110 Senioren müssen ihr Heim verlassen, damit Flüchtlinge einziehen können

Nach den Mietern von Lörrach sind jetzt Senioren in Berlin an der Reihe. Ihr Pflegeheim soll zur Unterkunft für Flüchtlinge werden.

IMAGO/photothek
Symbolbild

Die vormalige Bundeskanzlerin Merkel hat eine interessante Definition hinterlassen, wie sich Deutschland definiere. Danach gehören zu Deutschland „diejenigen, die schon immer hier leben, und diejenigen, die neu hinzugekommen sind.“

Nun erfahren wir: Es gibt zwischen beiden Gruppen („schon immer“ und „neu hinzugekommen“) offenbar Unterschiede hinsichtlich Betreuungs- und Pflegebedürftigkeit. Konkret: 110 Senioren müssen das Altenpflegeheim „Wohnen & Pflege Schillerpark“ des Paul-Gerhard-Stifts, einer evangelischen Kirchenstiftung, im Berliner Bezirk Wedding verlassen. Das Heim war 2006 vom Paul-Gerhard-Stift angemietet und für 141 Heimbewohner ausgelegt worden. Mindestpachtzeit war 25 Jahre (also bis Ende 2031), inklusive Option zur Verlängerung.

Für die 110 älteren Menschen kam dieser Auszug völlig überraschend. Die Hälfte davon ist seit Ende 2022 denn auch schon draußen, die andere Hälfte muss bis Ende 2023 hinaus. Man muss sich vergegenwärtigen: Es geht hier um Menschen im Alter zwischen 60 und 100 Jahren. Menschen, die dieses Land am Laufen gehalten oder gar nach dem Krieg mit aufgebaut haben. Als Dank dafür sollen sie nun noch einmal entwurzelt werden. Wie grausam das ist, die vertraute Umgebung zum Lebensende hin erneut wechseln zu müssen, womöglich in eine andere Einrichtung weit weg von Angehörigen zu kommen, kann auch ein psychologisch nicht geschulter Mensch nachempfinden.

Eigenbedarf oder Gier der Stiftung nach Zuschüssen?

Pikant: Im Jahr 2021 meldete das Paul-Gerhardt-Stift „Eigenbedarf“ an.
Vertreten wurde dieser „Eigenbedarf“ von Pfarrer Martin von Essen, dem Vorsteher des Paul-Gerhard-Stifts. In Kirchenkreisen gilt es allerdings als offenes Geheimnis, dass der Betrieb eines Flüchtlingsheims finanziell ungleich attraktiver ist als der eines Altenpflegeheims.

Eine schriftliche Frage von FOCUS online (siehe Link oben) an Stiftsleiter Martin von Essen, aus welchem Grund denn sein Stift Eigenbedarf an dem Gebäude des Pflegeheims angemeldet hatte, ließ der Geistliche bislang unbeantwortet. Eigenbedarf? Das scheint des Pudels Kern. Denn für Flüchtlingsheime zahlt das Land so viele Zuschüsse, dass sie im Gegensatz zu kostenintensiveren Pflegeheimen schnell schwarze Zahlen schreiben.

Verräterisch auch: Pfarrer und Stiftsvorsteher von Essen geht gerne mit seiner „jahrzehntelangen Erfahrung“ in der „Geflüchteten-Arbeit“ hausieren. Rabulistisch kündigte er an, dass man das Heim ab Ende 2022/2023 um „Plätze für mehrfach traumatisierte Schutzbedürftige“ „erweitern“ (sic!) werde.

Erinnerungen an den Fall „Lörrach“

Die Causa „Paul-Gerhard-Altenstift“ erinnert an den Rauswurf von 40 Mietern aus städtischen Wohnungen in Lörrach. Auch dort die Differenzierung zwischen den „neu Hinzugekommenen“ und denjenigen, „die schon immer hier leben“. TE hat darüber berichtet.

Dort teilte die „Städtische Wohnbau Lörrach“ am 15. Februar 2023 den Einwohnern der Liegenschaft Wölblinstraße 21 bis 29 – darunter auch viele Ältere – in einem Brief mit, dass ihr Mietverhältnis bald gekündigt würde. Zitat: „Wie Sie wissen, hat Deutschland einen erheblichen Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine und anderen Weltregionen zu verzeichnen. Auch die Stadt Lörrach und der Landkreis sind zur Unterbringung von Flüchtlingen verpflichtet. Neben den geplanten Flüchtlingsheimen wurde intensiv nach weiteren Standorten gesucht. Wegen der besonderen Eignung werden wir unsere Liegenschaft Wölblinstraße 21 bis 29 in Lörrach für diesen Zweck zur Verfügung stellen. Für Sie bedeutet das, dass wir in Kürze das mit Ihnen vereinbarte Mietverhältnis kündigen werden.“

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 148 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

148 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Torberg
1 Jahr her

Ob das jetzt ein Test ist, wie weit man gehen kann? Außer „Geschrei“ dann doch wieder gar nichts?

Albert Pflueger
1 Jahr her

Eigenbedarf? Das ist m.E. ein Begriff aus dem Wohnungsmietrecht. Eine nicht natürliche Person kann per Definition keinen Eigenbedarf haben, weil sie nicht „wohnen“ kann.

Albert Pflueger
1 Jahr her

Wenn man mal die Kirche als ganz normalen Vermieter sieht, was sie natürlich nicht ist, aber nehmen wir es spaßhalber mal an, dann ergibt sich folgendes Bild: Der Betreiber des Altenheims kann die verlangte höhere Miete nicht aufbringen, weil die Pflegesätze und die staatlichen Zuschüsse, die über den Rentenbetrag hinaus für die Kosten der Heimunterbringung gezahlt werden, nicht ausreichen. Da kommt das Angebot der zuständigen Stelle, stattdessen Flüchtlinge unterzubringen, deren Behausung vollständig aus Steuergeldern bezahlt wird, gerade recht. Das ist der eigentliche Skandal: Mit unseren Steuern werden die höheren Mieten gezahlt, um dem Vermieter die Tasche zu füllen, während man… Mehr

Torberg
1 Jahr her

Ob die christlichen Kirchen einmal sehr überrascht sein werden, wenn es eine islamische Republik hier geben sollte. Wie es dann vielleicht zugeht, kann man an einigen Beispielen heute schon sehen.

Axel Fachtan
1 Jahr her

Christliche Kirchen haben den ersten Weltkrieg nicht verhindert. Den zweiten auch nicht.
Die christlichen Kirchen fördern den Umbau dieses Landes zur islamischen Flüchtlingsrepublik.
Es gibt auch keinerlei Friedensinitiativen der christlichen Kirchen angesichts des Krieges in der Ukraine.
Da ist zwar weltliche Interessiertheit, aber keine spirituelle Substanz.

AnSi
1 Jahr her

Was mich bei der ganzen Sache so ärgert: vor drei Jahren haben sie uns jeden Tag, jede Minute eingetrichtert, dass wir die „vulnerablen“ Gruppen immer besonders schützen müssten!
Jetzt sind sie obsolet. Weg damit!
Eine Gesellschaft, die so mit den Alten umgeht hat fertig!

Cassiopeia
1 Jahr her

Vor nicht allzu langer Zeit hat Herr Stiftsvorsteher M.v.E. den Senioren noch von der Hoffnung vorgesungen:
https://m.facebook.com/PaulGerhardtStiftzuBerlin/videos/stiftvorsteher-pfarrer-martin-von-essen-singt-von-der-hoffnung-145-jahresfest-pg/471890610783122/
War damit die Hoffnung gemeint, dass sie nach ihrem Rauswurf aus seinem Paul Gerhardt Stift nochmal eine Bleibe finden?

erma
1 Jahr her

.. Der Mieter kann der Kündigung wegen Eigenbedarfs gemäß § 574 Abs. 1 BGB widersprechen, den der Gesetzgeber setzt für diesen Fall eindeutig sehr enge Grenzen und Fristen, siehe §§ 573 Abs.2 Nr.2 und 573c BGB. 
Also Anwalt einschalten und kämpfen.!!!!
Selbstverständlich haben auch die KriegFlüchtlinge einen Anspruch auf Hilfe. Aber nicht so!
Sie könnten auch bei den einladenden Personen ( Baerbock, Merkel u. A.) untergebracht werden!
Diese haben bestimmt ein oder auch mehrere Gästezimmer, die Sie doch bestimmt gerne zu Verfügung stellen.
Oder?

elly
1 Jahr her

Masken- und Testpflichten im Gesundheitswesen fallen größtenteils wegAb heute gilt keine Testpflicht für den Zutritt zu Gesundheitseinrichtungen mehr. Bewohner in Pflegeheimen müssen keine Maske mehr tragen, Besucher noch bis zum 7. April.“
https://www.zeit.de/gesundheit/2023-03/coronavirus-massnahmen-maskenpflicht-testpflicht-gesundheitswesen?page=2
so kann auch Platz in Seniorenheimen geschaffen werden. Die 80% Übersterblichkeit der Pflegeheimbewohner in 2020 und 2021 ist jetzt nicht mehr so tragisch, die Investoren haben eine neue Auslastung für ihre Pflegeheime gefunden, die noch lukrativer ist, als die Alten
Mich stört dabei nur die Scheinheiligkeit großer Teile der Bevölkerung.

Robert Tiel
1 Jahr her

Warum genau stellt die Kirche ein Boot zur Verfügung, um „Schiffsbrüchige“ zu retten? Das Schleppen und „Retten“ und Unterbringen ist ein Geschäft mit mafiösen Zügen.
Ich würde aus der evangelischen Kirche austreten.