Wie ein grüner Justizminister Untersuchungen gegen Scholz sabotiert

Recherchen des TE-Medienpartners Apollo News zeigen: Mail-Protokolle, die Scholz schwer belasten könnten, werden seit Wochen vom grünen NRW-Justizminister mit absurden Argumenten herausgezögert. Gleichzeitig entmachtet er persönlich die wichtigste Ermittlerin. Jetzt verstrickt er sich in Widersprüche. Von Henry Albrecht und Max Mannhart

IMAGO / Funke Foto Services

Es sind Protokolle, bei denen es für Olaf Scholz um alles gehen könnte: Umfassende Daten und Mail-Verläufe in der Cum-Ex-Affäre, die die Staatsanwaltschaft Köln sichergestellt hat – und die der parlamentarische Untersuchungsausschuss in Hamburg auf dem Wege der Amtshilfe angefordert hat. Ein Protokoll aus dem NRW-Rechtsausschuss, das Apollo News vorliegt, zeigt, dass es bei diesen Daten auch um Mailverläufe von Scholz selbst geht. „Es handelt sich unter anderem um das E-Mail-Postfach des ehemaligen Ersten Bürgermeisters der Freien und Hansestadt Hamburg“, erklärte Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) dort.

Gegen Olaf Scholz wurde in der Warbug-Affäre mittlerweile Strafanzeige gestellt, es geht unter anderem um die Frage, ob Scholz den Untersuchungsausschuss belogen hat über einen Termin mit Warburg-Chef Olearius. Nach unseren Informationen rechnet man im Untersuchungsausschuss Hamburg genau durch diese Daten aus Köln mit einer Aufklärung in der Frage der Warburg-Treffen von Scholz. Es ist der Kern der Affäre, der den Kanzler mindestens politisch schwer belasten könnte.

Doch genau diese explosiven Daten werden seit Monaten nicht von Köln nach Hamburg versendet – mit absurden Begründungen. Zuständig für diese Übersendung ist der grüne Justizminister von Nordrhein-Westfalen, Benjamin Limbach. Dieser hat gleichzeitig dafür gesorgt, dass die wichtigste und weltweit anerkannte Ermittlerin in Cum-Ex-Verfahren, ebenfalls in Köln, entmachtet wurde. Apollo News vorliegende Dokumente zeigen, welche direkte Rolle Limbach dabei spielte.

Es werden also Ermittlungen und Untersuchungen ausgebremst, die das Potential hätten, kurz vor den entscheidenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen Olaf Scholz‘ politische Integrität schwer zu beschädigen. Doch der Reihe nach.

Die verschollenen Protokolle

Seit Monaten wartet der Hamburger Untersuchungsausschuss mittlerweile schon auf die genannten Protokolle aus Köln. In einem am Sonntag (24.9.) ausgestrahlten aktuellen WDR-Beitrag erklärte Justizminister Limbach schließlich, die Daten seien mittlerweile „unterwegs“. Allerdings sind die Daten nach Apollo News-Informationen bis heute (Freitag) erneut nicht beim Ausschuss in Hamburg angekommen.
Und Limbach erklärt selbst im NRW-Rechtsausschuss diesen Mittwoch, dessen Protokoll Apollo News, vorliegt: „Im Übrigen läuft derzeit die Abstimmung, wie dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss die Daten zur Verfügung gestellt werden können. Dies wird voraussichtlich über einen Auswertelaptop der im Verfahren tätigen IT-Sachverständigen geschehen, sodass die Abgeordneten in Hamburg den Datenbestand auslesen und auch nach Stichworten durchsuchen können.“

„Voraussichtlich“ über einen Auswertelaptop? Das heißt: Nicht einmal die Methode der Übertragung ist bisher geklärt. Es dürfte also noch eine ganze Zeit länger dauern, bis sie in Hamburg ankommen.

Auf Anfrage erklärt das Justizministerium, Limbach habe den Ausschuss in Hamburg darüber informiert, dass die Daten nun kämen. Zuständig für die konkrete Umsetzung sei wiederum die Staatsanwaltschaft Köln. Der konkrete Übertragungsstand der Daten sei im Ministerium allerdings „nicht bekannt“.

Apollo News sprach mit dem Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten Richard Seelmaecker (CDU), der Schriftführer des Untersuchungsausschusses ist. Er sagt: „Die Dokumente sind immer noch nicht da. Bewegung gab es in NRW erst, nachdem ich dort persönlich nachgehakt habe, davor gab es ein Potpourri an Ausreden und Verzögerungen.”

Apollo News liegt ein Dokument des Hamburger Untersuchungsausschusses vor, in dem erklärt wird, es sei technisch „versichert worden”, dass ein entsprechender Übertragungslaptop mit Sichtungssoftware „sofort lieferbar“ wäre. Dennoch kommen die Daten nicht, obwohl es technisch also einfach möglich wäre. Mittlerweile hat man wieder alle Fristen verstreichen lassen.

Nochmal: Es geht hier um Dokumente, die den Bundeskanzler entscheidend belasten könnten, kurz vor den Richtungswahlen in Bayern und Hessen. Und die simple technische Übermittlung dieser Daten von Köln nach Hamburg soll mittlerweile seit Wochen scheitern – an der IT-Übertragung von Daten, an der Lieferung eines Laptops?

Der Handstreich des Ministers

Doch es ist nicht die einzige Verwicklung des grünen Justizministers. Da ist auch noch die Zurückstufung der leitenden Oberstaatsanwältin in Köln, Anne Brorhilker. Sie ist als „Cum-Ex Jägerin“ bekannt und beschäftigt sich seit zehn Jahren mit Deutschlands größtem Steuerskandal. Sie wurde 2021 für ihre Arbeit als einzige Deutsche in den Bloomberg „Top 50“ der Welt gezählt. Nun ist sie faktisch entmachtet worden. Anne Brorhilker ist leitende Oberstaatsanwältin in Köln und hat bisher alleine die Abteilung H der Staatsanwaltschaft Köln, die sich mit Bearbeitung von Wirtschaftsstrafsachen in Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften beschäftigt, geleitet. Diese Abteilung wird jetzt aufgespalten und Brorhilkers Aufgabenbereich halbiert. Sie erhält einen Co-Leiter für die Cum-Ex-Frage, der ihr in allen Belangen gleichgestellt ist. Jedoch verfügt dieser über keinerlei Erfahrung im Bereich Cum-Ex. In Zukunft entscheidet bei unterschiedlicher Auffassung der beiden der Leiter der Staatsanwaltschaft Köln, ein Mann, den Justizminister Limbach erst vor wenigen Wochen ernannte und der direkt aus dem Justizministerium abberufen wurde. Ein Vertrauter trifft dann also die zentralen und konkreten Entscheidungen bei den Cum-Ex-Ermittlungen.

Auch zeitlich sind diese Veränderungen interessant. Vor gut einer Woche begann der Prozess gegen die Warburg Bank, in die Geschäfte dieser Bank soll Scholz verwickelt sein.

Im Interview mit Westpol vom WDR (Sendung vom Sonntag) sagte Limbach noch, dass ihm der Bericht und die Stellungnahmen zu den Umbauprozessen bei der Staatsanwaltschaft Köln noch „nicht vorliegen” würden. Merkwürdig: Auf Apollo News-Nachfrage muss das Justizministerium jetzt einräumen, dass das Ministerium bereits am 06. September – also drei Wochen vor der Ausstrahlung – umfangreich über den Plan informiert worden war. In einem Apollo News vorliegenden Redezettel erklärt Limbach dann am Mittwoch, dass er die Entscheidung der Aufteilung der Abteilungen nun ausdrücklich für gutgeheißen und am Freitag, dem 22. September persönlich gebilligt habe. Die Entscheidung, die Abteilungen aufzuspalten, bedurfte seiner Zustimmung.

Limbach begründet seine Entscheidung, die Staatsanwältin zurückzustufen, unter anderem mit einem bemerkenswerten Satz: „Außerdem muss die äußerst anspruchsvolle Leitung der Cum/Ex-Ermittlungen durch die Verteilung von Wissen und Verantwortung auf zwei gleichrangige Hauptabteilungsleitungen strukturell abgesichert sein, um eine längerfristige Kontinuität auch bei einem unvorhergesehenen, etwa krankheitsbedingten Ausfall zu gewährleisten“, heißt es dort. Das Stichwort lautet hier „längerfristige Kontinuität“. Das heißt: Aktuell wäre es nicht möglich, die leitende Oberstaatsanwältin zu ersetzen. Die neue Führungsstruktur würde genau das aber möglich machen, sie würde „Kontinuität“ im Falle eines „Ausfalls“ gewährleisten.
Die lästige Staatsanwältin soll allem Anschein nach Schritt um Schritt aufs Abstellgleis geschoben werden.

Verschwundene Protokolle, eine Aufspaltung der Ermittlungsabteilung und eine Zurückstufung der führenden (und als verbissen geltenden) Ermittlerin: Justizminister Limbach stellt viele Stellschrauben, die die Ermittlungen in Sachen Cum-Ex alles andere als befördern dürften. Ampel-Partner Olaf Scholz dürfte sich nicht nur mit Blick auf die kommenden Landtagswahlen freuen, für ihn geht es längst ums politische Überleben.

Viele Fragen bleiben offen. Und es zeichnet sich ein Muster ab. Das Verwaltungsgericht Münster hat gerade die Besetzung des wichtigsten Verwaltungsrichter-Postens in NRW durch Minister Limbach gestoppt. Als „manipulativ“ und „rechtswidrig“ wird das Vorgehen des Justizministeriums hier vom Gericht bezeichnet. Der Minister sieht beim Umgang mit dem ihm unterstellten Justizapparats offenbar große Freiräume.


Dieser Beitrag ist zuerst bei TE-Medienpartner Apollo News erschienen.

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Kommentare ( 56 )

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F. Hoffmann
1 Jahr her

Erst mal ein Kompliment an die jungen Journalisten: Gut gemacht, dranbleiben!
Ansonsten zeigt sich wieder die durchgehende skrupellose und totalitäre Haltung grüner Politiker. Es sei daran erinnert, daß die beiden deutschen Diktaturen nicht von den Intelligentesten oder Schlauesten geschaffen und erhalten wurden sondern von mittelmäßigen, absolut skrupellosen, machtgierigen, totalitären Gestalten. In Sachen Vetternwirtschaft haben die Grünen in kürzester Zeit alle anderen Parteien überholt. Sie müssen dringend weg von der Macht!

DrRobertFord
1 Jahr her

Scholz stand mit seinem hohlen Grinsen neben Biden, als dieser im Februar 22 unverhohlen die Zerstörung der NS-Pipelines ankündigte. Ich habe bisher nie verstanden, wie er diese Demütigung hinnehmen konnte. Nun schreibt Seymour Hersh in einem neuen Artikel, Scholz sei von Anfang an in die Pläne eingeweiht gewesen! Das macht ihn zu einem der größten Verräter der jüngeren deutschen Geschichte. Er hätte die terroristische Aktion zwar nicht verhindern können, aber ein Rücktritt wäre ein eindeutiges Zeichen gewesen, dass ihm und dem Land noch Ehre und Würde gilt. Falls Scholz tatsächlich über die Warburg-Affäre stolpern sollte, wäre das gleichermaßen Al Capone,… Mehr

eifelerjong
1 Jahr her

Ach Limbach, halte doch die Menschen nicht für ebenso blöde, wie Du selbst
offensichtlich bist.
Gerade DURCH diese Tricksereien wird ein Jeder, der NICHT mit dem Klammerbeutel gepudert ist, darin bestätigt, dass die Vorwürfe, die gegen Scholz im Raume stehen, vollumfänglich zutreffen. Sonst wären sie nicht nötig.
ICH warte jetzt nur noch auf die Absprache zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung des Warburg-Bankers Olearius über das Strafmaß, damit er nicht tabula rasa macht und gänzlich „auspackt“.

Last edited 1 Jahr her by eifelerjong
Britsch
1 Jahr her

Nach dem wie ich das berichtigte hier verstehe ist meine Schlußfolgerung: Um wirklich sicherzustellen Zugriff zu allen cum ex Unterlagen zu haben und auch vollkommene Macht über das weitere Vorgehen mußte die ermittelnde alleinige Chefin des Verfahrens entmachtet werden. Nun hat man wirklich ZUgriff zu allen Unterlagen. Kann Unterlagen „sichten“ und entscheiden welche man raus gibt und welche nicht, oder fälscht / maipuliert. Natürlich hat man somiit eventuell / vermutlich auch Erpressungsmaterial gegen Scholz. Und wie überall in den Behördlichen Stellen versucht man das geltende Recht / Gesetze zu Untergraben und eigene „Gefolgsleute“ an entscheidene Positionen zu hiefen. So wird… Mehr

Chris Groll
1 Jahr her

„Wenn du den wahren Charakter eines Menschen erkennen willst, dann gib ihm Macht.“
Abraham Lincoln

DrRobertFord
1 Jahr her
Antworten an  Chris Groll

“Power tends to corrupt, and absolute power corrupts absolutely.”
(Lord Acton, britischer Historiker)

elly
1 Jahr her

Das erklärt ein wenig, weshalb Scholz die Befehle der Annalena Baerbock erfüllt.
Ampel-Zoff um CO2-SpeicherungCO2 in den Boden pressen? Scholz verweigert Unterschrift und irritiert das Ausland
Während Außenministerin Annalena Baerbock wiederholt gefordert hat , die anstehende COP28 in Dubai müsse beschließen, die Nutzung aller fossilen Brennstoffe zu beenden, setzt das Haus von Finanzminister Christian Lindner auf „Technologieoffenheit“ – und das bedeutet auch den Einsatz von CCS/CCU im Energiebereich.“
https://www.focus.de/earth/streit-um-co2-speicherung-wegen-ampel-zoff-verprellt-scholz-seine-internationalen-klima-verbuendeten_id_214692633.html

Landdrost
1 Jahr her

Erwähnenswert ist, dass der Typ, Sohn der ehemaligen Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts Jutta Limbach, bis 2018 bei der SPD war. Was der bei den Grünen macht, dürfte nur er selbst wissen bzw. nur seiner Karrieregeilheit geschuldet sein, nachdem die SPD 2017 abgewählt wurde und wohl auch nie wieder an die Macht kommen wird in NRW.

Brotfresser
1 Jahr her

„Sie erhält einen Co-Leiter für die Cum-Ex-Frage, der ihr in allen Belangen gleichgestellt ist. Jedoch verfügt dieser über keinerlei Erfahrung im Bereich Cum-Ex“
Gelesen,
gedacht
„Wo habe ich dieses Muster schon mal gesehen?“
Und dann fiel es mir wie Schuppen aus dem schütteren Haupthaar:
Wer erinnert sich noch an die staatsanwaltschaftliche Behandlung des ominösen Todesfalls Uwe Barschel im „Beau Rivage“ in Genf?
Da wurde der „alten Hase“ von Staatsanwalt blitzschnell durch eine ebenso junge wie unerfahrene Kollegin ersetzt. Sowas gibt’s in der Schweiz auch…

Hegauhenne
1 Jahr her

Die ganze Story gäbe mal ein echt gutes Drehbuch für die nach-links-grüne ÖR-Zeitenwende.? ? ?

Petronius arbiter
1 Jahr her

Ein junger Journalist macht bessere Recherchen als alle Qualitäts Medien, einschließlich dem Sturmgeschütz der Demokratie zusammen. Danke Herr Mannhart, ich denke, man wird von Ihnen zukünftig noch viel mehr hören.