Lauterbach gibt „Experten“ die Schuld an Schulschließungen

Der Bundesgesundheitsminister gibt endlich zu, dass die Schulschließungen unnötig waren. Die Schuld an diesem Vergehen, unter dem Hunderttausende Kinder litten, schiebt er aber jenen in die Schuhe, zu denen er sich eigentlich selbst zählt, den vermeintlichen Experten.

IMAGO / Emmanuele Contini

Das größte Talent des Karl Lauterbachs scheint darin zu bestehen, sich einen schlanken Fuß zu machen, den schlankesten von allen. Heute Morgen im ARD Morgenmagazin plauderte er darüber, dass es ein Fehler war, die Schulen und Kitas solange geschlossen zu halten. Sicher, zu dieser Zeit war Lauterbach nicht Gesundheitsminister, doch war er als „das prägende Gesicht dieser Corona-Maßnahmen“, wie er im Morgenmagazin begrüßt wurde, der wichtigste Einpeitscher der Corona-Maßnahmen.

Wer wird zur Verantwortung gezogen?
Wielers verspätetes Eingeständnis: Schulschließungen waren unnötig
Keine Talkshow kam ohne ihn aus, kaum ein Tag, ohne dass man in den Medien Lauterbachs apokalyptische Visionen serviert bekam. Die trugen maßgeblich dazu bei, fragwürdige Gesetze wie das Infektionsschutzgesetz, das immer noch gilt, durchzusetzen. Kritiker wurden in die rechte Ecke gestellt, als „Querdenker“ verunglimpft, als „Schwurbler“ verspottet und herabgesetzt. Übrigens wird von woken Medien und Politikern immer der gleiche Mechanismus der persönlichen Herabsetzung bedient, das argumentum ad hominem, immer ist der Andersdenkende nur der Coronaleugner, der Schwurbler, der rechte Hetzer, der Klimaleugner. Um inhaltliche Argumente ging und geht es nie. Sie wurden und werden stets ersetzt durch die Behauptung, dass „die Wissenschaft“ oder „unabhängige Gutachten“ das besagen.

Nun also kann Karl Lauterbach nicht mehr anders, als zuzugeben, was auch der scheidende RKI-Präsident Lothar Wieler zugab, nämlich dass die lange Schließung der Schulen und Kitas ein Fehler war, und mehr noch, dass die Annahme, dass es in Schulen und Kitas gehäuft zu Infektionen komme, sich nicht „in dieser Form als richtig erwiesen haben.“ In welcher Form dann, könnte man den Arzt und Professor und vermeintlichen Wissenschaftler und Corona-Orakel Karl Lauterbach fragen?

Am 14.3.2021 berichtete das ZDF, dass Karl Lauterbach gefordert habe: „Ich appelliere an die Länder, alle Schulen bis Ostern wieder zu schließen, auch die Grundschulen.“ Er begründete seine Forderung damit, dass sich die Virusmutationen „insbesondere bei den Jüngeren rasant ausbreiten“ würden. Lauterbach sah es als Fehler an, „die Schulen ohne flächendeckend funktionierende Testabläufe zu öffnen.“ Das ZDF berichtete im März 2021 weiter: „Neben den Schulschließungen forderte Lauterbach zudem zwei weitere Maßnahmen, „um die Lage beherrschbar zu halten und die Krankenhäuser nicht zu überfordern“.

„1. Konsequenter Gebrauch der von Bund und Ländern beschlossenen „Notbremse“ bei einer Sieben-Tage-Inzidenz über 100
2. Konsequente und zügige Durchführungen der Impfungen.“
Für Lauterbach stand fest, „dass wir trotz bestehender Lockdown-Regelungen Anfang April bundesweit diese Marke reißen werden. Es darf keine lokalen Ausnahmen bei der Notbremse geben“

Bereits im Mai 2020 hatte Lauterbach auf Twitter behauptet: „Praktisch bedeuten die Kinderstudien folgendes: Regulärer Unterricht fällt für mindestens 1 Jahr aus. Das kann jetzt als epidemiologisch sicher gelten. Daran ändern weder Apps noch Masken etwas. Es ist die Übertragung durch Aerosole und Kontakte im Klassenraum.“

Welche Kinderstudien Lauterbach studiert hat, weiß man nicht so genau, doch sicher ist, dass der mit Preisen überhäufte, von Merkel bis Lauterbach hofierte Virologe Christian Drosten der Mann der Stunde war, dessen Einschätzungen und Ratschläge kanonischen Rang besaßen. Andere Wissenschaftlerinnen, besonders aus der Zero Covid Abteilung folgten Drosten auf der erfolgversprechenden Strecke, die Einladungen in Talk Shows und Beraterposten einbrachte. Eine ergebnisoffene wissenschaftliche Diskussion fand kaum mehr statt. Nicht anhand wissenschaftlicher Argumente, sondern anhand politischer Korrektheit und politischer Opportunität wurde entschieden. Die Wissenschaft wurde zu einem Bestätigungsautomaten der Politik.

Screenprint: spiegel.de

Es ist erschütternd, Karl Lauterbach im Morgenmagazin zu beobachten, wie er versucht sich einen schlanken Fuß zu machen, wie er versucht, die Verantwortung für auch seine Fehlentscheidung abzustreiten und sie auf die Wissenschaft zu schieben. Aus Lauterbachs Auftritt in der ARD muss man schlussfolgern, nicht die Kinder, nicht die Schüler wären die Opfer der „Pandemiemaßnahmen“ gewesen, sondern Karl Lauterbach, der sich nur auf „die Wissenschaft“ verlassen habe. Denn er habe ja nur auf die Experten gehört, deren Kenntnisstand „einfach nicht gut genug“ war. Die Schulschließung sei im Nachhinein ein Fehler, aber: „Damals wurde das von den Wissenschaftlern so angeraten“.

Verbuchen wir es einmal unter lässlicher Eitelkeit, dass Lauterbach damals den Anschein erweckte, dass er als Arzt ja selbst ein Fachmann, ein Experte wäre, dennoch ist es schlicht eine Lüge zu behaupten, dass damals die, also alle Experten der Ansicht gewesen waren, dass die Kitas und Schulen geschlossen werden müssen und die Schließungen erst „nach heutigem Wissen nicht nötig gewesen“ seien.

Im Mai 2020 teilte der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. mit, dass ein pauschales Verbot von Präsenzunterricht „medizinisch nicht gerechtfertigt“ ist.

Andere widersprachen ebenfalls. Es stimmt einfach nicht, dass die arme Regierung und der noch ärmere Herr Lauterbach nicht anders handeln konnten, weil bedauerlicherweise die Experten keinen anderen Kenntnisstand hatten. Nur die von der Regierung ausgewählten Experten hatten keinen anderen Kenntnisstand.

Experten mit einem anderen Kenntnisstand hatte die Regierung erst gar nicht eingeladen bzw. aus ihren Positionen entfernt.

Ein Geheimnis war das damals schon nicht, denn es regte sich durchaus Kritik an der einseitigen Auswahl der Experten. Aber was wir in der Pandemie und auch in der Klimadiskussion lernen können, ist, dass wenn von der „Wissenschaft“ oder von den „Experten“ oder von den unabhängigen Gutachten gesprochen wird, dass dann oft nur diejenigen Wissenschaftler oder Experten gemeint sind und promotet werden, die mit wissenschaftlich klingenden Argumenten politische Entscheidungen begründen und vor allem dem Volk plausibel machen. Dass damit der größte Unfug getrieben werden kann, mit scheinrationalen Thesen irrationale Entscheidungen legitimiert werden sollen, ist eine historische Erfahrung, wie es weiter eine historische Erfahrung ist, dass auch die irrationalste Entscheidung durchaus auf rationalen Interessen beruhen kann.

Eine Entschuldigung lehnte Lauterbach im Morgenmagazin kategorisch ab. Entschuldigen müssten sich nur die, die an Masken-Bestellungen und Maskendeals verdient, die aus der Notlage persönliches Kapital geschlagen hätten. Wer jedoch ist schlimmer? Jemand, der in schäbiger Weise Geld verdient, aber kein Kind, kein Schüler psychisch, gesundheitlich, intellektuell geschädigt hat, oder derjenige, der sich für Maßnahmen eingesetzt hat, die bei vielen Schülern, bei vielen Kindern und Jugendlichen zu schweren psychosozialen Störungen geführt haben, zu Ängsten, Depressionen, zum Drogenmissbrauch, zu Einsamkeit und zu Bildungsdefiziten, was Defizite im Gebrauch von Bildungstechniken einschließt, obwohl er es besser hätte wissen können? Es mag juristisch anfechtbar sein, doch letztlich fallen 100 000 Euro mehr auf dem Konto eines Geschäftemachers politisch weniger ins Gewicht als die schweren psychosozialen Schäden, die durch die Schulschließungen versucht wurden. Den Dieb kann man vor ein Gericht stellen, das Geld kann man beschlagnahmen, doch wie hilft man den vielen Kindern und Jugendlichen und ihren Eltern, die Opfer einer schon damals erkennbar falschen Politik geworden sind?

Im Januar 1990 machte eine Karikatur von Roland Beier die Runde, die einen zerknirschten Karl Marx zeigte, der die Hände tief in den Taschen vergraben hatte und sagte: „Tut mir leid, Jungs! War halt nur so ’ne Idee von mir . . .“ Wird es diese Karikatur auch von dem unschuldigen Karl Lauterbach geben, der gefragt nach den Schulschließungen, sagt: „Tut mir leid! War halt nur so ’ne Idee von den von mir bevorzugten Experten . . .“

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Kommentare ( 84 )

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Reinhard Schroeter
1 Jahr her

Einer der einen Virologe, einen Arzt und was weiß ich noch geben wollte um sich endlich mal in seinem kleinkarierten Leben so richtig wichtig machen wollte. Ein Hampelmann mit verfaulten Zähnen, der seine Zeit mit dem lesen von Studien und mit twittern zubringt. So einer merkt langsam, dass ihn keiner mehr sehen und zuhören will, er realisiert, dass man ihm auf die Schliche gekommen ist, dass man seine Lügen durchschaut und spürt inzwischen auch die Absetzbewegungen seiner Anhänger, die ihn demnächst nicht mehr gekannt haben wollen. Also so ein Männchen versucht nun seine Haut zu retten indem er nun andere… Mehr

beko
1 Jahr her
Antworten an  Reinhard Schroeter

Ja und so langsam ist ein System zu erkennen. Was sicher viele nicht wissen, er hat bereits schon einmal ein Medikament vertreten – ähnlich wie Coronamaßnahmen und Spritzen-Piekserchens (verharmlosende Kindersprache der Politik und Medien Piekser). Resultat, das Medikament war gefährlich und musste vom Markt genommen werden. Bin mir nicht mehr sicher, aber auch hier erst nach etwa zwei Jahren.

Index
1 Jahr her

Karl Lauterbach? Meine Meinung:
Lauterbach ist, sinnbildlich gesprochen, der Glaser, der des Nachts Scheiben einwirft, um volle Auftragsbücher für sich zu wahren.
Ein Brandmeister, der Öl als Löschmittel nutzt.
Ein Verschlimmbesserer reinsten Wassers.
Ein Pseudoexperte der hochbedenklichen Sonderklasse.
An den grottenschlechten Vertrauens-Umfragewerten hinsichtlich der Bundesregierung hat Herr Lauterbach nichts unwesentlich beigetragen.

Last edited 1 Jahr her by Index
Bambu
1 Jahr her

Lauterbach soll doch mal Roß und Reiter nennen. Die Namen derjenigen, welche ihn falsch beraten haben, wären doch von allgemeinen gesellschaftlichen Interesse.
Wenn es andere Journalisten nicht tun, dann fragen Sie doch von Tichys einmal nach, auf welche Ergebnisse konkret sich Herr Lauterbach verlassen hat und welche falsch waren. Das wäre doch auch für die Zukunft wichtig.

Mozartin
1 Jahr her

Herr Mai, das Plakat mit Karl Marx hatte ich:) Fand ich toll, weil ich das Marx zugetraut habe, einen Fehler einzugestehen.
Den Politikern passiert doch nichts.
Wir wissen doch immer noch viel zu wenig, auch die Experten?

Michael W.
1 Jahr her

Taktischer Rückzug nennt man das. Und jetzt beginnt die Suche nach einem, auf den man die Schuld schieben kann, am besten auf einen Toten, der kann sich nicht mehr wehren!

Ford Prefect
1 Jahr her

„Operative Hektik ersetzt geistige Windstille“ wieder und wieder bestätigt sich diese Formulierung von Eugen Bleuler auch und grade im Bezug auf die beschlossenen „Maßnahmen“ unserere Legislative. Einem überwältigenden Anteil der Bevölkerung dieses Landes wurde, unterstützt durch die einseitige und teilweise falsche Berichterstattung unserer öffentlich – rechtlichen Leitmedien, Angst und Panik quasi eingeimpft. Da Angst schon immer ein schlechter Ratgeber war und ist, haben sich Millionen Bürger durch die beschlossenen, zum Teil schwerwiegenden Grundgesetzeinschränkungen sogar beschützt gefühlt! Diese perfide Strategie unserer Mächtigen ging voll auf und so wurde denunziert, bestraft und ganze Bevölkerungsgruppen vom öffentlichen Leben konsequent ausgeschlossen, diffamiert, quasi geächtet.… Mehr

lkempf
1 Jahr her

Die Hauptaufgabe der Bundesminister ist die selbstständige und eigenverantwortliche Leitung ihres Geschäftsbereichs (sog. „Ressortprinzip“) im Rahmen der vom Bundeskanzler gesetzten Richtlinien für die Politik der Bundesregierung (vgl. Art. 65 GG). Juraforum
Nur Anfänger, Unwissende und Feiglinge versuchen sich aus der Verantwortung zu stehlen, indem sie andere für eigene Fehler beschuldigen.

Ohanse
1 Jahr her

Wer erwartet, nun könne aus diesen Fehlern etwas gelernt werden, befindet sich im Irrtum. Beim nächsten Mal wird alles genauso schlimm oder noch schlimmer. Die Politik wird den Leuten dieselben Fehler wieder verkaufen mit der Begründung, die Situation sei eine andere. Und die Masse wird es glauben.

Julischka
1 Jahr her
Antworten an  Ohanse

Wir können aus diesem Wahnsinn schon was lernen, nämlich daß es bestimmte Schichten in diesem achso demokratischem Rechtsstaat gibt, die machen können was sie wollen OHNE dafür belangt zu werden, sie dürfen uns belügen, verhöhnen, diskriminieren, beschimpfen, bestrafen und sowohl unsere „körperliche Unversehrtheit“ aufs Spiel setzen, als auch unsere „menschliche Würde“ mit Füßen treten! Und das sind die, die uns JETZT in einen Krieg gezogen haben, von dem keiner weiß, nichtmal sie selbst, wie das ausgehen wird!

Last edited 1 Jahr her by Julischka
Ralph Martin
1 Jahr her

Es braucht Charakter um eigene Fehler einzugestehen und der Versuchung zu wiederstehen , sie auf andere abzuladen.
Lauterbachs Verhalten passt perfekt zu meinem Bild von ihm.

Beat.Buenzli
1 Jahr her

Wer hat die irrwitzigen Mengen an Impfdosen bestellt, der Lauterbach wars. Ausserdem hätte er die Möglichkeit gehabt die Maßnahmen von Spahn zurückzunehmen, schließlich war er Teil der neuen Regierung.