„Get woke, go broke“: Vice vor dem Bankrott

Dem Aushängeschild des links-progressiven Journalismus, Vice Media, droht das finanzielle Aus. 2017 wurde der Wert des Medienhauses noch auf 5,7 Milliarden Dollar geschätzt. Danach begann ein beispielloser Abstieg, der mit dem kompromisslosen Bekenntnis zu woken Idealen einherging.

IMAGO / Zoonar

Nachdem bereits vor wenigen Wochen das woke Online-Portal Buzzfeed bekannt gab, dass es schließen und die Mitarbeiter der Nachrichtenabteilung entlassen müsse, trifft es nun auch das Urgestein progressiver Internetmedien, Vice. Das 1994 in Kanada als Punk-Magazin gegründete Vice verzeichnete in den letzten Jahrzehnten enormes Wachstum und wurde noch 2017 mit einem Wert von 5,7 Milliarden Dollar veranschlagt.

Von diesem Wert scheint mittlerweile nicht mehr viel übrig zu sein. Die New York Times zitierte Mitarbeiter von Vice, die über eine bevorstehende Insolvenz des ehemaligen Aushängeschilds progressiven Vorzeigejournalismus berichteten. Zwar stünden bis zu fünf mögliche Käufer im Raum, doch die Zeit drängt und eine fristgerechte Übernahme scheint von Tag zu Tag unwahrscheinlicher.

Abschied von den Lesern:
Die FAZ entdeckt den „planetarischen Journalismus“
Bereits vor etwas mehr als einer Woche hatte der Online- und Fernsehableger seine Mitarbeiter freigestellt. Das ehemalige Printmagazin hatte im Zuge seiner Erfolgsgeschichte großflächig expandiert, betrieb sogar ein eigenes Filmstudio, produzierte Dokumentationen und verfügte über eine Fernsehsendung beim Privatsender HBO. Doch bereits im Zuge der letzten Jahre kam es wieder zu Entlassungen, der Versuch, gewinnbringend zu wirtschaften, scheiterte immer wieder kläglich.

Schon im Jahr 2008 verließ einer der Gründer von Vice, Gavin McInnes, nach „internen Meinungsverschiedenheiten“ mit seinen beiden Mitgründern das Magazin. Beide Seiten wollten sich nie zu Details äußern, doch während McInnes seitdem zu einem Kommentator und Autor im neurechten Spektrum (unter anderem bei Rebel Media) wurde und die Männerbewegung Proud Boys gründete, wandelte sich Vice mehr und mehr von einem Punk-Magazin mit gegenkulturellem Anspruch zu einem links-progressiven Meinungsblatt, das alle woken Trends unkritisch mittrug.

Nach der Eröffnung des neuen Online-Magazins im Jahr 2012 boomte zunächst das Geschäft. Großkonzerne wie Disney investierten und 2013 stieg selbst Rupert Murdochs 21st Century Fox bei Vice ein. 2019 versuchte Disney, das unter anderem die Anteile von Fox aufgekauft hatte, für die Summe von 3 Milliarden Dollar eine vollständige Übernahme, die jedoch scheiterte. Die dunklen Wolken begannen sich zu diesem Zeitpunkt bereits am Horizont abzuzeichnen. 2017 erschütterte ein MeToo-Skandal das woke Vorzeigeprojekt und mit dem Beginn der Pandemie und den damit einhergehenden, reduzierten Werbeeinnahmen, war der Niedergang vorprogrammiert.

Das alte Mantra „get woke, go broke“ bewahrheitete sich auch hier, und zahllose Twitter-Nutzer kommentierten unter Verwendung dieser Redewendung die Neuigkeiten aus dem Hause Vice. Unter der vormaligen Chefredakteurin Ellis Jones, die von 2015 bis Juni 2021 das Zepter schwang, bevor sie nun „digitales storytelling” für Zalando betreibt, sowie unter der Leitung von CEO Nancy Dubuc, die 2018 die Führung des Unternehmens übernahm, setzte Vice vollends auf den Umbau zu einer „progressiven, diversen und inklusiven“ – sprich: woken – Unternehmenskultur. Ende Februar 2023 verkündete Dubuc, dass sie ihren auslaufenden Vertrag nicht verlängern würde und als CEO zurücktrete. Sie sei aber „stolz, ein besseres Vice zu hinterlassen, als jenes, das sie vorfand“. Weniger als drei Monate später dürfte dieses bessere Vice, wenn sich kein Investor erbarmt, nun endgültig vor dem Aus stehen.

Bis dahin können Besucher der Webseite sich aber noch immer an zahlreichen Artikeln zur Extremismusgefahr durch Nazis aller Couleur, Klimaalarmismus und Drogenpropaganda, sowie an einer Mitarbeitersektion erfreuen, die Grafiken gelangweilter BiPoCs mit Laptops auf den Knien mit dem Versprechen von „financial wellness“ und „time away from work“ (Zeit abseits der Arbeit) verbinden. Bis heute begreift kein Vice-Autor, wie dieses Modell jemals fehlschlagen konnte.

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Kommentare ( 9 )

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Bonzo der Grosse
1 Jahr her

Vice lebt eben den antikapitalistischen Ansatz nun voll aus. In einer gerechten Welt hätte das Angebot von Vice ohnehin für jeden kostenfrei zur Verfügung stehen müssen und auch nicht mit der Werbung böser Kapitalisten finanziert werden dürfen. Dafür hätte den Angestellten auch satte 2500 kcal täglich an Nahrungsmitteln zur Verfügung gestellt werden müssen. Wir müssen schließlich erst einmal den Kapitalismus abschaffen, bevor wir in das Paradies auf Erden eintreten.

Last edited 1 Jahr her by Bonzo der Grosse
Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Nicht einmal die deutschen ÖRR-Glotzer werden sich dauerhaft von der links-grünen, woken Gesinnungsblase sedieren lassen. Mittlerweile schwappt die grüne und woke Gülle vielen Zeitgenossen ins Wohnzimmer und es macht sich ein strenger Geruch bemerkbar. Man darf es mit der Gehirnwäsche eben nicht übertreiben. In vielen Gehirnen bleiben halt doch zu viele ungewaschene Stellen frei, die für selbstständiges Denken genutzt werden können. Die Mehrheit der deutschen Untertanen tut sich damit leider etwas schwer, aber wenn man ihnen lange genug auf den Senkel geht, kommt vielleicht doch noch eine Abwehrreaktion zustande.

Waldorf
1 Jahr her

Tja… wer nur Nischen anspricht, der muß auch mit Nischen wirtschaften, egal ob Partei oder Journalismus Und das Kernproblem unserer aktuellen Nischen ist die ständige Radikalisierung, was die Nischen automatisch immer kleiner macht Das ist das Dilemma der ganzen „Identitätspolitik“ Waren früher „die“ Frauen unterdrückte Opfer (immerhin meist die Mehrheit in Gesellschaften, mind aber 50%) wurden es dann „die“ Marginalisierten (was wohl meist jene mit Migrationshintergrund meint) die wichtigsten „Opfer“, dann ging’s in die Hose, wer auf wen steht und aus noch relativ vielen „normalen“ Schwulen und Lesben, wurde nur noch Transdingens der 67 gefühlten Geschlechter das superduper wichtigste Thema… Mehr

Jerry
1 Jahr her

Wenn Wirtschaftsunternehmen meinen „woke“ werden zu müssen, geht es häufig bergab. Das ist auch gut so! Einer meiner persönlichen Favoriten für die nächste Bruchlandung ist die Firma Adidas. Die Zahlen von 2022 waren katastrophal, für dieses Jahr wird auch nichts anderes erwartet. Angeblich soll die Trennung von Kayne West (ist mir eh egal) u.a. dafür verantwortlich sein. Schau ich mir jedoch die Webseite von Adidas und die geschmackvollen Werbekampagnen an, vermute ich etwas anderes. Als ich vor 2 Jahren mal nach neuen Jogging Klamotten gesucht habe, habe ich auch bei Adidas geschaut, da ich bereits seit meiner Kindheit praktisch nichts… Mehr

Wilhelm Roepke
1 Jahr her

Gut so. Je weniger junge Leute mit Propaganda beschallt werden, umso besser.

Transformation
1 Jahr her

Würde unsere Qualitätspresse nicht von der Regierung und US Milliardären durchgefüttert werden, wären alle auch längst pleite. Trotzdem erreichen sie ihr Ziel nicht. Die Abwanderung ist enorm. Man merkt es auch an den finanziellen Verlusten der TV Sender, auch den privaten Sendern. Man guckt sich sehr viele Sendungen einfach nicht mehr an, da man weiß es kommt wieder dieser Belehrungsauftrag, Lügen oder Sendungen über Minderheiten, die kaum einen interessieren. Stattdessen laufen nur noch Sendungen gut, die seichte Unterhaltung bieten und bei denen nur wenig Belehrung läuft, bis auf die Besetzung, denn die verpflichtet alle Minderheiten mit mindestens einem Kandidaten zu… Mehr

Ali
1 Jahr her

Das sind doch seid Langem mal wieder richtig gute Nachrichten. Können wir noch irgendwie helfen das Vice noch schneller pleite geht? ich helfe da wirklich sehr, sehr gerne ?

Heiner Wirth
1 Jahr her

Nach den letzten Flops wie „Strange World“ und „Peter Pan & Wendy“ wird es Disney mit seiner extremen Wokeness woh lauch nicht mehr lange machen. Hier werden aber eher die Investoren nicht mehr mitspielen, bevor eine Insolvenz droht.

Rob Roy
1 Jahr her

Erinnert sich noch jemand an BENTO, einem Ableger von SPIEGEL online? Betrieben von einer Art politisch korrekter Kinderredaktion. BENTO war schon super woke, als hier noch keiner das Wort kannte. Und ging schon pleite, bevor Wokeness bei uns seine Blüte erlebte.

Last edited 1 Jahr her by Rob Roy