Polizeiruf 110 – Ey, den Film kenn’ ich, aus den 90ern

Boah ey ..., das war so ein grober Krimi am Sonntag, da entführt eine durchgeknallte Alte einen Mitfuffziger, fesselt den verletzt ans Bett und an einen ollen Rollstuhl – und der versucht dann immer abzuhauen. Frappierende Ähnlichkeiten zum Film „Misery“, dessen Drehbuch auf einem Roman von Stephen King aufbaut.

Screenprint: Mediathek ARD

Klimaschonend aus der Sonntagskrimipause mit dem Polizeiruf: „… Wer Filme nachmacht oder verfälscht, oder nachgemachte oder verfälschte sich verschafft und in Verkehr bringt …“

Boah ey; das war so ein grober Krimi am Sonntag, da entführt eine durchgeknallte Alte so einen Mitfuffziger, fesselt den verletzt ans Bett und an einen ollen Rollstuhl, und der versucht dann immer abzuhauen. So voll Psycho! Die schenken sich echt nichts, gehen sich an die Gurgel und der Typ quält sich und schleppt sich mit kaputten Beinen rum und so. Am Schluss entdeckt zwar einer, dass die Frau den Typen da versteckt, aber sie killt den, bevor der Alarm schlagen kann.

Ey, den Film kenn ich: der ist aus den 90ern, mit James Caan und Kathy Bates! Nee, ick glaub’, Du spinnst: Det war der Polizeiruf 110 von gestern.

Niemand wird Drehbuchautorin Khyana el Bitar den Vorwurf machen, hier Teile für ihr Werk bei Stephen King (der schrieb das Buch, auf dem das Drehbuch für den Film „Misery“ aufbaute) abgekupfert zu haben. Jedoch sind die Ähnlichkeiten frappierend.

Eine junge Skateboarderin (Maj-Britt Klenke) kurvt durch die Magdeburger Fußgängerzone und rammt einen Passanten, der deshalb gleich handgreiflich wird. Die junge Mutter Lana Stokowsky (Hannah Schiller) geht resolut dazwischen, lässt aber ihre Neugeborene Lucy im Kinderwagen zu Gunsten ihres zivilcouragierten Eingreifens aus den Augen. Diesen Moment nutzt Inga Werner (Franziska Hartmann), um das Kind samt Kinderwagen zu entführen. Seltsam, dass sich keiner der Umstehenden später daran erinnern kann, wie der rote „Retro“-Kinderwagen in der nächsten Seitenstraße verschwindet.

Minutenlang folgt der Streifen nun der Kindesentführerin, dokumentiert die Handgriffe der Frau, wie sie sich rührend und intensiv mit dem fremden Baby beschäftigt. Schnell wird klar, dass sie damit den Tod ihres leiblichen Kindes zu überwinden versucht. Einen Verdienst kann das Team um Regisseur Jens Wischnewski, Peter Thomas Gromer (Musik) und Jakob Wiessner (Kamera) jedenfalls schon für sich beanspruchen: Dies dürfte der erste Krimi im Deutschen Fernsehen sein, bei dem ein echtes Baby in längeren Sequenzen mitspielen durfte. Zwar wird dem Zuschauer der Blick in die volle Windel erspart, nicht jedoch in die halbgeöffnete Bluse der Entführerin bei den zahlreichen Versuchen, das Kind zu stillen.

Der Auffassung Elmar Krekelers bei der „Welt“, der meint, dem Streifen bescheinigen zu müssen, dass er … alle Forderungen … hasskommentarbereiter Sonntagabendkrimiskeptiker erfülle – „es gibt kein Moralisieren, keine Belehrung, es gibt keine Gegenwartsanalyse, keine Gesellschaftskritik …“ – muss man sich nicht anschließen. Das bildgewaltige Genre Kriminalfilm, auch wenn es auf explizite Meinungsmache verzichtet, enthält trotzdem immer ein gewisses Maß an aufgebügelter Realität, so wie die Macher sie sich wünschen oder darstellen wollen. Das fängt bei der Diversityquote an, die „Du gehörst mir“ brav einzuhalten bemüht ist, und endet bei der Wiederholung des angeblich so verbreiteten gesellschaftlichen Stereotyps von der Rabenmutter: „Das Baby wurde entführt, weil sie so eine miese Mutter ist“ durch Kommissar Heiner Schwabe, gespielt von Johannes Ahn. Kollegin Brasch darf ihm gleich über den Mund fahren, wegen dieser „Scheiß“-Aussage.

Die Magdeburger Polizei kommt nach dem Kindesraub nun in die Gänge: Hauptkommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) befragt Zeugen und Kriminalobermeister Günther Márquez (Pablo Grant) stellt Ermittlungen rund um das verschwundene Kind und deren Mutter an. Als Lana schwanger war, hatte sie eine Liaison mit Christian Novak (Max Hemmersdorfer), hat diesen dann aber wieder verlassen. Novak „stalkt“ seine Verflossene nun und war auch Zeuge der Kindesentführung, was er aber gegenüber der Polizei verschweigt.

Bemerkenswert ist, wie so oft im deutschen Kriminalfilm, die Selbstverständlichkeit, mit der die Beliebigkeit einer modernen Patchwork-Lebensweise in all ihren Varianten konstatiert, sogar zelebriert, keinesfalls aber kritisiert wird. Alle Beteiligten sind offensichtlich tiefunglücklich in ihrer Bindungslosigkeit, aber niemand stößt sich, scheint’s mehr daran. Der Erzeuger des entführten Kindes ist auf La Gomera ausgewandert, immerhin denkt die junge Mutter Stokowski daran, ihn zu informieren, dass seine Tochter entführt wurde. Ein Oberkommissar Derrick hätte womöglich direkt bei ihm angerufen: „Sie kommen jetzt sofort hier nach Magdeburg und helfen der Mutter ihres Kindes bei der Bewältigung dieser Situation!“ Aber solche Ermittler hat das deutsche Fernsehen schon lange nicht mehr zu bieten.

Dafür aber Kriminalrat Uwe Lemp (Felix Vörtler), der voller Vorfreude auf ein „Sabbatical“ in Schottland auf seine Nachbarin Inga Werner trifft. Dummerweise fällt ihm die andere Haarfarbe des Babys seiner Nachbarin Inga Werner auf …, die Entführerin zögert keine Sekunde und überwältigt den Polizisten, schlägt ihn nieder und bindet ihn geknebelt an den Rollstuhl ihrer inzwischen ins Altenheim gezogenen Mutter Margot (Susanne Häusler). Eindringlich kontrastieren Liebkosungen für den geraubten Säugling mit den brutalen Fesselgriffen am gefangenen Polizisten.

Anders als beim Hollywood-Thriller „Misery“, wo die geisteskranke Krankenschwester Annie Wilkes nur den Schriftsteller Sheldon in ihrer Gewalt hatte, muss Inga Werner sich mit einer Hand um das Baby kümmern und mit der anderen den gekidnappten Polizisten im Zaum halten, ihn ein ums andere Mal nach seinen Fluchtversuchen wieder einfangen und nochmal strenger einschnüren. Da entrutscht ihr schon mal ein „Das kommt davon!“ Fast schon komisch, wie der Polizist in seiner Verzweiflung versucht, Inga beim Wein zu narkotisieren und sich mit gemeinsam gesungenem Schlafliedchen „Guten Abend, gut‘ Nacht“ ihr Vertrauen erkämpft.

Seine Kolleginnen machen bei ihrer Suche nach dem entführten Baby leider kaum Fortschritte, die Kidnapperin bereitet hektisch ihre Flucht ins Ausland vor. Lana vermutet weiterhin Christian Novak hinter der Entführung und versucht, ihn an sich zu binden, um ihre Tochter wiederzubekommen; macht ihm mit erotischen Smartphone-Spielchen Avancen. Dieser Reiz sorgt für den schrecklichen Höhepunkt, denn der so Umgarnte bricht in die Wohnung der Entführerin ein. Er möchte das Baby, um es seiner Ex zurückzugeben und sie damit endgültig zurückgewinnen. Leider rechnet er nicht mit der Aggressivität, mit der Frau Werner das, was vermeintlich „nun ihr gehört“, verteidigt – sie ersticht den Eindringling. Uwe Lemp entgeht demselben Schicksal nur knapp, er wird von Kollegin Brasch mehr zufällig entdeckt und befreit, sie kann auch die Kidnapperin, die sich mit ihrem Fluchtauto festfährt, verhaften und das Kind retten. Boah ey.

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Kommentare ( 12 )

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K.Behrens
1 Jahr her

ARD und ZDF sind nicht blöd. Die kaufen mangels deutscher Langweiler gerne ein. Ich liebe ausländische Produktionen nicht nur aus Israel, allein „Mafia Queens“ in Originalsprache war mehr. Sind Deutsche wirklich so blöd und glotzen „TV“ nicht via „Mediathek“ sondern schalten tatsächlich noch ihren geliebten „Fernseher“ ein? Dabei ist die Qualität mit einem schlichten I-mac so was von…pssst und nicht weiter sagen. Nicht, dass noch Gläubige ihre Wohnzimmer komplett auf Gäste einstellen und keinen „Fernseher“ zur Verfügung haben?

DeaExMachina
1 Jahr her

Also ehrlich, so einen Schrott schaut man sich selbst als echter Gegner des öffentlich rechtlichen Rundfunks auf keinen Fall an!
Schon alleine die Zusammenfassung zu lesen, macht Kopfweh.
Keine Ahnung wie man auf so ein dünnes Brett kommen kann, nicht jedes öRR Stöckchen will geholt werden

Sani58
1 Jahr her

Die meisten Figuren total Unglaubwürdig. Am unglaubwürdigsten die internationale Mitarbeiterschaft bei der Polizei. Hat die ein Einheimischer synchronisiert? Und gerade im Osten wo internationales Klientel erst seit Kurzem in Masse aufschlägt.
Nicht nur hintergründig, ein Werbefilm für Wognes, Multikulti, Frauenpower in allen Lebenslagen, verweichlichte Männer in 2. Reihe, ….
Als Krimifans haben wir uns dieses ARD angetan und während der 1,5 Stunden mindestens 7 mal festgestellt: So ein Schmarrn !

Leroy
1 Jahr her

Inzwischen findet sonntags um 20.15 h die Erziehung der GEZ-Schafe statt.
Natürlich durfte ein Quoten-POC nicht fehlen. Das Drehbuch war ein unglaublich billiges, banales und nach 2 Minuten durchschaubares Machwerk das auch ein 7.Klässler hätte schreiben können. Fazit: Dreck- kann weg.

Reinhard Schroeter
1 Jahr her

Im M5 ,dem Kulturkanal des ungarischen Fernsehens, lief zu gleichen Zeit eine Operngala und danach eine Dokumentation über das Leid und Elend von Andersdenkenden im Ungarn vor dem Volksaufstand von 56.
In meinem Wohnzimmer, wäre ohne das Fernsehen aus Budapest, keine Glotze mehr.

Hanno Spiegel
1 Jahr her

Erstaunlich für mich, wie sich ein Zuschauer solch eine Darbietung länger als 5-6 Minuten ansehen konnte. Da war ich schon weg von diesem Sender.

Vallis Blog
1 Jahr her

Unsere großen Vorbilder wie Baerbock, Giffey, Schavan, Baron vonundzu und wie sie noch alle heißen mögen, machen es uns doch vor: Geistige Minderleister, die munter geistige Leistung klauen und selbst überführt noch wie die Maden im Speck leben und Karriere machen. Da wird sich doch noch so’n popliger Drehbuchschreiber am Eigentum anderer Menschen bedienen dürfen!

Sani58
1 Jahr her

Die meisten Figuren total Unglaubwürdig. Am unglaubwürdigsten die internationale Mitarbeiterschaft bei der Polizei. Hat die ein Einheimischer synchronisiert? Und gerade im Osten wo internationales Klientel erst seit Kurzem in Masse aufschlägt.
Nicht nur hintergründig, ein Werbefilm für Wognes, Multikulti, Frauenpower in allen Lebenslagen, verweichlichte Männer in 2. Reihe, ….
Als Krimifans haben wir uns dieses ARD angetan und während der 1,5 Stunden mindestens 7 mal festgestellt: So ein Schmarrn !

Reinhard Lange
1 Jahr her

Falls die Ideen ausgehen, einfach irgendwas mit Klimaleugnern, Pandemie, Nazis und Putin-Sympathisanten und Transformation drehen. Müssen natürlich ein paar Schwarze, Behinderte und Migranten eingebaut werden – natürlich nicht als die Bösen. Am besten ChatGPT ein korrektes Drehbuch schreiben lassen oder eins beim WEF in Davos anfragen. Die wissen besser als wir, was wir brauchen. Aber die Fernsehoberen natürlich auch.

Last edited 1 Jahr her by Reinhard Lange
ralf12
1 Jahr her

Bitte Verständnis, dem ÖRR geht das Geld aus. Da muß man schon mal einen bei der Geschichte auf ein anderes Drehbuch zurückgreifen und einen alten Film neu covern. Immerhin war das mal ein Film von 2023. Die hätten auch einen Tatort mit Kommissar Trimel oder einen Polizeiruf mit Oberleutnant (oder Hauptmann)? Fuchs von 1974 bringen können. Der ÖRR benötigt die knappe Kohle für die bescheidenen Renten ihrer früheren agitprop Aktivisten. Außerdem kostet es Unsummen uns vom menschengemachten Klimawandel, der neuen Coronavariante, dem notwendigen Kampf gegen Rechts und der Unterstützung der Ukraine zu überzeugen. Nicht zu vergessen die fast unlösbare Aufgabe… Mehr