Verständigung über das Unverständliche

Der Arzt Heinrich Habig, dem vorgeworfen wird, falsche „Impf“-Bescheinigungen ausgestellt zu haben, wurde zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Derzeit finden Verhandlungen über eine Verständigung statt. Nicht bekannt sind die Beweggründe des Gerichtes, diese Einigung nun anzubieten. Von Christian Moser

IMAGO / biky
Verhandlungssaal im Landgericht Bochum (Symbolbild)

Dem Recklinghausener Arzt Heinrich Habig wird vor der Großen Strafkammer des Landgerichtes Bochum vorgeworfen, in rund 600 Fällen seinen Patienten eine Covid-19-„Impf“-Bescheinigung ausgestellt zu haben, ohne die Injektion tatsächlich zu verabreichen. Bei diesen 600 Taten handelt es sich allerdings nur um weniger als ein Zehntel von insgesamt 6.800 festgestellten Einzeltaten.

Von den angeklagten 600 Einzeltaten waren vor zwei Monaten 207 Einzeltaten zur gesonderten Verhandlung abgetrennt worden, zu denen die jeweiligen Patienten als Zeugen vernommen worden waren. Hierüber erging ein Teilurteil zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft ohne Bewährung, obwohl dies nach der Strafprozessordnung unzulässig ist. Das Teilurteil wird derzeit von der Verteidigung mit der Revision angefochten und ist deshalb noch nicht rechtskräftig.

Zwischenzeitlich bot nun das Gericht eine mögliche Verständigung an, über die bereits verhandelt wurde. Die Verständigung sieht vor, dass Heinrich Habig bezüglich 213 der verbliebenen rund 400 angeklagten Einzeltaten, in denen die Patienten gegenüber der Staatsanwaltschaft ein Geständnis abgelegt hatten, bestätigt, dass in diesen Fällen gemäß der Aussage der Patienten eine Covid-19-„Impf“-Bescheinigung von ihm ausgestellt wurde, ohne die „Impfung“ tatsächlich zu verabreichen. Im Gegenzug sichert das Gericht zu, bezüglich dieser Taten nur wenige Haftmonate zusätzlich zu den im Teilurteil bereits angesetzten zwei Jahren und zehn Monaten anzusetzen und die übrigen angeklagten 169 Taten, zu denen kein Geständnis der Patienten vorliegt, einzustellen.

Frau Habig, die als ehemalige Sprechstundenhilfe wegen Beihilfe mitangeklagt ist, soll gegen eine analoge Einlassung eine Bewährungsstrafe von sechs bis zwölf Monaten erhalten.

Diese Verständigung über die vom Gericht im dann zu erlassenden Urteil zugrundezulegenden Tatsachen kürzt das Verfahren ab, die Anfechtung des entsprechenden Urteils mit der Revision ist möglich.

Eine solche Anfechtung erscheint im Mindesten deshalb ratsam, als das Gericht sich beharrlich weigert, zur Frage einer etwaigen Rechtfertigung aufgrund des Nürnberger Kodexes und der Ärzteberufsordnung, einer Schuldausschließung oder zu der Berücksichtigung des Hilfswillens als strafmildernden Umstand Beweis zu erheben. Jegliche Berücksichtigung der Notlage des Arztes und seiner Patienten stößt bei dem Gericht nach wie vor auf taube Ohren.

Immerhin steht der Vorwurf der Gewerblichkeit nicht mehr im Raum, was den Strafrahmen gegenüber dem Beginn der Verhandlung von fünf Jahren auf zwei Jahre Maximalstrafe stark reduzierte.

Das zunächst wichtigste Ergebnis der Gespräche ist, dass auf dieser Grundlage auch das Gericht nun die Möglichkeit sieht, die weiterhin fortdauernde Untersuchungshaft des Herrn Habig aufzuheben und ihn gegen Meldeauflage auf freien Fuß zu setzen. Da das Teilurteil noch nicht rechtskräftig ist, befindet sich Habig nach wie vor in Untersuchungshaft, die bekanntlich strengen Voraussetzungen unterliegt. Spätestens bei einer Verständigung sind diese Voraussetzungen unleugbar entfallen.

Nach Bekunden des Gerichtes wird die Einigung aber erst Mitte September unter Dach und Fach sein können und wird die Freilassung von Herrn Habig erst dann zu erwarten sein, obwohl die Einigung bereits jetzt ausverhandelt wurde und ein Urteil jederzeit erfolgen könnte.

Wenn Habig erst einmal auf freiem Fuß ist, wird er es auf absehbare Zeit noch bleiben können, da der Antritt einer Strafhaft erst nach der Rechtskraft des letzten der beiden Urteile zu erfolgen hätte. Die Revisionsverfahren werden sich aber noch eine ganze Weile hinziehen. Es wird dann noch zu klären sein, ob für die verbleibende Strafe ein Dreiviertel- oder Halbstrafenerlass möglich ist, so dass nicht mehr viel Zeit hinter Gittern übrig bliebe. Vielleicht wird zum Ende hin die vorgeworfene Tat des Heinrich Habig sogar öffentlich in anderem Lichte erscheinen und sein Recht und seine Ehre bis dahin wiederhergestellt.

Niemand außer dem Gericht selbst weiß, was die Beweggründe des Gerichtes sind, diese Einigung nun anzubieten. Der naheliegendste Grund wird sein, dass der extreme Umfang des Verfahrens jeglichen Dienstplan sprengt. Es mag aber auch zutreffen, dass die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für seinen Fall und die Empörung über die Behandlung des Arztes, der niemandem schadete, nicht spurlos an dem Gericht vorübergegangen sind.

In einem gerade erst von dem Oberlandesgericht Hamm in der Haftbeschwerde ergangenen Beschluss wird ausführlich Bezug genommen auf den Unterstützerkreis um Heinrich Habig, die Kundgebungen, die Interviews und die Spendenbereitschaft für ihn. Nicht nötig zu erwähnen, dass ihm dies zum Nachteil ausgelegt wird, aber gerade das gibt Zeugnis ab, wie sehr ihm jede Hilfe nützt.

Christian Moser ist Rechtsanwalt und Steuerberater.

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Kommentare ( 50 )

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merkelinfarkt
1 Jahr her

Ich bin Volljurist und schätze politische Gesinnungsjustiz nicht – sehe sie aber zunehmend. Abhilfe wird dabei nicht von Justiz, Behörden, Parlamenten oder Regierung kommen. Wer darauf hofft, der hofft umsonst.

Abhilfe und Aufarbeitung kann nur der Wähler schaffen, indem er die wirkliche Opposition im Bundestag regierungsstark macht! Andernfalls wird die bereits bestehende politische Gesinnungsjustiz weiter um sich greifen und weitere Opfer fordern.

fotowilly
1 Jahr her

„Jegliche Berücksichtigung der Notlage des Arztes und seiner Patienten stößt bei dem Gericht nach wie vor auf taube Ohren.“? Für mich ist der Arzt stark beschädigt worden. Womöglich mit Berufsverbot.

Sonny
1 Jahr her

Da gibt es also einen Haufen Leute, die ein Geständnis abgelegt haben und somit den Arzt erst recht in Bedrängnis gebracht haben. Soso. Das dieser Arzt ihnen unter Umständen aber das Leben, ihre Gesundheit und ihre Existenz gerettet hat, fällt einfach unter den Tisch? Was für armselige Opportunisten es doch gibt. Die hätten doch auch ganz einfach NEIN sagen können zu dieser Genspritze. Aber das hätte ihnen ja einen Haufen Nachteile beschert (so wie mir zum Beispiel). Deutschlands Justiz ist ebenso am Ende wie der Rest dieses Landes. Die Täter in der Politik und der Wirtschaft sitzen daneben und lachen… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Sonny
Proffi
1 Jahr her

Wenn der Arzt berechtigte Bedenken hatte, musste er die Probanden entsprechend aufklären. Über den durch eine falsche Notzulassung zugelassenen „Impfstoff“ war der Deutschen Ärzteschaft überhaupt nichts bekannt. Nur Herr Montgomery, Herr Lauterbach, die Leopoldina und das nichtsnutzige Beratergremium der Regierung wussten, dass es überhaupt keine Nebenwirkung gibt

Christian Freund
1 Jahr her

Die Weisungsbefugnis der Exekutive gegenüber der Judikativen war in Deutschland grundsätzlich kein Problem, so lange die Justizminister demokratisch gesinnt waren. Derzeit kann man beobachten, dass bei linken oder linksradikalen, aber auch bei nur opportunistischen, schwachen Justizministern und Staatsanwaltschaften dieses bisher unscheinbare Demokratiedefizit uns massiv auf die Füße fällt.

ebor
1 Jahr her

Das Ängstigende an diesem Fall, wie auch am Fall des Weimarer Amtsrichters Christian Dettmar, ist, daß sich die Angeklagten mit den begrenzten Mitteln des Rechtsstaates gegen jene zur Wehr setzen müssen, die offensichtlich meinen, über Gesetz und Recht zu stehen und daher gerade nicht an das aus guten Gründen enge Korsett verfassungsmäßigen Handelns gebunden zu sein. Genau das ist Kennzeichen eines totalitären Staates. Die Gewaltenteilung ist aufgehoben, die Willkür triumphiert über das Recht. Selbst wenn man Habig und Dettmar tatbestandsmäßiges, ungerechtfertigtes und dann auch noch schuldhaftes Handeln vorwerfen könnte, was ich aus Sicht des Außenstehenden für mehr als fraglich halte: die deutsche Rechtsordnung… Mehr

Diogenes
1 Jahr her

„Beweggründe des Gerichtes, diese Einigung nun anzubieten“? Das ist wohl eine politische Anordnung. Dieser Skandal soll still und heimlich niedergeschlagen werden. Die haben die Hosen voll! Das Leben eines pflichtbewußten Arztes zu ruinieren ist eine heikle Sache und zahllose „Täter“ der Covid-Impf-Jahre haben jedes Interesse, daß es nicht doch noch zu einem „Outbreak“ der Opfer kommt, die bisher noch ziemlich stillgehalten haben und still weiter vor sich hinleiden. Wenn die Täter glauben, daß „die Sache als erledigt und begraben im wahrsten Sinn des Wortes, sei, dann irren sie sich. Auch „Contergan“ hat erst bis zu 10 Jahren danach und weiter… Mehr

Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Herr Dr. Habig hat keinen Migrationshintergrund. Wäre er als Arzt aus Syrien 2015 nach Deutschland gekommen, so hätte man ihm den Migrantenrabatt gewährt, der an deutschen Gerichten seit Jahren immer wieder über Schuld oder Unschuld und über das Strafmaß entscheidet. Habig wäre schon lange auf freiem Fuß und die links-grünen Gesinnungsmedien würden ihn als menschlichen Arzt feiern, der den unterwürfigen deutschen Weißkitteln einmal gezeigt hat, was ärztliches Ethos wirklich bedeutet. Wie man vor deutschen Gerichten behandelt wird hängt offenkundig vor allem von der eigenen Herkunft, einer eventuellen Migrationsgeschichte und natürlich auch von der Hautfarbe und dem religiösen Bekenntnis ab. Als… Mehr

Aljoschu
1 Jahr her

Volksgerichtshof – aber nicht in meinem Namen, Herr Buschmann!
Wir sollten den Mediziner Dr. Habig zum „Gerechten unter den Völkern“ erklären, weil er in Zeiten des Unrechts, versucht hat, ein Gerechter zu bleiben! Solches Verhalten wird in totalitären Un-Rechtsstaaten immer schärfstens geahndet werden – egal ob GrünRotGelber/Schwarzer Un-Rechtsstaat oder Brauner.

mr.kruck
1 Jahr her

Egal, ob das Urteil revidiert, aufgehoben, oder doch mit voller Härte vollstreckt wird. Was bleibt, ist die Angst vor dieser Obrigkeitshörigen Justiz, die nach dem Mainstream urteilt, nicht nach Fakten. Klar hat der Mann gegen Pflichten verstoßen, damit aber viele gerettet vor den schlimmen Nebenwirkungen bei weitgehender Wirkungslosigkeit der Impfung an sich. Er hat Medizinethisch aus seiner Sicht völlig richtig gehandelt, nur werden das die verbohrten Ideologen niemals einsehen. Deshalb gibt, besser gab es ja eine nicht politisch weisungsgebundene Justiz. Kann man wohl ad acta legen…..

Der Ketzer
1 Jahr her
Antworten an  mr.kruck

Es ist nicht allein Obrigkeitshörigkeit. Es ist die Angst, das monatliche Gehalt und damit die finanzielle Existenz zu verlieren, wie der wegen angeblicher Rechtsbeugung verurteilte Richter in Weimar. Was da von oben forciert wird, ist das Ausnutzen einer Zwangslage, die nur jene nicht betrifft, die Millionen auf dem Konto haben und auf die monatlichen Zahlungseingänge (Lohn, Gehalt, Besoldung) nicht angewiesen sind. Dostojewski prägte den bekannten Satz „Geld ist gedruckte Freiheit„; wer es nicht besitzt, kann im besten Deutschland aller Zeiten weder ein gerechtes Urteil sprechen, noch seine Meinung frei äußern … An der Methode „Bestrafe Einen, erziehe viele“ lässt sich… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Der Ketzer