Verlag Puffin lässt „Charlie und die Schokoladenfabrik“ umschreiben

Der Verlag Puffin schreibt zusammen mit der Initiative „Inclusive Minds“ die Werke des Schriftstellers Roald Dahl um. Darunter „Charlie und die Schokoladenfabrik“. Die Arbeit soll Leser vor Irritationen schützen.

IMAGO / ZUMA Wire

Zu den subversivsten Orten der neuen Wirklichkeit gehört der Bücher-Flohmarkt. Hier gibt es verbotene Ware zu kaufen. Gefährliche Gedanken. Buchstäblich. Künftig bringt der Verlag Puffin – der heißt wirklich so – nur noch Ausgaben von „Charlie und die Schokoladenfabrik“ heraus, in denen von „kleinen Menschen“ die Rede ist. Die Welt wird dadurch wieder ein klein wenig sicherer.

Nicht auszudenken, wenn Finn Torben auf dem Bücher-Flohmarkt eine alte Ausgabe von „Charlie und die Schokoladenfabrik“ in die Hand bekommt. Da steht dann „kleine Männer“ drin. Derart mit einer Mikroaggression konfrontiert würde der Philosophie-Student – 27. Semester – sein veganes Butterbrot fallen lassen und heulend sich im Kreis winden.

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Dem beugt der Verlag Puffin nun vor, lässt Dahls Werke umschreiben. Schließlich hat ein Autor kein Gespür dafür, was Lesern zuzumuten ist – oder was die lesen wollen. Dafür braucht es die wahren Sprachgenies: Lektoren. Sie sind die eigentlichen Könner des Literaturbetriebs. Deswegen flüstern schon Kinder ehrfurchtsvoll ihre Namen: der eine Lektor von Suhrkamp, der Lektor von Rowohlt oder der andere Lektor von Suhrkamp.

In Mainz wollten sie eine Straße nach ihm benennen, haben es sich im Zuge der Sichtbarmachung von Frauen aber anders überlegt. Nun verbindet die „Dem anderen Lektor von Suhrkamp seine Mutter“-Straße die nördliche mit der südlichen Neustadt. Früher hieß sie Hindenburgstraße.

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Aus „fetten“ Jungen machen die Sprachweltverbesserer „enorme“ Jungen. Das wirkt sich bis ins reale Leben aus: Kein Kind mit Mehrgewicht muss mehr den Hohn und Spott seiner Klassenkameraden ertragen, kein Jugendlicher wird mehr von dem Geschlecht seiner Wahl zurückgewiesen und kein Erwachsener sprengt mehr seinen Sitz im Flugzeug. Wenn wir nur „enorm“ statt „fett“ schreiben, können Menschen mit Mehrgewicht in Ruhe und Frieden leben, bis sie mit 52 Jahren an einem Herzinfarkt sterben. Das Herz wird ihnen dann entnommen und in Den Haag vor Gericht gestellt – wegen Verbrechen gegen die Mehrgewichtstoleranz.

Noch ist die Welt ein gefährlicher Ort, schreit einem buchstäblich „kleine Männer“ aus Dahls aggressiven Büchern entgegen. Doch bald ist nichts mehr zu tun, außer Finn Torben vom Bücher-Flohmarkt fernzuhalten. Und von alten Dahl-Ausgaben. Wobei: Am besten, wir halten Finn Torben von uns allen fern – dann hat jeder enorm gewonnen.

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Kommentare ( 16 )

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karl.biermann
1 Jahr her

Es gäbe eine einfache Lösung des Problems. Für die woken Snow-Flakes*innen gibt es ab sofort extra Bücher*innen. Diese werden extra in Bücher*innenläden verkauft. Und der Rest kann weiter Bücher lesen.

Thrym
1 Jahr her

Aus einem fetten Jungen wird also jetzt ein „enormer“ Junge. Was die gesamte Geschichte ad absurdum führt, bei der der fette Junge für ungezügelte Völlerei steht, vor der die Kinder gewarnt werden sollen. Die neue „Body-Positivity“ Könnte die Süßigkeitenindustrie eigentlich gut für Werbung nutzen: „Iss nur noch unsere Schokolade, dann wirst auch bald enorm!“ Offenbar ist der Spruch über den Kreislauf wahr: ‚Harte Zeiten erzeugen starke Menschen. Starke Menschen erzeugen komfortable Zeiten. komfortable Zeiten erzeugen schwache Menschen. Schwache Menschen erzeugen harte Zeiten.‘ Vielleicht brauchen wir mal wieder harte Zeiten, damit wir uns wieder über echte Probleme unterhalten können. Dann reicht… Mehr

doncorleone46
1 Jahr her

Die Kriecherei vor der antidemokratischen Szene ist schon sensationell. Es ist politisch alles offen, man darf gespannt sein, worin das endet.

Alleswasrechtist
1 Jahr her

Bücherverbrennung war irgendwie effizienter… Aber im Ernst: Ich fürchte, wir stehen erst am Anfang. Wenn man den Weg zur Woke-Diktatur – ich entschuldige mich schon jetzt – „nachhaltig“ beschreiten will, müssen auch die rassistisch-angeeigneten arabischen Zahlen, die dito übernommenen römischen Buchstaben etc. pp. „zurückgegeben“, mindestens auf deren Anwendung verzichtet werden.
D.h. mindestens Neandertal ist demnächst „drin“…

Siggi
1 Jahr her

Dann sollte man die Bücher auch gleich gendern.

Siggi
1 Jahr her

Damals hat man die Bücher einfach verbrannt.

Bonzo der Grosse
1 Jahr her

Da hat Dahl aber noch Glück, dass sein Werk in modifizierter Form erhalten bleiben darf. Nicht auszudenken, wenn seine Gedanken so aus dem woken Weltbild herausgefallen wären, dass sie der finalen Bücherkompostierung anheim fallen würden.

Andreas A.
1 Jahr her

Das alles ist keineswegs neu. Schon seit Jahrzehnten werden beispielsweise die deutschen Übersetzungen der Kinderbücher von Enid Blyton gesäubert und von nicht-woken Begriffen und Passagen (wie man das heute nennen würde) befreit. Mir ist das erstmals bereits 1989 zur Kenntnis gekommen. Seitdem kaufe ich Kinderbuchklassiker grundsätzlich antiquarisch aus Jahren vor dieser Zeit.

RMPetersen
1 Jahr her

Die gereinigte Fassung wird danach, kaum auf dem Markt, von dem nächsten Schub Wokisten attackiert werden, denn von „klein“ und „Schokolade“ weden die sich attackiert fühlen.
Und so geht es weiter. Wer anfängt, dem Totalitarismus im Beginn nachzugeben, ist verloren.

alter weisser Mann
1 Jahr her

Wer vom Inhalt älterer Texte so verunsichert wird, weil diese nicht dem woken wording entsprechen und sich damit nicht auseinandersetzen kann, der leidet an geistiger und emotionaler Verblödung bzw. Retardierung und ist auf dem besten Weg zur Nichtüberlebensfähigkeit. Was machen solche Typen eigentlich, wenn ihnen mal echt was zuwiderläuft, statt so willig gefühlter Microaggressionen?