Bei Maischberger: Alles nur gut gemeint

Bei Maischberger wird der Tod einer "Biodeutschen" durch die Hand eines 17-jährigen Asylsuchenden diskutiert. Nein, Frau Merkel ist nicht schuld. Sie hat nicht den Mörder hereingelassen, sondern syrische Akademikerfamilien. Wie Statistiken irreführen.

Tatsächlich scheint doch irgendwann dieser point of no return erreicht, der Moment, wo man einfach keine Lust mehr hat aufzuschreiben, was man hört, weil das, was erzählt wird, der einhundertste Durchgang des immer selben Vortrages ist, den man doch schon in den vergangenen zwölf Monaten analysiert und seziert hat mit dem in den allermeisten Fällen immer gleichen Ergebnis: Die Fakten laufen vor der Willenserklärung davon.

Vom Gutmensch zum Gutmeiner

Eine erste Erkenntnis: Die so geschmähten Gutmenschen sind in Wahrheit Gutmeiner. Sie meinen es immer nur gut. Alle haben es ja nur gut gemeint. Von der gut meinenden Kanzlerin über die Gäste bei Maischberger bis hin zu irgendeinem Paul und seiner Paula von nebenan, die sich so herzzerreißend in der Asylantenhilfe engagieren und doch immer nur weiter mit diesem Grummeln im Bauch herumlaufen, weil es täglich schwerer fällt, schön zu reden, was sich im realen Leben oft so kaltrealistisch unschön anfühlt.

Maischberger sieht man es auch schon an. Abgespannt. Offensichtlich gar nicht mehr so überzeugt von ihrer Mission, wie noch im letzten Dutzend ihrer Sendungen zuvor. Immer öfter schon selbst intervenierend, wenn ihre Gäste nicht schnell genug ans gesteckte Ziel kommen mögen. Gut, auch das kann am neuen HD-TV liegen, der kaum eine neue Falte verschweigt im Glattgebügelten, aber am Eindruck ändert das ja nichts.

Biodeutsche – der neue Rassismus

Worum gings? Um die Steigerung von Köln, um den Freiburger Mord an einer „Biodeutschen“, wie Gesine Schwan alle Nicht-Ausländer oder Migranten nennt, begangen von einem 17-Jährigen Asylbewerber, der wohl schon ein Jahr hier in Deutschland weilt. Redaktionelles Ziel des Abends, die Empörung in der Bevölkerung in die richtigen Kanäle zu lenken: gegen sich selbst, na klar, gegen das Schwan’sche Biodeutsche. Was für eine böse Frau das eigentlich ist. Wer in so einem Alter so selbstgefällig mit dem Herausforderungen der Zukunft umgeht, Herausforderungen, die nicht mehr die eigenen sein werden, der wirkt einfach unsympathisch, besserwisserisch, belehrend, der nervt nur noch in x-ter Wiederholung. Biodeutscher – das ist ein neuer Rassismus, weil er ein biologische Prägung vorgibt, die es halt nicht gibt. Aber Rassisten sind eben immer nur die anderen.

Und wenn die Redaktion von Maischberger dann auch noch mit Hintersinn einen Ranga Yogeshwar auf ein viel zu enges Sofa neben eine Alice Weidel von der AfD setzt, dann kann einem die großäugige Rechte schon leid tun, wer möchte so zu Tode gelächelt werden, noch dazu auf wenigen Zentimetern Abstand und immer der Dame zugewandt, dass man hier schon den Straftatbestand ahnen möchte, aber Weidel könnte ja einfach aufstehen, tut sie aber nicht. Stattdessen stellt sie die These auf, das Angela Merkel in Freiburg mitgemordet hätte, weil sie ja die Ausländer alle rein gelassen hat. Ja, das ist dann eine ähnliche Logik wie die, dass wir diesem mythischen Riesenkometen die Schuld dafür geben könnten, dass wir heute kein frisches Dinosauriersteak mehr zu essen bekommen. Der Komet hat nun mal eingeschlagen.

Noch dabei neben Schwan, Yogeshwar und Weidel sind der Tübinger Grüne Boris Palmer und Paul Ziemiak, Vorsitzender der Jungen Union. Ersterer ist mittlerweile ein weiteres Brückenglied in seiner Partei hin zu einer Annäherung an eine 2017er Koalition mit der Union, der zweite ist Teil dieser Union, was es aber auch nicht besser macht, wenn man irgendwo zwischen Essener Parteitagsentscheidungen und diesem inneren Kanzlerinnen-Veto gefangen bleibt.

Und immer wieder die Statistik, die keine ist

Und dann wird die Leiermühle auch schon angeschoben: Ausländer seien nicht krimineller als Bio-Deutsche. Asylsuchende sind im selben Maße mehr oder weniger straffällig, weiß der, der versucht seine Nachbarin in Grund und Boden zu lächeln, die wahrscheinlich sanfteste massive Belästigung der deutschen Fernsehgeschichte noch vor Florian Silbereisen am Wochenende.

Ausgerechnet ein Braunschweiger wird dann noch als Beleg gebracht, dafür, dass es keine höhere Kriminalität unter denen gibt, von denen eine nicht geringe Zahl vor Krieg, Folter und Verfolgung geflüchtet sind. Nun bin ich auch Braunschweiger, wie käme ich dazu, unserem viel gelobten Kripo-Chef Ulf Küch in die Parade zu fahren? Da bin ich nibelungentreu, wenn es um meine Geburtsstadt geht, aber es nervt schon sehr, wenn man im Nachbarn dann ebenfalls einen Gutmeiner erkennt, der mit dehnbaren Statistiken wedelt, anstatt einfach mal seine Leute zu befragen, wie es denn wirklich aussah und aussieht auf der Straße. Die würden doch auf Befragungen basieren? Wie immer wird unterschlagen, dass seit einem Erlass des Bundesinnenministers seit 2009 die ethnische Herkunft von Tätern nur noch in Einzelfällen zugelassen wird. Die Statistik zeigt keine ethnischen Täter, also gibt es sie nicht, stöhnt der Gutmeiner. Wenn ich mir die Hand vor die Augen halte, dann sehe ich nichts und dann ist da nichts. Wir sind längst wie Kinder. Das Entsetzliche verschwindet, wenn wir nur die Augen fest genug zudrücken.

Immer weiter gutmeinen

Merkwürdig. Denn da zeichnet sich ein ganz anderes Bild. Eines, das wir hier bei Tichys Einblick im letzten Jahr oft genug gespiegelt haben. Das in Teilen sogar beim CDU-Parteitag in Essen angekommen zu sein scheint, aber eben immer noch nicht bei Sandra Maischberger. Da wird weiter tapfer gut gemeint. Also wiederholen wir es mal am Beispiel Braunschweigs noch ein letztes Mal. Wiederholen, was wir täglich hören, erzählt bekommen, erlebt haben und noch erleben im Rahmen der so genannten Flüchtlingskrise. So berichtete der Verkäufer bei Aldi eben, dass man Diebstähle nicht mehr zur Anzeige bringen würde, der Aufwand wäre zu groß. Taucht dann nicht mehr auf in den Statistiken. Ebenso wenig übrigens, wie Hunderttausende aus dem Familiennachzug, die einfach nirgends registriert werden, wie ein Kollege ebenfalls hier bei Tichy herausgefunden hat.

Und klar, Herr Yogeshwar findet das Aldi-Geklaue auch völlig ok, denn hier wäre ja nicht die Herkunft der Grund für allzu lange Finger, sondern Armut. Was für eine Unverschämtheit, so als wäre Armut automatisch ein Indiz für Kriminalität. Dafür gibt es dann natürlich auch Statistiken, die das belegen können, aber die hat er wohl gerade nicht dabei und der Zuschauer vor dem Fernseher erinnert sich indes vielleicht gerade an die neusten Fälle von Wirtschaftskriminalität, an die Finanzkrise, an Dieselgate und an all diese gigantischen Betrügereien begangen aus – ähm – Armut der Eliten …

Nein, es ist eine geistige Armut, eine elitäre Asozialität, welche die Hand ausstreckt nach dem Vermögen der Bevölkerung. Ihr habt kein Brot? Dann klauen wir euch den Kuchen!

Aber zurück in meine Heimatstadt und von Aldi hin zu den Statistiken, die überhaupt nicht mehr geführt werden, hin zu dem Gespräch mit der Reinigungskraft der Asylkaserne, die über Zustände berichtet, die Gesine Schwans gut gemeinte Ätzarroganz mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht unbeschadet überstehen würde. Wer möchte das hören, dass Schwarzafrikaner ihre Duschen zu Toiletten umfunktionieren, einfach, weil es ja eine arme nichtkriminelle Biodeutsche am Ende des Tages für einen Hungerlohn wieder wegmacht?

Kommen wir zum Kollegen mit Hund, den ich auf der Hunderunde treffe, der diese ganzen Krankenwageneinsätze koordinierte, der die Einsatzprotokolle zu lesen bekam und unter vorgehaltener Hand von Fahrten zu berichten wusste, die niemand bei Maischberger so genau erzählt bekommen möchte. Ja, es fühlt sich auf der Straße, da wo es passiert, deutlich anders an. Das haben auch die immer wieder zitierten hunderte von Frauen erfahren, die in Köln Silvester feierten, auch der Vorfall kommt bei Maischberger zur Sprache.

Und es fühlt sich bei Maischberger dann wieder so an wie bei Augstein auf Twitter: Es war doch alles nur Gegrabsche!

Es war doch alles nur Gegrabsche

Alles nur gut gemeint. Und diese so wunderschöne Willkommenskultur sei ja auch da gewesen! Man hätte doch winkend an den Bahnhöfen gestanden und helfen wollen, da wären doch die Familien im Fernsehen interviewt worden im besten Englisch. Akademikerfamilien aus Damaskus, die wir hier doch so dringend gebraucht hätten!

Nein, junge kriminelle Männer, Analphabeten wurden nicht interviewt, wie auch, wenn der Übersetzer gerade Dringenderes zu tun hat, und diese exotischen Familien sind ja sowieso TV-kompatibler. Warum wir Ihnen das hier wieder und wieder erzählen? Weil es unsere leidige Aufgabe bleibt, diesem ewig grüßenden Murmeltierschwachsinn immer wieder etwas entgegenzusetzen, einfach um klar zu stellen, dass wir noch da sind. Dass wir aufpassen und weiter zuschauen, auch wenn es manches Mal so entsetzlich schwer fällt. Und Maischberger dafür keinen Platz hat.

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