Weniger Abrisse – weniger Neubauten

Es werden immer weniger Gebäude abgerissen: weil weniger gebaut wird. Die Regierung soll daher den Abriss finanziell fördern, fordert die Bauwirtschaft. Gleichzeitig herrscht Wohnungsmangel.

IMAGO / Bernd Elmenthaler

Es werden immer weniger Gebäude abgerissen. Das meldete das Statistische Bundesamt am Donnerstag. Die Zahl der abgerissenen Wohnungen geht seit einem Höchststand 2005 zurück. Insgesamt wurden 2022 circa 16.500 Wohnungen abgerissen oder umgewidmet.

Für den Rückgang sind zwei Gründe denkbar. Die akute Wohnungsnot in Deutschland – es sollen circa 700.000 Wohnungen fehlen – macht es profitabler, bestehende Wohnungen weiter zu nutzen oder zu renovieren, statt sie abzureißen. Doch der treibende Faktor scheint tatsächlich der Rückgang von Neubauten zu sein. Denn ein Neubau ist der Hauptgrund, warum Wohnungen aus dem Verkehr gezogen werden. Nur in 37 Prozent aller Abrisse wird Wohn- in Gewerbefläche umgewandelt. Die Hälfte aller Abrisse wird für neue Wohnfläche gebraucht. Die meisten dieser neuen Wohngebäude (79 Prozent) sind dabei reine Wohngebäude ohne Gewerbeflächen.

So werden auch schon die Forderungen nach Stützen lauter. Der Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF) zum Beispiel fordert nun die Einführung einer „Ersatzneubau-Prämie“. Der Verband meldet, 1,76 der 16 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser in Deutschland sei in einem Zustand, der Modernisierung unwirtschaftlich mache. Dazu passt, dass ein Großteil der abgerissenen Gebäude (59 Prozent) meistens in Privatbesitz ist – meistens wird es sich um eben solche Ein- und Zweifamilienhäuser handeln.


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Der BDF glaubt, das eine solche „Abwrackprämie“ für alte Häuser den Neubau stärker fördern würde. Doch tatsächlich steht der Neubau in Deutschland vor massiven anderen Problemen. Der Mangel an Baugrund ist nur einer davon. Viel problematischer ist, dass Neubau immer teurer wird. In den letzten Jahren stiegen die Materialkosten wegen gesteigerter Nachfrage aus den USA und China massiv – bei gleichzeitig nachwirkenden Lieferproblemen aufgrund der Corona-Lockdowns. Allein 2023 stiegen die Kosten für Baustoffe um 14 Prozent, obwohl die Inflation insgesamt nur circa 6 Prozent ausmacht. Steigende Lohnkosten, Handwerkermangel und immer höhere Umweltstandards tun das Übrige.

Energieeffizienz würgt Bau ab

So wurden die Regelungen für Energieeffizienz bei Neubau alleine dieses Jahr schon massiv verschärft. Bisher durften Neubauten nur 70 Prozent des Energiebedarfs eines staatlich definierten Referenzbaus aufweisen. Seit diesem Jahr wurde die Grenze auf 55 Prozent abgesenkt – ein neues Gebäude darf also wenig mehr als die Hälfte der Energie eines alten vergleichbaren Gebäudes brauchen. Ab nächstem Jahr sind es dann 40 Prozent. All das schränkt Bauherren ein: in den Bautechniken, in den nutzbaren Materialien. Und es erfordert auch, dass Unmengen an Dämmstoff verbaut wird. Gleichzeitig plant das EU-Parlament, dass ab 2030 nur noch Null-Emissionshäuser gebaut werden dürfen.

Vermieten wird bekämpft

Gleichzeitig wird Vermietung bekämpft. Um Mieter vor steigenden Mietpreisen zu schützen versuchen Städte wie Berlin schon länger Mietpreisbremsen durchzusetzen. Auch die Bundestagsfraktion der SPD forderte zuletzt einen allgemeinen „Mietenstopp“, der Mieten einfrieren sollte. In Zeiten allgemein steigender Kosten und auch steigender Grundsteuern für die Vermieter ein katastrophales Signal. In Berlin sollen Wohnungsunternehmen enteignet werden, sogar die regierende CDU unter Kai Wegner zeigt sich der Idee aufgeschlossen. Dadurch wird nicht eine Wohnung neu gebaut, aber es ist naiv zu glauben, dass Wohnungsunternehmen unter solchen Bedingungen weiterhin in Neubau investieren.

Stützen bieten und Beine fesseln

Die Regierung soll also die Bauwirtschaft stützen – sei es mit Abwrackprämien, Förderungen durch die KfW oder anderen Geldpaketen. Gleichzeitig werden den Bauherren Fußfesseln angelegt, bis sie nichts bauen. Am Ende wird nichts erreicht, außer dass wenig gebaut wird und Steuergelder im Kreis herumgereicht werden. Wobei die Frage bleibt, wie sinnvoll eine Förderung von Abrissen ist, wenn gleichzeitig akuter Mangel herrscht.

Abriss zum Zweck der Nachverdichtung mag sinnvoll sein. Ein Abriss eines veralteten Einfamilienhauses, um ein neues Einfamilienhaus zu bauen, ist auch ein Gewinn an Lebensqualität für die Bewohner. Es hilft zudem, dass der Wohnungssektor die von der Regierung festgelegten Emissionsgrenzen erreicht. Es schafft aber keinen neuen Wohnraum. Und der fehlt in Deutschland.

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Kommentare ( 20 )

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Niklot
1 Jahr her

Ganz meine Meinung. Früher konnten die Leute auch passabel bauen. Nicht perfekt, aber so, dass man bei permanenter Pflege und Instandhaltung heute noch darin wohnen kann.

Herr Schmidt
1 Jahr her

Bitte noch einen dritten Grund recherchieren: Neuerdings muss man beim Abriss dieZusammensetzung des Abrissmaterial bestimmen lassen, pro Probe so 200 bis 400 €! Da wird ein Abriss ziemlich teuer.

Lesterkwelle
1 Jahr her

Abriss und Neubau? Wieso Abriss statt Sanierung? Neubaubau erfordert unter Beachtung der wahnwitzigen deutschen Bauvorschriften enormen Mitteleinsatz. Die noch irrsinnigere EU-Regelungswut fordert ab 2030 Nullernergiegebäude. Vom Einsatz knapper Baustoffe ,ganz zu schweigen. Zement – ganz schlecht, CO2-Emnisionen, Sand? Sandgruben zerstören die Natur! Kies? Geht auch nicht. Der Klimapapst Schellnhuber traümt vom Holzbau. Weltweit übrigens. Wo Wälder geschützt werden sollen. Und Wiederaufforstunmg dauert Jahrzehnte. Dazu: aktuelle Zahlen des BMI: In Deutschland leben derzeit fast 3,3 Millionen geflüchtete Menschen, 110 000 mehr als Ende 2022. Ausreisepflichtig sind acht Prozent der Geflüchteten, das sind fast 280.000 Menschen. Also zuwenig Wohnraum oder zuviele Menschen?… Mehr

Britsch
1 Jahr her
Antworten an  Lesterkwelle

Wieso Abriss statt Sanierung?
Sanierung um heutige Vorschriften ( besonders die in Punkto neues Heizungsgesetz) zu erfüllen ist bei alteren Bauten oft teurer als Neubau

Schwabenwilli
1 Jahr her
Antworten an  Lesterkwelle

“ In Deutschland leben derzeit fast 3,3 Millionen geflüchtete Menschen“

Diese Zahlen möchte ich ganz stark anzweifeln. 2015 hatte Deutschland eine ungefähre Einwohnerzahl von 80 Millionen, jedes Jahr sterben in Deutschland ca eine Million Menschen, die meisten davon in diesem Alter sind autokrone deutsche. Wie viele Deutsche Kinder werden jährlich geboren? Mittlerweile beträgt die Anzahl der Bevölkerung in Deutschland zwischen 84 und 85 Millionen. Man kann nun eine Überschlagsrechnung machen und überlegen wie viele angeblich geflüchtete nun tatsächlich in diesem unserem Lande wohnen.

dienbienphu
1 Jahr her

Allein 2023 stiegen die Kosten für Baustoffe um 14 Prozent, obwohl die Inflation insgesamt nur circa 6 Prozent ausmacht. Steigende Lohnkosten, Handwerkermangel und immer höhere Umweltstandards tun das Übrige.

Welche Umweltstandards sollen das sein? Durch die deutschen Bauvorschriften werden wohl eher mehr Ressourcen verbraucht, mehr Emissionen verursacht als je zuvor. Im Gegenzug bringt es dann auf dem Papier einen Vorteil, dass man so angeblich Emissionen einspart. Die Feststellung dass das der Umwelt hilft, verlangt einen festen Glauben.

Last edited 1 Jahr her by dienbienphu
Britsch
1 Jahr her
Antworten an  dienbienphu

Und um wie viel stiegen die Baukosten bzw Baustoffpreise bereits die beiden Jahre 2021 / 2022 vor 2023, wobei das Jahr no h nicht zu Ende ist?
Auch nicht zu vergessen zur Jareswende wird die CO² Steuer erhöht was den Transport mit LKW wesentlich verteuert und Baustoffe werden hauptsächlich danmit transportiert

Teiresias
1 Jahr her

Damit würde sich die Nachkriegszeit wiederholen, als man die hereinströmenden Vertrieben schnell unterbringen musste und preiswertes, schnelles Bauen Vorrang vor Rekonstruktion der zerstörten Städte hatte und so unsere Städte in die hässlichen Monströsitäten transformierte, in denen wir heute leben müssen.

Die Frage nach Kultur und Lebensqualität wird in Deutschland ausserhalb der Villenviertel offenbar nicht mehr gestellt.

Wilhelm Roepke
1 Jahr her

Abrissprämien sind sozialistischer Unfug. Zuwanderung bremsen und Marktwirtschaft bei Geldpolitik und Immobilien. Oder eben Wohnungsmangel – man muss sich halt entscheiden.

Peter Gramm
1 Jahr her

Alles richtig, nur – all diejenigen Personen die sich berechtigt in unserem Kulturkreis aufhalten sollten sich die Grundbedürnisse des Lebens leisten können. Wohnen, Essen, Gesunheitsvorsorge u.a.m. gehören dazu. Dies zu gewährleisten wäre Aufgabe der Politik. Es müßten Rahmenbedingungen geschaffen werden um diese momentane Subventionitis obsolet werden zu lassen. Es reicht nicht wenn Politiker in Bierzeltreden oder talkshows permanent erklären was wie gemacht werden müßte und dies nie realisieren. Es sind lediglich Ablenkmanöver politischen Versagens. Wenn Leute wie Quandt oder Klatten ca. 3,6 Millionen Euronen pro Tag an Einkünften erzielen stimmt etwas nicht mehr in unserer Gesellschaft. Solche Zustände zu ändern… Mehr

Klaus D
1 Jahr her

Wohnungsmangel…..es gibt 2 dinge die mich daran stören. 1 das es diesen allgemeinen mangel so gar nicht gibt* und 2 das man nicht drauf eingeht für WEN hier so viel gebaut werden muss**. Alles was jetzt neugebaut wird wird zu 90% für die zuwanderer gebaut. Da wir deutschen immer weniger werden müßte der logik nach der leerstand insgesamt immer höher werden. Ich finde es deswegen auch gut das viel weniger gebaut wird denn jede wohung die wir mehr bauen bedeutet auch mehr zuwanderung. Mehr bauen weil die überwiegend in städte oder stadt nah ziehen wollen. * In Glauchau in Sachsen,… Mehr

Reuber
1 Jahr her
Antworten an  Klaus D

Ja hervorragend…demnächst steht dann (u.a. auch genau deswegen) die tüchtige Fachkraft samt mehrköpfiger Familie bei Ihnen vor der Tür und will bei Ihnen einziehen 😉 staatlich so gewollt und gefördert !…Jede Wette die bringen das eines Tages…denen ist mittlerweile alles zuzutrauen…Hier hilft wahrscheinlich nur noch Abhauen auf der Deutschen Titanic.

Klaus D
1 Jahr her
Antworten an  Reuber

Ja ja aber dann wird es knallen und die leute werden entsprechend wählen. Wenn wir weiter bauen wirds ja schon irgendwie klappen und das kanns auch nicht sein.

Kuno.2
1 Jahr her

Ist das denn nicht logisch erschließbar? Die Immobilienpreise fallen mittelfristig und genauso geht es dem Goldpreis. Die Leute kaufen erst wieder wenn die Preise deutlich gefallen sind.

Last edited 1 Jahr her by Kuno.2
Albert Pflueger
1 Jahr her

Es fällt auf, daß schon wieder nach Steuergeld gerufen wird. Neue Subventionen sollen es richten. Ein ständiger Krebsgang, ein weiterer Schritt in die Planwirtschaft.

Zurück zur sozialen Marktwirtschaft Ludwig Ehrhardts, das wäre der Weg zum Erfolg!