Kein Hauptverfahren gegen Michael Ballweg

Neun Monate war Querdenken-Gründer Michael Ballweg in Haft. Nun wurde die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt – ein weiteres peinliches Kapitel in einem Verfahren, das wie ein Schauprozess anmutet.

IMAGO / Arnulf Hettrich

Neun Monate lang saß der „Querdenken 711“-Gründer Michael Ballweg in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft warf ihm Steuerhinterziehung, versuchten Betrug und Geldwäsche vor. Nach neun Monaten wurde er im April aus der Haft entlassen: weil das Strafmaß der Vorwürfe, wenn das Gericht ihn schuldig befunden hätte, voraussichtlich nicht viel länger gewesen wäre, entschied das Gericht, dass eine Untersuchungshaft nicht länger nötig wäre, um eine Flucht zu verhindern. Das steht alles im Konjunktiv, denn: Gegen Ballweg wurde nie ein Hauptsacheverfahren eröffnet.

Umgangssprachlich: Die Staatsanwaltschaft hatte einen Verdacht und angefangen zu ermitteln, sogar vorsorglich Ballweg festnehmen lassen, aber nie mit dem, was man gemeinhin unter einem Prozess versteht, begonnen.

Wie am Dienstag mitgeteilt wurde, hat nun das Landgericht Stuttgart das durch die Staatsanwaltschaft beantragte Hauptsacheverfahren gegen Ballweg in weiten Teilen abgelehnt. Ein Gericht muss diesen Antrag ablehnen, wenn die von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Beweise und Vorwürfe so dürftig sind, dass eine Verurteilung fast ausgeschlossen ist. Damit soll unter anderem verhindert werden, dass die Staatsanwaltschaft das Mittel einer nutzlosen Anklage missbraucht, um unschuldigen Bürgern zu schaden. Auch sollen öffentliche Vorverurteilungen so verhindert werden.

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Konkret hat das Landgericht Stuttgart den Antrag auf ein Hauptsacheverfahren wegen versuchten Betrugs und Geldwäsche abgelehnt. Unklar ist zu diesem Zeitpunkt noch, ob das Hauptverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet wird. Die Staatsanwaltschaft hat gegen diese Entscheidung des Gerichts Beschwerde beim Oberlandesgericht eingereicht. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft stehen im Zusammenhang mit Spenden, die Michael Ballweg für die Querdenken-711-Bewegung gesammelt und ausgegeben hat. Er soll seine Spender getäuscht und mehr als 500.000 Euro für eigene Ausgaben und Lohnzahlungen an seine Mitarbeiter missbraucht haben. Außerdem soll er mittels Bargeldeinzahlungen versucht haben, die Herkunft von Spenden zu verschleiern. Abschließend wird ihm vorgeworfen, die eingesammelten Spenden falsch versteuert zu haben. Michael Ballweg weist die Vorwürfe von sich.

Die Ablehnung des Hauptsacheverfahrens ist eine Blamage für die Staatsanwaltschaft. Wie gegen Michael Ballweg vorgegangen wurde, stellt aber auch die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens in Frage. Dass Ballweg in Untersuchungshaft genommen wurde, ist per se noch nicht ungewöhnlich: Das darf die Staatsanwaltschaft beantragen, wenn eine Flucht- oder Verdunkelungsgefahr besteht. Als Beweis für eine Fluchtgefahr können dabei schon ein Wohnsitz im Ausland (auch der Schweiz) oder Vermögenswerte im Ausland gelten. Doch eine Untersuchungshaft muss alle drei Monate durch ein Gericht geprüft und erlaubt werden. Dass das Gericht zwei Mal eine Haftverlängerung erlaubte, nach drei und sechs Monaten, und nun dasselbe Gericht die Eröffnung eines Hauptverfahrens ablehnt, sorgte für Verwunderung unter von Tichys Einblick befragten Experten.

Für Verärgerung bei Ballwegs Verteidigung und seinem Rechtsanwalt Reinhardt Löffler sorgte auch das Vorgehen der Staatsanwaltschaft nach der Ablehnung des Hauptverfahrens. Einer Pressemitteilung der Querdenken-711-Bewegung zufolge veröffentlichte die Staatsanwaltschaft ihre Beschwerde beim Oberlandesgericht, bevor Ballweg und sein Anwalt darüber informiert wurden, dass das Gericht dann Antrag ablehnte. Die Staatsanwaltschaft hielt es für wichtiger, die Öffentlichkeit statt den Beschuldigten zu informieren. Das habe „mit Rechtsstaatlichkeit und fairem Verfahren nichts mehr zu tun“, teilte Löffler mit. Ballweg erklärte: „Ich habe es niemals nötig gehabt, mich persönlich zu bereichern. Ich habe jeden Cent, den ich erhalten habe, für die Demokratiebewegung investiert.“


Tichys Einblick interviewte schon vorher Michael Ballweg zu seiner Haft und warum er Querdenken 711 gründete. Das Video hier:

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Kommentare ( 52 )

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Waldorf
1 Jahr her

Der Rubikon wurde von Merkel überschritten, als ihre autokratische Methode zur neuen Normalität wurde. Was nach 2008 mit zahlreichen „alternativlosen“ Rettungen ala Merkel begann, wurde ab 2015 schon deutlich mehr „Gleichschaltung“ und erlebte ab 2020 in der staatlich geförderten Corona-Hysterie irgendwas zwischen autokratisch bis autoritär, jedenfalls nichts mehr, was man noch guten Gewissens „Demokratie“ nennen konnte. Das ist das faulige und morsche Fundament, auf dem „Grüne“ ihren Klima-Sozialismus aufbauen wollen und daran bislang Gottseidank krachend scheitern. Aber 2015-2020 war für Liberale, Demokraten und Fans eines Rechtsstaates mit starker Gewaltenteilung keine ! gute Zeit, nach 2020 sogar eine fürchterliche. Wurde der… Mehr

Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Einzelne Teile der Justiz – hier das Landgericht Stuttgart – funktionieren also noch. Mein Vertrauen in diesen Rechtsstaat ist dennoch wegen des Verhaltens der Dritten Gewalt in der Corona-Panik-Pandemie tief erschüttert. Um es wiederherzustellen, bedarf es noch einiger Jahre der Bewährung.

verblichene Rose
1 Jahr her

Ich glaub, ich bin im falschen Film. Hauptverfahren und Hauptsache im Sinne des Rechts hatten nämlich zu keiner Zeit „Geschwisterschaft“! Eine Untersuchungshaft ist daher nur dann zu verantworten, wenn sich ein Angeklagter deutlich veräusserlicht hat, sich einem Verfahren entziehen zu wollen! Gnade also denen, die mich einbuchten wollen weil ich im besten Deutschland aller Zeiten meinen Mund auf gemacht habe, da das womöglich noch die einzige Möglichkeit wäre ein Mensch zu sein! PS: ich werde für den vergangenen Verlust eines Ballweg zahlen müssen. DANKE also also für NICHTS! Und Dank auch an alle Nichtskönner, die nichtmal in der Lage sind,… Mehr

Peter Pascht
1 Jahr her

Eine Staatsanwaltschaft die bei Stalin abgeschrieben hat.
Zum Glück ein Gericht das noch rechtstaatlich ist.

brummibaer_hh
1 Jahr her

Richtig, das Landgericht sah offenbar keinen dringenden Tatverdacht und lehnte das Hauptsacheverfahren ab. Die Staatsanwaltschaft allerdings hat schon angekündigt in Berufung zu gehen. Es kann sein, dass das Oberlandesgericht diese verwirft und Ballweg somit vom Tatverdacht des Betruges frei wäre – aber eben auch nur, wenn das Oberlandesgericht das genauso sieht wie das Landgericht. Ich würde also einfach mal abwarten, wie die Berufung ausgeht, bevor die Jubelgesänge angestimmt werden. Es ist ja das Wesen von Berufungen, dass ein großer Teil dieser – entweder vom Angeklagten erhoben oder der Staatsanwaltschaft – erfolgreich ist und die Entscheidung der ersten Kammer damit Makulatur… Mehr

Bambo
1 Jahr her

Das Verfahren wirkt wie ein stalinistischer Schauprozess. Einschüchterung ist das primäre Ziel. Die ganzen Masken und Testbetrüger laufen hingegen in der Mehrzahl frei rum.

Last edited 1 Jahr her by Bambo
alex0130
1 Jahr her

Ein einmaliger Justizskandal.
Während verurteilte Vergewaltger wegen
„Guter Prognose“ freigelassen werden, wird ein Chorona-Kritiker aus Rache unschuldig in Haft gehalten. Das sind stalinistische Methoden. Deutschland ist kein Rechtsstaat mehr. Mich ekelt langsam vor diesem Land.

Melly
1 Jahr her

Vor 3 Jahren wurde ich von einem meiner besten Freunde nach einem Corona- Widerspruch als Querdenker und Reichsbürger beschimpft. Es hat 2 Jahre gedauert, bis er von selbst zu mir kam und kleinlaut sagte: Entschuldigung.. Er hat sich 4 mal Spritzen lassen und merkt jetzt wie falsch das war… Früher waren die besten Journalisten Querdenker ( Wolfgang Herles). Ich freue mich sehr für Michael Ballweg !!! Wir brauchen mehr solche Querdenker, damit endlich Schluss ist mit der grünen Einheits-Soße.

pcn
1 Jahr her

Das können sie, die linksdrehenden Staatsanwälte.
Aber mutmaßliche oder gar offensichtlich arabische Israelfeinde, die hier Asyl genießen, und die Massaker arabischer Verbrecher in Israel auf deutschen Straßen feiern, die werden von unserem ach so moralisch handelnden Rechtsstaat mit viel Verständnis unter Schutz vor Ausweisung gestellt. Unfassbar!

bkkopp
1 Jahr her

Bedrückend bleibt, dass sowohl im Fall Ballweg, und vielleicht ähnlich im Fall der Reichsbürger / Rollator-Putsch, nicht nur die Staatanwälte, sondern auch die Untersuchungsrichter / Haftrichter, an vielen Orten im ganzen Land, dermaßen politisch korrumpiert erscheinen, dass sich auch durchgeknallte Ideologien nicht nur einmal, sonder über viele Haftprüfungstermine wiederholt durchsetzen können. Die GSG-9, oder wie auch immer ein SEK heißt, samt völlig unnötig gewaltsamem Eindringen ins Haus, um 6 Uhr früh im Haus von Markus Krall und anderen – als Zeugen in Staatsschutzsachen – scheint auf der gleichen Linie zu liegen. Die Wiederkehr von “ Furchtbaren Juristen “ ( Ingo… Mehr