Rufweiterleitung für Betroffene, Gelder für linksradikale Aktivistinnen?

Teil 1 der Kurzreportage über die Spendensammlung der Amadeu Antonio Stiftung für „mutmaßlich Betroffene” von Rammstein hinterließ eine Reihe offener Fragen über die Rechtmäßigkeit dieser Sammlung. In Teil 2 sprechen wir Undercover mit einem Mitarbeiter der Stiftung und finden dabei viele unserer Befürchtungen bestätigt.

IMAGO / Sven Simon

Im ersten Teil unserer Kurzreportage berichteten wir über die sich aufdrängenden Fragen, die im Zusammenhang mit der Spendensammlung der Amadeu Antonio Stiftung (AAS) für etwaige Gerichtskosten „mutmaßlich Betroffener“ von Till Lindemann entstanden. Immerhin 826.000 € hatte die AAS gesammelt, allerdings ist weder deutlich, ob die „mutmaßlich Betroffenen“ das überhaupt wollen, wer diese sind, ja, es scheint sogar höchst zweifelhaft, dass diese Spendensammlung überhaupt von der Satzung der AAS gedeckt war. Als Schlupfloch könnte sich hierbei der Nachsatz (der somit zum Vorsatz würde) entpuppen, dass die verbliebenen Spenden, die nicht für Gerichts- oder Therapierungskosten ausgegeben werden, zur Gänze für den SHEROES Fund von Jasmina Kuhnke bestimmt wären, die nebenbei auch als Hauptinitiator der Spendenkampagne gilt.

Nachdem die AAS die Presseanfrage von TE leider ignorierte, griffen wir also auf einen Freund unserer hauseigenen, fiktiven Aktivistin, Anabel Görlach-Benanni zurück, den freien und ebenso fiktiven Journalisten Tim Schleicher, dem es gelang ein Gefälligkeitsinterview mit einem Vertreter der AAS zu deren Spendensammlung „Wie viel Macht 1€“ zu organisieren und uns dieses zur Verfügung zu stellen.

Angesprochen auf den Ursprung der Kampagne (und damit die Frage, mit welchem Recht die AAS überhaupt im Namen mutmaßlicher Betroffener agiert), berichtete der Mitarbeiter der AAS, dass die Initialzündung der Kampagne darin bestand, dass „Prominente aus dem Unterstützerkreis“ auf die AAS zukamen und meinten: „Hey, wir müssen da doch was machen“. Nachgefragt, ob die Betroffenen auf die AAS zukamen, oder ob die AAS sich an die Betroffenen gewendet habe, sagte der Mitarbeiter, die „Entstehung ging tatsächlich von Jasmina Kuhnke [Gründerin des SHEROES Fund; Anm.] und Carolin Kebekus aus, an die sich zum Teil Betroffene gewandt“ hatten. Diese Betroffenen hätten „natürlich auch vor allem den Fall Kayla Shyx mitbekommen“.

Stiftung in Deutschland kann „nicht ohne weiteres Gelder“ sammeln

Spendensammlung der Amadeu Antonio Stiftung:
Wer bekommt die Spendengelder für mutmaßlich Betroffene von Rammstein?
Allerdings wies der Mitarbeiter der Amadeu Antonio Stiftung selbst darauf hin, dass die AAS eine „Stiftung, die in Deutschland sitzt, mit einem deutschen Stiftungsziel und auch an deutsche Gesetze gebunden“ sei, sodass man „jetzt nicht ohne weiteres Gelder“ sammeln könne. „Dann kamen eben die Prominenten aus unserem Freundeskreis auf uns zu“, so der Mitarbeiter, der sich über diese Initiative sehr freute, denn die AAS könne „allein gar nicht so viel Öffentlichkeit schaffen, wie zum Beispiel ein einflussreicher Influencer und Youtuber wie Rezo“. Das habe „den Erfolg nochmal maßgeblich geprägt“, zumal es „nicht irgendwelche Influencer waren, sondern alles Leute, die auch politisch sehr engagiert sind“. Der Mitarbeiter pflegte wie bereits in der Presse das Bild vom kleinen Kollektiv, das sich „gegen diese Übermacht an total teuer bezahlten, hochdekorierten Medienanwälten“ stellt.

Dass die AAS wohlwollende Interviews vom Hauptgeschäftsführer des Deutschen Anwaltsvereins (DAV), Philipp Wendt, erhält, in denen Wendt 2019 für die Aufrechterhaltung des Gemeinnützigkeitsstatus für die AAS plädierte, da die notwendige „Förderung des demokratischen Staatswesens“ aus seiner Sicht „wunderbar“ auf die AAS passe, wird da bequemerweise ausgeblendet. Ebenso unerwähnt bleibt, dass der Stiftungsrat der AAS unter dem Vorsitz der langjährigen Richterin am Bundesverfassungsgericht, Christine Hohmann-Dennhardt, noch weitere Juristen mit vielfältigen Verbindungen in die Politik in seinen Reihen hat. Die Mär, dass die AAS das Sammelbecken des kleinen Mannes wäre, entkräftet sich bereits bei einer kurzen Durchsicht der Biografien der Unterstützer.

Zurück zur Spendensammlung der AAS. Der Mitarbeiter gab mit Bedauern zu Protokoll, dass es den Anwälten von Till Lindemann gelungen sei, den Spiegel abzumahnen, der allerdings nur „zwei kleine inhaltliche Fehler“ in seiner Berichterstattung aufwies, „die aber nichts mit den Betroffenen“ zu tun hätten. Das ehemalige Sturmgeschütz der Demokratie habe fälschlicherweise behauptet, die Kanzlei Schertz Bergmann wäre von Rammstein engagiert worden, „dabei wurde sie von Till Lindemann engagiert“, das sei die einzige Formalie der Verhandlung gewesen.

Mit den Details nimmt man es nicht so genau

Ungenauigkeit oder Lüge? Denn das juristische Nachrichtenportal LTO berichtete im Detail, dass bereits unter den „weniger bedeutsamen Aspekten“ des Urteils dem Spiegel die Verbreitung bestimmter Begriffe wie „Resteficken“ und „Schlampenparade“ im Zusammenhang mit der Verdachtsberichterstattung untersagt wurde. Zentral sei aber der Entschluss des LG Hamburg, dass die Verdachtsberichterstattung des Spiegel rund um den vermeintlichen Einsatz von K.O. Tropfen, Drogen oder Alkohol, um Frauen zu betäuben und für sexuelle Handlungen gefügig zu machen, rechtswidrig sei. Das ist also weitaus mehr als nur der Formfehler, auf den dieses Urteil vom Mitarbeiter der AAS reduziert wurde.

Dies war allerdings nicht die einzige Ungenauigkeit unseres Interviewpartners, denn als dieser später über den „Hass, der Frauen entgegen schlägt, die sich öffentlich unter ihrem Namen äußern“ berichtet, behauptet er, dass „zeitweise dann sogar ein Kopfgeld“ gegen Kayla Shyx ausgesetzt wurde. Das ist natürlich eine drastische Anschuldigung, für die wir aber keinerlei Beleg finden konnten. Es handelte sich dabei wohl zumindest um einen Versprecher, denn das Gerücht, es sei Kopfgeld ausgesetzt worden, bezog sich auf die Irin Shelby Lynn. Allerdings ist auch hier die Quellenlage äußerst dürftig. Zwar berichten reihenweise deutsche Medien davon, dass „Rammstein-Fans auf Social Media“ ein solches Kopfgeld ausgesetzt hätten, doch eine Quelle dafür findet man nirgends. Lediglich ein Medium bezog sich dabei auf den Journalisten Tim Röhn, der dies auf Twitter behauptet hatte und in Ermangelung einer Quellenangabe wohl als Primärquelle für diese Behauptung gelten muss. Auch die Amerikanerin Kristen Lacefield, die auf ihrem YouTube-Kanal Colonel Kurtz über #MeToo-Fälle berichtet und einige Zeuginnen von dem Konzert in Vilnius interviewt hatte, berichtete auf Nachfrage von einem vermeintlichen Kopfgeld noch nie etwas gehört zu haben.

Das bedeutet zwar nicht, dass es diesen vereinzelten Vorfall nicht gab, wirft aber zumindest die Frage auf, inwiefern nicht nur die deutschen Medienvertreter, die über dieses Kopfgeld berichteten, aber auch der Mitarbeiter der AAS, der die Mär perpetuierte, dieses Kopfgeld-Posting jemals gesehen haben, denn selbst bei einer Suche in verschiedenen Sprachen findet man im Internet dazu auf Anhieb nichts. Man sollte doch meinen, dass zumindest eine Person einen Screenshot machte? Immerhin ist es das Internet. Aber bislang: Fehlanzeige.

Eine dritte „Ungenauigkeit“ schlich sich in dem Gespräch ein, als der Mitarbeiter zu späterem Zeitpunkt behauptete, die Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft wären nicht aufgrund einer Anzeige einer Betroffenen eingeleitet worden, sondern „generell“ von der Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen eingeleitet hätte „weil es öffentlich wurde“. Allerdings waren sich in dieser Frage selbst Medienberichte und die Anwaltskanzlei Schertz Bergmann einig, dass die Anzeigenerstatter „unbeteiligte Dritte“ wären, die ihre Anzeigen „ausschließlich auf Medienberichte und Vorwürfe in den sozialen Netzwerken stützen“. Solange diese Ermittlungen nicht abgeschlossen sind, kann zwar kein abschließendes Urteil gefällt werden, jedoch ist die Behauptung, die Staatsanwaltschaft Berlin hätte von sich aus Ermittlungen eingeleitet, „weil es öffentlich wurde“, allen vorliegenden Informationen nach falsch.

Geld für den SHEROES Fund, bestehende Frauenberatungsstellen für die Betroffenen?

Kürzungen des BMJ:
Fördermittelkürzungen: Das Füllhorn der NGOs versiegt
Abgesehen von solchen Ungenauigkeiten betonte der Mitarbeiter der AAS allerdings deutlich, dass das Spendengeld „in erster Linie dafür da“ wäre, um „Betroffene zu unterstützen, ihre Stimmen sichtbar zu machen, ihnen Betreuung und kompetente Beratung an die Seite zu geben“. Es sei davon auszugehen, „dass es dafür auch komplett gebraucht wird“. Welch ein Glück also, dass die Spendenaktion 826.000€ erwirtschaftete, denn laut Aussage des AAS-Mitarbeiters hatte man mit 10.000-20.000 € gerechnet. So ist das mit der Hilfe, es kann nie genug geben. Allerdings, fügte unser Gesprächspartner sofort hinzu: „Also wenn am Ende Geld übrig bleiben sollte, wird es in unseren SHEROES Fund überführt“.

Den SHEROES Fund beschrieb der Herr von der AAS als einen Fond um „FLINTA Frauen, politisch aktive Frauen finanziell zu unterstützen, die quasi im Netz angefeindet werden und so und dann, z.B., weil ihre Adresse veröffentlicht wird, zum Umzug gezwungen sind“. Das deckt sich auch mit der Beschreibung auf der Seite des SHEROES Fund selbst, allerdings ist auch hier nirgendwo ersichtlich, wie eine Spendensammlung für Privatklagen gegen Till Lindemann, von dieser Zweckbestimmung auch nur ansatzweise gedeckt sein sollten. Dennoch, betonte der AAS-Mitarbeiter, ist das Geld „in erster Linie jetzt erst mal zur juristischen Beratung und Unterstützung, als auch zur psychosozialen und psychodramatischen Unterstützung von Betroffenen da.“ Nebenbei darf nicht vergessen werden, dass die AAS reichlich Partnerorganisationen an der Hand hat, sodass ein Großteil dieser Betreuungsangebote wohl an bestehende Partner, wie z.B. die Beratungsstellen des „Frauen gegen Gewalt e.V.“ weitergeleitet werden kann und somit keine gesonderten Kosten für die psychosozialen und psychodramatischen (!) Beratungsgespräche anfallen sollten.

Apropros Betroffene: Diese würden sich „immer mehr“ an die AAS wenden, die Stiftung sei „im engen Kontakt“ und versuche nun „zu beraten, zu schauen, was sind deren Bedarfe, was brauche man in diesem Moment“. Man habe von „von Anfang an” viele Anfragen von Betroffenen gehabt. „Wir hatten sehr schnell Betroffene, die sich an uns gewendet haben, manche von denen haben noch nicht mal offen über ihre Erfahrungen gesprochen, sondern brauchen erst mal einfach nur generelle Unterstützung.“ Und weiter: „Das ist ja wie so häufig mit Fällen sexualisierter Gewalt, dass man das vielleicht erst mal verdrängt und das Stigma so groß ist, dass man jahrelang versucht, das irgendwie zu unterdrücken und dann ist man mit diesen Schlagzeilen konfrontiert und dann kommt es erst wieder. Und für die Beratung dieser Betroffenen ist erst mal in erster Linie Geld da.“ 826.000€ für Beratungsgespräche, für die es ohnehin bereits eine Reihe staatlich geförderter Hilfsangebote gibt.

Das Rechercheteam als letzter Strohhalm

Und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich juristisch noch etwas tut? Immerhin ging es im vollmundigen Spendenaufruf doch darum, Frauen die Möglichkeit zu geben, sich juristisch gegen die Unterlassungsklagen von Till Lindemanns Anwälten zur Wehr zu setzen? Nebenbei, ob die der Spendenaktion nahe stehende Kayla Shyx ihre Prozesskosten gegen Till Lindemann von der AAS erstattet bekommt, ist nicht bekannt, eine Anfrage von TE wurde von Shyx leider bislang nicht beantwortet. Aber tut sich noch was auf dem Feld der Anzeigen? Die AAS müsste doch einen Ausblick darauf haben, welche Kosten da demnächst noch auf sie zukämen. „Von einer direkten Anzeige von Betroffenen weiß ich bisher noch nicht“, so der Mitarbeiter der AAS. Wir hakten nach, ob es denn noch Hoffnung gäbe, dass die Sache nicht einschläft.

„Also ich glaube schon, ich bin da auch sehr confident, auch in die weiteren Recherchen des Rechercheteams. Die haben zum Anfang der Woche auch erst mal wieder ihre neue Recherche veröffentlicht und das liest sich ja so, als ob das schon eine Sache mit System ist, die nicht erst irgendwie zwei, drei Jahre läuft“, so der Mitarbeiter. Beim Rechercheteam handle es sich übrigens um „das Rechercheteam der Süddeutschen Zeitung, also der Investigativ Recherche Verbund der Süddeutschen Zeitung und des NDR“. Die erwähnten Recherchen beziehen sich auf die vor knapp zwei Wochen veröffentlichten Anschuldigungen gegen Rammstein-Keyboarder Christian „Flake“ Lorenz, in dem zwei Frauen berichten, 2002 respektive 1996, bei Feiern nach Rammstein-Konzerten sei es zu unerwünschten sexuellen Kontakten gekommen, wobei eine der Damen nach der wilden Feier einen Filmriss hatte und nicht wusste, was genau ihr eigentlich zugestoßen war. Es gilt wie immer die Unschuldsvermutung und Lorenz wies die Vorwürfe von sich. Auch in diesem Fall mag man die Auswüchse des Groupie-Systems hinterfragen und die Erfahrungen der Frauen durchaus ernst nehmen, dennoch lesen sich die Ergebnisse eines ganzen „Rechercheteams“ nach mehreren Wochen vergleichsweise mager, wenn zwei über 20 Jahre alte Fälle, von denen einer relativ unbestimmt ist, die Behauptung stützen müssen, es handle sich um ein strafrechtlich relevantes „System“ sexualisierter Gewalt.

Unser Gesprächspartner der AAS bedauerte „das Problem, dass in Deutschland diese sogenannte Verdachtsberichterstattung eigentlich gar nicht so verbreitet ist“, sodass man erst einmal das Vertrauen der Betroffenen gewinnen müsse, damit diese „sich dann trauen, mit den Medien zu sprechen und dann vielleicht, wenn sie sich wohl genug fühlen, es irgendwann tatsächlich nochmal zu einer Klage kommen kann.“ Es wird also offen kommuniziert, dass es vor allem erst einmal um eine mediale Kampagne geht, nach deren Ablauf es – wenn man sich „wohl fühlt“ – dann auch noch zu einer Klage kommen kann. Erst der Rufmord, dann der Prozess, so wünscht es sich der Mitarbeiter der AAS und steht damit in seinem Büro wohl nicht allein. Er gab aber an „optimistisch“ zu sein, denn es „verschiebe“ sich was. Die Berichterstattung zu Rammstein erreiche eine hohe Aufmerksamkeit und viele Leute würden sich „mit diesen Frauen solidarisieren, ihnen zuhören und ihnen vor allem auch glauben“. Der Mob als Tröster, Therapeut und Richter in Personalunion – wer braucht da noch echte Richter?

„Unterstützung organisieren“ und dabei Geld sparen?

Dennoch drängte sich uns die Frage auf, ob denn überhaupt schon Gelder an Betroffene geflossen waren? Wir fragten direkt nach, ob die AAS „schon einigen Betroffenen damit unter die Arme greifen“ konnte. Die Antwort war wenig überraschend ausweichend:

„Aus Gründen des Betroffenenschutzes können wir jetzt noch keine genauen Details nach außen tragen. Das können wir nicht. Aber ich kann schon sagen, dass sich sehr viele Betroffene an uns gewandt haben, dass wir schon in vielen Fällen Beratungsgespräche und vor allem auch juristischen Beistand organisiert haben. Wir haben auch innerhalb kürzester Zeit tatsächlich mit dem Bundesverband der Frauenberatungsstellen ein Beratungssystem auf die Beine gestellt, dass, wenn sich Leute melden oder gemeldet haben, ganz egal wo sie sich in Deutschland aufhalten, sofort eine Form der Unterstützung erhalten.“

Ohne Einblick in die tatsächlichen Geldflüsse zu haben, liegt aufgrund dieser Formulierung nahe, dass man bislang die Meldungen Betroffener vor allem (wenn nicht ausschließlich) an Frauenberatungsstellen weitergeleitet hat, die dann entweder psychologische oder rechtliche Beratung anbieten. Doch diese Angebote existieren ohnehin unabhängig von der Spendensammlung der AAS, werden vom Bundesministerium für Familien, Frauen, Senioren und Jugend finanziert und waren für Betroffene immer schon kostenlos. Es stellt sich die Frage, ob die AAS in dieser Sache irgendeine weiterführende Leistung erbringt, als Betroffene einfach an bestehende Unterstützungsnetzwerke weiterzuleiten und diese – womöglich unwissentlich – im Glauben zu lassen, es handle sich dabei um eine aus Spendengeldern finanzierte Unterstützungsleistung.

Allerdings beruhigte uns der Mitarbeiter der AAS, als wir besorgt nachfragten, ob angesichts dieser Hilfestellungen der gesamte Spendenbetrag noch nicht verpulvert sei: „Ja, ja, ja, auf jeden Fall [ist noch Geld da; Anm.]. Wir sind auch weiterhin eng im Austausch mit unseren lokalen Partnern und versuchen auch nochmal tatsächlich direkt in die Rammstein Fan Communitys reinzugehen. Weil bisher haben wir versucht, vor allem über unsere Kanäle und über die der Promis eher jüngere Leute zu erreichen. Aber es ist ja jetzt doch davon auszugehen, dass das Ganze bis zu 30 Jahre zurückreicht.“ Der Mitarbeiter bezeichnete darauf die Umdichtung eines Liedes beim letzten Konzert als „Verhöhnung der Betroffenen“ und äußerte die Hoffnung, dass nun doch viele nochmal sagen „Okay, jetzt reichts mir, jetzt möchte ich doch vielleicht Klage erheben, oder mir wird jetzt so einiges klar und ich brauch jetzt noch Unterstützung“. Diesen Aspekt bemerke die AAS jetzt auch in ihrer Beratungsarbeit.

Bemerkenswert ist an diesem „Hineingehen“ in die Fan Community, dass es sich hierbei für die AAS um legitime Hilfestellung handelt, auch wenn es sich eher wie eine PR-Aktion liest. Die hohe Kunst des Messens mit zweierlei Maß beherrscht natürlich auch unser Gesprächspartner, der nämlich bereits zuvor darüber klagte, dass nun „auch die extreme Rechte versucht, dieses Thema für sich auszuspielen“, denn „man dürfe nicht vergessen“, dass „nach wie vor Antifeminismus und Abwehrkämpfe, wie zum Beispiel gegen das Gendern in der Sprache, mittlerweile wirklich das größte Einfallstor oder der Rekrutierungsmotor für eine extreme Rechte sind“. So kritisierte der Mitarbeiter, dass das Compact-Magazin – „ein rechtsextremes Medium, das vom Verfassungsschutz beobachtet wird und auch als quasi rechtsextrem eingestuft ist“ – beim Berliner Konzert von Rammstein anwesend war und darüber berichtete. Das Compact-Magazin habe das „natürlich für so eine Männerrechtler-Propaganda-Nummer genutzt“ und dabei „viel mit Fans gesprochen“. Das ist natürlich etwas ganz Anderes, als wenn die AAS in die Rammstein Fan Community reingeht, das versteht sich von selbst.

Tatsächlich satzungsgemäß oder juristische Spitzfindigkeit?

So kamen wir zum Abschluss unseres Gesprächs und zur alles entscheidenden Frage, ob die Spendensammlung der Satzung entsprechen würde, wie einige Medien wie TE berichtet hatten. Wie lautete die Antwort der AAS auf den Vorwurf, die Spendensammlung würde gegen den satzungsgemäßen Stiftungszweck nach §56 der Abgabenordnung verstoßen?

„Naja, wir haben das einfach juristisch geprüft und die Unterstützung von Betroffenen ist Teil unserer Stiftungssatzung. Deswegen ist es überhaupt gar kein Problem“, so der Mitarbeiter der AAS kurz und bündig. Ein detaillierter Hinweis, wo exakt dies festgehalten sei, blieb aus. Wer die Statuten noch einmal liest, wird eine Formulierung, die nur ansatzweise der „Unterstützung von Betroffenen“ nahe kommt, vergeblich suchen. Ebenso wirft die Endgültigkeit dieser Behauptung die Frage auf, warum der Mitarbeiter in unserem Gespräch zuvor noch gemeint hatte, die AAS sei eine „Stiftung, die in Deutschland sitzt, mit einem deutschen Stiftungsziel und auch an deutsche Gesetze gebunden“, sodass man „jetzt nicht ohne weiteres Gelder“ sammeln könne. Nun also plötzlich doch? Vielleicht fand sich tatsächlich eine juristische Spitzfindigkeit, um das zu umgehen, transparent erscheint es jedenfalls nicht.

Ach ja, die Behauptung, die Spendensammlung wäre nicht satzungsgemäß, ist laut Mitarbeiter, „wieder klassisch rechts“, denn wäre etwas an den Behauptungen dran, „hätten wir den Laden schon lange zusperren können“. Vielleicht liegt es aber eher daran, dass sich bislang niemand gefunden hat, der einen Rechtsstreit mit der sakrosankten AAS und ihren politischen und juristischen Unterstützern aufnehmen wollte?

Zu guter Letzt stellten wir die Frage, ab wann die Gelder denn in den SHEROES Fund übergehen würden. „Das wird wahrscheinlich noch ein, zwei Jahre dauern. Ich meine, es kann ja auch sein, dass eine Person sich entscheidet, doch zu klagen und das dann durch alle Instanzen durchzuklagen.“ Zumindest aber dürften diese „ein, zwei Jahre“ dabei helfen, dass die Spendensammlung von 826.000 € komplett aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwindet und danach kein Hahn mehr danach kräht, wohin diese Gelder geflossen sind.

Fazit

Die Undurchsichtigkeit der Strukturen der AAS steht symbolhaft für die Intransparenz der gesamten NGO-Industrie. Wie viele Gelder wohin fließen, ist ohne Einsicht der Bücher nicht ausfindig zu machen, allerdings dürfen mehr als berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Spendensammlung erhoben werden. Die immer wieder ins Feld geführten „Beratungsangebote“ existieren bereits seit Jahren unabhängig von den Spendengeldern der AAS und sind durch die Förderung des Bundes für Betroffene ohnehin kostenfrei. Wie konnte sich die AAS rechtlich absichern, um mit vollständiger Gewissheit zu sagen, die Unterstützung von Betroffenen sei satzungsgemäß, wenn die Satzung darauf keinerlei Hinweise gibt? War die Formulierung des Spendenaufrufs, in der bewusst bereits von einer möglichen Weiterleitung der Gelder in den SHEROES Fund, in dem sie der „satzungsgemäßen Verwendung“ zugeführt würden, der Schlüssel um den Spendenaufruf zu legalisieren?

Das würde bedeuten, dass die Initiatoren der Spendensammlung von Anfang an wussten, dass die Unterstützung der „mutmaßlich Betroffenen“ im Prinzip leicht an Frauenberatungsstellen ausgelagert werden könne und die gesammelten Gelder, wie angekündigt, von Anfang an für die „satzungsgemäße“ Unterstützung von radikalen Aktivistinnen durch den SHEROES Fund bestimmt waren. Die Frage, ob es sich dabei um eine bewusste Täuschung mit betrügerischer Absicht handelt, wäre ein Fall für Juristen. Möge sich ein solcher finden, der sich dieser Sache annehmen möchte.

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Kommentare ( 21 )

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21 Comments
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Querdenker73
1 Jahr her

„Amadeus Antonio Stiftung“: Ist denn dieser Stasi geführte Verein überhaupt einen Gedanken wert, egal ob gesprochen oder gedruckt? Wer diesen Leuten Geld -in welcher Form auch immer- anvertraut, ist selber schuld.

Britsch
1 Jahr her

Ich kann mir nicht helfen,
aber wenn ich irgendetwas von Linken und Grünen und deren Organisationnen höre muß ich automatisch an lügen und betrügen denken, Verfassungsfeinde und in jüngerer Zeit zunehmend an Selbsbereicherung

RUEDI
1 Jahr her

Ein Sumpf zieht am Gebirge hin,
Verpestet alles schon Errungene.
Den faulen Pfuhl auch abzuziehen,
Das letzte wär das Höchsterrungene.

Landdrost
1 Jahr her

Denen geht es offensichtlich in keinster Weise um etwaige Betroffene sondern nur um Publicity und Geld. Was ein mieser Haufen.

h.milde
1 Jahr her

Man könnte das durchaus auch als eine betrügerische Geldwaschmaschine bezeichnen. Schalk-Golodkowski & Rote Fini wären stolz.
Vllt. verklagt ja ein geschädigter Spender diesen Verein, aber da müssten der sich ja als besonders schlau outen, und/oder er hätte direkt die SAntifa & Hammerbanden in der Haustür.

nomsm
1 Jahr her

Der Spiegel darf drei Aussagen nicht mehr tätigen.

Der Spiegel kläfft wie ein strassenköter, das sturmgeschütz gegen die FDG wirft mit Dreck um sich.

Bislang gibt es keine Strafanzeige oder Strafantrag einer Frau.

Die AAS dürfte kaum Geld für irgendjemande n geben, wofür auch. Wer Opfer war kann einfach zur Polizei gehen. Fertig. Wahlweise zu einer opferberstungsstelle.

Ich habe den Eindruck, dass hier gezielt Ablenkung betrieben wird angesichts von massenvergewaltigungen durch Migranten, mittlerweile auch im öffentlichen Raum.

Waehler 21
1 Jahr her

Ist nicht ein gewisser Michael Ballweg wegen einem ähnlichen Sachverhalt, besser Beschuldigung ( hinsichtlich Corona, Querdenker) in den Knast gegangen?
Warum sind die von der Stiftung noch auf freiem Fuß?

Andy Malinski
1 Jahr her
Antworten an  Waehler 21

Die Frage erübrigt sich doch – schließlich ist die AAS eine Einrichtung der „Guten“!

Spyderco
1 Jahr her

Quattromilf und Kebekus…. Die AA-Stiftung macht ihrem Namen alle Ehre?

Wolfram_von_Wolkenkuckucksheim
1 Jahr her
Antworten an  Spyderco

Wenn man nicht weiß, wie man sich bei einem Thema positionieren soll, dann schaut man, wie sich Quattromilf, Kebekus, Nguyen-Kim, Chebli, Lesch, Grölemeyer oder Niedecken positionieren. Dann nimmt man einfach die gegenteilige Position ein und liegt richtig.

mediainfo
1 Jahr her

Die „Spendensammler“ haben schnell eine im geschäftlichen Sinne clevere Idee entwickelt, wie sich die Medienaufmerksamkeit rund um die Rammstein-Kampagne, und die bei manchen Menschen entstehende Betroffenheit, monetarisieren lassen.

Nach dem Motto „Da müssen wir was machen“, was man frei übersetzen könnte mit „Wir können doch diese Gelegenheit, bei den Naiven Geld abzugreifen, nicht so einfach vorbeiziehen lassen“.

Waehler 21
1 Jahr her
Antworten an  mediainfo

Schnorren, betteln, moralische Erpressung ist zu einem einträglichen Geschäftsmodell geworden. Zumal man nur schreien muß. Dann wirft man der Gesellschaft die Geretteten vor die Füße.
Die Gehälter vom Roten Kreuz, Samariter und wer sonst noch einen auf großer Helfer macht sind immens.
Was diese Leute im Ahrtal NICHT geleistet haben ist eine Frechheit, bei dem Geld, das sie eingesammelt haben. Ein Beleg dafür, dass diese Leute sich nur selbst bereichern.

Last edited 1 Jahr her by Waehler 21
Till am Limit
1 Jahr her

Ein offenbar lukratives Geschäftsmodell!?