Deutschland ist nicht im Krieg, aber – zumindest sprachlich – voll von „Feinden“ und „Feindlichkeit“: Verfassungsschützer beobachten „Staats-, Demokratie- und Verfassungsfeinde“; im politischen Diskurs kommen laufend „Frauen-, Menschen-, Queer-feindlichkeit“ u. Ä. vor, und seit kurzem steht „Muslimfeindlichkeit“ auf der Tagesordnung. Aber was bedeutet hier „-feindlich(keit)“? Eine diskurslinguistische Analyse.
„Freund“ und „Feind“ gehören zum Grundwortschatz der deutschen Sprache, ebenso deren Ableitungen „freund-lich/Freundlich-keit“ bzw. „feind-lich/Feindlich-keit“. Diese Ableitungen werden häufig in Wortzusammensetzungen (Komposita) verwendet, meistens als Zweitglied. In der deutschen Zeitungssprache kommen rund 60 Komposita auf „-feindlich(keit)“ geläufig vor, zum Beispiel:
altersfeindlich, arbeiterfeindlich, ausländerfeindlich, islamfeindlich, kirchenfeindlich, klimafeindlich, menschenfeindlich, schwulenfeindlich, wirtschaftsfeindlich, wissenschaftsfeindlich etc. etc.
Zum Vergleich: Goethes Wortschatz (93 000 Wörter) enthält nur vier solcher Komposita,
nämlich: „freuden-, lebens-, menschen-, pflanzen-feindlich (= pflanzenschädlich)“,
er hat also dieses Wortbildungsmuster nur sparsam benutzt. Wie erklärt sich dessen heutige Beliebtheit im politischen Diskurs? Jüngstes Beispiel hierfür ist der vom Bundesinnenministerium am 21. Juni ins Netz gestellte Bericht einer Expertenkommission mit dem plakativen Titel: „Muslimfeindlichkeit. Eine deutsche Bilanz“.
Könnte man statt „Islamfeindlichkeit“ auch „Muslimgegnerschaft“ sagen? Durchaus, aber beides bedeutet nicht dasselbe. Feindschaft ist eine extreme Form der Gegnerschaft: mit „Feinden“ diskutiert man nicht, sie müssen bekämpft und ausgeschaltet werden; denn der Feind bedroht die eigene Existenz.
Der Begriff „Islamfeindlichkeit“ bietet – wie andere Komposita auf „-feindlich(keit)“ – einen gedanklichen Bezugsrahmen (frame), der abweichende Meinungen als „feindlich“ markiert und vom „legitimen“ Diskurs ausschließt, also gewissermaßen „exkommuniziert“. Das vereinfacht die politische Kommunikation enorm: Man braucht nicht mehr zu argumentieren, das Feindwort genügt: „Transfeindlichkeit, EU-feindlich, russlandfeindlich (bei Google aktuell 3500 Einträge)“ usw.
Durch die vielen befeindeten Gruppen ist in Deutschland jeder irgendwie Feind von jemand: Der Türke, der unter Islamfeindlichkeit leidet, kann seinerseits kurden- oder demokratie-feindlich sein. Die viel beklagte „Polarisierung“ und „Spaltung“ der deutschen Gesellschaft hat hier ihren sprachkommunikativen Ursprung: Unter Feinden gibt es keinen „Zusammenhalt“.
Geschichtlich gesehen ist das politische Freund-Feind-Framing nicht neu. Bismarck benutzte im 1871 neu gegründeten Deutschen [Kaiser]Reich besonders den Frame „Reichsfeind/reichsfeindlich“, um die politische Opposition im Reichstag auszugrenzen. Auch „preußenfeindlich“ und „deutschfeindlich“ dienten zur innerstaatliches Feinderklärung: Am 23. Februar 1875 erging eine Verfügung „wegen Vermeidung der Insertion [Veröffentlichung] von amtlichen Bekanntmachungen in Privatzeitungen von deutsch- resp. [bzw.] preußenfeindlicher Richtung“, sozusagen ein amtliches Kontaktverbot mit missliebiger Presse.
Gibt es die Preußen- und Deutsch(en)feindlichkeit noch heute? Der preußische Staat besteht nicht mehr, er wurde 1947 von den alliierten Siegermächten des 2. Weltkrieges aufgelöst. „Die Preußen“ gibt es nicht mehr – im Bairischen ist das (preußenfeindliche) Schimpfwort „Saupreiß“ kaum mehr zu hören – , die „Preußenfeindlichkeit“ ist damit Geschichte.
Und die „Deutsch(en)feindlichkeit“? Im ersten Jahrzehnt nach dem 2. Weltkrieg war sie im Ausland durchaus üblich: „Die Stimmung in Norwegen [das 1940-45 von deutschen Truppen besetzt war] ist noch immer sehr deutschfeindlich“, berichtete damals die ZEIT (5/1952). Aber heute kommt dieses Wort nur noch sehr selten vor, ebenso wie „die Deutschen“: Seit der Kanzlerschaft Merkel gibt es im herrschenden innenpolitischen Diskurs keine „Deutschen“ mehr, sondern nur „Menschen in Deutschland“. Übrigens wird im Bericht der Expertenkommission „Muslimfeindlichkeit“ der Volksname „Deutsche(r)“ kein einziges Mal verwendet (auf 396 Seiten).
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Deutsche werden durch „Menschen in Deutschland“ nicht existent gemacht.
Was ist es anderes als der verbale Völkermord?
DAs Wort „Feind“ weckt den Schutzinstikt in uns. Wir fühlen uns zuständig, Muslime, Transen, Asylanten zu schützen, ohne sie vorher irgendwie angegriffen zu haben.
Zu dem ist es die Frage, von wem wird der Feind definiert. Definiere ich Muslime als Feinde und verhalte mich muslimfeindlich oded definieren Muslime mich als Feind und empfinden alles, was ich tue, als muslimfeindlich?
Im Grunde ist die Frage, wie viele Leute der Mainstream-Propaganda noch glauben. Hat jemand den Glauben an die Mainstream-Medien einmal verloren, ist ihr Einfluss NULL auf ihn.
Glauben genügend Leute deren Propaganda nicht mehr, ist ihr Einfluss nur noch sehr klein.
Leider wurde vielen der Glaube eingetrichtert, Propaganda gäbe es nur in China und Russland. Nicht in DE.
Wer anderer Meinung ist, wird aber nicht nur zum „Feind“, er ist darüber hinaus aus phobisch, hat also eine krankhafte Angst, z.B. ist ein Mann, der heterosexuell ist und daher keiner Trans“frau“ beischlafen möchte, ist jetzt „transphob“.
„Noch „erfolgreicher“ als der Marsch durch die Institutionen es war der Marsch durch die Definitionen.“
Roland Baader, totgedacht, 2002
Kompliment für den entdeckten „Marsch durch die Definitionen“, sehr treffend, sehr hübsch.
Feinde finden, erfinden und bekämpfen kann ein bestimmter deutscher Charakter sehr gut. Bis zur Meisterschaft aller Völker. Allerdings erfinden die Deutschen ihre Feinde mit Vorliebe selbst im eigenen Land und bekämpfen diese erbittert und sind stolz drarauf. Man sehe sich das 3. Deutsche Reich an und die nachfolgende DDR. Feinde überall, im Luftschutzbunker und später der Klassenfeind im eigenen Haus.
Ist ja mit Russland genauso.
Da man Russland zum Feind erklärt hat, kann man die Ukraine pimpern und lässt die mit Naturalien zahlen. Zugleich erklärt man den hiesigen Bauern auch zum Feind der Natur und ermöglicht damit der Ukraine, mehr Naturalien in Waffen zu tauschen. Eine Win-win-Situation für die Politik und denen, die am Verkauf von Waffen verdienen und eine lose-lose-Situation bei den ukrainischen Männern und europäischen Bauern, die beiderseits bezahlen müssen. Die Ukrainer mit ihrem Leben und die EU-Bauern mit ihrer Existenz!
Ein interessanter Ansatz von Herrn Berschin. Vor allem bemerkt man beim Lesen, dass man sich inzwischen komplett an dieses aggressive öffentliche Narrativ gewöhnt hat, es wundert einen nicht mehr wirklich. Hier hat eine verbale Umdefinition stattgefunden, die wirklich einen Kriegszustand simuliert. „Feindlichkeit“ [Transfeindlichkeit] umfasst neuerdings auch – zum Teil sachlich begründete – kritische Haltungen. „Phobien“ [Homophobie], also (spectrum.de) eine „hartnäckige und irrationale Furcht vor bestimmten Situationen, Aktivitäten, Personen, Tieren oder Objekten, die einen zwanghaften Wunsch nach Vermeidung auslöst …,“ sind neuerdings auch Haltungen wie Indifferenz, Distanz, negative Bewertungen, denen keine mental-psychologischen Defizite zugrundliegen, nur bestimmte Ansichten. „(Alltags-)Rassismus gegen“ [Schwarze Menschen]… Mehr
Wenn Rassismus die Benachteilung von Schwarzen ist, dann ist er erst in Afrika zu finden. VON DORT fliehen die Schwarzen zu den Weißen, um diese des Rassismus zu beschuldigen.
Wann haben vertriebene Eriträer ihre Mitbürger in der Heimat des Rassismus beschuldigt, weswegen sie fliehen mussten? – Nie davon gelesen. Aber hier regen sie sich auf, wenn sie nicht gemocht werden.
Diese Doppelstandards sind unerträglich.
Das sind linkssozialistische, kommunistische Kampfbegriffe. Auf Youtube gibt es genügend Beiträge aus dem 3.Reich und der DDR. Der Sprachstil deckt sich mit dem der heutigen linken Kräfte. Einzig die Lautstärke hat sich gemäßigt. Ansonsten ist immer von Kampf, Schlacht oder -feind die Rede. Kampf dem Volksschädling, Kampf gegen den Klassenfeind, Erzeugungsschlacht, Kampf gegen diesen Mangel, gegen diese Krise, gegen jene Krise!
Sogar das Gendern habe ich schon in Fernsehdokus des Ostfernsehens aus dem 70igern der DDR entdeckt: „Durchfahrende und Arbeitende“
Für mich ist das alles heute der Versuch, die DDR 2.0 auferstehen zu lassen.
Wenn man die lange Zeit üblichen Ziele von „fairer politischer Auseinandersetzung“, „Respekt vor dem politischen Gegner“ etc. befolgen würde, ließen sich viele der gesellschaftlichen Veränderungen, die wir in den letzten Jahren sehen, die auch viele Verlierer haben, nicht realisieren.
Das geht nur indem Menschen, die Kritik äußern oder gegen bestimmte Veränderungen sind, als „Feinde“ deklariert werden, man sie „gegen die Person“ außerhalb stellt. Andernfalls wäre der Widerspruch vieler Menschen so immens, dass besagte Umwälzungen nicht realisierbar wären. Aber aus Angst „Feind“ zu sein schweigen viele, der Deutsche ist ja brav.
Muslimfeindlich ist m.E. schon falsch, denn Muslim bezieht sich auf die Person, den Menschen. Wenn, dann sind die Leute islamfeindlich, weil sie diese menschenverachtende Ideologie mit Weltherrschaftsanspruch ablehnen. Den Menschen erst, wenn er sich entsprechend menschenfeindlich verhält.
Feinde sind die, die die eignen Pfründe bedrohen. Derzeit sind diese Pfründe unter den Parteien der Nationalen Front aufgeteilt. Und das soll nach deren Meinung auch so bleiben. Jeder Konkurrent=Feind muß zwindend weggebissen werden. Mein Reich, mein Glaube (an den Weltuntergang), mein Geld (der Untertanen).