Die hilflose Merz-CDU traut sich nicht, der Ampel zu widersprechen

Die CDU will ein Kinderzukunftsgeld einführen. Wie sich das von der Subventionspolitik der Ampel absetzt, kann der Vorsitzende Friedrich Merz nicht recht erklären. Unterschiede zur Regierung setzt er nur in Nuancen – und kann keinen Gegenentwurf formulieren.

IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Die politische Landschaft ist um eine neue Vokabel reicher: Kinderzukunftsgeld. Das verspricht die CDU jungen Familien. Damit hebt sie sich von der Ampel ab. Die fordert nämlich eine Kindergrundsicherung. Etwas komplett anderes. Das fängt schon mit dem Namen an. Dann unterscheiden sie sich in der Art der Auszahlung. Obendrein gibt es ja auch noch die verschiedenen Namen: Kindergrundsicherung Ampel, Kinderzukunftsgeld CDU. Bitte merken.

Es sind die Nuancen, in der sich die CDU von der Ampel abheben will. Das zeigt sich vor allem in der Rede des Parteivorsitzenden Friedrich Merz. Er sagt, die CDU sei die einzige Partei, die Klima und Wirtschaft miteinander versöhnen wolle. Allerdings wollen SPD und FDP das auch. Sogar die Grünen behaupten von sich, dieses Ziel zu haben. Deswegen schiebt Merz ein „in dieser Klarheit“ nach. Es ist also die Deutlichkeit der politischen Sprache, mit der sich die CDU abheben will: Kindergrundsicherung ist Ampel, Kinderzukunftsgeld CDU. Bitte nicht vergessen.

Rund 200 Anträge hat die Ampel bisher in den Bundestag eingebracht. Etwa der Hälfte hat die CDU zugestimmt. Die Christdemokraten waren selbst peinlich berührt, als ihnen das jüngst bewusst wurde. Deswegen sollte der Bundesausschuss eine Gelegenheit werden, sich von der Ampel abzusetzen. Und dabei hat die CDU ein Kinderzukunftspaket beschlossen, das ein Kinderzukunftsgeld enthält. Die Ampel will wiederum eine Kindergrundsicherung. Bitte nicht verwechseln.

In der Eröffnungsrede des Parteichefs müssen Beobachter die Aussagen interpretieren. Helmut Kohl erwähnt Merz gleich am Anfang der 40 Minuten, wiederholt den Namen zwischendrin und endet auch mit dem Kanzler der Einheit. Angela Merkel erwähnt Merz hingegen erst ganz am Schluss: „Auch Angela Merkel, ja, selbstverständlich“, formuliert er seine Reminiszenz. Das klingt halb nach Stolz und halb nach Entschuldigung – und so ist es vermutlich auch gemeint. Denn unter den Christdemokraten ist die Behauptung, dass in den 16 Jahren Merkel alles super war, einem trotzigen „Es war nicht alles schlecht“ gewichen.

Nun soll ein neues Grundsatzprogramm für einen Neuanfang der CDU stehen. Bald soll die Öffentlichkeit wissen, wofür die Christdemokraten stehen: Sie muss nur noch die Sommerferien abwarten, den Beginn der Bundesliga, Wahlen in Hessen, Martinsumzüge, Wahlen in Bayern, eine neue Staffel von Deutschland sucht den Superstar, Weihnachten, Karneval, Ostern sowie die Schlussphase der Bundesliga. Und schon soll das Grundsatzprogramm der CDU fertig sein. Anfang Mai. 2024. Bis dahin sucht die CDU ihre Unterschiede zur Ampel in Nuancen. Etwa mit einem Kinderzukunftsgeld statt einer Kindergrundsicherung. Bitte nicht unterschätzen.

Merz beginnt seine Rede mit den Gemeinsamkeiten in der Ukraine-Politik. Nur lege sich Scholz da verbal nicht genügend fest. Ein Gebäudeenergiegesetz – bundesweit bekannt als Habecks Heizhammer – habe es schon unter der CDU gegeben. Nur seien die parlamentarischen Verfahren da sauberer verlaufen. Formulierungen, Verfahren. Die Hälfte der Rede ist fast vorbei, da hat Merz noch nicht wirklich einen Grund genannt, warum sich Ampel und CDU grundsätzlich unterscheiden. In der Wirtschaftspolitik zählt er die Fehler der Regierung auf, ohne zu sagen, wie sie unter ihm aussehen würde.

Erst in der Einwanderungspolitik unterscheidet sich Merz von der Ampel: „Die Bereitschaft, Menschen aufzunehmen, stößt an Grenzen.“ Deswegen könne es unbegrenzte Einwanderung nicht geben. Das ist in der Tat ein Unterschied zu den Positionen der Ampel, etwa von Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Doch wie er die Einwanderung begrenzen will, sagt Merz nicht. Und sich von Merkels Politik der offenen Grenzen distanzieren, tut ihr Nachfolger auch nicht.

Hendrik Wüst, Parteifreund von Merz und Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen hat in einem Gastbeitrag die Sprache des Vorsitzenden kritisiert – sie sei zu nahe an der AfD. Merz hat verstanden und während des Bundesausschusses Kreide gefressen. Selbst als er eben diesen Gastbeitrag anspricht. Solche Beiträge finde er ja gut, sie müssten aber auch die anderen in der Partei loben. Und Merz schließt diesen Punkt mit der Weisheit: „Wir dürfen nicht erwarten, dass uns andere loben, wenn wir es nicht selbst tun.“ Das klingt so, als ob demnächst sehr viele Christdemokraten betonen werden, dass Kindergrundsicherung etwas ganz anderes als Kinderzukunftsgeld ist. Nein, Entschuldigung, umgekehrt.

In der „neuen Geschlossenheit“ sieht Julia Klöckner die Chance für die Partei: „Die Union steht in den aktuellen Umfragen wieder deutlich auf Platz eins.“ Das sei auch und vor allem das Verdienst von Friedrich Merz. Sie kündigt an: „Wir nutzen unseren kleinen Parteitag dazu, inhaltliche Leerstellen zu füllen. Mit diesem Anspruch ist die neue Parteiführung 2021 angetreten und wir setzen diesen Anspruch mit hohem Engagement und großer Geschlossenheit um.“ Im Bundestagswahlkampf sei den Christdemokraten oft vorgeworfen worden, dass sie zu viele soziale Fragen offen lassen und gleichzeitig keine Konzepte vorlegen, die die maßgeblichen Probleme der Menschen ansprechen und lösen. Klöckner verspricht: „Heute nehmen wir uns ein gewichtiges und für viele Menschen wichtiges Thema vor: Chancengerechtigkeit von Kindern. Und wir zeigen klar und deutlich: Wir, die CDU, sind die Familienpartei.“

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 98 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

98 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
PeterMichael
1 Jahr her

Andreas, habe gerade gelesen, dass die Feindstaatenklausel durch Resolution 49/58 der Generalversammlung vom 9.12.94 offiziell für hinfällig erklärt wurde. Der Passus ist jedoch weiterhin in der Satzung enthalten.
Das Thema hatte mich auch interessiert.

StefanZ
1 Jahr her

Die CDU hat es wieder einmal eindrucksvoll geschafft, die Wähler von der AFD zu überzeugen. Selbst die SED ist da mittlerweile überzeugender. Ob Mohammed und Abdullah zukünftig Kinderzukunftsgeld oder Kindergrundsicherung erhalten sollen, ist dem Biodeutschen doch völlig schnuppe. Die einen kriegen ja wegen Klima keine Kinder mehr und die anderen sind sowieso alle rechtsextrem. Oisch offen, möchte man da spontan rufen. Ach so, da war ja schon einer schneller.

Waehler 21
1 Jahr her

F. Merz: „ Dem Volk nach dem Mund zu reden ist Populismus“ hat der Mann vergessen, dass er in einer Demokratie nur ein Angestellter ist?
Wer dem Volk abspricht für sich alleine entscheiden zu können was für einen gut ist und was nicht, der sollte aufhören zu behaupten, er sei ein Demokrat!

Jan
1 Jahr her

„„Die Bereitschaft, Menschen aufzunehmen, stößt an Grenzen.“ Deswegen könne es unbegrenzte Einwanderung nicht geben. Das ist in der Tat ein Unterschied zu den Positionen der Ampel, etwa von Innenministerin Nancy Faeser (SPD).“ Nicht wirklich. Merz legt nur wieder die alte abgedudelte CDU-Platte von vor 40 Jahren auf. Und das sogar noch weichgespülter als damals. Wer will auf diese alten Tricks zum x-ten Mal hereinfallen? Es hat noch unter keinem CDU-Kanzler eine Beschränkung der Zuwanderung gegeben, egal was im Parteiprogramm stand oder in Reden versprochen wurde. Das ist Fakt. Von daher war Merkel nur die radikale Weiterführung einer unbestreitbaren Kontinuität. 1982… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Jan
Waehler 21
1 Jahr her

Wer Politik für sein Wählerklientel macht ist hipp (Posten, Subventionen Zuschüsse ÖRR …) . Wer versucht für die breite Bevölkerung Politik zu machen ist rechts. Einfache Logik.

Last edited 1 Jahr her by Waehler 21
Evero
1 Jahr her

Diese Frage sollte geklärt werden im Interesse Deutschlands: Wer sind die „advocati diaboli“ hinter dem LINKSRUCK des deutschen Parteienspektrums und warum tun sie das? Wer sind die Täter?
Es ist völlig offensichtlich, dass zwischen Parteipolitik des Parteienspektrums und Wählerpräferenzen ein Missverhältnis vorliegt. Es fehlen konservative Angebote, da man ja per ordre de mufti sinistre auch die AfD mit dem Stigma der Unwählbarkeit versehen hat. Was geht hier vor? Wer sind die, die Deutschland gekapert haben und uns auf links trimmen wollen???

Last edited 1 Jahr her by Evero
PeterMichael
1 Jahr her
Antworten an  Evero

Ich frage mich auch schon in den letzten mindestens zwei Jahren – was ist die tatsächliche Agenda und wer steuert diese ? Evero, sie haben Recht, wer hat Deutschland gekapert ? Wenn man dem nachgeht, wer lt. TE diesen grünen Sumpf letztendlich finanziert, könnte man meinen, dass die Grundsteuerung aus dem Großkapital in USA kommt, welches dann nach Europa verschoben wird und hier teilweise die grünen NGOs – zusammen mit unser öffentlichen Hand also wir selbst – finanzieren. Ist auch insofern logisch, dass der Blackrock-Mann Merz hier „Bisshemmungen“ hat, sich für deutsche Interessen einzusetzen. Folge dem Geld – die einzigen,… Mehr

Juergen Waldmann
1 Jahr her

Die Grünen KLEBEN fest auf den Stühlen der Ampel , egal was in Brüssel oder Berlin entschieden wird , die CDU/CSU möchte nicht regieren , hat Angst vor Verantwortung ! Gerade jetzt zeigt Herr Merz seine Scheu vor einer Machtübernahme , dabei wird die Chance immer größer , dass dem Kanzler Olaf Scholz die Regierung um die Ohren fliegt . Die CDU/CSU braucht für Merz eine andere Person , eine Alternative , die die Gunst der Stunde mit der AfD nutzt .

Sani58
1 Jahr her

…und die AfD klatscht in die Hände. Die kommen aus dem Grinsen nicht mehr raus. Zu Recht. Nicht nur die interessierte Öffentlichkeit, auch die CDU Basis muss doch merken, was Sache ist….eigentlich.

Thorsten
1 Jahr her

Offensichtlich war Angela Merkel weniger ein „historischer Ausrutscher“ der CDU als die Lichtgestalt der zukünftigen CDU.
Wenn nur nicht das Scheitern der Merkelschen Traumtänzerei in der realen Welt wäre.
Die CDU ist eine „Pippi-Langstrumpf-Partei“ geworden.
Dauerhaft unwählbar.

Evero
1 Jahr her

Bild hat gerade eine neue Umfrage veröffentlicht, bei der CDU-Anhänger zu Präferenzen für etwaige CDU-Kanzlerkandidaten befragt werden. Das Ergebnis: Söder liegt leicht vorne, gefolgt von Wüst, Günther, dann Merz und Schlusslicht ist Spahn. Die Bombe: 37% der Befragten konnten sich für keinen der 5 Kandidaten entscheiden und 14% kreuzten an „weiß nicht“. Da offensichtlich die Hälfte der CDU-Wähler der Meinung ist, dass die jetzige CDU-Führung keinem guten Job macht, müsste sich die CDU einen Kanzlerkandidaten von der AfD ausleihen. Fazit: die CDU kann weg. Sie ist ein Wurmfortsatz der Ampelpolitik. Wenn die Konservativen in der Union zur AfD wechselt, ist… Mehr