Lieferengpässe bei Arzneimitteln: Fast jedes zweite Rezept betroffen

Ein Fiebersaft für Kinder, der eigentlich für die Ukraine bestimmt ist, wird laut Chef des Apothekerverbands Nordrhein nach Deutschland geliefert – eine Folge der Lieferengpässe. Ärzte fordern die Rückverlagerung der Medikamenten-Herstellung in den Schengenraum.

dts nachrichtenagentur

Ärzte und Apotheker warnen vor weiteren Arznei-Engpässen. „Die Lieferengpässe bei Medikamenten nehmen zu. Von den 100 Millionen Rezepten, die jährlich in den Apotheken von Nordrhein-Westfalen eingereicht werden, ist mittlerweile fast jedes zweite von einem Engpass betroffen“, sagte Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein, der „Rheinischen Post“ (Montagausgabe).

Mal gebe es das Medikament gar nicht, mal nicht in der verschriebenen Dosierung oder Darreichungsform. Eine Folge: „Der Hersteller eines Paracetamol-Safts für Kinder liefert nun Packungen nach Deutschland, die eigentlich für die Ukraine bestimmt sind, eine ukrainische Aufmachung und einen ukrainischen Beipackzettel haben“, sagte Thomas Preis. Der Verband kritisiert Lauterbachs geplantes „Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes“ (ALBVVG) als einen „Tropfen auf den heißen Stein“, so Preis.

„Es schafft keine Abhilfe, um den erdrückenden Auswirkungen der Lieferengpässe wirksam etwas entgegenzusetzen. Der Minister will lediglich drei Gruppen von Medikamenten fördern (Kinder- und Krebsmedikamente sowie Antibiotika), das grundlegende Problem löst er nicht.“ Auch Hausärzte sind alarmiert.

„Die Engpässe betreffen verschiedene Blutdruckmedikamente, Schmerzmittel, Psychopharmaka und auch Antibiotika. Bestimmte Säfte sind nicht zu bekommen, das trifft besonders Kleinkinder, die keine Tabletten schlucken können“, sagte Oliver Funken, Chef des Hausarztverbands Nordrhein, der Redaktion. „Wir fordern die Rückverlagerung der Medikamenten-Herstellung in den Schengenraum.“

Funken weiter: „Außerdem muss das Arzneimitteltherapiegesetz überarbeitet werden, damit die Weitergabe von nicht verbrauchten Medikamenten ermöglicht wird.“

(dts Nachrichtenagentur)

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Kommentare ( 28 )

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H. Hoffmeister
1 Jahr her

In der EU Arzneimittel vernünftig und kostendeckend herzustellen, ist aufgrund der monströsen Bürokratie und Überregulierung praktisch nicht mehr möglich – es sei denn, sie liefern eine unwirksame, nebenwirkungsreiche Covid-Vakzine, dann winkt sie ebendiese Bürokratie einfach durch -. Hunderttausende von Bürokraten arbeiten mit Hochdruck daran, maximale Hürden für jedwede Art von Produktion zu errichten und diejenigen, die das versuchen nach Kräften zu drangsalieren. Die Gesetzgeber in EU und Nationalstaaten liefern dazu im Monatsrhythmus neue Gesetze mit neuen Anforderungen. Gleichzeitig zahlen die europäischen Gesundheitssysteme deutlich weniger für Arzneimittel als viele andere Länder. Warum also noch nach Europa liefern, wenn man mit den… Mehr

mlw_reloaded
1 Jahr her

Medikamente in Europa herzustellen, oder Solarzellen, oder Akkus… kostet nun aber deutlich mehr als die Ware aus Indien oder China. Wie will man also die Verbraucher zwingen, in Zeiten guter Versorgungslage die billigere Ware des Weltmarkts zu ignorieren, damit die heimischen Hersteller kostendeckend produzieren können? Blöd wenn man den Schein von Wohlstand durch billige Importe erweckt, reine Bilanzfälschung dem Steuerzahler gegenüber. Weil, made in EU können sich nur die wenigsten leisten, wenn sie müssten.

Ulrich
1 Jahr her

Außerdem muss das Arzneimitteltherapiegesetz überarbeitet werden, damit die Weitergabe von nicht verbrauchten Medikamenten ermöglicht wird.“ Also doch Flohmarkt! Es werden nicht die Ursachen dieser Medikamentenknappheit bekämpft, sondern hilflos an den Symptomen herumgeschraubt. Und wir reden hier nicht von höchstkomplexen Medikamenten. Die aktuell fehlenden „Fiebersäfte“ gab es selbst in der Endphase der DDR, als mehr oder weniger alles zusammenbrach und nur der schnelle Anschluss vor dem Kollaps bewahrte.

Gerro Medicus
1 Jahr her

Dies ist ganz eindeutig das Ergebnis grünlinker Politik: sie haben die chemische Industrie schikaniert, mit immer neuen Auflagen, bis sich bestimmte Produktionszweige nicht mehr lohnten (oder nie eingerichtet wurden, man denke an die von Joschka Fischer als Umweltminister Hessen persönlich verhinderte Insulinproduktionsanlage der Firma Hoechst, damit ging es los!). Dazu die desaströsen Eingriffe in die Preisgestaltung von Arzneimitteln, die Forschung und Entwicklung aus der ehemals Apotheke der Welt vertrieben. Da Unternehmen profitorientiert und betriebswirtschaftlich denken müssen (bei AGs bekommen die sonst Ärger mit den Aktionären und der Justiz!), wurde immer mehr ins billige Ausland verlagert, wo noch keine grünlinken Idio…logen… Mehr

Dr. Rehmstack
1 Jahr her
Antworten an  Gerro Medicus

Die Verlagerung der pharmazeutischen Produktion nach Fernost war Folge der von Ulla Schmidt (noch 1976 Bundestagsdirektkandidatin des maoistischen KBW) und ihrem Staatssekretär Karl Lauterbach durchgeführte Gesundheitsreform (Stichwort zB Rabattverträge etc).

Ali Mente
1 Jahr her
Antworten an  Gerro Medicus

Ich stimme Ihnen in der Karakterisierung der Grünen Politiker vollkommen zu und glaube auch, dass die Dinge, die von diesen Traumtänzern seit einem Jahr fabriziert werden. noch ganz viele Problem hier im Land verursachen werden. Doch es gibt auch Dinge, die haben längere Entstehungsphasen, die Arzeimittelknappheit und Rohstoffabhängigkeit, die Energiemisere, die Migrantenproblematik, Bildungskrise, Infrastrukturkrise, Verteidigungsfähigkeit, das alles und vieles mehr sind Ergebnisse der Ära Merkel und ihrer CDU geführten Regierung. Das muss man sich vor Augen führen, immer wieder, gerade wenn man glaubt, die CDU wäre daran interessiert, etwas an der Situation zu ändern. Das wird die Dame im Hintergrund… Mehr

Martin Bayer
1 Jahr her

Eine Zeit lange war mein Antidepressivum Venlafaxin nicht lieferbar , so dass ich einen Entzug ( laut Ärzten u. Pharmaindustrie „Absetzerscheinungen“ ) vom Feinsten hatte. Dieses Medikament ( Venlafaxin ) darf nicht abrupt abgesetzt werden , da schwerste Absetzerscheinungen zu erwarten sind.

Last edited 1 Jahr her by Martin Bayer
Roland Mueller
1 Jahr her

Mittlerweile ist selbst banaler Hustensaft in der Apotheke und in der Drogerie kaum noch erhältlich. Über andere Mängel, wie zum Beispiel die nur vereinzelt durchgeführte DNA-Analyse für die Bestimmung der vielversprechendsten Chemotherapie (zum Beispiel in Italien Behandlungsstandard) möchte ich mich an dieser Stelle nicht auslassen, weil der Platz auf dem Server von TE dafür nicht ausreicht.

Niklot
1 Jahr her

Das Problem besteht schon seit ca. 3 1/4 Jahren. Ende 2019 hatte ich das erste Mal von dem Arzneimittelengpass gelesen. Es ist in der Zwischenzeit also nichts unternommen worden, um die Lage deutlich zu verbessern. Unsere Politiker können nichts, zumindest keine realen Probleme lösen. Hauptsache sie konnten drei Jahre einmal richtig die Coronapeitsche schwingen.

kasimir
1 Jahr her
Antworten an  Niklot

Das Problem besteht bereits länger als nur 3 1/4 Jahre! Habe als Pharmazeutin bis Ende 2018 in der Apotheke gearbeitet. Auch damals gab es ständig (über mehrere Monate hinweg) Engpässe und Defekte an Blutdrucksenkern und auch an Antidepressiva. Die Ursache war hauptsächlich die Rohstoffproduktion, die aus Deutschland nach Indien und China ausgelagert wurde. Seitdem hat meiner Meinung nach das Übel begonnen. Die Geschäftspartner in Asien waren nicht fähig, die Ausgangsstoffe in ausreichender Menge und Qualität zu liefern. Immer wieder gab es auch bereits vor 6-7 Jahren Rückrufe, dass Medikamente wegen starker Verunreinigungen zurück an den Hersteller geschickt werden mussten, weil… Mehr

Ulrich
1 Jahr her
Antworten an  kasimir

Solange es für Großhändler bzw. Finalproduzenten günstiger ist, die Produktion in Billigländer trotz großer Qualitätsprobleme zu verlagern, wird das durchgezogen. Schmidt und Lauterbach haben als Politiker nur das gemacht, was ihnen ihre Auftraggeber in der Wirtschaft diktiert haben. „Schaden vom deutschen Volk abwenden“ ist für diese Leute ein hohle Floskel.

kasimir
1 Jahr her
Antworten an  Ulrich

Ja, schon klar. Man könnte das ggf. aber auch anders regeln: alle Firmen, die ihre Produkte (bzw. Ausgangsstoffe) nicht in Deutschland produzieren, werden mit Strafzöllen belegt bzw. höher besteuert. Dann würde sich manches von selbst regulieren. In anderen Ländern ist das ja auch möglich..

Nibelung
1 Jahr her

Hat auch was gutes, wenn man die Schlangen in der Apotheke sieht, wo die Einfältigen ohne Leidensfähigkeit ihr tägliches Rezept abholen und sich dann wundern, wenn sie daran eingehen und alles schuld ist nur nicht die Medizin, die in ihren Wechselwirkungen zu tödlichen Cocktails werden können und bedenkenlos in Massen geschluckt werden, Den Grünen kann man dann noch die Antibabypille sperren und sie sollen doch den gefährlichen Weg der Abtreibung wählen, was sie ja selbst propagieren und sogar empfehlen, denn auch in dieser Frage paßt vieles nicht zusammen, weder in ethischer Hinsicht noch in Bezug auf die Moral und wenn… Mehr

fatherted
1 Jahr her

Fiebersäfte….sorry….als ich klein war war ich oft krank….und hatte hohes Fieber. Dann gab es Zäpfchen….und gut war es. Wenn da heute die Kids nicht mehr wollen….weil Popo aua….oder die Eltern sich ekeln trotz Silikon-Handschuh….dann kann man die Fieber-Tabletten auch zerstoßen und mit Saft oder Brei mischen und schlucken lassen. Ein bisschen Hirn und das Problem ist gelöst. Statt dessen sieht man Mütter panisch durch die Stadt fahren und überall nach Fiebersaft rufen. Viel schlimmer sieht es bei Antibiotika und Co. aus…..wenn die nicht mehr da sind, wird es wirklich kritisch……aber Fiebersaft ist wirklich kein notwendiges Medikament bei genügend vorhandenen Alternativen.

Gerro Medicus
1 Jahr her
Antworten an  fatherted

Als ich klein war (in den 60ern) und Fieber hatte, dann wurde alle halbe Stunde Fieber gemessen, und wenn es deutlich über 39° ging, dann gab es kalte Wadenwickel und einen Eisbeutel auf die Stirn und gut wars. Die wurden auch alle Stunde gewechselt. Es wurde nicht so ein Geschiss gemacht wie heute. Fieber ist eine physiologische Reaktion des Körpers auf Infektionen. Die meisten Keime werden bei Temperaturen oberhalb 39° C in ihrer Vermehrung gestoppt, so dass das körpereigene Immunsystem sie bekämpfen und besiegen kann. Fieber ist also im Prinzip etwas Gutes, sofern es nicht in gefährliche Höhe steigt, die… Mehr

mlw_reloaded
1 Jahr her
Antworten an  fatherted

Mag sein, es ist aber eines der technologisch am weitest entwickelten Ländern schlicht unwürdig, so etwas simples wie Fiebersaft nicht in die Regale zu bekommen.

thinkSelf
1 Jahr her

Tja, wenn das angeblich „reiche“ Deutschland nicht mehr in der Lage ist ausreichende Preise auf dem Weltmarkt zu zahlen dann kriegt es eben auch nichts mehr ab.
Und kein Investor ist so unglaublich bescheuert in Deutschland eine Produktion aufzubauen. Außer vielleicht gegen Vorkasse für mindestens 20 Jahre.