Leitender MDR-Mitarbeiter fordert Boykott von Sonneberg „auf allen Ebenen“

Michael Voß, Chef vom Dienst in der ARD-Anstalt, ruft zur Kollektivbestrafung des Kreises Sonneberg auf – wegen der Wahl eines AfD-Landrats. Bis jetzt äußerte sich der Sender nicht zu dieser Entgleisung.

IMAGO / Steinach

Nach der Wahl eines Landrats der AfD im thüringischen Kreis Sonneberg am vergangenen Sonntag scheint unter linken Politikern und Journalisten ein Wettbewerb um die schrillste Wählerbeschimpfung stattzufinden. Den vorläufig ersten Platz sicherte sich Michael Voß, Chef vom Dienst und Autor des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR). In einem Tweet forderte Voß, den gesamten Kreis in Südwestthüringen mit seinen gut 56.000 Einwohnern „im Tourismus, in der Wirtschaft und auf allen Ebenen“ zu boykottieren, um ihn so für das Wahlverhalten der Mehrheit abzustrafen. Das Motto der geforderten Racheaktion lautet bei Voß: „Schützt die Demokratie“.

— Michael Voß (@michael_voss) June 25, 2023

Die Besonderheit seines Aufrufs liegt darin, dass er erstens am liebsten unterschiedslos eine Kollektivstrafe über den Kreis verhängen würde – und zweitens, dass er als MDR-Mitarbeiter sein Gehalt unter anderem auch dank der Rundfunkgebühren („Demokratieabgabe“) der Sonneberger erhält, also denjenigen, die seiner Meinung nach wirtschaftlich stranguliert werden sollen.

Auf Twitter erreichten ihn offenbar auch viele kritische Kommentare. Jedenfalls beschwerte sich Voß, wie in diesen Fällen mittlerweile üblich, über den „Hass“, der ihm nun plötzlich entgegenschlage. Außerdem beteuerte der MDR-Mitarbeiter, sein Twitter-Account sei privat, er habe mit seinem Arbeitgeber nichts zu tun. Das stimmt nur sehr bedingt. Zwar enthält er im Kopf die Zeile „privat hier“. Allerdings nennt Voß nicht nur ausdrücklich seine Funktionen beim MDR, sondern bildet auf Twitter auch prominent die Zentrale des ARD-Senders in Leipzig ab.

Der MDR zeigte in letzter Zeit erhebliche politische Schlagseite. Kürzlich flog auf, dass ein Mitarbeiter in einem Beitrag, der sehr positiv und einseitig über die sogenannten Klimakleber berichtete, die Schmerzensschreie eines Blockierers, den die Polizei wegführt, manipulierte, um sie dramatischer wirken zu lassen. Eine MDR-Redakteurin rückte in einem anderen Beitrag Bürger, die auf ihre individuelle Freiheit bei der Wahl ihrer Lebens- und Verkehrsmittel bestehen, pauschal in die Nähe des Rechtsradikalismus.

Bisher ist nicht bekannt, ob Voß konsequenterweise auf den Teil seines Gehaltes verzichtet, der rechnerisch dem Anteil von AfD-Wählern im Sendegebiet des MDR entspricht.

Von Reaktionen des MDR ist bisher noch nichts bekannt. Die Dreiländeranstalt wird sich jetzt an dem Fall Uwe Steimle messen lassen müssen: Sie beendete 2020 den Vertrag mit dem Kabarettisten Uwe Steimle, der frei für den Sender arbeitete. Begründung damals: Steimle sei, so der Fernsehdirektor, mit „vielen seiner zum Teil fragwürdigen Aussagen immer wieder an Grenzen und manchmal auch darüber hinausgegangen“. Zu diesen kritisierten Aussagen Steimles gehörte unter anderem auch der Vorwurf mangelnder Staatsferne gegen den MDR, den der Kabarettist in einem Interview mit der „Jungen Freiheit“ erhoben hatte.

Übrigens als Privatperson.

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