Das Protokoll der Befragung von Robert Habeck und Patrick Graichen im Wirtschaftsausschuss offenbart einen genervten und patzigen Vizekanzler, sowie keinerlei Einsicht der Beteiligten in die Problematik der etablierten Verbindungen zwischen NGOs, Investoren und Politik. Man kennt sich halt und findet das auch ganz okay.
Man kennt sich. Auf diese einfache Formel lässt sich die Lektion der Graichen’schen Trauzeugen-Affäre nach der gemeinsamen Sitzung des Wirtschafts- und Klimaschutzausschusses letzte Woche reduzieren. Hätte die Stelle als Geschäftsführer bei der Deutschen Energie-Agentur (dena) nicht Trauzeuge Michael Schäfer bekommen, sie wäre wohl an einen anderen Bekannten oder Freund gegangen. Das spricht zwar niemand direkt an, aber das liegt wahrscheinlich daran, dass solche Prozesse in bestimmten Kreisen als vollkommen normal angesehen werden. Der Rest der Sitzung ist voll von fast schon barocken Verzierungen, Ablenkungsmanövern und Selbstinszenierungen, die anscheinend vom Wesentlichen ablenken und doch dazu beitragen.
Habeck spricht auch gerne und vermeintlich offen über Macht. Es ist Teil seiner Anziehungskraft, die sich aus dieser scheinbaren Ehrlichkeit speist. Er sagt, wie es ist, und – um es mit seinen Worten zu sagen – „das ist auch okay“. Sie alle wären Politiker und darum wüsste man, dass es „nicht immer um Sachaufklärung, sondern um Macht, um Machtinteressen“ ginge. So weit, so herrschaftlich. Doch dann kommt auch schon wieder der Appell zur Differenzierung, „zumindest von meiner Seite“, so Habeck. Dann schießt Habeck den Vogel ab: „In den letzten Wochen und Monaten, und das möchte ich gerne voranstellen, wurde mit einer Härte und teilweise einer Häme, die weit über das übliche Maß hinausgeht, geredet und gearbeitet. Dabei wurden Unterstellungen und Unwahrheiten in die Welt gesetzt. Es fielen böse Formulierungen und die Arbeit des gesamten Wirtschaftsministeriums ist teilweise diffamiert worden.“
Ausgerechnet ein Minister und Vizekanzler der Grünen beklagt nun mangelnden Respekt vor dem politischen Gegner! Er behauptet zum wiederholten Male, es handle sich um „Unterstellungen“ und „Unwahrheiten“, ohne darauf einzugehen, welche Aspekte nun tatsächlich „unwahr“ wären. Und es fielen „böse Formulierungen“? Böser als zum Beispiel „Deutschland hat eine eklige, weiße Mehrheitsgesellschaft“ (Sarah-Lee Heinrich), „Natürlich kennen die Grünen Vaterlandsliebe! Wir kennen und verachten sie“ (Timon Dzienus), oder „Rassismus gegen Deutsche ist richtig und wichtig“ (Sibel Schick)? Kann es sein, dass Robert Habeck mit zweierlei Maß misst?
Als Häuptling Robert zu Häuptling „Kurze Lunte“ wurde
Natürlich tut er das. Wenn Habeck von „Macht und Machtinteressen“ spricht, dann meint er damit den politischen Gegner, der sich nur aus solchen Interessen gegen ihn und seine Politik stellt. Für sich selbst hingegen beansprucht Habeck, ohne es auszusprechen, an der Macht zu sein und die Freiheit, man solle ihn gefälligst unbehelligt seine Arbeit machen lassen. Die Genervtheit, mit der Habeck auf jede Kritik an sich, seinem Ministerium und seiner Partei reagiert, ist getragen von einem Geist, den er auch in diesem Ausschuss ungefähr so zum Ausdruck brachte: Es sind Fehler begangen worden, okay, aber das ist menschlich. Da werden wir was dagegen tun. Zumindest geben wir aber zu, dass wir Fehler gemacht haben, andere, die das nicht zugeben, sind nicht so reflektiert, also was wollt ihr noch? Lasst uns einfach weiter arbeiten. Ähnlichkeiten zu Franziska Giffey und ihrer damaligen Hoffnung, einfach weiter regieren zu dürfen, statt neu wählen zu müssen, sind rein zufällig.
Ja, so sind sie, die Grünen. Wo andere nur Fehler machen und diese nicht eingestehen, haben die Grünen sogar eine ganze Fehlerkultur. Sie erklären ihre Fehler sogar. So nutzten Habeck und Graichen gleich mehrmals die Gelegenheit, die Postenbesetzungen der Familie Graichen und die gesamte Energiewende durch Entscheidungen der Vorgängerregierung zu erklären. Vor den Augen der Öffentlichkeit entfaltet sich somit ein politisches Ballett größter Finesse. Die Grünen beanspruchen für sich Fehlerkultur, die darin besteht zu sagen „Fehler, okay, Schwamm drüber“, dann der CDU – nebenbei nicht unbegründet – die implizite Schuld dafür zu geben, die grüne Politik salonfähig gemacht zu haben, ein Vorwurf wiederum, gegen den sich die CDU nicht wehrt, wofür ihr im Umkehrschluss das Recht zukommt, in Form von Julia Klöckner im Ausschuss die einzigen kritischen Fragen zu stellen, denen nicht mit Spott und Missgunst begegnet wird. Ein Ränkespiel, das den königlichen Hof in Versailles vor Neid erblassen ließe, vor allem wenn man auch noch die anderen Parteien mit einbezieht.
Ritualisiertes Ränkespiel am Hofe Roberts I.
Da wären zunächst einmal die Grünen selbst. Gleich mehrere Abgeordnete fungierten hier als Kelchträger und Steigbügelhalter für Sonnenkönig Habeck. Ingrid Nestle gönnte ihrem Chef die erste Atempause, als sie zu Protokoll gab, wie beeindruckend sie es finde, „wie klar Patrick Graichen selbst, aber auch Minister Habeck, einfach sagen: Hier ist ein Fehler passiert“. Für alle, die es zu dem Zeitpunkt noch immer nicht wussten, legt sie dar: Alle Menschen machen Fehler. Es wäre zwar gut, wenn es „nicht zu viele“ wären, „aber einer passiert jedem ab und zu“. Entscheidend sei, wie man damit umgehe. „Ein sehr viel transparenteres Verfahren als dieses ist an dieser Stelle nicht denkbar“.
Auch die zweite Abgeordnete der Grünen, Sandra Detzer, huldigte der Arbeit des Ministeriums, als sie hervorhob, was für tolle Arbeit Patrick Graichen bei der Beilegung der Energiekrise geleistet habe. Das stieß auch bei Habeck auf offene Ohren und erlaubte ihm wieder einmal zu betonen, dass das vergangene Jahr „wirklich ein Hochleistungssportjahr“ für das Ministerium war und Patrick Graichen die Deutschen quasi eigenhändig vor dem Kältetod bewahrt hätte. Bei solchen Leistungen muss man halt auch mal über Fehler hinwegsehen, denn Fehler machen alle Menschen, usw. usf. Ob die beiden Damen am Ende ihres Lobgesangs Habecks Siegelring küssten, ist im Protokoll leider nicht festgehalten.
Damit aber war das Feld gut abgesteckt und bis zum Ende der Sitzung beteiligten sich fast alle Redner am Ritual des Hinweises auf die Ungeheuerlichkeit der Wortwahl von Rainer Kraft. Der Abgeordnete der FDP, Michael Kruse, fand auch den Kraft-Ausdruck Inzuchtgremien „unerträglich“ und Habeck selbst legte noch einmal nach, dass er nicht bereit ist, „am Tag der Bücherverbrennung Begriffe aus dem Faschismus hier zu ertragen“. Die Frage von Rainer Kraft, wie sich die Zusammenarbeit der Agora mit drei chinesischen Beratungsinstituten erklärt, wurde bereits zuvor von Habeck mit einem Seitenhieb auf die Position der AfD hinsichtlich des Kriegs in der Ukraine abgeschmettert.
Patrick Graichen unter seinesgleichen
In diesem beeindruckenden Schauspiel, in dem jeder und jede Partei ihre eigene Rolle zu spielen hatte, gab es allerdings noch einen weiteren Faktor und zwar Patrick Graichen selbst. Vor allem im Verhör mit Julia Klöckner offenbarte sich die Problematik der Methode, die diesen Netzwerken innewohnt. Graichen wusste zwar von Michael Schäfers geplanter Bewerbung, hatte ihn selbst aber nicht der Bewerbungskommission empfohlen. Allerdings hatte Graichen sehr wohl andere Kandidaten für den Posten vorgeschlagen, die wohl auch in die engere Auswahl kamen. Graichen kannte sie unterschiedlich gut, aber immerhin so gut, dass er 4 von 6 Kandidaten, die in die engere Auswahl kamen, duzte. Ob Graichen bei seiner Empfehlung Kandidaten vorschlug, die er zwar kannte, von denen er aber wusste, dass sie dem Anforderungsprofil weniger entsprachen als Michael Schäfer, lässt sich nicht beweisen. Denn die vielzitierte Einstimmigkeit über die Bestellung von Michael Schäfer muss eben nicht allein ein Resultat von offensichtlichem Protektionismus sein, sondern könnte auch lediglich auf das beste Angebot in der Auswahl zurückgeführt werden.
Der Fehler, der unterlief, war für Habeck und Graichen nicht die Bestellung von Michael Schäfer, sondern dass es aufflog, weil man sich nicht genug hinter den Regeln versteckte. Das holten Habeck und Graichen im Ausschuss nach. Jede Frage nach möglichen Konsequenzen der Affäre wurde mit einem Verweis auf undurchsichtige „Prozesse“ und „Untersuchungen“ abgetan, man müsse sich das „in Ruhe angucken und dann entscheiden“. Man könnte es auch aussitzen nennen. Denn letztlich ist man sich im Ministerium Robert Habecks sicher, dass hier die Besten der Besten arbeiten, neue Eliten, befreundet seit Jahrzehnten und groß geworden in unzähligen grünen Organisationen wie der Agora. Und wir Störenfriede sollen die jetzt doch endlich mal ihre Arbeit machen lassen, Fehler hin oder her.
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Vielen Dank für den erhellenden Artikel. Ich möchte nur kurz zu Herrn Kraft (AfD) etwas sagen, undzwar dass ich der unverrückbaren Überzeugung bin, dass im Haifischbecken eines solchen Untersuchungsausschusses, in dem praktisch alle Beteiligten den mittlerweile zu Blockparteien mutierten Parteien angehören, es vollkommen gleichgültig gewesen wäre, was – wer auch immer von der AfD gesagt hätte- vom eigentlichen Thema ablenkend zu einer, beinahe möchte ich sagen inszenierten Schlammschlacht dagegen, geführt hätte.
Ich frage mich ernsthaft, was der Herr Habeck denn erwartet, wenn er mit seinen Gesetzen die Lebenspläne und Vermögen ganzer Generationen in den Staub tritt. Wie diese Leute und auch ich, selbst wenn sie noch wohlwollend, so wie er sich das vorstellt, sein sollten?!
Da ist Häme noch das Geringste…..ich hätte an seiner Stelle ganz andere Ängste…
Habeck und Freunde agieren wie Kreuzzügler, beseelt vom Glauben an Wind, Sonne und Wärmepumpen. Mit Andersdenkenden wird nicht diskutiert, sie werden als geistig auf einer minderen Stufe stehend verachtet und rücksichtslos mit allen Mitteln,Tricks und Täuschungen bekämpft, Legalität ist zweitrangig, Mehrheitsmeinungen sind irrelevant.
Warum denke ich hier spontan an die Mafia?
Die Wahlergebnisse geben den Grünen recht. Siehe Bremen. Wieder locker zweistellig. Und das trotz all der Korruptionsskandale und der dilletantischen Politik von Habeck und Baebock auf Bundesebene und der grünen Spitzenkandidatin auf Landesebene. Was braucht es noch, damit die Grünen in Westdeutschland unter 5%, oder wenigstens auf einstellige Ergebnisse rutschen? Muss Anallena und Robert dafür erst noch persönlich jedem immobilienlosen Arbeitnehmer das letzte Hemd ausziehen, die Mietwohnungen der Kartoffeln für “Flüchtlinge” zwangsräumen lassen und diese Schonlängerhierseienden in Gemeinschaftsunterkünfte einweisen?
In den USA und GB sich solche Verfahren öffentlich und im Internet zu verfolgen.
Demokratie und Deutschland….
Bündnis 90/die Graichens werden das aussitzen. Habeck ist ein eitler, selbstgerechter Fatzke, ich würde es schon narzisstisch nennen wollen. Solche Menschen halten sich für unantastbar! Unerträglich ist milde ausgedrückt!
Das sind fast alle „Spitzen“politiker, gehört zur Grundlage um sich nach oben zu buckeln.
Robert Habeck ist und bleibt ein „empty suit“ und die grüne Bagage eine Bande von Halbstarken à la West Side Story, die gedanklich nicht zu erfassen sind. Mein lieber Vater würde gesagt haben: Dbd,da helfen keine Pillen.
Vetternwirtschaft ist ein minderes Problem, das war seit Adenauer so. Es kömmt allein auf die Wirtschaft an … . Ich denke, die Grünen hängen an der Wärmepumpe, eine Art künstliche Beatmung – Stecker raus, aus. Aber das muss der Souverän schon selber machen, will er nicht bald auf dem letzten Loch pfeifen.
Ich lebe im Rheinland. Da gibt es einen Spruch, nein eine Lebensphilosophie: „Ma kennt sich, ma hilft sich!“ Ende! So lebt es sich hier seit wann? Keine Ahnung! Gefühlt seit Jahrhunderten. Und einiger Maßen vernünftig. Ein kompliziertes Räderwerk in dem man die Regeln und Gesetze kennen muss. … Bis, ja bis in der Neuzeit einige neue Spieler auf dem Feld erschienen sind, und eine Mannschaft ihr Wesen und vor allen Dingen ihre Aufgaben vergessen, schlimmer ihre Seele verkauft haben. Die Neuen heißen Grüne, die Altherren/Damenmannschaft heißt SPD. Dann gibt es einen Verein namens CDU, die macht was? Über lange und… Mehr