Nicaragua öffnet sich für Tourismus

Die meisten Deutschen kennen Nicaragua von Bürgerkriegen und Spendenaktionen her. Doch das zentralamerikanische Land mausert sich zum Tourismus-Standort – der vor allem für Surfer attraktiv ist. Von Charlotte Kirchhof

IMAGO / ZUMA Press
Ein Surfer auf den Wellen des Pazifischen Ozeans in der Nähe von San Juan del Sur, Nicaragua, einem beliebten Surfziel

Leere Sandstrände, mal hell, mal dunkel, die Wellen schlagen hoch, sie rufen nach den Sportlern – Nicaragua ist ein Paradies für Surfer. Neben dem Zugang zu dem Karibischen und dem Pazifischen Meer, verfügt das Land zudem über eine artenreiche und vielfältige Natur – darunter mehrere Vulkane. Die Regierung unter Daniel Ortega hat entdeckt, welchen Trumpf sie auf der Hand hat. Das Land, das in den 1980ern unter einem schweren Bürgerkrieg litt, lockt zahlungskräftige Touristen an. Seit 1995 mit immer mehr Erfolg.

Da Nicaragua touristisch – noch – nicht so stark erschlossen ist, wie beispielsweise Costa Rica, beschreiben „Backpacker-Touristen“ das Land als einen „magischen Ort“. Jüngere Menschen, die mit einem Rucksack von Ort zu Ort reisen und so Plätze erkunden, die touristisch noch wenig erschlossen sind. Viele dieser Backpacker fliehen nach eigenen Aussagen sogar vor den relativ teuren Preisen Costa Ricas, um stattdessen länger in Nicaragua zu verweilen.

Außerdem sei es in Nicaragua einfacher, wie sie vor Ort schildern, Einheimische und deren Kultur kennenzulernen, als in den anderen zentralamerikanischen Ländern. Die Nicaraguaner erscheinen einem als Gast so offen für Touristen, weil sie diesen offen begegnen: Sie suchen das Gespräch mit Gästen in Hostels, laden sie zum Essen ein, machen kleine Geschenke wie Stirnbänder oder helfen beim Surfen und schieben einen in die Wellen. Das hat auch einen wirtschaftlichen Hintergrund: Der neue Wirtschaftssektor bietet viele neue Arbeitsplätze, in denen es möglich ist, gutes Geld zu verdienen, verraten mehrere Nicaraguaner im Gespräch mit Gästen vor Ort.

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So auch in einem kleinen Fischerdorf namens El Tránsito an der Pazifikküste Nicaraguas. Vor acht Jahren begann in diesem Ort der organisierte, internationale Tourismus, nachdem zwei kanadische Freunde ein Surf-Hostel eröffnet haben. Zuvor haben die Einwohner El Tránsitos von Fischerei, Landwirtschaft und vereinzelt auftretenden Touristen gelebt. Seither kommen immer mehr Gäste nach El Tránsito, sodass Kanadier, Deutsche und Österreicher mittlerweile schon sechs Hostels und Hotels im Ort errichtet haben. Berufe, die sich daraus ergeben, sind beispielsweise: Koch, Putzhilfe, Kellner, Bauarbeiter und Surflehrer.

Vom Tourismus profitiert auch die Infrastruktur: Mittlerweile gibt es statt eines Busses am Tag drei Busse, die El Tránsito mit der Hauptstadt Managua verbinden. Zudem eröffnete ein Einheimischer vor fünf Jahren einen kleinen Supermarkt, dessen Produktvielfalt zwar nach deutschen Maßstäben gering ist, das Dorf aber dennoch mit Obst, Gemüse und insbesondere auch Medikamenten versorgt. All das sind Dinge, von denen die Einwohner in El Tránsito zuvor nur träumen konnten: ausgebaute Infrastruktur, bessere Ernährungssituation und medizinische Versorgung.

Darüber hinaus profitieren die Einheimischen von sozialen Hilfsprojekten, die Ausländer starten: In El Tránsito hat ein Amerikaner beispielsweise eine weiterführende Schule errichtet, die unter anderem Englisch lehrt. Die Kinder erhalten somit nicht nur eine bessere Bildung, sondern eine Chance auf einen Abschluss, mit dem sie studieren können. Andere Organisationen bauen Brunnen. Die Entwicklung Nicaraguas wird entsprechend stark von Auslandsdirektinvestitionen angetrieben – und ist davon mittlerweile auch abhängig.

Während 1995, nach Ende des zwei Jahrzehnte dauernden „Contra-Krieges“, erst knapp 391.000 Menschen das Land bereisten, kamen 2017 schon knapp zwei Millionen Touristen. Allerdings verzeichnete Nicaragua danach zwei Einschläge, die für einen Rückgang der Touristenzahlen und des wirtschaftlichen Aufschwungs sorgten: Die erste Krise war ein erneuter Bürgerkrieg im Jahr 2018; die zweite Krise war dann die Corona-Pandemie. So kamen 2020 nur noch 474.000 Touristen ins Land. Die Wirtschaft Nicaraguas erlebte dadurch einen drastischen Rückgang an Umsätzen. Zusätzlich verloren viele Einheimische ihre Arbeitsplätze, die meisten davon im Tourismussektor, wie die österreichische Wirtschaftskammer bekanntgibt. Um sich eine Lebensgrundlage zu sichern, mussten sich die Einheimischen also wieder vermehrt auf die Fischerei und die Landwirtschaft konzentrieren. Das Land entwickelte sich zurück, Armut breitete sich aus.

Jetzt, da der Frieden in Nicaragua wiederhergestellt ist und auch der internationale Flugraum wieder offen steht, steigen die Touristenzahlen erneut. Das Land kann sich von den Krisen erholen und wieder entwickeln; Einheimische finden wieder Arbeit. Und auf Touristen warten Strände, die so einladend sind, wie an wenigen anderen Orten der Welt – vor allem für Surfer.

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Kommentare ( 2 )

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bani
1 Jahr her

Damit das nicht so bleibt gibt es die Politik der Ampel. Die drucken Geld, verarmen die Bevölkerung und haben die hirnverbrannte Idee das komplette Energiesystem sündhaft teuer und nutzlos umzubauen. Ergbnis: Reisen wird nicht mehr möglich sein. Außer vielleicht für Frau Roth von den Grünen die mal wieder auf Steuzahlerkosten 10.000tausende Kilometer weit fliegt um sinnlose Hollywood Partys zu besuchen oder in der Südsee einen Ferientrip zur Panikmache zu machen. Unabhängig davon bezweifle ich die Attraktivität von Nicaragura als sicheres Reiseland doch etwas an.

Last edited 1 Jahr her by bani
UngebetenerGast
1 Jahr her

Schlicht gestrickte Werbung. Außer, dass es noch billig ist, und noch nicht so überlaufen, weshalb die Einheimischen Touristen noch nicht nervig finden, kann man über Nicaragua als Tourismusziel (und überhaupt) nicht viel gutes sagen. Habe neun Jahre dort gelebt.