen. Die CDU soll bitte aufhören mit ihrem Murren und ihrer Oppositionssimulation. Indem Scholz die Union in einen Deutschlandpakt einbindet, kann er Merz an sich binden. Ihn zum Teil der Regierung ohne Ministerposten machen. Im Gegenzug für ein paar Zugeständnisse im Bereich Migration erhält der Kanzler ein Disziplinierungsintrument gegen die größte Oppositionspartei.

Die Union, das ist ihre historische Schwäche, ist eine schlechte Oppositionspartei. Sie ist gut darin, das Land zu verwalten, nicht darin, die Probleme zu erkennen und zu benennen. Das ist Aufgabe der Opposition. Früher der SPD, später auch der Grünen. Diese Parteien können Probleme tatsächlich besser erkennen als die selbstzufriedene CDU. Nur sind die Lösungen, die die ewigen Oppositionellen präsentieren ebenso schlecht wie die Unions-Opposition. Sie sind aus Träumen entstanden, nicht aus Pragmatismus. Für Merz also eine Chance: Er kann mitregieren, oder zumindest so tun als ob. Statt Probleme benennen zu müssen, kann er vorgeben, sie zu lösen. Für ihn ist es ein guter Deal.

Die Ministerpräsidenten sind komplexer: Die Ministerpräsidenten der SPD stehen tendenziell sowieso hinter Scholz. Die Bundesländer mit CDU-Regierungsbeteiligung oder gar Ministerpräsident sind problematisch, aber durch das Geflecht der Koalitionen ist der Bundesrat grundlegend korrumpiert. Bundespolitische Überlegungen verhindern Blockaden auf Landesebene. Auch hier geht es vor allem darum, die Kritik auszuschalten, die aus den Ländern kommt. Vor allem in Bezug auf die Migration, die Länder und Kommunen zu überfordern droht. Sie müssen sich dem Diktat aus Berlin noch stärker unterwerfen, dass ist Logik des Deutschlandpakts. Dafür können sie vielleicht auf mehr Geld hoffen. Trotz leerer Brieftasche, oder gerade deswegen, fällt Scholz das Ausgeben leicht.

Doch das ändert nichts an den Problemen, in denen sich das Land befindet. Das Tauziehen zwischen Regierung und Opposition ist ein elementarer Teil der Demokratie. Wenn alle in dieselbe Richtung ziehen, passiert das, was niemals passieren darf: Eine Seite gibt plötzlich nach. Und alle fallen um.

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Kommentare ( 79 )

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Vau8
1 Jahr her

Der sog. „Deutschlandpakt“ ist nichts anderes, als die Vorbereitung auf die ganz große Koalition, um die AfD von der Regierungsverantwortung fernzuhalten. Selbstverständlich schluckt Merzel den Köder allzu gern.

Kalle Wirsch
1 Jahr her

„Der Kanzler hat die Hand gereicht“ so wird gerne von den Sozis geworben. Doch es ist die Hand des Ertrinkenden. Nach der Stunde der Wahrheit vom letzten Wochenende werden nun für den dummen Michel in aller Panik Nebelkerzen geworfen. Doch es wird weiter vorgetäuscht, vorgegaukelt, verschleiert und genasführt werden. Auch ein Fridrich Merz wird daran nichts ändern. Solange die Faesers, Baerbocks & Co in D herumpfuschen, bleibt alles nur Kosmetik. Zitat Albert Einstein: „Probleme können nicht von denjenigen gelöst werden, die sie selbst herbeigeführt haben.“

Klaus Weber
1 Jahr her

Das ist kein Deutschland-Pakt, das ist ein Pakt gegen die AfD, der bisher informell bereits besteht. Und sie werden nichts anders machen als bisher. Bereits die erste Runde über die illegale Migration förderte lediglich Wünsche der Länder über mehr Geld zutage. Das Hauptproblem „zuviele Migranten“ hat offenbar keine Rolle gespielt. Dieses Thema wird den Deutschland-Rettern noch schwer auf die Füße fallen, spätestens wenn im Gefolge der Krise in Israel auch bei uns die Weihnachtsmärkte explodieren…..

F. Hoffmann
1 Jahr her

„Mitgefangen, mitgehangen“. Das sollten Merz und CDU kapieren. Also erst einmal kein guter Deal für Merz, zumal Scholz die erforderlichen Mehrheiten hat. Einzige Chance: Die CDU hat eine eigenständige Politik, die sie v.a. mit der SPD gegen Grüne durchsetzen kann. Wäre ein Koalitionsbruch, das riskiert Scholz nicht. Also gibt es vermutlich rotgrünen Kuchen mit ein paar CDU-Streuseln drauf und die CDU ist glücklich. Und in der Mithaftung obwohl sie keine Regierungspartei ist. Also RotGrün in Sachen Migration etc. mal machen lassen. Bei denen ändert sich nichts, wenn sie keine Breitseite bei Wahlen bekommen. Man dann auch parallel immer noch bessere… Mehr

Ohanse
1 Jahr her
Antworten an  F. Hoffmann

Ist doch ein prima Plan, die CDU nun auch für die katastrophalen Fehlleistungen der Ampel haftbar zu machen. Wenn sich das mal nicht das Merkel-Büro ausgedacht hat. Um dem Friedrich wieder ein Bein zu stellen.

Matthias F.
1 Jahr her

Wer einen Pakt mit der Opposition schließt, ist ein lupenreiner Antidemokrat! Scholz fordert genau das, was durch unsere Staatsform zu 100% verhindert werden sollte! Es wird Zeit, dass diese Regierung abgesetzt wird, auf welche Art und Weise auch immer. Sonst wird es passieren, das sich wieder eine nationalsozialismusähnliche Staatsform etabliert.

Stefan Z
1 Jahr her

Müsste die Überschrift nicht „Gipfeltreffen des Deutschlandpacks“ lauten? Obwohl, dass Deutschland gehört da wohl auch nicht hin. National geht ja auch nicht, dass ist ja Nazi. Nennen wir es doch einfach „Kaffeeklatsch bei Olaf“.

Giovanni
1 Jahr her

Einerseits führt er die Regierung in einer konsequenten Perfektionierung des System Merkels“. Nein, Merkel hat als die dominierende Gestalt gehandelt. Widerspruch in ihrer Partei hat sie bestraft. Scholz ist hingegen nur eine Marionette der Grün-Linken, den Marxisten, in seiner Partei. Er hat eigentlich nichts zu sagen. Dies tut er dann auch.

Michael Palusch
1 Jahr her

Zwei Dinge vorab:
1.) Deutschland befinden sich weder im Krieg (gut…, die AM sieht das anders) noch hat eine verheerende Katastrophe -abgesehen vom Tun der Ampel- das Land verwüstet
2.) Deutschland wird von einer Koalitions- und nicht von einer Minderheitsregierung regiert

Welch ein jämmerliches Bild bietet ein Bundeskanzler, der unter Beachtung dieser beiden Punkte um die Gunst der Opposition buhlt?

November Man
1 Jahr her

Nur eine vom Wähler abgestrafte und besonders schwache Regierung fordert die Scheinopposition zur Zusammenarbeit auf um die richtige, die einzige verbleibende und immer stärker werdende Oppositionspartei AfD unten und draußen zu halten.
Bei den Altparteien geht die Angst vor dem Wähler um. Den flattern gewaltig die Nerven wie man an wüsten Beschimpfungen gegenüber der liberal, konservativen und demokratischen AfD eines Herrn Wüst NRW-CDU-Ministerpräsidenten sehen kann.  

Monika
1 Jahr her
Antworten an  November Man

So ist es. Aber die CDU könnte diese Phase auch für sich nutzen, da sie den Wählern noch wie Opposition vorkommt. Dafür müßte man allerdings die Merkel-Lautsprecher abstellen und sich für die damals gemachten Fehler entschuldigen. Man könnte ja einfach die Schuld auf die SPD schieben, die mit in der Regierung war. Die machen das ja schließlich derzeit auch nicht anders.

Monika
1 Jahr her

Bei Infratest steht die Union bei 29%, Rot-Grün zusammen bei 28% und die FDP bei 5%. Merz könnte jetzt also sehr gewichtig und mit breiter Brust auftreten. Und er könnte auch mit der starken AfD drohen. Bezüglich links-grüner Spinnereien könnte er ausnutzen, daß im Angesicht frechster arabischer Demos derzeit vielen Menschen die Schuppen hinsichtlich Migration von den Augen fallen. All dies würde ein starker Staatsmann tun. Er müßte sich nicht von einem verzwergten Bundeskanzler einladen lassen, ihm zur Seite zu springen. Passieren wird das natürlich nicht.