Unabhängigkeit, Selbstvertrauen, Risikobereitschaft und der Mut zur abweichenden Meinung sind liberale Tugenden. Vor allem die Tugend der Risikobereitschaft. Sie sind heute aber unbeliebt, weil sie männlich sind.
Das Leben kann ganz schön fies sein. Wer Pech hat, stirbt früh. Wer Glück hat, lebt lange. Und wird alt. Doch das gilt neuerdings als Schande. Nicht, weil man nicht mehr so fit und schön und stark ist im Alter, sondern weil man – und ganz besonders: „der alte, weiße Mann“ – an so ziemlich allem schuld sein soll, was in unserer Welt schiefläuft. Dafür sollen die Alten jetzt auch ungestraft bestraft werden dürfen: mit altersabhängigen Zuschlägen auf die Miete ihrer viel zu großen Wohnungen, mit Aberkennung des Führerscheins, immer trickreicher werdende Kürzungen der Altersbezüge (von wegen: „Die Rente ist sicher!“) und so manchem mehr.
Klar: alt werden war noch nie etwas für Feiglinge! Doch wie viel Mut es braucht, diese zusätzlichen Angriffe der sich sonst gerne als „solidarisch mit den Schwachen der Gesellschaft“ ausgebenden Politik und ihr nahestehender Kräfte zu wehren, wird immer deutlicher. So deutlich wie die Figur des Sündenbocks, zu der „der alte, weiße Mann“ gemacht wird.
Sein jüngstes Werk verteidigt die Kardinaltugend Mut (auch den Mut zur abweichenden Meinung), sowie Risikobereitschaft, Selbstvertrauen und Unabhängigkeit als jene Eigenschaften, die die westlichen Gesellschaften groß gemacht haben. Es sind die Eigenschaften des „alten, weißen Mannes“. Der jedoch von der „woken“ Kulturrevolution unserer Zeit, als Verursacher von „Rassismus“, „Kolonialismus“ und „Sexismus“ diffamiert wird.
Doch woher kommt das? O-Ton Norbert Bolz:
„Man kann diese Frage nur beantworten, wenn man sich klarmacht, wofür der alte, weiße Mann steht. »Alt« steht für Tradition und Erfahrung, für Reife und Bürgerlichkeit, für Normalität und Disziplin. Deshalb ist »alt« ein rotes Tuch für unsere, wie der Journalist Alexander Kissler sie nennt, »infantile Gesellschaft«, deren Charakter Johan Huizinga auf den Begriff des Puerilismus gebracht hat.
Bolz räumt ein, dass sich die Aufklärung zwar von der Tradition emanzipiert habe – aber: „… sie hat selbst eine mächtige Tradition entwickelt, nämlich die Tradition der Freiheit. Es ist vor allem die Freiheit des Westens, der die Einzigkeit Europas durch technischen Fortschritt und wirtschaftliches Wachstum, freien Markt und Individualismus, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie definiert. Nur im Abendland gibt es diesen radikalen Begriff persönlicher Autonomie, der das Leben für einen bewussten Europäer überhaupt erst lebenswert macht. Und Bürgerlichkeit ist die Lebensform der Freiheit in der modernen Welt.“
Norbert Bolz vollendete nur wenige Wochen nach der Publikation seines neuen Buches sein 70. Lebensjahr. Ist auch er ein „alter, weißer Mann“? Im Sinne der von ihm freigelegten Tugenden, auf die diese Wendung kulturhistorisch verweist, ganz gewiss. Denn wo „Aufklärung, Toleranz und Freiheit herrschen sollen, spielt Mut die Hauptrolle. Es geht um den Mut der Aufklärung gegen die Bequemlichkeit der Unmündigkeit.“
Und diesen Mut hat Norbert Bolz stets bewiesen.
Norbert Bolz, Der alte, weiße Mann. Sündenbock der Nation. LMV, Hardcover mit Schutzumschlag, 256 Seiten, 24,00 €.
Empfohlen von Tichys Einblick. Erhältlich im Tichys Einblick Shop >>>
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Interessant wie alte weiße Männer beschrieben werden. Ich bin eine alte weiße Frau und habe mein Leben auch wie die weißen Männer gelebt. Weise eben.
Möchte mich nur auf die ersten Sätze beziehen und noch ergänzen, daß sie absolut zutreffend sind und noch ergänzt werden sollten mit der Feststellung, nur wer gesund stirbt. kreativ und reich lebte, hatte im Prinzip was vom Leben, alle anderen waren mehr oder weniger so mit ihren Problemen behaftet und gerate die Männer älterer Jahrgänge kennen ja noch die Herausforderungen früherer Jahre und nicht umsonst stirbt der alte weiße Mann vorschnell weg, weil viele den Spuren den Lebens nicht entrinnen können, die sich in vielerlei Art niedergeschlagen haben. Deshalb ist es aus heutiger Sicht eine Mißachtung der Lebensleistung vieler männlicher… Mehr
Das Heimtückische, von der neuen Damenrasse betrieben. Wenn einem ein oller Socken hingehalten wird, dann muss man sich ihn nicht noch anziehen. Was ist der „alte weiße Mann“ denn nichts anderes als eine dreifache Diffamierung? Was ist mit den alten weißen Frauen? Was ist denn mit den Alten nicht weiß sind? Und warum überhaupt die Alten? Das ist nicht mehr als ein geschaffenes Klischee zur wahllosen Diffamierung und jeder, der sich diesen „Schuh“ auch noch anzieht, der nimmt dies auch noch an! Da sage ich nur: Selber schuld! Diese Wortschöpfung ist die dreifache Übersteigerung einer Ideologie, die sehr geschickt mit… Mehr
Habe das Buch gelesen. Klare Empfehlung!