Bundesverfassungsgericht kassiert Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung

Im Jahr 2018 erhöhte Schwarz-Rot die staatliche Parteienfinanzierung um 25 Millionen Euro. Karlsruhe hat diese Entscheidung für verfassungswidrig erklärt.

IMAGO / Arnulf Hettrich

Das Bundesverfassungsgericht hat die „absolute Obergrenze“ für die staatliche Parteienfinanzierung als verfassungswidrig eingestuft. Damit war auch die letzte Erhöhung der Parteienfinanzierung um 25 Millionen Euro verfassungswidrig.

Hintergrund: 1994 hatte der Bundestag das jährliche Gesamtvolumen staatlicher Mittel, das allen Parteien höchstens ausgezahlt werden darf (sogenannte „absolute Obergrenze“) auf damals 230 Millionen Deutsche Mark festgesetzt. In den Folgejahren wurde die Obergrenze immer wieder erhöht. Seit dem Jahr 2013 richtete sich die Erhöhung nach einem Preisindex.

Im Jahr 2018 bezifferte sich die Preisobergrenze schließlich auf 165 Millionen Euro. Die damals amtierende Große Koalition änderte jedoch das Parteiengesetz und hob die Grenze für das Jahr 2019 auf die Rekordsumme von 190 Millionen Euro an. CDU/CSU und SPD begründeten die Aufstockung mit neuen Herausforderungen im Internet, wie etwa Hackern, Fake News und Datenschutz.

Bereits damals sorgte der Vorstoß vonseiten sämtlicher Oppositionsparteien für Kritik. 216 Mitglieder der Fraktionen der FDP, Grünen und Linkspartei wendeten sich mit einem Normenkontrollantrag an Karlsruhe. Die Parteien fürchteten den Eindruck der Selbstbedienung. Das heute verkündete Urteil gibt ihnen Recht.

Das Bundesverfassungsgericht ließ dabei mehrere Überlegungen in das Urteil einfließen. Bereits das Zustandekommen des Beschlusses werfe Fragen auf. Der Deutsche Bundestag habe den am 5. Juni 2018 verteilten Entwurf bereits am 15. Juni 2018 in dritter Lesung beschlossen. „Sachgründe für die besonders beschleunigte Beratung des Entwurfs sind weder vorgetragen noch ersichtlich“, erklärte das Gericht.

Abseits vom Zustandekommen des Gesetzes verfehle jedoch bereits das Gesetz als solches die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die staatliche Parteienfinanzierung. Der Staat sei an den Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien gebunden. Eine zu hohe staatliche Finanzierung der Parteien würde dazu führen, dass diese „der Notwendigkeit enthoben werden, sich um die finanzielle Unterstützung ihrer Aktivitäten durch ihre Mitglieder sowie ihnen nahestehende Bürgerinnen und Bürger zu bemühen, und sie damit Gefahr laufen, ihre gesellschaftliche Verwurzelung zu verlieren“.

Das Gericht kam zum Schluss, dass CDU/CSU und SPD ihren Finanzierungsbedarf aufgrund der Digitalisierung unzureichend dargelegt hätten, um eine solche Anhebung zu legitimieren. Zudem hätten sie mögliche Einsparpotenziale mithilfe der Digitalisierung ausgeblendet. Die Verfassungsrichter erklärten damit das gesamte Gesetz von 2018 für nichtig – und damit auch die damalige Anhebung um 25 Millionen Euro.

Die AfD hatte einen gesonderten Antrag gestellt. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu wird noch heute erwartet.

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Kommentare ( 26 )

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caesar4441
1 Jahr her

Da ist wohl eine Umbesetzung im VG erforderlich.

Paroline
1 Jahr her

Bitte die Parteifinanzierung reformieren: Pro wahlberechtigtem Bürger gibt es eine bestimmte Summe die, gemäß der erzielten Prozente unter den Parteien aufgeteilt wird. Sinkt die Wahlbeteiligung, gibt es weniger Geld aufzuteilen.

DiasporaDeutscher
1 Jahr her

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem GEZ- und anderen Skandalurteilen jegliche Legitimität verloren. Dass es seit 2018 die Selbstbedienung durch die Parteien zulässt, um diese dann (vermutlich folgenlos) 5 Jahre (!) später zu „kassieren“, spricht eine deutliche Sprache für ein politisches Gericht. Wenn dieses „zum Schluss [kam], dass CDU/CSU und SPD ihren Finanzierungsbedarf aufgrund der Digitalisierung unzureichend dargelegt hätten“, dann erkenne ich darin eine Aufforderung an die Parteien, es eben besser zu erklären. Das erinnert ein bisschen an Berufspolitiker, die das Volk für dumm halten und sich öffentlich vorwerfen, Politik zum Schaden des Volkes eben nicht besser erklärt zu haben. Wie… Mehr

Peter Pascht
1 Jahr her

Muss das unrechtmäßig erhaltene Geld nun zurück gezahlt werden ?
Die Parteien schulden dieses Geld jedenfalls.
Eine Verschonung von der Rückzahlung der unrechtmäßig erhaltenen Geldern der Parteien, kann der Bundestag beschließen,
also die Parteien können beschließen, dass die Parteien nichts zurück zahlen müssen.
Toller Rechtstaat 😉

Peter Pascht
1 Jahr her

Der Parteienstaat der Selbstbedienung-Parteien, hat 2 Ohrfeigen erhalten. Das Urteil ist aber auch ein Beleg dafür, dass die „freiheitliche Grundordnung“ noch nicht bis zu Ende funktionsfähig ist. Das Problem: Es fehlt bis heute ein verfassungsrechtliches und gesellschaftliches Modell, wie ein Staat ohne Parteien funktionern kann und soll. Selbts Philosophen und Politologen haben sich noch nie mit der Idee befasst. Die fundamentale Krise der Verfassungsmäßigkeit dieses Staates wird immer größer. Auch dieses Urteil hat sie nicht behoben, sondern deutlich auf deren Existenz hingewiesen. Die Parteienfinanzierung war dazu gedacht, den Einfluss des schöden Mammon zu beschneiden, um „Amigo“ Einfluß durch Bestechung und… Mehr

Klaus D
1 Jahr her

Ich denke das ist für politiker normal das man wenn man kann nimmt was geht außer man ist gerade der politsische gegner der am wenigsten abbekommt. So müßten die DieLinke und AfD auf 50% ihrer diäten als MdB verzichten denn sie prangern ja unser ungerechtet system an. Jo und die diäten sind so eine ungerechte sache wo man sich nach und nach genommen hat was geht. So bringen zb 4 jahre als MdB so viel pension/rente wie wenn der arbeiter 40 jahre schuften geht. Die spitze des eisberges ist für mich der ehrensold des bundespräsidenten. So wird uns herr wulff… Mehr

1 Jahr her

Peanuts im Vergleich zu dem Steuergeld, welches die Regierung für ihnen nahestehende Vorfeldorganisationen und „N“GOs ausgibt. Den ÖRR kann man da auch dazu zählen.

AlexR
1 Jahr her

Es war der 2. Senat. Klar, wenn das der erste unter Harbarth gewesen wäre, dann würde das Urteil anders aussehen.

Tacitus
1 Jahr her

OK, das ist eine erfreuliche Nachricht. Aber was heißt das in Konsequenz? Wird dann zeitanteilig zurückgezahlt?

AlexR
1 Jahr her
Antworten an  Tacitus

Eigentlich müsste jetzt jeder Steuerzahler eine Rückzahlung erhalten. Aber ich bin mir sicher, dass ein solcher Schritt mit den Begründungen über erhebliche Aufwandskosten und massivem Personalmangel abgelehnt wird.

Beide Begründungen sind im Verwaltungsrecht unzulässig. Werden aber immer angebracht, weil der „dumme Bürger“ das sowieso nicht weiß.

Der Fisch stinkt vom Kopf. Seit der Ära Merkel wurden diese „Begründungen“ immer mehr angebracht. Und kommen jetzt dieser Hampelregierung entgegen. Das Geeiere unseres BundesOlafs bzgl der Panzer spricht Bände. Keine klare Entscheidung. Ein Trauerspiel. Ob für oder dagegen. Klare Stellungnahme und Aussage. Fertig.

Till Kinzel
1 Jahr her

Parteien dürften gar nicht vom Staat finanziert werden. Punkt. Das ist ein großes Reformhindernis. Parteien, die sich finanziell übernehmen, müssen genauso verschwinden können wie Marktteilnehmer, die sich verkalkulieren…